(....Risikomanagement Entgeltumwandlung, Auszüge aus der Buchvorveröffentlichung von Sabine Hauswirth...)

2 Risikomanagement in der BAV
2.1 Definition Risiko und Risikomanagement Allgemein
Unter Risiko versteht man die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Ereignisses, das negativ bewertete Auswirkungen nach sich zieht. Risiko ist jedoch auch die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Positives nicht eintritt bzw. nicht realisiert werden kann.
Mögliche Risikoformen sind dabei unter anderem Markt-, Umwelt-, Finanz- und IT-Risiken bzw. Risiken der Informationsverarbeitung als Teil der operationellen Risiken. Risiken bedrohen die Unternehmenswerte. Auch Unternehmenswerte existieren in verschiedenen Formen. Dazu zählen neben Anlagen und Informationen, wie beispielsweise eine Kundendatenbank, auch andere Ressourcen, wie z. B. Mitarbeiter und Prozesse.
Das Erwirtschaften von risikolosen Gewinnen ist für Organisationen über einen längeren Zeitraum nicht möglich. Das bedeutet, dass Organisationen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Risiken eingehen müssen. Der kontrollierte Umgang mit ihnen durch das Risikomanagement ist Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg.
Risikomanagement wird als Prozess verstanden, der einen angemessenen und kontrollierten Umgang mit Risiken in einem kostenmäßig vertretbaren Rahmen gewährleistet. Risikomanagement wird auch als die Gesamtheit aller organisatorischen Regelungen und Maßnahmen zur Risikoerkennung und zum Umgang mit den Risiken der unternehmerischen Betätigung bezeichnet.
Die Maßnahmen beziehen sich dabei grundsätzlich auf Risikoreduzierung, -transfer, -vermeidung oder -akzeptanz. Es muss ein Risikoreportingsystem zur Entscheidungsunterstützung und ein Überwachungssystem, das die Einhaltung der getroffenen Maßnahmen sicherstellt, eingerichtet werden.
Anforderungen an ein Risikomanagement können aus Gesetzen (z. B. durch das KonTraG, Bundesdatenschutzgesetz etc.), aus dem allgemeinen Geschäftsverkehr (Verträge, Markterfordernisse), aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung oder den internationalen Eigenkapitalregelungen der Kreditinstitute (Basel II) resultieren und müssen im Einzelfall eruiert werden.
Bezüglich dem generischen Risikomanagement gibt es auf internationaler Ebene lediglich den ISO / IEC Guide 73:2002 Risk mangement vocabulary, der den Gebrauch von Begrifflichkeiten im Risikomanagement harmonisieren soll. Auf nationaler Ebene existiert der Standard AS / NZS 4360:1999, in dem eine generische Verfahrensweise zur Etablierung und Umsetzung eines Risikomanagement-Prozesses beschrieben wird.
Genereller Bestandteil eines Risikomanagements ist eine Risikoanalyse. Unter einer Risikoanalyse versteht man die Analyse von Rahmenbedingungen, Bedrohungen und Schwachstellen (Erkennung von Risiken), Auswirkungen von Risiken sowie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Risiken.
Es gibt verschiedene, teils formale Methoden eine Risikoanalyse durchzuführen. Bei der Risikoerkennung wird zwischen folgenden Verfahren unterschieden:
• ad-hoc-Verfahren,
• induktiv-empirischen Verfahren und
• deduktiv-analytisches Verfahren.
Im Rahmen der Risikobewertung (Auswirkungen und Eintrittswahrscheinlichkeit) wird zwischen kardinalen und ordinalen Methoden differenziert. Die Bewertungsmethode ist eine unternehmerische Entscheidung und auf die detaillierte Beschreibung der Methode wird an dieser Stelle verzichtet.
2.2 Gründe für ein Risikomanagement bAV im Bereich der mittelbaren Durchführungswege
Die Gründe für ein Risikomanagement in der betrieblichen Altersvorsorge sind eine freiwillige unternehmerische Entscheidung, da es bislang zumindest keinerlei gesetzliche Vorgaben gibt, die ein solches zwingend erforderlich machen. Im Bereich der unmittelbaren Durchführungswege (Pensionszusage) gibt es steuerrechtliche Vorschriften und durch das Bilanzmodernisierungsgesetz vorgegebene Grundsätze, die einzuhalten sind und insoweit ein gewisses Risikomanagement darstellen. Im Bereich der mittelbaren Durchführungswege jedoch gibt es keine Vorgaben für ein Risikomanagement: es gibt lediglich nach Bilanzmodernisierungsgesetz eine Anhangpflicht in der Handelsbilanz, was jedoch kein Risikomanagement ersetzt.
