Die Autoren der Studie befragten im September und Oktober 2009 Unternehmen aus Österreich und Deutschland nach ihren Erfahrungen mit Personalcontrolling. 410 Personalverantwortliche füllten den Onlinefragebogen aus, den die Fachhochschule des bfi Wien inhaltlich mitgestaltet hat. Unter den Teilnehmern überwogen Personalentscheider in leitenden Positionen, darunter Vorstände, Geschäftsführer und Personalleiter sowie Führungskräfte aus anderen Fachbereichen. Die Hälfte der teilnehmenden Personalverantwortlichen (51 Prozent) betreuen Personalagenden in Deutschland, 43 Prozent sind für den österreichischen Raum zuständig. Sechs Prozent haben zu ihrem Verantwortungsbereich keine Angaben gemacht. Auffallend ist, dass sich die Einschätzungen der für Österreich und Deutschland Verantwortlichen nicht signifikant unterscheiden. Verbreitung und Stellenwert von Personalcontrolling scheint in beiden Ländern vergleichbar – ebenso wie die Schwerpunkte, die Unternehmen im Personalcontrolling setzen.

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Foto von Sean Pollock

Einsatz von Personalcontrolling

85 Prozent der Studienteilnehmer arbeiten für Unternehmen, die Personalcontrolling betreiben. Diese Antworten lassen jedoch keine direkten Rückschlüsse auf die Verbreitung von Personalcontrolling zu. Denn es ist davon auszugehen, dass das Interesse an einer Studie zum Thema Personalcontrolling vor allem in jenen Organisationen vorhanden ist, die sich bereits aktiv mit diesem Aufgabenfeld beschäftigen. Nur 15 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Organisationen keine HR-Kennzahlen einsetzen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Jeder Zweite sieht keine Notwendigkeit, im Personalcontrolling aktiv zu werden. Andere geben an, dass entsprechende Initiativen der Geschäftsleitung fehlen, dass es an den technischen Voraussetzungen mangelt oder personelle Ressourcen in der HR- oder Controllingabteilung fehlen. Wieder andere führen die Abwesenheit von Personalcontrolling auf die Personalleitung zurück.

Negative Effekte durch das Fehlen von Personalcontrolling spüren die meisten Unternehmen dieser Gruppe nicht. Dennoch geben 45 Prozent an, dass die Bedeutung des Themas in den kommenden Jahren voraussichtlich zunehmen wird. 29 Prozent räumen ein, über die Ansätze und Möglichkeiten von Personalcontrolling noch nicht ausreichend informiert zu sein. Diese Antworten deuten darauf hin, dass bezogen auf das Thema noch Informations- und Schulungsbedarf besteht.

Umfang und Schwerpunkte

In der Praxis divergieren Umfang und Schwerpunkte von Personalcontrolling deutlich. 38 Prozent der „aktiven“ Unternehmen betreiben Personalcontrolling für „einige Teilbereiche“. 22 Prozent konzentrieren sich auf „wenige Teilbereiche“ und nur ein Viertel (25 Prozent) gibt an, „sehr umfassende“ Kennzahlensysteme installiert zu haben.

Erwartungsgemäß gehen Großunternehmen besonders gründlich vor. 39 Prozent der im Personalcontrolling aktiven Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern verfügen nach eigenen Angaben über sehr umfangreiche Controllingsysteme für den HR-Bereich. Immerhin geben auch elf Prozent der Betriebe mit bis zu 49 Beschäftigten diese Antwort.

Die Aufgaben des Personalcontrollings bestehen vor allem in der Kostenkontrolle und der Personalplanung (Abbildung 1). Weitere Einsatzfelder sind das Vorbereiten strategischer Entscheidungen und das Optimieren der HR-Prozesse. Etwas seltener nutzen Unternehmen Personalcontrolling, um ihren Bildungsbedarf zu analysieren, ihre Personalrisiken zu bewerten oder ein Stimmungsbild innerhalb der Belegschaft zu erheben. Rund jedes fünfte Unternehmen setzt Kennzahlen ein, um Risiken im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel zu untersuchen. Die hohe Zahl der Mehrfachnennungen zeigt jedoch, dass Personalcontrolling in den meisten Unternehmen mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllt.

