Personalmanager, vor allem die leitenden unter ihnen, sind Diener zweier Herren. Auf der einen Seite von Führungskräften und Linienmanagern, die sie in allen Fragen der praktischen Personalarbeit beraten und unterstützen. Auf der anderen Seite dienen sie der Geschäftsleitung, indem sie unternehmensstrategische Ziele in personalwirtschaftliche Maßnahmen überführen und deren Umsetzung gewährleisten. Das jedenfalls ist die defensive Sicht auf die Gewährleistungsfunktion „Personalabteilung“, die zu formulieren heute fast nur noch Querdenker wagen.
In den Debatten um die richtige Positionierung der Unternehmensfunktion gewinnt nämlich eine andere Strömung an Gewicht. Die Modernisierer fordern offensiv, Personalprofis müssten zum strategischen Business-Partner ihrer Herren werden. Und das, wohlgemerkt, auf Augenhöhe und möglichst mit Sitz am Tisch der Geschäftsleitung. Schließlich sei man Spezialist in Fragen der wichtigen Ressource Mensch. Ist diese prominente Stellung sinnvoll und vor allem gewünscht? Die Antwort können nur jene geben, die Plätze am Tisch der Geschäftsleitung besetzen. Denn letztlich sind es nicht die Visionen der Vordenker, an denen sich Personalprofis in Fragen der internen Positionierung orientieren sollten. Vielmehr geht es darum, bestmöglich die Erwartungen der Geschäftsleitung zu ermitteln und zu erfüllen.
Was eine gute Personalabteilung auszeichnet und einen fitten Personalprofi ausmacht, fragten wir daher fünf Unternehmer und Top-Manager. Die Antworten geben den Modernisierern Recht – wenn auch mit je eigenen Akzenten.
So lässt Rudolf Wöhrl, Vollblutunternehmer und bekannter Sanierer namhafter Fluglinien, keinen Zweifel aufkommen: „In meinen Unternehmen ist die Meinung der Personalmitarbeiter gefragt!“ Ja, mehr noch: „Die Personalchefs zählen zum engsten Führungskreis und bekleiden darüber hinaus oft wichtige Ämter in Tochtergesellschaften.“ Was sie leisten, ist für Wöhrl in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen könne man den Stellenwert der Rekrutierung gar nicht hoch genug einschätzen: „Nur wenn bereits bei der Einstellung die richtige Auswahl getroffen wurde, kann man später ein homogenes, funktionierendes Team formen.“

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Foto von Scott Graham

Der unverzichtbare Kernbereich
Doch ebenso wichtig ist dem Luft- und Firmenkapitän die tägliche Arbeit der Personalabteilung: „Es hilft wenig, wenn gute Mitarbeiter eingestellt, jedoch nicht sachgemäß betreut werden.“ Das fange bei der Beantwortung von Vergütungsfragen an und höre bei der Betreuung auf dem Weg zur Führungsposition noch lange nicht auf. Diese Kernbereiche würde Wöhrl nach eigenen Worten niemals auslagern. „Nur die Lohnabrechnung könnte man einem Rechenzentrum übertragen, denn solche Arbeiten kann eigentlich nur ein großer Betrieb in Eigenregie gut und günstig ausführen.“
Thomas Hohlfeld, Senior Vice President Access Services bei AOL Deutschland, misst das Wirken eines Personalprofis eher am ersten Eindruck, den ein Fremder beim Besuch eines Unternehmens gewinnt: „Ich behaupte, an der Kultur können Sie ablesen, wie der Personalchef tickt.“ Nicht zu Unrecht gelten viele Personalprofis in seinen Augen als Bremser, die nur auf der rechtlichen Schiene argumentieren, anstatt kreativ zu gestalten. „Das ist übrigens gerade in der Arbeit mit Betriebsräten oft kontraproduktiv.“ Ein guter Personalprofi ist deshalb für Hohlfeld ein Kommunikationsprofi , der sein Gegenüber unverblendet wahrnimmt, pragmatisch vorgeht und die Fraktionen im Unternehmen integriert.
Allerdings sollte diese deutsche Tugend von eher anglo-amerikanischen HR-Traditionen begleitet werden: „In den USA richten die Personalprofis viel mehr Augenmerk auf die Förderung und Betreuung der Leistungsträger.“ Am Tisch der Geschäftsleitung ist bei ihm willkommen, wer die richtige Mischung aus theoretischen Fachkenntnissen und Verständnis für das Business mitbringt. „Die Personalarbeit, die wir als Medienunternehmen brauchen, unterscheidet sich schließlich von dem, was Stahlunternehmen guttut.“

