Allgemeines

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Foto von Adeolu Eletu

Tritt ein Arbeitnehmer neu in eine Unternehmung ein oder wird ein Arbeitsverhältnis neu begründet, treffen in der Regel zwei Unbekannte aufeinander. Zwar verfügt der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen und allfälliger Bewerbungsgespräche über gewisse Vorinformationen über den Arbeitnehmer, und letzterer hat sich im besten Fall über das Internet sowie aufgrund der Stellenbeschreibung ein gewisses Bild über Arbeitgeber und die neue Anstellung machen können. Sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer existieren im Zeitpunkt des Stellenantritts aber massive Unsicherheitsfaktoren, welche das Eingehen einer längeren Bindung für beide Parteien riskant machen. Es besteht der Bedarf, sich richtig kennenzulernen und herauszufinden, ob man zusammenpasst. Ausserdem stellt sich für den Arbeitgeber (und schlussendlich auch für den Arbeitnehmer) die Frage, ob dieser sich für die ausgeschriebene Stelle überhaupt eignet und sich im angebotenen Job bewährt.


Vermutung einer einmonatigen Probezeit

Der Gesetzgeber hat diesem Bedürfnis mit Art. 335b OR und der Einführung einer Probezeit Rechnung getragen. Demgemäss wird beim auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsverhältnis die Vereinbarung einer einmonatigen Probezeit vermutet (Art. 335 b Abs. 1 OR). Bei befristetem Vertrag ist eine Probezeit zwar ebenfalls möglich, sie muss allerdings vereinbart werden. Auf jeden Fall muss die Probezeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich lang sein. Lediglich den Arbeitnehmer einer Probezeit zu unterwerfen, ist somit nicht zulässig,


Maximaldauer von drei Monaten

Gemäss Art. 335 b Abs. 2 OR darf die Probezeit auf höchstens drei Monate verlängert werden. Dies muss schriftlich, per Gesamtarbeitsvertrag oder durch Normalarbeitsvertrag, geschehen. Eine länger dauernde Probezeit ist somit nicht zulässig, und unter denselben Vertragsparteien kann eine Probezeit nur einmal vereinbart werden. Eine neue Probezeit ist nur ausnahmsweise zulässig, etwa dann, wenn der Arbeitnehmer in einem völlig neuen Arbeitsgebiet eingesetzt wird und somit Unsicherheit über seine entsprechende Eignung besteht. Weil das Gesetz lediglich eine Höchstdauer der Probezeit festlegt, darf diese durch schriftliche Vereinbarung auch kürzer als einen Monat ausfallen oder ganz wegbedungen werden. Auch ist einvernehmlich eine Verlängerung der Probezeit auf maximal drei Monate zulässig, wenn ursprünglich eine kürzere Dauer vereinbart war. Verlängert ein Arbeitgeber die Probezeit unzulässigerweise über die gesetzliche Höchstdauer von drei Monaten hinaus, gilt ab viertem Anstellungsmonat (und bis zum Ablauf der zu langen Probezeit) automatisch die gesetzliche Kündigungsfrist von einem Monat (Art. 335 c Abs. 1 OR). Dies gilt gemäss Praxis auch dann, wenn für nach der (zu lange vereinbarten) Probezeit eine längere Kündigungsfrist gilt. In einem konkreten Fall war eine Probezeit von sechs Monaten und danach eine dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart. Hier galt zwischen dem 4. und 6. Anstellungsmonat die Kündigungsfrist gemäss Art. 335c von einem Monat, die vereinbarte Kündigungsfrist kam erst ab dem 7. Anstellungsmonat zum tragen  (BGE 131 III 467).


Kündigung während der Probezeit

Während der Probezeit kann der Arbeitsvertrag von beiden Seiten mit einer Kündigungsfrist von nur sieben Tagen aufgelöst werden. Gemeint sind hier Kalender-, nicht Arbeitstage. Mittels schriftlicher Vereinbarung kann die Kündigungsfrist verkürzt oder bis zu einem Maximum von drei Monaten verlängert werden. Zulässig ist sogar, die Frist ganz wegzubedingen, womit die Kündigung unmittelbar bei Aussprache (bzw. Zugang) wirksam wird. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ("jederzeit") kann die Kündigung auf einen beliebigen Endtermin hin ausgesprochen werden. Die Kündigung ist ausserdem bis zum letzten Tag der Probezeit möglich, wobei das Kündigungsschreiben oder (die ebenfalls zulässige) mündliche Kündigung den Arbeitnehmer am letzten Tag der Probezeit erreichen muss. Die Kündigung gilt somit auch, wenn die Kündigung dem Mitarbeiter während der Probezeit lediglich zugeht, das Arbeitverhältnis tatsächlich aber erst nach Ablauf der Probezeit aufgelöst wird.

Der sachliche Kündigungsschutz gemäss Art. 336 ff. OR gilt auch während der Kündigungsfrist, weshalb die Kündigung auch hier nicht missbräuchlich sein darf. Weil man sich in einer Phase des gegenseitigen Kennenlernens befindet, wird eine Missbräuchlichkeit nur selten anzunehmen sein.

Absenzen während der Probezeit

Bleibt ein Arbeitnehmer während der Probezeit zufolge Krankheit, Unfall oder einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht (mithin Militär-, Zivilschutz und Zivildienst) der Arbeit fern,  verlängert sich die Probezeit unabhängig vom Verschulden des Arbeitnehmers an der Absenz um die Anzahl der ausgefallenen Arbeitstage. Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im Sinne von Art. 324 a OR spielt in solchen Fällen allerdings nicht, weil dafür das Arbeitsverhältnis mindestens drei Monate gedauert haben muss. Die Kündigungssperrfrist gemäss Art. 336c OR gilt während der Probezeit ebenfalls nicht. Entsprechend darf der Arbeitgeber mit siebentätiger Frist auch dann kündigen, wenn der Arbeitnehmer zufolge Krankheit oder Unfall arbeitsunfähig ist oder Militärdienst leisten muss. Dasselbe gilt sogar während der Schwangerschaft einer Mitarbeiterin.


Kündigung vor Stellenantritt

Kündigt eine der Parteien das Arbeitsverhältnis vor Stellenantritt, gehen herrschende Lehre und Rechtssprechung davon aus, dass die Kündigungsfrist erst ab Stellenantritt zu laufen beginnt. Das Arbeitsverhältnis endet also mangels anderslautender Einigung erst mit dem Ende der Kündigungsfrist ab Stellenantritt, nach der gesetzlichen Regelung also innert sieben Tagen nach Beginn der Tätigkeit.