Dies ist der zweite Teil unserer Serie zu Recruiting 2010. Anfang der Woche hatten wir den ersten Teil mit unseren generellen Prognosen zum Markt, Recruitern und Recruiting-Dienstleistern gepostet. Also hier nun einige Einschätzungen rund um das Thema Social Recruiting.

Social (Media) Recruiting wird vom Hype zum ernsthaften Recruiting-Kanal


Social Media Recruiting oder Social Recruiting wird 2010 die Hype-Ecke verlassen. In 2010 werden wir sehen welchen Mehrwert Social Media im Recruiting tatsächlich leisten kann. Der Begriff “Social Recruiting” oder “Social Media Recruiting” wird HR-Mainstream und es wird wohl ein geflügeltes Wort auf Konferenzen werden. Hoffentlich nicht nur nach dem Motto “Alter Wein in neuen Schläuchen”, sondern tatsächlich auch mit frischen Inhalten und innovativen Maßnahmen unterlegt.

Allerdings wissen auch 2010 viele Arbeitgeber noch nicht wie sie am Besten mit ihrer Kandidaten-Zielgruppe auf den sozialen Kanälen kommunizieren sollen. Das Problem fängt aber schon früher an: Etliche wissen nicht wo die Zielgruppe sich aufhält und angesprochen werden kann oder besser gesagt angesprochen werden will.

Wir hatten ja schon erwähnt, das die Krise die Forderung nach messbarem Recruiting forciert. Deshalb wird es in Unternehmen viele Diskussionen über den ROI von Social Recruiting geben. Allerdings haben viele Arbeitgeber keinen Vergleich, da sie auch den ROI herkömmlicher Kanäle nicht kennen.

Prognose: Auch 2010 steckt Social Recruiting noch in den Kinderschuhen. Es wird viel experimentiert und probiert. Es macht eine Menge Spaß (ja, uns auch :-) ), aber es kommt nicht immer was Zählbares dabei heraus. Aber auch wir sind der Meinung: Wer jetzt nicht mit ausprobiert läuft Gefahr den Anschluss zu verlieren. Es ist insbesondere wichtig den Wandel durch Social Media zu verstehen: Social Media ist ein Prozess und kein Event.

Hier eine Einschätzung zu den verschiedenen Social-Recruiting-Kanälen im Jahr 2010.

Keine Twitter-Revolution – Twitter wird nicht die erhofften Recruiting-Erfolge bringen

Twitter – der Social Media Hype 2009 – wird als Recruiting-Instrument (Twitter für das Employer Branding werden wir nochmal gesondert beleuchten) hinter den Erwartungen zurückbleiben. Wir hatten ja auch schon gezwitschert, dass Twitter für einige Jobbörsen, Recruiting-Abteilungen und HR-Dienstleister nicht mehr als ein trendiger RSS Feed ist, über den Jobs oder Artikel in das Twitterversum gepushed werden. Allerdings muss man fairerweise sagen: Aus Recruiting-Sicht ist dies wahrscheinlich erstmal das Maximale, was aus Twitter rauszuholen ist. Signifikant mehr Einstellungen bzw. Bewerbungen durch Twitter gab es 2009 nicht und wird es unserer Einschätzung nach auch 2010 nicht geben. Und das sagen wir auch, obwohl es einige durchaus spannende Angebote (z.B. Jobtweet) im Markt gibt.

Daher wird Twitter in 2010 ein (kleiner) Baustein im Recruiting-Mix sein, aber für die meisten Branchen in keinster Weise dominieren. Offene Vakanzen können über Twitter als weiterer Kanal publiziert werden, um so den Long-Tail zu erreichen. Dieser kommt insbesondere über Google und Bing. Unsere Empfehlungen für personalsuchende Unternehmen: Seien Sie auf Twitter präsent, aber limitieren Sie die eingesetzten Ressourcen. Und wenn Sie – was durchaus legitim ist – nur Informationen “pushen” wollen, dann kennzeichnen Sie Ihren Account entsprechend. Sie werden dann zwar nicht viele Follower haben, aber Sie werden über die Suche immerhin gefunden.

“Volks”-Netzwerke: Facebook als zukünftiger Recruiting-Kanal, aber wie einsetzen?

Facebook wird das soziale Netzwerk sein, welches auch 2010 in Deutschland weiterhin stark wachsen wird. Weltweit hat Facebook nach Eigenaussage über 350 Mio. aktive(!) Nutzer, davon knapp 6 Mio. in Deutschland. Aber nicht nur die Nutzerzahlen wachsen, es sieht so aus als würde das Innovationstempo ungebremst weiter gehen. Im Frühjahr soll z.B. die Open Graph API kommen. Damit können ganze Webseiten in Facebook integriert werden, mit einer ganzen Reihe neuer Nutzungsszenarien. Als spannendes Feld sehen wir außerdem auf Facebook basierende location-based Services. Für das Recruiting werden diese im Jahr 2010 aber wohl noch nicht wirklich eingesetzt.

Facebook ist für uns die Plattform, die auch in Zukunft das Tempo vorgeben wird. Neben den hauseigenen Innovationen erwarten wir eine ganze Reihe an innovativen Recruiting-Dienstleistungen rund um Facebook. Auf diese neuen Geschäftsmodelle sind wir schon sehr gespannt. Bis sich die ersten wirklich erfolgsversprechenden Anbieter herauskristallisiert haben, werden Recruiter aber noch nach dem Motto “trial and error” ihr Glück versuchen. Ähnlich wie Twitter haben “Early Mover” zwar den Image-Vorteil, zählbare Erfolge für das Recruiting wird es dort aber erstmal noch nicht geben.

