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Foto von Patrick Perkins
Die Autoren legen uns zuerst eine Art „XXLHarvard- Fallstudie“ vor, indem sie über 50 Seiten einen detaillierten Abriss über die Vorbereitung und Durchführung der Expedition beziehungsweise der Rettungsarbeiten geben. Dieser Teil ist interessant, erfährt man doch viele Details, die dem normalen Nicht- Polarforscher unbekannt sind. Anschließend beleuchten die Autoren die „Führungskunst“ Shackletons genauer und stellen sie in den Kontext des heutigen Geschäftslebens. Dabei sehen wir, dass Shackleton auf seiner Expedition moderne Managementgrundsätze anwendet und sich als sehr menschenorientierte Führungskraft erweist.

Der Transfer in unser heutiges Berufsleben bleibt aber problematisch: Wir, die heutigen Führungskräfte, sind nun mal keine Polarforscher und unsere Mitarbeiter sind keine abenteuerlustigen Patrioten, die für ihr Land als Erste am Südpol stehen wollen. Die Situation, in der sich Shackleton befand, schränkt zudem seine Möglichkeiten als Führungskraft ein. So hatte er keinen Einfluss darauf, dass sein Schiff von den Eismassen zerquetscht wurde. Andere Entscheidungen muss er mangels Alternativen einfach treffen, so zum Beispiel den Entschluss, die Nahrungsmittel zu rationieren, als die Vorräte schwanden.

Die wahre Qualität Shackletons wird dann erst im späteren Teil des Buches deutlich (nach einem etwas überflüssigen Versuch, auch noch Unternehmensberaterweisheiten zum Thema „Neuausrichtung“ unterzubringen), als die Autoren Shackletons Verhalten mit demjenigen anderer Polarforscher seiner Zeit vergleichen: Diese waren meist autoritär- militärisch ausgebildet und hatten kein Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Mannschaft. Daher war es für sie auch selbstverständlich, dass sie mit weniger Männern von einer Expedition zurückkamen, als sie mitgenommen hatten – falls sie überhaupt zurückkamen. Das Buch zeigt Shackleton als Führungskraft, die keine Menschen opfern will, eine Eigenschaft, die im übertragenen Sinne auch für die heutigen Führungskräfte gelten sollte. Der „Mythos Shackleton“ – so der Untertitel des Buches – entsteht aber primär aufgrund seiner charismatischen Persönlichkeit und seiner Fähigkeit, sich selbst zu vermarkten – ebenfalls Eigenschaften, die im heutigen Berufsalltag hilfreich sein können. In diesem Sinne bietet dieses Buch eine anregende Lektüre mit historischem Bezug, ohne wirklich Neues aufzuzeigen.


Leseprobe



Manager müssen Mut machen: Mythos Shackleton
Führungskunst, Unternehmensphilosophie, Neuausrichtung

Von Peter P. Baumgartner und Rainer Hornbostel
Böhlau 2007
251 Seiten, 29,90 Euro
ISBN 3-205-77642-9
ISBN-13: 978-3-205-77642-0
www.boehlau.at

Kaum vorstellbar, dass Ernest Shackleton jemals daran dachte, dass für heutige Manager seine Expeditionen von Interesse sein könnten. Er stand dabei vor vielen, uns vertrauten, Problemen. Diese meisterte er in Zeiten höchster Bedrängnis und begrenzter Mittel mit Bravour. Mit insgesamt vier Antarktisexpeditionen war Shackleton einer der erfahrensten Pioniere des weißen Kontinents.

Seine erste Eismeerfahrt erlebte er als einfaches Mitglied. Bei allen anderen Expeditionen stand Shackleton an der Spitze, um seinen Männern voranzugehen. Die Endurance-Expedition, seine dritte Reise in das ewige Eis, ist der historische Bezugspunkt für dieses Buch. Die fulminanteste Geschichte der Antarktisforschung, an Dramatik kaum zu überbieten, machte den Fehler zum Ereignis.

Was Sie erwartet.
Ein Buch, das von der historischen Eismeerfahrt und Shackletons Personal ausgehend einen Bogen spannt zu Wirtschaft und Management. Ein Buch, das auf mannigfaltigen Quellen basiert. Ein Buch, dessen Quintessenz durch Fallbeispiele bereichert wird. Unser Zugang zur Thematik entwickelt sich aus der Neuausrichtung von Unternehmen, ebenso aus unserer Vortragsreihe zu Shackleton. Die Intention des Buches ist es, in Grenzbereichen Mut zu machen.

Zugänge.
Warum sollte gerade für Sie das Leben eines Polarforschers von Belang sein? Wird aus der zeitlichen Distanz von rund einem Jahrhundert Shackletons Führungskunst für Sie wirksam? Sind seine Unternehmensphilosophie und sein Talent zur Neuausrichtung übertragbar auf Ihre Situation?


Quelle: personal manager 02/2008