Welche Kennzahlen die im Personalcontrolling aktiven Organisationen besonders häufig erheben, zeigt die Liste der Top 15 (Abbildung 2). Auffällig ist, dass Messgrößen dominieren, die sich mit direkten oder indirekten Kosten beschäftigen, wie die Krankenquote, der durchschnittliche Personalaufwand pro Kopf oder die Entwicklung der Gesamtvergütung. Kennzahlen, die sich explizit mit der Wertschöpfung der Personalarbeit beschäftigen, kommen in dieser Liste nicht vor. Dazu gehören zum Beispiel der Return-on-Investment von Training oder die Wertschöpfung des Humankapitals. Ebenfalls unterrepräsentiert sind Kennzahlen, die Talentmanagement, Nachfolgeplanung und Recruiting betreffen. Lediglich die Messgröße „Anzahl der Bewerber pro Inserat“ ist unter den Top 15. Eine komplette Übersicht über die Kennzahlen, die in der Studie abgefragt wurden, steht auf der Website des Magazins personal manager zum Download bereit (Webtipp).

Abbildung 2: Besonders häufig eingesetzte Personalkennzahlen

Dass viele vorhandene Kennzahlensysteme ausbaufähig sind, zeigen auch die Antworten zur Frequenz der Erhebungen. Nur jedes zweite Unternehmen, das Personalcontrolling einsetzt, erhebt seine Kennzahlen laufend – also monatlich oder wöchentlich – und hat somit immer einen aktuellen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Human Resource Managements. Weitere zwanzig Prozent berechnen die Daten zumindest quartalsweise, acht Prozent halbjährlich und elf Prozent jährlich. Die restlichen sechs Prozent werten die Kennzahlen in größeren Intervallen oder unregelmäßig aus.

Bedeutung nimmt zu

Ihr Personalcontrolling erledigen die in der Studie befragten Unternehmen selbst. Kein einziges hat sein Personalcontrolling komplett an einen externen Dienstleister ausgelagert. Die Verantwortung für diesen Bereich liegt meist bei der Personalleitung (54 Prozent) oder der Unternehmensführung. Nur zwölf Prozent haben die Position eines Personalcontrollers eingerichtet.

Für viele Organisationen ist Personalcontrolling ein vergleichsweise neues Thema. 69 Prozent der teilnehmenden Firmen, die Kennzahlensysteme nutzen, beschäftigen sich erst seit bis zu fünf Jahren mit Personalcontrolling. Lediglich 18 Prozent arbeiten seit sechs bis zehn Jahren mit Personalkennzahlen, 14 Prozent seit mehr als zehn Jahren. Ein Ergebnis das wenig erstaunt, denn Personalcontrolling ist ein recht junger Funktionsbereich des Human Resource Managements. Der Begriff selbst kam erst in den 1980er-Jahren auf. In vielen Unternehmen ist das Controlling der mitarbeiterbezogenen Prozesse daher noch nicht so etabliert wie andere Bereiche der Personalarbeit.

Einiges deutet jedoch darauf hin, dass sich dies in Zukunft ändern könnte. 84 Prozent der Studienteilnehmer, deren Organisationen Kennzahlen einsetzen, sind der Ansicht, dass Personalcontrolling für den Erfolg ihrer Unternehmen wichtig ist – und die Bedeutung dieser Disziplin steigen wird. 70 Prozent geben an, dass der Stellenwert des Personalcontrollings in ihrer Organisation bereits in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen habe. Etwas mehr (73 Prozent) prognostizieren, dass sich dieser Trend in den kommenden drei Jahren fortsetzen wird.

Nutzen von Personalcontrolling

Welchen konkreten Nutzen hat Personalcontrolling für Unternehmen? Auf diese Frage gaben die Studienteilnehmer viele unterschiedliche Antworten. Eine Auswahl in Stichworten:

  • Kostenersparnisse, besseres Kostenbewusstsein, bessere Kostenplanung
  • bessere Personalplanung und Auslastung der HR-Ressourcen
  • Erfolge der HR-Arbeit sichtbar machen, bessere Argumentationsgrundlage gegenüber dem Management schaffen
  • höhere Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Motivation
  • niedrigerer Krankenstand
  • Senken der Überstundenzahlen
  • Projekte in Bereichen wie Gesundheitsmanagement oder Beruf und Familie
  • Senken der Fluktuationsrate und höhere Firmentreue
  • höherer Umsatz je Mitarbeiter
  • Verbesserung der Arbeitsabläufe und Prozesse
  • bessere Trainerauswahl
  • höheres Bewusstsein für den Wert der Humanressourcen

