Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht

group of people having a meeting
Foto von Mario Gogh

Sozialpläne sollen Nachteile mildern, die für Mitarbeiter durch eine Betriebsänderung entstehen. Im Zentrum steht meist der drohende Verlust des Arbeitsplatzes. Betriebsänderungen liegen laut Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) insbesondere dann vor, wenn Unternehmen

  • den ganzen Betrieb oder Teile einschränken oder stilllegen,
  • so viele Arbeitsverhältnisse auflösen, dass das Arbeitsmarktservice informiert werden muss, bevor Kündigungen nach Ablauf der 30-tägigen Sperrfrist ausgesprochen werden können (= Frühwarnsystem),
  • den ganzen Betrieb oder Teile verlegen,
  • sich mit anderen Betrieben zusammenschließen,
  • den Betriebszweck, Anlagen, die Arbeits- oder Betriebsorganisation sowie die Filialorganisation ändern,
  • neue Arbeitsmethoden einführen,
  • umfangreiche Rationalisierungen und Automatisierungen umsetzen.

Hat ein Unternehmen mehr als 20 Mitarbeiter – die nicht alle von einer Kündigung bedroht sein müssen – kann der Betriebsrat bei geplanten Betriebsänderungen den Abschluss eines Sozialplans erzwingen. Dies kann falls vor einer Schlichtungsstelle geschehen, sofern die beabsichtigte Betriebsänderung wesentliche Nachteile für die gesamte oder einen wesentlichen Teil der Belegschaft mit sich bringt.

Hat der Betrieb weniger als 20 Mitarbeiter oder keinen Betriebsrat gewählt, ist es nicht möglich, einen Sozialplan abzuschließen. Es steht dem Arbeitgeber allerdings frei, mit den Mitarbeitern auf einzelvertraglicher Basis Austrittspakete zu schnüren. Der Inhalt der Sozialpläne ist frei gestaltbar.

In der Praxis behandeln sie häufig folgende Punkte:

  • Der Betrieb kürzt die betrieblichen Sozialleistungen für die verbleibende Belegschaft.
  • Frühpensionierungen haben Vorrang vor der Auflösung von Arbeitsverhältnissen.
  • Das Unternehmen gewährt freiwillige Abfertigungszahlungen, gestaffelt nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Alter des Arbeitnehmers.
  • Die Mitarbeiter erhalten zusätzliche Abfindungszahlungen, wenn sie einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zustimmen.
  • Der Arbeitgeber zahlt den vollen Urlaubszuschuss / die volle Weihnachtsremuneration aus, obwohl das Arbeits-verhältnis unterjährig endet.
  • Die Mitarbeiter bekommen Jubiläumsgelder, obwohl sie den Stichtag nicht mehr erreichen.
  • Sie erhalten Schulungen, die sie bei der Suche nach einem neuen Job unterstützen. Das Unternehmen bietet ihnen Coaching/Outplacement an.
  • Der Betrieb gestaltet Überbrückungsmodelle für ältere Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Pensionsantritt.

Auch wenn ein Sozialplan abgeschlossen wurde, muss der Arbeitgeber, bevor er einen Mitarbeiter kündigt, den Betriebsrat – sofern vorhanden – verständigen und seine Stellungnahme abwarten. Der Betriebsrat wiederum darf bei Abschluss des Sozialplans nicht einfach einer bestimmten Anzahl von Kündigungen „pauschal“ zustimmen (= sogenannte Blankozustimmung).

Aus der Sicht des Arbeitgebers ist es zweckmäßig, nicht nur ein ansprechendes „Sozialplanpaket“ mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, sondern mit ihm auch eine Grundsatzeinigung darüber zu erzielen, dass Kündigungsanfechtungen wegen Sozialwidrigkeit zu vermeiden sind, wenn der Arbeitnehmer Sozialplanzahlungen erhalten hat. Eine solche Einigung lässt sich zum Beispiel durch eine ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung konkret benannter Mitarbeiter bekräftigen.

Wie ist der Sozialplan abzurechnen?

Sozialplanzahlungen sind – so die anschließend dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind –

  • in der Lohnsteuer begünstigt,
  • in der Sozialversicherung beitragsfrei
  • und verursachen keine Gehaltsnebenkosten.

Wann spricht die Finanz von Sozialplanzahlungen?

