„Die externe Vergabe von HR-Dienstleistungen ist für die österreichische HR-Landschaft noch kein prägendes Charakteristikum“, konstatiert die Studie „HR-Benchmark“ des Beratungsunternehmens Deloitte im Jahr 2011. Die 147 teilnehmenden Unternehmen aus Österreich können sich am ehesten vorstellen, die Personalverrechnung auszulagern (47 Prozent), gefolgt von Altersvorsorge (43 Prozent) und Training (42 Prozent). Insgesamt beobachten die Studienautoren eine „im internationalen Bereich verhältnismäßig hohe Zurückhaltung zur Auslagerung von HR-Teilbereichen“.

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Während das Outsourcing der Payroll selbst in klein- und mittelständischen Betrieben schon sehr verbreitet ist, erledigen Unternehmen andere HR-Aufgaben hierzulande lieber selbst. Das gilt auch dann, wenn sich Outsourcing im Prinzip recht gut realisieren ließe, so Julian Mauhart, Partner bei Deloitte Österreich. „Der Recruitingprozess lässt sich zum Bespiel sehr gut zerlegen, man kann dafür relativ leicht Schnittstellen definieren – und ihn ganz oder teilweise an Externe vergeben.“ Doch das geschehe eher selten. Der Grund: „Ich beobachte bei vielen österreichischen Unternehmen eine gesunde Scheu davor, inhaltliche Entscheidungen außerhalb des Unternehmens treffen zu lassen“, erläutert Mauhart. „Hinzu kommt, dass die Marktangebote noch nicht so reif sind wie im Bereich der Payroll – und momentan auch noch nicht so gut auf einen KMU-Markt zugeschnitten“.

Weitere Gründe nennt Bernhard Stieger, Geschäftsführer von Aon Hewitt: „So wie ich die österreichische HR-Landschaft wahrnehme, ist der aktuell stärkste Treiber für HR-Outsourcing der Kostendruck.“ Wer sparen wolle, lagere am ehesten Prozesse wie die Lohn- und Gehaltsverrechnung aus. „Die Frage aber, wie Unternehmen effizientere und professionellere HR-Services anbieten können, wird in Österreich derzeit noch auffällig wenig gestellt“, beobachtet Stieger. Der Markt werde sich in Zukunft aber bewegen, glaubt der Experte. Denn in vielen Unternehmen wächst der Wille, HR-Prozesse zu standardisieren und zu professionalisieren. Die Zusammenarbeit mit externen Spezialisten könnte dabei hilfreich sein.

Aktuell jedoch habe Outsourcing noch ein eher negatives Image. „Viele denken, sie geben damit etwas komplett aus der Hand und können es dann selbst nicht mehr steuern.“ Das sei jedoch eine veraltete Vorstellung. „Moderner betrachtet geht es beim Outsourcing um ein sinnvolles Zusammenspiel mit einem spezialisierten Dienstleister“, betont Stieger.

Fragt man Experten und Marktteilnehmer, welche Prozesse sich auslagern lassen, lautet die Antwort: Administrative Prozesse lassen sich herausgeben, Kernaufgaben nicht. Was zu den Kernaufgaben der HR-Abteilung gehört, müssen Unternehmen jedoch weitgehend selbst definieren. Bernhard Renner, Autor des Buches „Business Process Outsourcing im Human Resource Management“, nennt als Faustformel: „Alles, was ich einfach beschreiben kann oder wiederkehrend ist, lässt sich sehr gut auslagern.” Die wichtigste Voraussetzung für Outsourcing sei, dass Unternehmen genau definieren, wie ein Prozess aussehen soll und was der Dienstleister zu tun habe. Das ließe sich in Bereichen wie Personalgewinnung und Personalabrechnung leichter bewerkstelligen als in der Mitarbeiterbeurteilung und Personalentwicklung.

Um einen Prozess genau beschreiben zu können, müssen Unternehmen jedoch Vorarbeiten leisten. „Es braucht eine klare Ausrichtung von HR, abgeleitet von der Unternehmensstrategie“, sagt Bernhard Stieger. Der Beitrag von HR zum Unternehmenserfolg sollte klar sein. „Neben der Strategie sollte es auch eine Art Roadmap geben, die beschreibt, wo HR heute steht und was in den kommenden Jahren ansteht.“ Darauf aufbauend könnten Unternehmen die Organisation des Personalbereichs gestalten. „Wähle ich ein Business-Partner-Modell? Wo habe ich meine Experten-Center? Welche Aufgaben erledige ich im Selfservice?“, nennt Stieger Fragen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind. Wenn dieses Set-up stehe, könne ein Unternehmen überlegen, wie die HR-Abteilung Dienstleistungen erbringt und was sie an Externe vergibt.

