

PRAXISTIPP
Befristete Arbeitsverträge sind aufgrund der strengen Befristungskontrolle besonders sorgsam zu formulieren. Das gilt insbesondere, wenn ein Sachgrund die Befristung rechtfertigen soll. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber diesen im Streitfall plausibel darlegen und beweisen können. Bei sachgrundlosen Befristungen ist auf die Ausschlussgründe des § 14 Abs. 2 TzBfG zu achten. Die gerichtlich festgesetzte Drei-Jahres-Frist ist unbedingt zu einzuhalten.
Aus „Arbeit und Arbeitsrecht · 2/13“
Entscheidung
Das BAG fragte zunächst im Wege der Vorabentscheidung den EuGH nach der Vereinbarkeit der deutschen Regelung mit der Richtlinie 1999/70/EG über befristete Arbeitsverträge. Der EuGH gab dem BAG auf, § 14 Abs. 3 TzBfG dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass dem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag nicht unmittelbar ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorauszugehen braucht. Es reicht, wenn beide durch eine ununterbrochene Folge befristeter Verträge nach dem ursprünglich unbefristeten Arbeitsvertrag verbunden sind (Urt. v. 10.3.2011 – C-109/09).
Das BAG unterzog daher den befristeten Arbeitsvertrag einer zweistufigen Befristungskontrolle: Zunächst prüfte es, ob § 19 Abs. 2 MTV nicht doch einen sachlichen Grund für eine Befristung i. S. v. § 14 Abs. 1 TzBfG a. F. darstellt. Als Tarifregelung, die Arbeitsverhältnisse befristet, unterliegt sie der Befristungskontrolle durch die Gerichte. Den vom Arbeitgeber vorgebrachten Grund eines Sicherheitsrisikos bei älterem Kabinenpersonal akzeptierte das BAG hier jedoch nicht. Es konnte – anders als bei Piloten oder beim Cockpitpersonal – für das Kabinenpersonal keinerlei stark sicherheitsrelevante Risiken erkennen. Ausfallende Kabinenmitarbeiter bringen kaum andere Menschen ernsthaft in Gefahr. Eine Befristung mit Sachgrund schied damit aus.
Anschließend prüfte das BAG, ob die sachgrundlosen Befristungen gem. § 19 Abs. 2 MTV Kabine nach § 14 Abs. 3 TzBfG a. F. wirksam waren. Hierzu war unter Berücksichtigung der Vorabentscheidung des EuGH eine europarechtskonforme Auslegung geboten. Danach ist eine sachgrundlose Befristung auch unzulässig, wenn eine Kette sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag zurückführt. Dies entsprach gerade dem Regelungsmodell des § 19 Abs. 2 MTV Kabine. Das BAG erklärte daher die sachgrundlose Befristung für nichtig.
Problempunkt
Aus Gründen der Flugsicherheit normiert der MTV Kabine eine Altersgrenze für das Flugpersonal. Sie liegt für Flugbegleiter regelmäßig bei 55 Jahren. Bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres eröffnet § 19 Abs. 2 MTV die Möglichkeit, durch befristete Arbeitsverträge das Arbeitsverhältnis fortzuführen: „Das Arbeitsverhältnis des Kabinenmitarbeiters kann bei körperlicher und beruflicher Eignung in beiderseitigem Einvernehmen über das 55. Lebensjahr hinaus verlängert werden. Wird das Arbeitsverhältnis des Kabinenmitarbeiters verlängert, so endet es – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Kabinenmitarbeiter ein weiteres Lebensjahr vollendet hat. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig. In jedem Fall endet das Arbeitsverhältnis – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit dem Ablauf des Monats, in dem der Kabinenmitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet hat.“
In Anwendung dieser tariflichen Regelung schloss die Arbeitgeberin mit einer Kabinenmitarbeiterin mehrere sachgrundlos befristete Arbeitsverträge, nachdem diese das 55. Lebensjahr vollendet hatte. Unbeschadet der Frage, ob die starre Altersgrenze von 60 Jahren unionsrechtswidrig ist (dazu bereits BAG, Beschl. v. 16.10.2008 – 7 AZR 253/07), warfen diese die Frage auf, ob sie mit § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG a. F. vereinbar waren. Danach war keine sachgrundlose Befristung zulässig, wenn zuvor in einem engen sachlichen Zusammenhang ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand.
Autor*innen
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