Sozialplanzahlungen sind Vergütungen an den Arbeitnehmer, die

  • in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses stehen,
  • auf Grundlage eines Sozialplanes bezahlt werden
  • und zwar dann, wenn das Dienstverhältnis aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt.

Damit Kleinbetriebe ohne Betriebsrat nicht benachteiligt sind, lässt sich die steuerliche Sozialplanbegünstigung auch dann anwenden, wenn Arbeitgeber eine Vereinbarung mit der gesamten Belegschaft abschließen, die eine Betriebsänderung betrifft. Die Höhe der Lohnsteuerbegünstigung hängt davon ab, ob ein Arbeitnehmer dem alten oder dem neuen Abfertigungsrecht unterliegt.

Altes versus neues Abfertigungssystem

Unterliegt der Arbeitnehmer dem alten Abfertigungssystem, ist die Sozialplanzahlung in drei Schritten abzurechnen.

Schritt 1: Bezüge, die als freiwillige Abfertigung abgerechnet werden können, sind nach dem Einkommensteuergesetzes (EStG) mit sechs Prozent lohnsteuerbegünstigt (Viertel-/ Zwölftelregelung) abzurechnen.

Schritt 2: Ein Betrag, der das begünstigte Ausmaß an freiwilliger Abfertigung gemäß Schritt 1 übersteigt, kann bis zur Höhe von 22.000 Euro mit dem halben Steuersatz abgerechnet werden.

Schritt 3: Die darüber hinaus gehenden Bezüge sind gemeinsam mit dem laufenden Bezug im Zeitpunkt der Auszahlung nach dem Tarif des jeweiligen Kalendermonats zu besteuern.

Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nach dem 31. Dezember 2002 begonnen haben und damit dem neuen Abfertigungssystem unterliegen, können die Steuerbegünstigung laut Einkommensteuergesetz (Schritt 1) nicht in Anspruch nehmen. Zahlungen aufgrund eines Sozialplanes an diese Mitarbeitergruppe kann der Arbeitgeber gleich mit dem halben Steuersatz (Schritt 2) und den übersteigenden Betrag nach Schritt 3 besteuern.

Bei Zahlungen an Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 1. Jänner 2003 begonnen haben und die erst zu einem späteren Zeitpunkt in das neue Abfertigungssystem übergetreten sind, müssen Personalverrechner grundsätzlich alle drei Schritte anwenden. In Abrechnungsschritt 1 (Abrechnung als freiwillige Abfertigung) sind bei dieser Arbeitnehmergruppe die folgenden Besonderheiten zu beachten:

  • Ein Viertel der laufenden Bezüge der vergangenen zwölf Monate kann der Arbeitgeber jedenfalls steuerbegünstigt mit einem Steuersatz von sechs Prozent auszahlen.
  • Inwieweit auch die Zwölftelregelung angewandt werden kann, hängt davon ab, ob, wann und in welchem Ausmaß Altabfertigungsanwartschaften übertragen wurden.

Abrechnungsbeispiel

Tabelle 1 zeigt die Berechnungsgrundlagen für die Ansprüche eines Mitarbeiters, der seit 2001 für seinen aktuellen Arbeitgeber tätig ist, welcher ihm nun betriebsbedingt kündigt. Um die Zahlungen an den Beschäftigten zu ermitteln, berechnet die Personalabteilung zunächst Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration und den 15. Bezug – und zwar für den Zeitraum vom 1. bis 31. Jänner 2009 (Beendigungstermin, Tabelle 2). Das Ergebnis: Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration und der 15. Gehaltsbezug betragen jeweils 259,04 Euro brutto.

Anschließend gilt es, die gesetzliche Abfertigung sowie die freiwillige (vertragliche) Abfertigung zu beziffern, die je drei Monatsgehältern entsprechen (Tabelle 3). Beide Summen belaufen sich auf je 12.727,53 Euro brutto. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber Anspruch auf Sozialplanzahlungen in Höhe von 4,2 Monatsentgelten plus 1.250 Euro brutto. Da der Arbeitnehmer zuletzt 4.242,51 Euro verdiente, belaufen sich die Sozialplanzahlungen auf insgesamt 19.068,54 Euro brutto.

