group of people sitting beside rectangular wooden table with laptops
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Soziale Innovation ist eines der Leitmotive der interdisziplinären Arbeit an der TH Köln, einer der größten Forschungseinrichtungen in Deutschland. „Bereits unsere bisherigen Studien zeigten uns, dass eine konstruktive und lebendige Streitkultur ein wesentlicher Faktor für den Unternehmenserfolg ist. Daraus entstand die Idee, einen Index zu dem Thema zu entwickeln, um hier konkretere Informationen zu liefern,“ erklärt die deutsche Rechtsprofessorin und Studienautorin Ricarda Rolf, Gründerin und Leiterin der Forschungsstelle für Wirtschaftsmediation an der TH Köln. „Speziell die Skandale namhafter Firmen der letzten Zeit, wie beispielsweise der VW-Abgasskandal, haben ihre Ursachen auch in der mangelnden Toleranz gegenüber Fehlern, die aus einer streng hierarchischen Führungskultur stammt.“

Rund 300 gezielt ausgewählte deutsche Unternehmer und Führungskräfte gaben online eine Stellungnahme zum Streitkulturindex ab, die im Frühling 2016 veröffentlicht wurde. Ein wichtiges Ergebnis dabei: über 81 % der mit der Konfliktregelung betrauten Menschen handeln akut aus einem konkreten Anlass heraus – manchmal sogar voneinander unabhängig und ohne gegenseitige Abstimmung.  Es fehlt die koordinierte Herangehensweise.

Konfliktlöser Nummer eins sind Führungskräfte. Während sich die Betroffenen selbst nur zu 60 % an einer Regelung beteiligen, agieren Vorgesetzte laut ihrer eigenen Auskunft in 70 % der Streitfälle. „Viele Führungskräfte nehmen ihre Verantwortung im Umgang mit Konflikten bereits sehr bewusst wahr, andererseits fehlt einem Großteil davon das Wissen, wie es geht,“ ergänzt Ricarda Rolf bewusst provokativ. Sie erklärt dies damit, dass der Großteil der Befragten sehe einen vermehrten Bedarf an Schulungen in Konfliktmanagement, der oft firmenintern nicht angeboten wird. Speziell bei Organisationsveränderungen und Umstrukturierungen gibt es Handlungsbedarf. Daraus leitet Ricarda Rolf auch die Forderung nach einer stärkeren Institutionalisierung der Konfliktregelung ab.

„Für uns sehr überraschend war die Aussage, dass in einem Drittel der Unternehmen bereits Mediatoren tätig sind. Dies steht im Widerspruch zu der allgemeinen Wahrnehmung, dass diese Form der Konfliktregelung nicht so stark nachgefragt wird. Bemerkenswert ist auch die Botschaft, dass Mediation von den Unternehmen deutlich positiver beurteilt wird als klassische Verfahren, wie Schiedsgerichte und Schlichtungen,“ rundet Ricarda Rolf die Erkenntnisse aus dem Streitkulturindex ab. Ihr vorrangiges Anliegen ist es, mit dieser Arbeit vermehrt Bewusstsein zu schaffen, dass Konflikte auch Chancen und Möglichkeiten zum Lernen bieten –  und demzufolge auch konstruktiven Widerspruch anregen.