Benjamin Adamaschek: Arbeitgeber sollten eine Atmosphäre bzw. Herausforderung schaffen, in welcher der Arbeitnehmer der „Generation Z“ gerne zur Arbeit geht. Denn der Arbeitsplatz wird von ihm in gewisser Weise als Wohlfühlort angesehen. Er ist sich bewusst, dass ein großer Teil des Tages auf der Arbeit verbracht wird, deswegen möchte er sich in dieser Umgebung wohlfühlen. Arbeitgeber können durch Kleinigkeiten, wie die kostenlose Versorgung mit Getränken oder Obst im Sinne des BGM, bei der „Generation Z“ punkten. Aber auch die von Herr Vatanparast eben angesprochene Arbeitszeit kann durchaus als Faktor angesehen werden. Als weiteren elementaren Punkt hat meine Studie das Thema Weiterbildung ergeben. Die jungen Menschen sind sich bewusst, dass lebenslanges Lernen heutzutage Normalität ist und die Bereitschaft dazu ist da. Das ist ein Punkt, an dem Unternehmen ansetzen können, um Bindung herzustellen.

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Foto von Austin Distel

Benjamin Adamaschek: Das behütete Aufwachsen überträgt sich auf den weiteren Lebensverlauf. Sie erwarten von ihrem Arbeitgeber, dass sie dieses Gefühl von Behütung in Form von Sicherheit auch an ihrem Arbeitsplatz wiederfinden. Gleichzeitig sind sie weniger kritikfähig. Führung der „Generation Z“ sollte eher eine Art Mentoring bieten, mit negativem Feedback sollten Führungskräfte eher vorsichtig sein. Die Flexibilität der „Generation Z“ heißt für den Arbeitgeber nämlich auch: Wenn einem Arbeitnehmer dieser Generation etwas nicht gefällt, dann kündigt er und wechselt den Arbeitsplatz.

Aus Arbeitgebersicht halte ich Stabilität, Sicherheit und Planbarkeit für die größten Bedürfnisse dieser Generation. Darauf eingehen, könnte man, indem man langfristige bzw. unbefristete Arbeitsverträge anbietet. Gleichzeitig hat die „Generation Z“ gesehen, wie die Forderung nach „Work-Life-Balance“ der vorangegangenen Generation darin resultierte, dass diese oft auch Arbeit mit nach Hause nehmen musste, um diese dann abends auf der eigenen Couch mit einem Glas Rotwein in der Hand zu erledigen. Das will die „Generation Z“ auf keinen Fall. Hier geht es um „Work-Life-Separation“, also die klare Trennung von Arbeits- und Freizeit.

Prof. Dr. Mir Farid Vatanparast: Der Faktor planbare Arbeitszeit könnte ein Grund dafür sein, warum aktuell Arbeitgeber wie die Polizei oder Bundeswehr bei den jungen Menschen so beliebt sind. Denn diese bieten mit großer Wahrscheinlichkeit klar geregelte Arbeitszeiten und klar geregelte Hierarchien. Es hat den Anschein, als käme ein Teil der Mode aus der Zeit der „Babyboomer“ wieder zurück.

Benjamin Adamaschek: Die „Generation Z“ ist sehr behütet aufgewachsen. In diesem Zusammenhang wird gerne der Begriff „Helikoptereltern“ bemüht. Das heißt: Von dem Augenblick ihrer Geburt bis zum heutigen Tag werden sie von ihren Eltern überwacht, die darauf achten, dass ihren Kindern nichts passiert. Dadurch entsteht ein verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit, welches durch die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse verstärkt wird, die seit ihrer Geburt vorherrschen. Die latente Gefahr von Terrorismus spielt für diese Generation eine viel stärkere Rolle. Ebenso sind sie von der Finanzwelt ein Stück weit desillusioniert und glauben nicht mehr an das Märchen von der „heilen Welt“.

Sie sind die ersten, die in einer komplett digitalisierten – oder den Anfängen einer komplett digitalisierten – Welt geboren wurden. Im Jahr 1995 hatten viele Haushalte bereits einen Computer, der Zugang zum Internet war geschaffen und es hat Google bereits gegeben. Eine Welt ohne Smartphone oder Laptop kennt ein Mitglied der „Generation Z“ gar nicht mehr. Das ist natürlich ein wichtiger Faktor.

Damit geht ein geändertes Nutzungsverhalten von Instant-Messanging-Diensten und sozialen Medien einher. Bei den Instant Messangern ist zwar auch bei der „Generation Z“ „What’sApp“ ganz vorne, doch „Snapchat“ hat es geschafft, sich in die relative Nähe zu bringen. Bei den sozialen Medien rangiert Branchenprimus „Facebook“ sogar nur auf Rang drei. Viel mehr kommt es der Generation auf bewegte Bilder an. Demnach sind „Instagram“ und „You Tube“ vorne.

Sich selbst schätzen die Mitglieder der „Generation Z“ als eher realistisch denkend und flexibel ein. 

Prof. Dr. Mir Farid Vatanparast: Ergänzend möchte ich anfügen, dass die „Generation Z“ ein ganz anderes Verhältnis zu ihren Eltern hat als vorangegangene Generationen. Sie sind viel offener für Ratschläge. Sie lassen sich beraten. Welche Sportart sie betreiben, welche Fremdsprache sie lernen oder welchen Beruf sie ergreifen sollen. Gleichzeitig will ein Mitglied der „Generation Z“ seine Eltern oder Erwachsene aber keinesfalls in der medialen Welt, die es sich aufgebaut hat, aktiv dabei haben.

Benjamin Adamaschek: Für unsere These setzen sich die Daten aus zwei Studien – einer Unternehmensumfrage und einer Umfrage unter der „Generation Z“ – zusammen.