Abgabenbegünstigung des Sozialplanes

Nach der Viertelregelung berechnet die Personalabteilung ein Viertel der laufenden Bezüge der vergangenen zwölf Monate – in diesem Fall ein Viertel von 41.210 Euro, was 10.302,50 Euro entspricht. Nach der Zwölftelregelung beziffern die Personalverrechner 6/12 der laufenden Bezüge in Höhe von 41.210 Euro – also 20.605,00 Euro. Von der Gesamtsumme (30.907,50 Euro) ziehen Sie die bereits erhaltenen Abfertigungszahlungen von je 12.727,53 Euro ab und erhalten somit jenen Teil der Sozialplanzahlung, der ebenfalls noch mit sechs Prozent abzurechnen ist (= 5.452,44 Euro). Tabelle 4 zeigt, wie die gesamte Sozialplanzahlung abzurechnen ist.

Tabelle 1

Tabelle 2

Tabelle3

Tabelle4

Steuerfalle

Viele Sozialpläne räumen den betroffenen Mitarbeitern das Recht ein, das Arbeitsver-hältnis einvernehmlich zu beenden, wenn sie vor Ablauf der Kündigungsfrist – oder dem geplanten Termin der Beendigung eines Arbeits verhältnisses – eine neue Stelle gefunden haben. In diesen Fällen sagt der Arbeitgeber den Beschäftigten oft zu, dass sie das Entgelt, welches sie bis zum geplanten Ende des Arbeitsverhältnisses bezogen hätten, als Einmalzahlung erhalten.

Eine solche Zahlung kann nicht als abgabenbegünstigte Sozialplanzahlung abgerechnet werden. Auch wenn die Rechtslage dazu nicht eindeutig ist, müssen Arbeitgeber davon ausgehen, dass es sich dabei um Entgelt für den Verzicht auf künftige Arbeitsleistung handelt. Dieses ist zu 1/5 lohnsteuerfrei und zu 4/5 nach Tarif abzurechnen. Nach den Lohnsteuerrichtlinien handelt es sich hiebei um Zahlungen, die

  • erfolgen, wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet, die Tätigkeit des Arbeitnehmers aber bereits eingestellt ist,
  • bezogen auf den Umfang jenen Bezügen gleichen, die dem bisherigen tatsächlichen Entgelt für in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistungen entsprechen,
  • in der Regel einmalig sind und den Arbeitnehmer zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewegen sollen.

Laut Gebietskrankenkasse verlängert das Entgelt für den Verzicht auf Arbeitsleistung in der Sozialversicherung die Pfichtversicherung um jenen Zeitraum, der mit der Zahlung entschädigt wird. Für dieses Entgelt muss der Arbeitgeber Gehaltsnebenkosten abführen.

Tipp:Aufgrund der nicht eindeutigen Rechts-lage sollten Arbeitgeber – insbesondere wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen sind – eine entsprechende Anfrage an die zuständige Gebietskrankenkasse stellen.

Outplacementberatung als Teil des Sozialplanes

Einige Arbeitgeber stellen von Kündigung betroffenen Mitarbeitern einen Outplacement-Berater an die Seite, der sie bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt, indem er mit ihnen ein Qualifkationsprofl erstellt, Weiterbildungsbedarf ermittelt und Bewerbungen vorbereitet. Der Arbeitgeber trägt die Kosten der Beratung. Bei der Übernahme von Beraterkosten handelt es sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats grundsätzlich um lohnabgabenpfichtige Zuwendungen. Daher fallen Sozialversicherungsbeiträge, Lohnnebenkosten sowie Beiträge zur Betrieblichen Vorsorgekasse an.

Die Finanzverwaltung hat hiezu eine großzügigere Ansicht und begründet diese mit der Fürsorgepficht des Arbeitgebers gegenüber den ausscheidenden Arbeitnehmern. Outplacement könne eine Aus- oder Fortbildung des Arbeitnehmers im betrieblichen Interesse sein. Die im Rahmen des Outplacements gewährten Sachleistungen stellen daher für den Arbeitnehmer nach Ansicht der Finanzverwaltung keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar und sind lohnsteuerfrei. Dem gekündigten Mitarbeiter kann eine Outplacementberatung neue Perspektiven vermitteln – aber auch das Unternehmen proftiert. Denn es kann sich als verantwortlicher Arbeitgeber positionieren und einem möglichen Imageschaden durch die betriebsbedingten Kündigungen entgegenwirken.

Quelle: personal manager 5/2009