Im Ergebnis zeichnet sich ab, dass die Anbieter ihre Softwarelösungen bereits mit vielen innovativen Funktionen ausgestattet haben, die Nutzungsbreite und -intensität jedoch recht unterschiedlich ausfällt. Dabei liegt die Verbreitung und der Einsatz von Portallösungen weit vor Web-2.0-Funktionen und mobilen Diensten.

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Foto von Austin Distel

Mitarbeiter und Führungskräfte einbinden: Self-Service-Portale

Die Vorteile von webbasierten Self-Service-Portalen liegen auf der Hand: Mitarbeiter können ihre personenbezogenen Daten selbst pflegen oder Genehmigungsprozesse starten. Führungskräfte wiederum erhalten einfach und schnell aktuelle Informationen für ihre Personalentscheidungen. Für die Unternehmen werden dadurch viele Prozesse und Abläufe vereinfacht.

So wundert es auch nicht, dass Self-Service-Portale von manchen nicht mehr als Trend, sondern schon fast als Standard bezeichnet werden. „Der Trend zu Web-Portalen ist bereits in einem hohen Maße zum State of the Art geworden“, lautet folgerichtig die Einschätzung von Benigna Prochaska, Geschäftsführerin der Sage GmbH. Ohne die Einbindung der Mitarbeiter und Führungskräfte in alle Personalprozesse könne eine HR-Abteilung ihren Aufgaben und Anforderungen nicht mehr gerecht werden, stimmt Rainer Kolb, Geschäftsführer der Persis GmbH, dieser Tendenz zu: „Self-Service ist heutzutage nicht mehr wegzudenken.“

Zum Einsatz kommen solche Mitarbeiter- und Manager-Self-Service-Portale zum Beispiel bei der Planung von Mitarbeitergesprächen und Weiterbildungen, für Urlaubsanträge und Reisekostenabrechnungen bis hin zum Ideenmanagement. Es gehe längst nicht mehr nur darum, etwa Adressänderungen bekanntzugeben. Vielmehr würden durch die Portallösungen HR-Prozesse unternehmensweit optimiert, erklärt Michael Friedwagner.

Der Geschäftsführer von Infoniqa HR Solutions bestätigt die gestiegene Akzeptanz für diese Lösungen: „Unsere Erfahrungen zeigen, dass bei den Anwendern die Barrieren gefallen sind.“ Bei rexx systems sieht Matthias Dietrich im Bereich Self-Service-Portale sogar noch Entwicklungspotenzial: Der Trend habe seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Das Interesse seiner Kunden zeige deutlich, dass hier ein hohes Potenzial für moderne HR-Arbeit gesehen werde, so der Sales Manager für Süddeutschland und Österreich.

Usability und Social Media: Das Web 2.0

Etwas weniger dynamisch gestaltet sich offenbar die Weiterentwicklung und Nutzung von HR-Software in Richtung Web-2.0-Anwendungen. Sie kommen bislang nur in wenigen Bereichen zum Einsatz. Vielfach beobachten Unternehmen die Entwicklungen noch oder suchen nach Einsatzmöglichkeiten. Dennoch scheint die Richtung vorgezeichnet: Sowohl Anwender als auch Anbieter müssten sich darauf einstellen, dass sich eines der Grundprinzipien des Web 2.0, nämlich die Usability, auch im beruflichen Umfeld durchsetzen werde, ist Benigna Prochaska überzeugt. Damit gehen gewisse Anforderungen an die Nutzerfreundlichkeit von HR-Software einher: „Die Erwartungshaltung der Anwender unterscheidet nicht zwischen privat und Beruf.“

In Bezug auf die Nutzung von Web-2.0-Funktionen für ihre Arbeit scheinen Personaler zum Teil noch Vorbehalte zu haben. Obwohl das Thema in aller Munde sei, konzentriere sich die konkrete Anwendung derzeit vorwiegend auf das Recruiting, ist die Einschätzung von Matthias Dietrich. Bei Persis sieht man die Nutzung solcher Anwendungen in Unternehmen derzeit sogar noch als marginal an. Es fehle oft noch an der Umsetzung der vorhergehenden Schritte, gibt Rainer Kolb zu bedenken.

Neben der fehlenden Klarheit über die Einsatzmöglichkeiten ist die Frage der Ressourcen ein weiterer Aspekt, der für Unternehmen erschwerend hinzukommt. Nicht alle Unternehmen hätten eine klare Meinung und viele agierten eher distanziert, bestätigt Michael Friedwagner. Es fehle häufig noch an konkreten Ideen, wie man das Web 2.0 sinnvoll einsetzen könnte, aber fast jeder verfolge dieses Thema, so der Geschäftsführer von Infoniqa.