Das Plus der Mittelstands-Allrounder
Der Blick aufs Ganze sei unerlässlich. Wer zu sehr spezialisiert ist, kriege schnell Schlagseite. Aus diesem Grund bevorzugt Hohlfeld auch Personaler aus Betrieben mit weniger als 300 Mitarbeitern: „Die bringen das mit.“
Wie in der von ihm gegründeten Drogerie-Markt-Kette dm über Personalarbeit gedacht werde, beschreibt Professor Götz Werner so: „Wir charakterisieren unser Miteinander mit einem Appell und einer Frage. Erstens: Mein Kollege, mein bester Kunde! Zweitens: Sind die Mitarbeiter für das Unternehmen da oder ist das Unternehmen für die Mitarbeiter da?“ Deshalb spreche man bei dm auch vom Ressort „Mitarbeiter“ und nicht von der „Personalabteilung“. Appell und Frage müssen seine Personalprofis sich stets vergegenwärtigen. Denn es ist „eine zentrale Aufgabe des Ressorts, diese Prämissen der Zusammenarbeit als Handlungsmaxime aller Kolleginnen und Kollegen zu etablieren”.
„Von einer guten Personalabteilung erwarte ich, dass sie nicht nur das operative Tagesgeschäft effi zient und effektiv abwickelt, sondern dass sie sich auch als strategischer Partner des Managements begreift und vorausschauend denkt“, sagt Dr. Thomas Nöcker, Vorstandsmitglied Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor der K+S AG. Dies sei gerade im Hinblick auf die zunehmende Internationalisierung der K+S und die hierfür geforderten Kompetenzen der Mitarbeiter zum Beispiel bei Einsätzen im Ausland wichtig. Darüber hinaus erwartet Nöcker, dass die Personalabteilung ihr Know-how auch bei unternehmensstrategischen Entscheidungen einbringt. Der Top-Manager konkretisiert: „Insbesondere bei geplanten und anstehenden Akquisitionen und Kooperationen ist es ihre Aufgabe, deutlich zu machen, ob und inwiefern die bestehenden Managementkapazitäten den immer komplexeren Aufgabenstellungen angepasst werden müssen.“

Dr. Bernhard Kallup, Vorstandsvorsitzender des Büromöbelherstellers Sedus Stoll AG, hält konzeptionelle Fähigkeiten bei Personalleitern für unabdingbar: „Wir haben in der Büromöbelfertigung Umsatzschwankungen bis zu 20 Prozent, diese personalpolitisch aufzufangen, ist eines der wichtigsten Themen unserer Personalabteilung.“ Die Arbeitszeit der Mitarbeiter könne sich in der Woche zwischen 0 und 60 Stunden bewegen, der Personalleiter müsse daher hochinnovative und kreative Lösungsansätze im Lohn- und im Gehaltsbereich, aber auch bei den Arbeitszeiten finden.

Konzeptionelle und emotionale Stärke
Hohe Ansprüche an Mitarbeiter können nach Kallup nur von einem Personalleiter durchgesetzt werden, der gleichzeitig auch emotionale Stärke zeigt: „Sie oder er muss den Anspruch aufrechterhalten, dass das Wohl des Mitarbeiters und das Wohl des Unternehmens sehr eng verknüpft sind, und diese Kopplung hegen und pflegen.“ Speziell bei Unternehmen wie der Sedus Stoll AG, die sowohl vom Standort an der Schweizer Grenze her als auch im Ansehen als „Low-Tech-Branche“ in der Mitarbeitersuche gefordert ist, müsse ein Personalleiter die Fähigkeit besitzen, die Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden. Kallup bringt auf den Punkt, worin sich alle Befragten einig sind: „Der typische Verwalter als bloßer Vollstrecker von Renditevorgaben hätte bei uns keine Chance.“