Der Trend zur freiwilligen Selbstdarstellung im Internet wirft die Frage auf, ob Personalabteilungen die Online- Identität von Bewerbern im Blick haben sollten. Die Zahlen sprechen für sich: Angeblich sagen 30 Prozent aller Bewerber in Auswahlverfahren oder Vorstellungsgesprächen die Unwahrheit. Daneben haben angeblich circa 80 Prozent aller Bewerber Spuren im Internet hinterlassen, oftmals ohne dass sie es selbst wissen. Vor diesem Hintergrund geht man nach einschlägigen Untersuchungen davon aus, dass bereits zirka 30 Prozent aller Personalabteilungen im Rahmen von Bewerbungs- beziehungsweise Auswahlverfahren einen Background Check nutzen. Die Personalarbeit ist also auch hier im Zeitalter Web 2.0 angekommen.

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Foto von Trent Erwin

In der Personalpraxis wird unter einem Background Check ein Instrument verstanden, das eingesetzt wird, um Informationen über Charakter, Fähigkeiten, Zuverlässigkeit und Integrität eines Bewerbers zu erhalten. Der Background Check zielt auf das B-Profil. Also auf Informationen über Bewerber, die gerade nicht ohne Weiteres freiwillig zur Verfügung gestellt werden. Daher geht ein Background Check immer über die von Bewerberseite selbst zur Verfügung gestellten Informationen (Anschreiben, Bewerbungsunterlagen oder Lebenslauf – das A-Profil) hinaus. Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen Background Check Offline und Background Check Online. Vor diesem Hintergrund spricht man vom Background Check auch als „Pre-Employment Due Diligence“.

Da der Background Check auf das BProfil zielt, werden vor allen Dingen Informationen recherchiert, die der Eignung für das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Unternehmens entgegenstehen. Spektakuläre Fälle der letzten Zeit sind hier die Kündigung gegenüber einem Mitarbeiter eines katholischen Sozialverbandes, nachdem dessen Nutzerprofil bei einer Online-Community für Homosexuelle bekannt wurde. Oder der Abbruch eines Bewerbungsverfahrens einer Bewerberin für den Polizeivollzugsdienst, nachdem diese in ein öffentliches Internet-Forum von sich selbst Fotos eingestellt hatte, die auf den Betrachter wie „Table-Dancing“ wirkten.

Wo also der Background Check Offline auf traditionelle Bewertungsmaßstäbe zurückgreift (vor allen Dingen Zeugnisse, polizeiliches Führungszeugnis, Auskunft aus Gewerbezentralregistern, Schufa-Auskunft, Gesundheitszeugnisse oder – ganz traditionell – Fragen im Bewerbungsgespräch), schöpft der Background Check Online die Möglichkeiten des Web 2.0 voll aus. Vor allem auf Social-Networking- Seiten, zum Beispiel Stayfriends. de, XING.de, StudiVZ.net, wird im Rahmen der Recherche regelmäßig zugegriffen.

Der rechtliche Rahmen von Background Checks ist aber durchaus umstritten. Zunächst steht der verfassungsrechtlich garantierten freien Einstellungsentscheidung eines Unternehmens (Artikel 12 Grundgesetz, GG) das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers (Artikel 2 Absatz 1, Artikel 1 Absatz 1 GG) gegenüber, das eine umfassende Ausforschung der Persönlichkeit verbietet und nach neuester Rechtsprechung auch die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme umfasst (Bundesverfassungsgericht, BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2008 – 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07). Daneben bestehen natürlich auch im Bewerbungsverfahren – arbeitsrechtlich als Anbahnungsverhältnis bezeichnet – gegenseitige Rücksichtnahmepflichten (§§ 241 Absatz 2, 311, BGB). Und jeder Bewerber kann ein diskriminierungsfreies Einstellungsverfahren verlangen (§§ 1, 6 Absatz 1 Seite 2, 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG).

Im Weiteren spielt das Datenschutzrecht eine besondere Rolle; das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist auch auf Unternehmen als nichtöffentliche Stellen anwendbar. Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten stellt ein Background Check regelmäßig eine Datenerhebung oder sogar Datenverarbeitung im Sinne des BDSG dar.

Datenschutzrechtlich steht jede Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten unter einem Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten, wie es durch den Background Check geschieht, ist nur zulässig, wenn sie durch das Datenschutzrecht oder durch eine andere Rechtsvorschrift erlaubt ist oder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt.

Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf einer freien Entscheidung beruht und vorab über den Zweck der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung informiert wurde. In der Praxis zeigt sich, dass eine datenschutzrechtlich wirksame Einwilligung beim Background Check fast nie vorliegt, was sich schon aus der Art der recherchierten Informationen (B-Profil) ergibt. Datenschutzrechtlich noch stärker geschützt sind besondere Arten personenbezogener Daten, nämlich die Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, die politische Meinung, religiöse und philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.

Regelmäßig wird für die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Background Checks ins Feld geführt, durch das laufende Bewerbungsverfahren sei der Rechtfertigungstatbestand des vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses (§ 28 Absatz 1 Nummer 1 BDSG) gegeben beziehungsweise das Unternehmen nähme berechtigte Interessen im Rahmen des laufenden Bewerbungsverfahrens wahr (§ 28 Absatz 1 Nummer 2 BDSG). Weiter berufen sich Personalabteilungen darauf, dass jede Internetrecherche als Informationsbeschaffung aus allgemein zugänglichen Quellen – denn welche Quelle wäre allgemein zugänglicher als das Internet? – sogar verfassungsrechtlich geschützt sei und zwar auch für Unternehmen als juristische Personen (Artikel 5 Absatz 1 GG). Daneben soll auch datenschutzrechtlich die Verarbeitung von allgemein zugänglichen Daten unproblematisch sein (§ 28 Absatz 1 Nummer 3 BDSG).

Unbegrenzte Möglichkeiten

Doch da das Web 2.0 fast unbegrenzte Recherche- und Informationsmöglichkeiten bereit hält, sind dem Informationsbeschaffungsanspruch durch Background Check im Bewerbungsverfahren trotzdem Grenzen gesetzt. Das Informationsrecht des Unternehmens besteht nicht unbeschränkt. Für jede recherchierte Information muss nach den Grundsätzen, die die Arbeitsgerichte für das Fragerecht im Bewerbungsgespräch entwickelt haben, ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Information bestehen. Als Faustregel gilt: Je mehr eine Information an die Anforderungen der zu besetzenden Stelle beziehungsweise die beruflichen Qualifikationen eines Bewerbers anknüpft, je eher ist der Informationsanspruch gegeben. Umgekehrt gilt, je weiter in das Persönlichkeitsrecht beziehungsweise den privaten Hintergrund eines Bewerbers eingedrungen wird, desto unzulässiger ist die Informationsbeschaffung.

Nach diesen Regeln ist die Zulässigkeit der Informationsbeschaffung zu den Themen Schwangerschaft, Schwerbehinderung, Religion, Weltanschauung, sexuelle Identität, Vorerkrankungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, beruflicher Werdegang, berufliche Fähigkeiten, persönliche Lebensverhältnisse zu beurteilen. So wird beispielsweise eine Informationsbeschaffung zur Schwangerschaft einer Bewerberin oder zur Schwerbehinderung eines Bewerbers nach der aktuellen europarechtlichen Rechtsprechung beziehungsweise den Vorgaben des Sozialgesetzbuch (SGB) IX immer unzulässig sein. Ähnliches gilt für die sexuelle Identität oder die persönlichen Lebensverhältnisse, denn es ist kaum vorstellbar, wie ein Unternehmen an derartigen Informationen ein berechtigtes Interesse mit Blick auf eine zu besetzende Stelle darlegen könnte.

Regelmäßig zulässig dagegen ist die Informationsbeschaffung über den beruflichen Werdegang oder die beruflichen Fähigkeiten. Wenn also ein Unternehmen im Rahmen des Background Checks recherchiert, dass ein Bewerber in einem Internet-Forum kontinuierlich längere Beiträge einstellt, allerdings immer während der üblichen Arbeitszeit, können hieraus zulässige Schlüsse auf die Arbeitsmotivation des Betroffenen gezogen werden.

Daneben sind auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der regelmäßigen Durchführung von Background Checks zu beachten: Die elektronische Erfassung personenbezogener Daten kann unter das Mitbestimmungsrecht zum Personalfragebogen fallen (§ 94 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz, BetrVG) und die Arbeitnehmervertreter haben bei der elektronischen Weiterverarbeitung derartiger Daten mitzubestimmen (§ 87 Absatz 1 Nummer 6 BetrVG). Insgesamt ist also ein Background Check im Web 2.0 aus der Personalarbeit wohl nicht mehr wegzudenken. Er ist ein zulässiges Instrument für Personalabteilungen, wenn die arbeits- und datenschutzrechtlichen Vorgaben beachtet werden.

Autor:

Dr. Jan Tibor

Lelley, Fachanwalt für Arbeitsrecht,

Essen

 

Quelle: PERSONAL - Heft 04/2009

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