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Foto von Jeff Sheldon

Der Mensch im Beruf ist dieser Tage – wie auch 100 Jahre zuvor schon – ein betont sachlicher. Offenbar ungehört verhallt der Zuruf von Psychologen, dass der Mensch nicht der Mensch ist, sondern eben viele. Und da gibt es weniger und mehr emotionale. Was es aber keinesfalls gibt, sind Leute ohne jegliche Emotion. So wie niemand nicht kommunizieren kann, kann auch niemand nicht fühlen. Gefühle haben sie alle, die Führungskräfte, Topmanager, Assistentinnen, Ärzte, LKW-Fahrer oder Buchhalter und andere. Nur ist es gerade seit den 90er Jahren vor allem im Büro schick geworden, emotional keine Flagge zu zeigen. Dieses wird allgemein als professionelle Höflichkeit geschätzt. Es gehört zur Business-Etikette. Jobeinsteigern sieht man kleinere Unschärfen noch nach. Vor allem für Leute mit Personalverantwortung gehört sich das Pokerface. Und dieses hat durchaus System, bedenkt man, dass ein jeder Mensch als Original zur Welt kam und sich folglich im Leben mit all seinen Facetten entwickeln könnte. Was für Kinder und Jugendliche sowie junge Erwachsene zum Alltag gehört – nämlich das bewusste Ausloten der eigenen Person – stellen viele Erwachsene mit der Zeit ein. Funktionalität ersetzt persönliche Entwicklung. So sagen würden das nur wenige. Denn entwickelt wird ja: Mentale Grundlagen, Argumentationstechniken, rationale Schlagfertigkeit. Der Mensch verkopft unter Applaus der Gesellschaft. Und noch mehr: So wie er von Natur aus veranlagt ist, reicht kognitive Größe allein nicht aus. Die Seele fordert ihren Tribut.

BAUCHLADEN IM JOB: GOOD VIBES PLEASE.

Verkäufer wissen es: Mensch kauft vordergründig Produkte und Dienstleistungen, hintergründig aber angenehme Gefühle. Im Beruf läuft das nicht anders. Der sachlichste Mensch möchte sich bei der Erledigung einer Aufgabe gut fühlen. Das ist dann erreicht, wenn er sich darin bestätigt sieht, dass er gut war. An dieser Stelle könnte er noch im Lot sein, wäre er nur nicht daran gewöhnt, dass andere – nämlich  Chef, Kollegen und Kunden – für dieses Lob zuständig sind. Mitarbeiter loben gehört zu den Empfehlungen jedes professionellen Führungshandbuches. Was wäre falsch daran? Gar nichts, wenn damit gemeint wäre, dann und wann positive Signale zu setzen. Falsches Loben entlarvt sich so: Mitarbeitern wird grundsätzlich wenig zugetraut, sie stehen im Verdacht, Ergebnisse hin zu schummeln oder halbherzig ihrem Job nachzugehen. Dagegen braucht´s Kontrolle und Sanktionen. Wer sich gut führt, wird gelobt. Er hebt sich positiv ab gegenüber den verdächtigten Minderleistern. Die allerdings werden gemacht. Das Mittel dazu nennt sich vorauseilende Prophezeiung. Vorverurteilt bleibt Mitarbeitern nur das wiederholte Bezeugen ihrer Unschuld. Franz Kafka hat´s in seiner Literatur vorgemacht: Das Ergebnis ist permanentes Ringen mit äußeren Richtinstanzen. Der Chef – ein Richter. Die Kollegen – Richter. Die Kunden – Richter. Dauernde Anklage – gelebt durch systematisches Misstrauen im Job und Unfähigkeit zum Selbstbewusstsein – führt zu einem gedrückten Gefühlszustand. Der soll natürlich im Betrieb nicht stören, darum gilt emotionale Zurückhaltung.

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HRM.de-Wissen:

Funktionen des humanen Bewusstsein nach
Carl Gustav Jung (1875 – 1961):

DENKEN: Stellt begriffliche Zusammenhänge her,
schlussfolgert logisch; unterscheidend in wahr oder falsch.