Für Unternehmen können folgende Kriterien ausschlaggebend dafür sein, dass ein Risk Management bAV für die mittelbaren Durchführungswege installiert wird:
• es werden bislang unbekannte Risiko-Größen ermittelt und es kann anhand der Größen entschieden werden, inwieweit tatsächlich ein laufendes Risk Management betrieben wird. Insbesondere aus ökonomischer Sicht gilt es abzuwägen, ob das Risiko bewusst eingegangen werden kann auch ohne gezieltes Risk Management. Im Verhältnis „Risiko zu Kapitalstärke des Unternehmens“ muss darüber nachgedacht werden, ob oder ob nicht ein solches Risk Management eingeführt wird;
• im Rahmen des Bilanzmodernisierungsgesetzes sind zukünftig im Bereich der Pensionrückstellungen realitätsnähere Bewertung der Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz durchzuführen. Für den Bereich der mittelbaren Durchführungswege gibt es lediglich die sogenannte Anhangpflicht in der Handelsbilanz. Die Bedeutung der Handelsbilanz ist einerseits das Aushängeschild des Unternehmens, die Handelsbilanz beinhaltet auch alle relevanten betriebswirtschaftlichen Informationen in komprimierter Form . Durch das Ausweisen möglicher Risiken im Anhang der Handelsbilanz (mögliche Risiken, Bewertung, vorhandenes Risikomanagement bAV, Qualitätsmanagement bAV usw.) könnte sich eine positive Außendarstellung des Unternehmens hinsichtlich der Qualität und Transparenz des Unternehmens ergeben.
• Risk Management kann auch ein personalpolitisches Instrument werden: angesichts zunehmender Sensibilisierung der Verbraucher und angesichts Horror-Szenarien in der Finanzkrise kann Risk Management – auch den Mitarbeitern gegenüber so vermittelt - eine fürsorgliche und personalpolitisch kluge Einrichtung im Unternehmen sein für Mitarbeiterbindung. In größeren Unternehmen wäre dann in ein bAV-Risk -Management-Projekt auch die HR-Abteilung zwingend mit einzubeziehen. Das vielfach gepriesene „Employer Branding“ in HR-Abteilungen wird in Zeiten der Krise für Unternehmen zwar weniger wichtig sein. Umso mehr muss sich HR dann Gedanken um Kommunikation rund um das Thema „Krise“ machen müssen. Dahin gehört dann auch das Thema „bAV und die Risiken“ und als solches kommuniziert.
2.3 Risikomanagement BAV bei Entgeltumwandlung
Die Betriebliche Altersvorsorge birgt viele unterschiedliche Risiken. Viele sind bekannt und werden deshalb in Betrieben bereits im laufenden Bearbeitungsprozess integriert. Viele sind jedoch unerkannt und bleiben deshalb als latentes Risiko im Betrieb bestehen, bis es als Schadensersatzanspruch zutage tritt und dann auch liquiditätswirksam wird.
Im Folgenden sollen aktuelle Themenbereiche der bAV und Bearbeitungshinweise erarbeitet und zur konkreten Anleitung als Schadensersatz-Vermeidung für KMU dargestellt werden.
Dabei wird der sehr häufig in KMU vorkommende Entgeltumwandlungs-Bereich über mittelbare Durchführungswege betrachtet und die darin vorkommenden Risiken beschrieben.
Die Risiken im Bereich der Entgeltumwandlung werden nach wie vor unterschätzt und ausschließlich den Fachanwälten für Arbeitsrecht im Rahmen von rechtlichen Auseinandersetzungen überlassen.
Dieses Handbuch soll bereits im Vorfeld vor rechtlichen Auseinandersetzungen eine Sensibilisierung für Entgeltumwandlung und die darin vorhandenen Risiken einerseits und andererseits einen sicheren Umgang mit der Entgeltumwandlung in der Praxis ermöglichen.

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Foto von Austin Distel