Und was ist mit StudiVZ oder Wer-Kennt-Wen? Die beiden größten deutschen sozialen Netzwerke werden in den nächsten Jahren – aus unserer Sicht – keine nennenswerte Rolle mehr spielen. In 2010 werden eventuell einige der großen (Recruiting-)Dienstleister Applikationen/Integrationen für StudiVZ oder Wer-Kennt-Wen entwickeln. Allerdings glauben wir nicht, dass es hier langfristige Chancen gibt. Es sei denn StudiVZ richtet sich als Karriere-Netzwerk aus, aber das wäre eher ein Thema für einen anderen Beitrag. :-)

Business-Netzwerke: LinkedIn gewinnt in Deutschland Marktanteile, Xing mit Nachholbedarf

Wir erwarten, dass LinkedIn – ähnlich wie Facebook in 2009 – seine Nutzerzahlen in Deutschland deutlich steigern wird. Nicht nur, dass LinkedIn mittlerweile eine deutsche Version hat, Sie sind auch bei der Einbindung von Applikationen Xing einige Schritte voraus. Das größte Manko haben wir bis jetzt in der unübersichtlichen Oberfläche gesehen. Erste Schritte zur Verbesserung dazu gab es Ende 2009. Wenn LinkedIn diese noch weiter vereinfacht und nutzerfreundlicher gestaltet, haben sie durchaus auch in Deutschland eine richtige Chance Xing signifikante Marktanteile abzunehmen.

Unsere Prognose: 2010 wird das Jahr sein in dem viele Nutzer doppelte Accounts sowohl auf LinkedIn als auch auf Xing haben werden (ähnlich wie bei StudiVZ und Facebook in 08/09). Es wird spannend sein, zu schauen wer sich letztendlich durchsetzen wird. Das Rennen ist durchaus noch offen. Allerdings gibt es bei sozialen Netzwerken den Hang zur Monopolbildung. Aufgrund der größeren Nutzerzahlen erwarten wir, dass langfristig LinkedIn den Markt dominieren wird…. Und sobald die Nutzerzahlen weiter steigen, wird LinkedIn auch für deutsche Recruiter eine interessante Alternative. Zumal die Möglichkeiten für dasRecruiting bei LinkedIn schon deutlich ausgereifter sind als bei Xing. Der neue Xing-Recruiter-Account hat uns bisher enttäuscht.

Egal wie das Rennen um die Nutzer ausgeht, im Vergleich zu klassischen Recruiting-Kanälen können und werden die Business-Netzwerke deutlich zulegen. Denn nicht nur das Einstellen von Stellenanzeigen, auch das aktive Ansprechen von interessanten Kandidaten kann hier – je nach Branche – durchaus effektiv sein.

“Netzwerk”-Recruiting wird professionalisiert


Recruiting über das persönliche oder über das Unternehmensnetzwerk war schon immer wichtig. Durch die neuen sozialen Plattformen/Tools ist es viel einfacher geworden Kontakt zu halten und seinem Netzwerk interessante Infos mitzuteilen oder um Unterstützung zu bitten. Viele Mitarbeiter haben schon einen Account in einem dieser Netzwerke. Da Mitarbeiter glaubwürdige Multiplikatoren des Unternehmens sind, kann das existierende Netzwerk durchaus erfolgreich genutzt werden. Selbstverständlich ergeben sich daraus auch für die – in etlichen Unternehmen angebotenen – Mitarbeiter-Empfehlungs-Programme neue Chancen.

Für Recruiting-Dienstleister ist hier in 2010 ein spannender Markt. Erfolgreich werden aber nur die Anbieter, die auf existierende Plattformen (z.B. Facebook) setzen, anstatt auf geschlossene Systeme. So werden die Mitarbeiter dort eingebunden wo sie sich bereits aufhalten. Sobald die richtigen Tools auf dem Markt sind, ist die Professionalisierung von Mitarbeiter-Empfehlungen in Social Media nur noch eine Frage der Zeit.

In 2010 werden wir eine Neubelebung/Evolution der (Mitarbeiter-)Empfehlungen sehen. Allerdings reicht die Bereitstellung von technischen Möglichkeiten nicht aus. Eine spannende Diskussion erwarten wir im Bezug auf die kulturellen Rahmenbedingungen/Grundlagen für ein solches Programm. Nicht jeder Mitarbeiter will in seinem Freundeskreis für seinen Arbeitgeber werben. Das Spannungsfeld “Sozialer Druck” vs. “Arbeitsumfeld-Druck” bzw. “work” vs. “leisure” wird auch da für Diskussionen sorgen.

Randnotiz: Nutzerfreundliche Integrationen von Network- bzw. Referral-Recruiting in bestehende Applicant Tracking Systeme (ATS) wären zwar wünschenswert, kommen aber für 2010 noch zu früh.

Anregungen, Ideen, Feedback?

Was glauben Sie: Ist Twitter für das Recruiting interessant? Wird Networking-Recruiting professionalisiert? Gewinnt LinkedIn weiter Marktanteile? Was passiert mit Xing?
Wir freuen uns hier auf Ihre Rückmeldungen. Ebenso können Sie mir auch gerne eine Nachricht schicken.

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Foto von CoWomen