FÜHLEN: Erfasst und verarbeitet Impulse seelisch. Nimmt angenehme Impulse an (Lust),
lehnt  unangenehm Impulse ab (Unlust).

EMPFINDEN: Nimmt Dinge so wahr, wie sie über die Sinnesorgane vermittelt werden,
fokussiert Fakten sowie Details. Bewertet allerdings nicht. Bildet den Sinn für Realität. 

INTUIEREN: Steht für das Bauchgefühl, bewertet nicht. Erkennt Handlungs- und
Erkenntnismöglichkeiten im Wahrgenommenen. Spürt Gegebenheiten. 

Fühlen und Denken – das geht nicht zugleich, sagt Carl Gustav Jung.
Doch beides lässt sich verbinden, wodurch der Mensch zu einem
360-Grad-Blick emotional wie rational gelangt.

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KÖNIGE & SCOUTS.

Wer es in Unternehmen nicht nur als Leitlinie an die Wand hängt, sondern in die Unternehmenskultur einpflanzt, verabschiedet sich nicht nur vom Bild des Mitarbeiters als zu arrangierender Resource, sondern beschreitet auch neue Wege im Kundenkontakt. Das tangiert auch Personalmanager. Die neue Route zum Kunden führt nicht über dessen Königsschleppe. Ein Königkunde macht aus Mitarbeiter Untergebene, Befehlsempfänger. Damit verpasst er das größte Potenzial im Kontakt mit den Mitarbeitern eines Unternehmens: die Partnerschaft mit diesen. Mitarbeiter sind Scouts in einem Gebiet, in dem der Kunde sich entweder nicht auskennt oder selbst nicht unterwegs sein möchte. Gute Mitarbeiter weisen ihm den Weg, machen ihn auf Unwegsamkeiten aufmerksam und führen ihn durch das Gebiet, nehmen ihm Wege ab. Emotional und rational entwickelte Menschen sind vertrauenswürdige Scouts. Sie wirken sicher und kompetent. Ob das so ist, entscheiden Geschäftsleitung und Personalverantwortliche mit ihrem eigenen Verhalten. Nur darf niemand erwarten, dass einst blockierte Menschen sich im Zeitraffer neu ausrichten. Experten sprechen von drei bis sieben Jahren, die mittelgroße Organisationen brauchen, um die neuen Rollen leben zu können. Doch eines macht Mut, heute zu beginnen: Emotionen gibt das Gehirn stets den Vorrang. Die Natur wird wissen, warum. Und die ist weiser, als landläufig bekannt.

ZU DEN AUTOREN:
Sie wollen Hans-Jürgen Lenz und Werner Moser persönlich erleben? Auf der PERSONAL NORD (Congress Center Hamburg – 14./15. Mai 2013) ist er mit einem offenen Workshop (30 Minuten) vertreten. Aktionsforum Training:
http://www.personal-nord.com/content/programm/aktionsflaeche_training/index_ger.html


Oder erleben Sie sie auf der PERSONAL SÜD (Messe Stuttgart 23.04./24.04.2013) im
Aktionsforum Training:
http://www.personal-sued.de/content/programm/aktionsflaeche_training/index_ger.html


SEELISCHER DAUERREGEN.

