ENTSCHEIDUNG

Nachdem das ArbG Duisburg die Klage abgewiesen und das LAG Düsseldorf ihr stattgegeben hatte, hob das BAG das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit an das LAG zurück.

Die Beklagte durfte zwar damit rechnen, dass die Stammkraft nach Gesundung zurückkehrt, da ihr keine gegenteilige – verbindliche – Erklärung der F vorlag; allerdings reichten die bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht aus, um die Zulässigkeit der Vertretungsbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG festzustellen.

Die Klägerin hat die erkrankte F nicht unmittelbar vertreten und die für eine mittelbare Vertretung erforderliche Vertretungskette hatte die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. Das LAG hatte zu Unrecht angenommen, dass eine Vertretung aufgrund sog. gedanklicher Zuordnung von vornherein ausschied. Dabei kam es nicht darauf an, ob und wie eine tatsächliche Umverteilung der Arbeitsaufgaben der F erfolgte.

Maßgeblich war allein, ob die Beklagte bei Vertragsschluss mit der Klägerin eine nach außen erkennbare Zuordnung der Stammkraft F zu dem Aufgabenbereich der Klägerin vorgenommen hatte; hierfür reichte der Text des – letzten – Arbeitsvertrags aus. Weiter ist entscheidend, ob die Beklagte rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, F dort einzusetzen. Hierzu muss das LAG klären, ob die Beklagte F nicht nur rechtlich, sondern nach einer Einarbeitung auch fachlich auf dem Arbeitsplatz der Klägerin hätte einsetzen können. Demgemäß gaben die Erfurter Richter dem LAG auf, die Feststellungen zur Qualifikation der F nachzuholen. 

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Foto von Zaiqiao Ye

KONSEQUENZEN

Ein sachlicher Grund für eine Befristung liegt gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn die Vertretung als Ersatz eines ausgefallenen Stammmitarbeiters erfolgt. Dazu gehört die Prognose, dass der Vertretungsbedarf mit der Rückkehr des Stammmitarbeiters wegfallen wird. Hiervon ist insbesondere im Falle des „fremdbestimmten“ Ausfalls auszugehen, also bei Krankheit, Schwangerschaft, Elternzeit etc., es sei denn, dem Arbeitgeber liegt bereits die verbindliche Erklärung des Vertretenen vor, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen.

Zum anderen muss zwischen dem Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Ersetzt der Vertreter den Stammmitarbeiter unmittelbar, ist stets ein Vertretungszusammenhang gegeben. Werden Aufgaben aufgrund eines neuen Arbeitsplans einem dritten Mitarbeiter übertragen und wird für dessen Aufgaben eine Vertretungskraft eingestellt (sog. mittelbare Vertretung), muss der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette darlegen (BAG, Urt. v. 6.10.2010 – 7 AZR 397/09). Ein Vertretungszusammenhang kann bestehen, wenn dem befristet Beschäftigten Aufgaben übertragen werden, die der Vertretene nie ausgeübt hat. Dann beruht die Kausalität zwischen der Arbeitsverhinderung und der Einstellung der Vertretungskraft darauf, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss den Aufgabenbereich des Vertreters gedanklich zuordnet. Es ist erforderlich, dass das Unternehmen dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend Abwesenden nach außen erkennbar – bspw. durch Angabe im Arbeitsvertrag – zuweist. Zum anderen ist es notwendig, dass es rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, dem vorübergehend abwesenden Mitarbeiter im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen.

PRAXISTIPP

Das Urteil des 7. Senats gibt vor, was man zur Begründung der Befristungsvertretung in ihren verschiedenen Varianten vortragen und ggf. beweisen muss. Die sog. gedankliche Zuordnung kann nur dann eingreifen, wenn der Kausalzusammenhang auch nach außen dokumentiert ist. Möglich ist dies, indem man entweder entsprechende Formulierungen in den Arbeitsvertrag aufnimmt oder aber zumindest im Rahmen der Beteiligung der Arbeitnehmervertretung eine – nachweisbare – Verdeutlichung erfolgt.

Folge der Festlegung des Arbeitgebers durch gedankliche Zuordnung ist: Er bindet sich insoweit, als er den Ausfall der Stammkraft nicht mehr zur Begründung einer unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung durch einen anderen Arbeitnehmer heranziehen kann.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht | Ausgabe 05/2016 | www.arbeit-und-arbeitsrecht.de 

PROBLEMPUNKT

Die Klägerin ist seit 2009 mittels fünf befristeter Arbeitsverträge bei der Beklagten als Fachassistentin beschäftigt. Der letzte Vertrag sieht eine Befristung bis Ende 2011 zur Vertretung ihrer arbeitsunfähig erkrankten Kollegin F vor. Hiergegen erhob die Fachassistentin eine Befristungskontrollklage und trug vor, sie habe F weder unmittelbar noch mittelbar vertreten.

Auch habe die Arbeitgeberin keine Arbeitsaufgaben neu verteilt. Es sei klar gewesen, dass F ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen würde. Dem hielt die Beklagte entgegen, sie habe davon ausgehen dürfen, dass die erkrankte Stammkraft F nach Genesung zurückkehre. Die Beschäftigung der Klägerin erfolgte als Vertreterin der erkrankten F, auch wenn sie nicht direkt deren Aufgaben übernommen habe. Diese seien vielmehr der Mitarbeiterin S übertragen worden, in deren Arbeitsfeld die Klägerin eingesetzt war. Unabhängig davon sei jedenfalls eine sog. gedankliche Zuordnung gegeben, da die Möglichkeit bestanden habe, F die Aufgaben der Klägerin im Wege des Direktionsrechts zu übertragen.