Stärken und Schwächen

Ähnlich vielfältig waren die Antworten auf Fragen zum Entwicklungspotenzial von Personalcontrolling. Nach Ansicht der Studienteilnehmer eignen sich die bestehenden Kennzahlensysteme vor allem, um die Kostenaspekte des Personalmanagements abzubilden. Einige bemängeln jedoch, dass Unternehmen Personalcontrolling zu selten nutzten, um den Wert der Mitarbeiter und der Personalarbeit nachzuweisen und aktiv zu steuern. Auch bezogen auf die strategische Ausrichtung der Kennzahlensysteme besteht Entwicklungsbedarf. Personalcontrolling, so eine häufige Kritik, sollte stärker als zukunftsgerichtetes Planungsinstrument verstanden werden denn als Instrument für Ex-post- Analysen. Weitere Verbesserungsvorschläge liefern folgende Antworten:

  • Personalcontrolling auf mehr Bereiche ausweiten und in allen Bereichen konsequent durchführen
  • mehr in die Tiefe gehen, auf einige wenige Kennzahlen konzentrieren
  • mehr (personelle) Kapazitäten und Ressourcen für das Personalcontrolling bereitstellen
  • bessere EDV-Systeme und Instrumente, um die Analyse zu erleichtern
  • stärkere Orientierung an strategischen Themen
  • stärkerer Einsatz zum Monitoring der HR-Performance
  • Umdenken von Personalkosten in Personalinvestitionen notwendig
  • Personalcontrolling auf Bildungscon- trolling und Bildungsmanagement ausweiten
  • Standardisierung erhöhen, Vergleichbarkeit der Daten verbessern, Konzentration der Datenerhebung in einer Abteilung
  • genauere Interpretation der Daten
  • regelmäßige Evaluation des bestehenden Kennzahlensystems
  • Daten häufiger erheben

Vorhaben für 2010

Angesichts der Wirtschaftskrise nutzen viele Unternehmen Personalcontrolling derzeit, um ihre Kosten zu evaluieren und – wenn möglich – zu reduzieren. Das wird auch im Jahr 2010 so bleiben. Darüber hinaus planen einige den Ausbau ihres Kennzahlensystems in Richtung eines „HR-Cockpits“, das sie laufend über die relevanten Messgrößen aus der Personalarbeit informiert. Andere arbeiten an einem PE- oder Bildungscontrolling, etablieren eine Personalbedarfsplanung oder wollen ihre IT-Landschaft verbessern. Wieder andere planen, das Reporting für ihre Führungskräfte zu verbessern, die Mitarbeiter zu befragen oder eine eigene Stelle für die Funktion Personalcontrolling einzurichten.

Empfehlungen für das Personalcontrolling

Unternehmen, die Personalcontrolling einführen möchten, sollten aus Sicht der Studienteilnehmer einige Stolpersteine beachten. Die wichtigsten Hürden im Überblick:

  1. Genau planen: Überlegen Sie sich genau, welche Kennzahlen Sie wirklich brauchen und wollen. Analysieren Sie den Bedarf Ihrer (internen) Kunden und fragen Sie sich: Was sind Treiber von Kosten (negativ) und Zufriedenheit (positiv)? 
  2. Hilfe von oben: Sichern Sie sich die Unterstützung der Geschäftsführung, des Top-Managements und der HR-Leitung.
  3. Weniger ist mehr: Wählen Sie vor allem zu Beginn eher wenige Kennzahlen, die dafür aussagekräftig und für alle Beteiligten wertschöpfend sind.
  4. Konsequent bleiben: Gestalten Sie das System einheitlich und konsequent, führen Sie es flächendeckend ein und sorgen Sie für klare Zuständigkeiten – vor allem bezogen auf die Auswertung der Kennzahlen. Diese sollte möglichst in einer Abteilung erfolgen.
  5. Kommunikation: Planen Sie genau, wie Sie Mitarbeiter und Führungskräfte über die Ergebnisse des Personalcontrollings informieren.
  6. Qualifikation: Schulen Sie gegebenenfalls Ihre HR-Mitarbeiter, damit diese die Daten richtig erheben und interpretieren können.

Fazit

Beim Aufbau eines Kennzahlensystems gilt es somit, einiges zu beachten. Doch der Aufwand kann sich lohnen, denn Personalcontrolling birgt Potenzial für Unternehmen. Im ersten Schritt wird es für viele HR-Verantwortliche wichtig sein, das Bewusstsein für die Bedeutung von Personalkennzahlen im Unternehmen zu wecken. Und mit den Worten eines Studienteilnehmers: „Einfach mal damit beginnen, es ist einfacher, als man denkt!“

Bettina Geuenich

Literaturtipp

Ausführlicher Studientext im Bereich studien & befragungen auf www.personal-manager.at/hr-arbeitshilfen

Quelle: personal manager 6/2009