Er beobachte, dass größere Unternehmen in diesem Feld bereits Ressourcen freimachten, um über Social Media bestimmte Zielgruppen besser erreichen zu können. Für kleinere Unternehmen sei der Aufwand, beispielsweise eine Facebook-Seite zu pflegen, oft ein Problem. Denn mit dem Anlegen einer Firmenseite ist es noch längst nicht getan: Die Seite muss kontinuierlich mit neuen Inhalten versehen werden. Man darf gespannt, sein, wie sich dieser Trend in den nächsten Jahren weiterentwickelt.

Unterwegs Daten abfragen und pflegen: Mobile Dienste

Mobile Endgeräte wie Laptops, Tablets oder immer leistungsfähigere Smartphones sind sowohl privat als auch im Beruf auf dem Siegeszug. Da liegt es nahe, dass sie auch bei der Unterstützung von HR-Prozessen verstärkt zum Einsatz kommen. „Immer mehr Führungskräfte und Mitarbeiter werden in den kommenden Jahren mobile Geräte für die Durchführung einfacher Abfragen und zur Informationsgewinnung nutzen“, prognostiziert deshalb Benigna Prochaska von Sage. Gründe dafür seien organisatorische Veränderungen in den Unternehmen, erklärt Manfred Nagl, Geschäftsführer von P&I GmbH Wien. Klassische Strukturen in Organisationen würden von kleinen dezentralen Einheiten abgelöst, der Arbeitsalltag für Mitarbeiter flexibler, schneller und unabhängiger.

Mobiles Arbeiten werde im modernen HR-Management immer wichtiger, bestätigt auch Matthias Dietrich. Bei rexx systems erlebe man die Nachfrage zwar nicht so stark wie etwa bei CRM-Lösungen, aber dennoch würden immer wieder konkrete Wünsche an den Softwareanbieter herangetragen. Durch die Leistungsfähigkeit und die gute Bedienbarkeit der Geräte seien Akzeptanz und Nutzen gleichermaßen gestiegen, ergänzt Michael Friedwagner. Dadurch würden zunehmend mehr HR-Prozesse unterstützt, bei denen explizit Mobilität gefragt sei, zum Beispiel Zeitbuchungen oder Reisekostenabrechnung von unterwegs.

HR-Software ist mit entsprechenden Tools ausgestattet

Alle befragten Anbieter offerieren bereits in ihrem Portfolio entsprechende Funktionen. Die Webtauglichkeit von HR-Software ist bereits Standard, Self-Service-Portale ebenso. Das Angebot in Bezug auf Web 2.0 und mobile Dienste fällt hingegen zum Teil noch recht unterschiedlich aus.

Bei P&I steht beispielsweise die Mobilität im Mittelpunkt. Unter anderem bietet das Unternehmen eine Zeiterfassung via Smartphone an. Mit der Applikation könnten Mitarbeiter ihre Zeitbuchungen orts- und zeitunabhängig von ihrem mobilen Endgerät aus vornehmen, führt Geschäftsführer Manfred Nagl aus. Auch sei das Business Intelligence Modul P&I HR Leitstand als Smartphone-Applikation verfügbar. Entscheider könnten damit auf der Fahrt zum Geschäftstermin via Smartphone zum Beispiel wichtige Analysen abrufen, falls sie kurzfristig entscheidungsstützende Informationen benötigen. Die Software ermögliche damit einen einheitlichen und zentralen Überblick über die wesentlichen Kennzahlen und Vorgänge eines Unternehmens aus personalwirtschaftlicher Sicht.

Sage hat im vergangenen Oktober eine erste Web 2.0 HR-Lösung auf den Markt gebracht. Damit hätten die Nutzer Zugriff auf Informationen zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jedem Endgerät, erklärt Geschäftsführerin Prochaska. Bei rexx reichen die Softwarefunktionen von Mitarbeiter- und Karriereportalen über ein Who-is-Who im Intranet bis hin zu speziellen Prozessabbildungen für die Arbeit auf dem Smartphone. Dazu kommt die automatische Verwendung von Web 2.0-Kanälen wie Facebook oder Xing.