Überwunden wird der seelische Dauerregen damit, dass Frau oder Mann im Job sich laufend Glückshäppchen holen: Ein Lob für die erfolgreiche Terminvereinbarung, ein anderes Lob für einen klugen Kommentar und ein großes Extralob für einen Geschäftsabschluss. Wo nicht gelobt wurde, bleiben die guten Gefühle aus. Vielleicht war der Geschäftsabschluss doch keine Krönung? Was wäre die Lösung? Sich selbst für diesen loben? Das erscheint vielen Mitarbeitern zu wenig. Das Glück wohnt am Kollegentisch. Und initiiert Spannung, wenn der Kollege es nun mal nicht umverteilt. Die Seele erlebt Ebbe unter den Leitplanken einer machtorientierten, den Menschen begrenzenden Unternehmenskultur. Mitarbeitern sei es ans Herz gelegt: Das bedeutet Versanden an der eigenen Kraftquelle. Und Personalern sei es deutlich gesagt: Die moderne Wirtschaft braucht keine Angstverwalter, sondern Potenzialentfalter. Wie man´s wird? Nicht durch notorisches Loben, sondern indem Mitarbeitern die Verantwortung zurückgegeben wird, die ihnen zuvor aberkannt wurde. Das allerdings bringt auch die Musik zurück in die ruhige Halle. Verantwortung kann nur tragen, wer sich umschauen darf in seinem Leben: Wo steht er? Was kann er? Wo sind die anderen? Was passiert? Wie fühlt es sich an? Am Besten gelingt das, wenn der Mensch seine ganze Brille aufsetzt; das linke Glas Gefühl – das rechte Glas Ratio. Und so wie der Mensch sagen können muss, was er denkt, muss er auch ausdrücken können, was er fühlt.

Diese neue Einstellung müssen viele erstmal üben, die morgens ihre Empfindungen an der Pforte geparkt haben. Die neue emotionale Lautstärke in Teams dürfte in einigen Abteilungen und Unternehmen gewöhnungsbedürftig sein. Kleinere Meinungsverschiedenheiten rufen in manchen Betrieben beinahe die Mediation auf den Plan. Leidenschaftliches
diskutieren, sich korrigieren, reiben, umsehen – dafür braucht´s einer neuen Konflikttoleranz. Ist die aber möglich, rückt der Mitarbeiter den Stuhl wieder an den Brunnen seines Antriebes, seiner Energie: das Herz. Dieses Bild ist nicht romantisch, sondern vernünftig.

SERVICE:

Infografik:

AUSDRUCK VON GRUNDGEFÜHLEN
(Modifiziertes Modell nach George Rynick)

Mit freundlicher Genehmigung von Günter W. Remmert /
www.seminarhaus-schmiede.de


Grundgefühle – Basisemotionen

Wut/Zorn/Ärger                       Schmerz                      Angst/Furcht               Freude/Vergnügen

– Verleugnung

Durch diese sind alle Gefühle gespielt und wirken inszeniert. Echte Gefühle werden sowohl nach außen, als auch gegenüber sich selbst verleugnet. Der Mensch verschließt sich zum Beispiel mit der Einstellung: “Wenn ich emotionale Hilfe annehme, bin ich völlig wertlos.”Die Verleugnung führt zu:

Feindseligkeit                         Elend/Jammer             Ängstlichkeit             Gespielter Nettigkeit

Verhinderung des vollen emotionalen Körperausdrucks.

Mögliche Gründe:
“Wenn ich meine emotionale Kontrolle verliere, werde ich verrückt.”
“Falls ich meinen ganzen Schmerz spüre, wird das eine endlose Folter und Qual sein.”
“Wenn ich meine Gefühle offen zeige, wird mich niemand mehr lieben.”
Die Verhinderung des emotionalen Körperausdrucks führt zu:

Ablehnende Wut/                     Hoffnungsloser             Hilflose                     Begeisternde,
klammernde Angst                   Schmerz                       Angst                       berührende Freude


– Ganzkörperlicher Ausdruck führt zu:

Wut freisetzen und für             Qualen freilassen/         Angst zulassen/          Recht auf Freude
sich selbst nutzen                     gute Gefühle                 als positive Kraft         anerkennen/ mit
                                                 erlauben                         nutzen                        anderen teilen


Das Erreichen der Identitätsebene führt zu:

Selbstbehauptung/                  Kraft/Antrieb zu             Kraft, diese                    Positiv und
Macht zur positiven                 positivem Denken         Energie zu                     lustvoll leben
Veränderung                           und Handeln                 nutzen


Fotocredit:
Angelika Riedlinger (1) / www.pixelio.de
Vera Deunter / www.pixelio.de