Auch an den Prozessen selbst müssten viele Unternehmen arbeiten, bevor eine Vergabe nach außen möglich sei, betont Julian Mauhart: „Die Prozesse müssen sehr standardisiert und gut dokumentiert sein“, so der Experte. Außerdem sollte der Auftraggeber die Schnittstellen klar definieren – sprich: genau sagen, an welcher Stelle des Prozesses der Outsourcing-Dienstleister übernimmt. Wer Teile von HR auslagern will, muss somit seine Prozesse optimieren – eine Aufgabe, die viele Unternehmen scheuen.

Von welchen Aspekten sollten Arbeitgeber nun abhängig machen, ob sie einen Prozess auslagern oder nicht? Da ist zunächst die Größe der Firma. Irgendwo zwischen 50 und 100 Mitarbeitern liege die magische Grenze, ab der sich HR-Outsourcing lohne, so Bernhard Renner. Ausnahmen bestätigten hier jedoch die Regel. So könne es auch für kleinere Unternehmen die richtige Entscheidung sein, die Personalverrechnung oder auch die gesamte Personalarbeit auszulagern. Entscheidender als die Größe des Unternehmens seien Art und Umfang des Business. So könnte es für Klein- und Mittelständler, die international aktiv sind, durchaus interessant sein, die Personaladministration an Experten abzugeben. „Zum Beispiel dann, wenn eine kleine Firma vor der Herausforderung steht, Mitarbeiter aus Ländern wie Indien zu rekrutieren und lohnseitig zu verrechnen“, erklärt Renner. Weitere wichtige Faktoren seien eine hohe Fluktuation, die viel Aufwand für die Personalabteilung mit sich bringe, sowie Kostendruck auf die HR-Abteilung.

Bei den Überlegungen pro oder contra Outsourcing könne auch die Geschwindigkeit eine Rolle spielen, mit der HR Leistungen erbringen muss, gibt Bernhard Stieger zu bedenken: „Wie viel Zeit brauche ich, um mir etwas anzueignen – und macht es Sinn, einen Experten von außen zu holen, der das Knowhow bereits hat?“ Eine weitere Frage, die sich Unternehmen stellen sollten, sei: „Wie schwankend ist mein Geschäft – und wie viele Ressourcen brauche ich?“ Ein Dienstleister sei aufgrund seiner Expertise nicht nur in manchem besser, sondern unter Umständen auch flexibler, Ressourcen bereitzustellen, wenn sie gebraucht werden. Nicht zuletzt gehe es in diesem Prozess des Abwägens auch um die Frage: „Bekomme ich eine Qualität, die ich mir intern nicht leisten kann oder will, da mir die Investition in die Spezialisierung zu hoch ist?“ Lohnt es sich aus Unternehmenssicht, Mitarbeiter für diesen Bereich einzustellen oder weiterzubilden, Software anzuschaffen oder andere Tools zu implementieren?

Outsourcingwillige Unternehmen sollten außerdem die grundsätzlichen Risiken abwägen, die das Auslagern von HR mit sich bringen kann, empfiehlt Buchautor Renner. „Wenn ich über längere Zeit meine Kern-HRProzesse auslagere, verliere ich auf Dauer die Kompetenzen in diesem Bereich.“ Besonders schmerzlich spüren das Unternehmen, die – zum Beispiel aus Kostengründen – zurückrudern und HR-Prozesse wieder intern erledigen lassen wollen, obwohl ihnen längst die nötigen Mitarbeiter und das dazugehörende Know-how fehle. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die HR-Arbeit nach dem Auslagern doch umfangreicher – und damit teurer – ausfällt als es das mit dem Dienstleister vereinbarte Service-Level-Agreement vorsieht. Ein Dienstleister lässt sich Extras bezahlen und so schwindet der vermeintliche Kostenvorteil des Outsourcings unter Umständen in einen –nachteil.

Dem können Arbeitgeber vorbeugen, indem sie die anfallenden Arbeiten und damit verbundenen Prozesse möglichst genau beschreiben, dem Dienstleister aber auch klare Anweisungen geben, was zu tun ist, wenn er einmal vom üblichen Weg abweichen muss. „Gerade in der HR lässt sich nicht alles in einer statischen Prozessform abbilden“, so Renner. „Daher ist es wichtig, die Spielräume des Dienstleisters genau zu definieren, ansonsten ruft er wegen jeder Kleinigkeit an – und dann kann man es auch gleich selber machen.“ Die HR-Mitarbeiter seien zudem gefragt, die Arbeit dem Outsourcing-Partner zu monitoren. Denn eines sei klar: „Sie können Aufgaben outsourcen, aber nicht die Verantwortung.“

Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 1 Jänner / Februar 2013