Auch Infoniqa bietet im Bereich Web 2.0 Dienste an, mit denen Personalabteilungen offene Stellen direkt im Facebook publizieren können. Dadurch können Unternehmen neben dem Employer Branding auch gleich konkrete Stellen für bestimmte Zielgruppe positionieren, führt Friedwagner aus. Auch bei Persis können Stellenausschreibungen mit einem Knopfdruck in Facebook gepostet werden. Zudem können Personaler über das System jungen Bewerbern per SMS oder RSS-Nachrichtenticker Infos über neue Stellen zuschicken. Diese können sich dann direkt per Handy bewerben.

Unternehmen entdecken die Möglichkeiten von HR-Software

Die Softwareunterstützung ist also gegeben, aber wie wird sie genutzt? Portallösungen zunehmend engagiert und in vielfältigen Einsatzbereichen, weitere Web-2.0-Funktionen eher zurückhaltend und punktuell – so der Eindruck aus den Antworten der Anbieter. Der Einsatz von Web 2.0 im Business-Umfeld sei ein technologischer Trend, der zum heutigen Tag noch am Beginn steht, schätzt Benigna Prochaska die Situation ein. „Viele Personalisten können zunächst mit dem Begriff Web 2.0 für ihre Arbeit wenig anfangen.“

Hier steht den Anbietern offenbar noch einiges an Kommunikations- und Überzeugungsarbeit bevor. Denn sobald die Personaler konkret die Nutzungsmöglichkeiten und deren Vorteile erkannt hätten, seien sie begeistert, so Prochaska weiter. Dann kämen diese Funktionen auch in allen relevanten Bereichen des HR-Managements zum Einsatz, in denen Führungskräfte und Personalverantwortliche mit moderner Technologie und fast ohne Schulungsaufwand eingebunden würden.

Zwischen dem Wunsch und der Realisation klaffe noch eine große Lücke, konstatiert Rainer Kolb, Geschäftsführer bei Persis. So verwendeten in Deutschland derzeit noch 90 Prozent der Unternehmen Papierakten (parallel zu einem Managementsystem). Auch scheinen die Vorstellungen davon, was mithilfe von Personalsoftware inzwischen möglich ist, noch längst nicht bei den Unternehmen angekommen zu sein. Kolb nennt ein Beispiel: „Viele Unternehmen erhalten auf Online-Ausschreibungen die Bewerbungen per E-Mail und sagen dazu eRecruitment. Persis legt einen Bewerber inklusive seines Lebenslaufs in der Datenbank an, ohne dass irgendjemand – Bewerber oder HR-Sachbearbeitung – eine Eingabe am System vornimmt.“

Der Einstieg in solche neuen Funktionen werde in vielen Unternehmen deswegen meist beim Recruitment vollzogen, weil dies nicht sehr in die inneren Abläufe eingreife, erklärt Kolb. Danach folgten Funktionen wie Urlaubsanträge, Anträge auf Bildungsmaßnahmen oder das Ideenmanagement. In einigen Firmen bekomme der Mitarbeiter seine Gehaltsabrechnung nur noch über das Portal zu Verfügung gestellt. Große Nachfrage bestehe aktuell beim Thema Unterweisung im Bereich Arbeitssicherheit, bei FDA-Zertifizierungen und Krankenhaus-Management. Als weitere interessante Einsatzgebiete führt Kolb Personalentwicklung, Potenzialanalyse, Kompetenzmanagement und Nachfolgeplanung an.

Fazit und Ausblick

Während Portallösungen sich als Vielzweck-Tool für etliche Aufgaben in der Personalverwaltung und anderen Teilaufgaben der Personalarbeit durchsetzen, kommen Web-2.0-Fuktionen nach übereinstimmenden Aussagen der befragten HR-Softwareanbieter derzeit – wenn überhaupt – in Unternehmen schwerpunktmäßig für das Personalmarketing und das Recruiting zum Einsatz. Als zunehmend gefragte Anwendungsmöglichkeiten für mobile Dienste werden zum Beispiel die Bearbeitung von Urlaubs- oder Fortbildungsanträgen durch die zuständigen Führungskräfte, Reisekostenabrechnung, Zeiterfassung und -korrekturen sowie der Abruf von Kennzahlen in Außendiensteinsätzen genannt.

Welche Trends werden Softwareanbieter und Anwender in den nächsten Jahren beschäftigen? Unterstützung für Personalentwicklung, Wissensmanagement und E-Learning scheinen ein Zukunftsthema zu sein. Welche Trends noch dazukommen, werden wir in der nächsten Ausgabe von hr-software aktuell analysieren.

Quelle: HR-Software aktuell 2011/2012 – ein Nachschlagewerk der Zeitschrift personal manager