An der Unternehmensumfrage haben 230 kleine und mittelständische Unternehmen in den Regionen Westfalen, Osnabrücker Land und Ostwestfalen teilgenommen. Unterstützt wurde ich dabei vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V. In den insgesamt 32 Fragen ging es um die Themen Arbeitgeberattraktivität, Employer Branding sowie Personalmarketing und den Werten des Unternehmens. Es wurde jeweils der Ist-Zustand erhoben. Zusätzlich wurde nach Herausforderungen von Unternehmen für die Altersgruppierung der „Generation Z“ gefragt.

Die Befragung der „Generation Z“ fand in Zusammenarbeit mit zwei Berufsschulen in Münster und der IHK unter 300 Teilnehmern statt. Es ging um das Nutzungsverhalten technischer Geräte, Instant-Messaging-Diensten und sozialen Netzwerken. Zudem wurde nach wichtigen Aspekten am jetzigen oder zukünftigen Arbeitsplatz gefragt und auf welche Art und Weise junge Menschen heute auf die Suche nach Arbeitgebern gehen, von was für Personalmarketing-Maßnahmen sie sich angesprochen fühlen und welche Medien dabei genutzt werden.

Prof. Dr. Mir Farid Vatanparast: Ziehen wir die anderen Studien hinzu, die ich im letzten Jahr bezüglich der Eigenschaften der „Generation Z“ betreut und begleitet habe und deren Ergebnisse sich fast gänzlich mit denen von Herr Adamaschek decken, kommen wir auf über 1.300 Befragte.

Benjamin Adamaschek: In Deutschland wird nach mehrheitlicher Meinung das Jahr 1995 als Grenze für die „Generation Z“ gezogen, die Zeitspanne erstreckt sich bis zum Jahr 2010. Das heißt, die jüngsten Mitglieder sind gerade erst eingeschult worden, die ältesten werden jetzt 23 Jahre alt.

Man muss aber dazu sagen, dass die Jahreszahl als alleiniges Kriterium zur Definition dieser Generation nicht ausreicht. Vielmehr spielen da auch Ereignisse mit rein, die diese Menschen in frühesten Jahren miterlebt haben. Dadurch entstehen Wertekonstrukte, die diese Generation prägen.

Benjamin Adamaschek: Unternehmen sollten eine Gesamtstrategie entwickeln. Es ist wenig sinnvoll, all ihre Energie in Online-Stellenportale oder soziale Medien zu investieren, nur weil man weiß, dass sich die jungen Menschen dort aufhalten. Natürlich gehören diese Kanäle zum Unternehmensauftritt dazu und durch die Streuweite erreicht man auch viele Menschen. Nicht speziell die „Generation Z“, aber deren Eltern, Freunde oder Bekannte, die vielleicht schon älter sind und sich in diesen Medien bewegen.

Viel wichtiger ist es aber für Unternehmen, eine Arbeitgebermarke aufzubauen. Sie müssen diese Arbeitgebermarke noch stärker als bisher nutzen, um Emotionen aufzubauen. Denn nur über Emotionen erreichen sie die jungen Leute. Sie brauchen ein authentisches Bild, denn die „Generation Z“ ist so realistisch, dass sie Schmeicheleien oder Beschönigungen relativ schnell durchschauen kann. Das ruft nur Ärger hervor. Und man sollte nicht vergessen, die „Generation Z“ hat die „Macht des Internets“ hinter sich. Das kann ganz schnell zu einem negativen Image führen.

Prof. Dr. Mir Farid Vatanparast: Da ich Wissenschaftlicher Leiter des Kompetenzzentrums Entrepreneurship und Mittelstand bin, war das naheliegend, sich auf Start-ups und den Mittelstand zu konzentrieren. Und wir dürfen nicht vergessen, dass der Mittelstand im Grunde der Motor unserer deutschen Wirtschaft ist.

Prof. Dr. Mir Farid Vatanparast: Es liegt nahe, zu denken, die sozialen Medien seien gute Kanäle, um die „Generation Z“ anzusprechen. Jedoch zeigen unsere Studien, dass dies die falsche Vorgehensweise sein könnte. Wenn sich die Jugendlichen einen virtuellen Raum zum Austausch untereinander aufbauen, wie z.B. mit „Snapchat“, dann wollen sie dort auf keinen Fall persönlich angesprochen werden.

Die Frage ist, wie man Social Media nutzen will. Präsenz sollte dort jedes Unternehmen zeigen, um auf sich aufmerksam zu machen. Stichwort: „Influencer“. Wenn ich bereits junge Menschen in meinem Betrieb habe, die bereit sind, ehrliche Videos zu drehen und über soziale Netzwerke zu verbreiten, damit andere aus ihrer Generation sehen können, wie realistisch das ist, was der Arbeitgeber verspricht und wie der Berufsalltag tatsächlich gelebt wird, dann kann das enorm hilfreich sein. Kein gestellter Imagefilm wird junge Menschen so überzeugen, wie ein „Influencer“, der ungeschönt aus seinem Berufsalltag in einem Unternehmen berichtet. Wichtig ist, dass es realistisch bleibt und keine leeren Versprechungen gemacht werden.

Und wenn man weiß, wie wichtig der Einfluss der Eltern auf diese Generation ist, gewinnen plötzlich Job- und Recruitingmessen an Bedeutung. Denn dort können die Jugendlichen persönlich in Kontakt mit potentiellen Arbeitgebern kommen und gleichzeitig ihre Eltern oder vertraute Person als Berater dabei haben, die sogar mitentscheiden. Ich habe Kollegen, die sagen, dass sich viele Eltern mittlerweile genauer über die Berufe ihrer Kinder informieren, als die Kinder selbst.