Bei Probezeitkündung muss Personalrat nicht über Sozialdaten unterrichtet werden

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Informiert der Arbeitgeber den Personalrat vor einer Probezeitkündigung nicht über das Alter und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers, so hat dies nicht unbedingt die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge. Die Kündigung ist jedenfalls nicht unwirksam, wenn sie wegen unzureichender Arbeitsleistung und mangelnder Bewährung innerhalb der Probezeit erfolgt. Die Sozialdaten sind für die Rechtmäßigkeit der Probezeitkündigung unerheblich, weil diese nach § 1 Abs. 1 KSchG keiner sozialen Rechtfertigung bedarf.

BAG Urt. v. 23.04.2009 – 6 AZR 516/08

Kein Beweisverwertungsverbot bei zufällig mitgehörten Telefongesprächen

Ermöglicht bei einem Telefongespräch einer der Gesprächspartner einer weiteren sich im Raum befindenden Person zielgerichtet, das Gespräch heimlich mitzuhören, in dem er zum Beispiel den Raumlautsprecher des Telefons anstellt oder das Gerät vom Ohr weghält, verletzt er das Persönlichkeitsrecht des anderen Gesprächspartners. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung hat in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass der heimlich Mithörende nicht als Zeuge zum Gesprächsinhalt des Telefonats vernommen werden darf. Dagegen besteht dann, wenn der Angerufene nichts dazu beigetragen hat, dass der Dritte das Telefongespräch mithören konnte, kein Beweisverwertungsverbot. Das Interesse des Angerufenen an der Durchsetzung seiner im Einzelfall auch grundrechtlich geschützten Rechte in einem gerichtlichen Verfahren sowie das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Rechtspflege und materiell richtigen Entscheidung überwiegen dann gegenüber dem Interesse des Anrufers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts.

BAG Urt. v. 23.04.2009 – 6 AZR 189/08

Unterschreitung des Tariflohns um mehr als ein Drittel: Lohnwucher

Ein unzulässiger Lohnwucher im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Arbeitslohn (hier: 3,25 Euro pro Stunde) den in der entsprechenden Branche und Region üblichen Tariflohn um mehr als ein Drittel unterschreitet. Maßgeblich ist der Vergleich mit der tariflichen Stunden- und Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Ein zunächst nicht zu beanstandender Arbeitslohn kann durch die spätere Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden.

BAG Urt. v. 22.04.2009 – 5 AZR 436/08

Arbeitnehmer können vorzeitig beendete Elternzeit nachholen

Arbeitnehmer können die in Anspruch genommene Elternzeit wegen der Geburt eines weiteren Kindes grundsätzlich unterbrechen und den verbleibenden Anteil von bis zu zwölf Monaten auf einen späteren Zeitraum zwischen Vollendung des dritten und des achten Lebensjahres des Kindes übertragen. Der Arbeitgeber muss der Übertragung zwar zustimmen, ist dabei aber an „billiges Ermessen“ gemäß § 315 BGB gebunden.

BAG Urt. v. 21.04.2009 – 9 AZR 391/08

Herabstufung einer Führungskraft kann unzulässig sein

Arbeitgeber können Führungskräfte nicht ohne Weiteres auf Grund ihres Direktionsrechtes herabstufen. Hierfür ist vielmehr grundsätzlich eine Änderungskündigung erforderlich. Dies gilt selbst dann, wenn die Herabstufung nicht mit einer geringeren Vergütung verbunden ist, sondern lediglich mit Einschränkungen bei der Privatnutzung des Dienstwagens.

LAG Baden-Württemberg Urt. v. 20.04.2009 – 4 Sa 4/09

Arbeitszeugnis – Auskunftsangebot

Eine unzulässige Verschlüsselung zum Nachteil des Arbeitnehmers liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einem Arbeitszeugnis für nachfolgende Arbeitgeber anbietet, „gerne“ über die Qualität der von dem Mitarbeiter geleisteten Arbeit Auskunft zu geben.

ArbG Herford Urt. v. 01.04.2009 – 2 Ca 1502/08

Fristlose Kündigung bei grober Beleidigung

Bezeichnet ein Arbeitnehmer die Zustände im Betrieb als „schlimmer als in einem KZ“, kann das einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen.

LAG Hessen Urt. v. 27.03.2009 – 8 TaBV 10/08

Kündigung bei einfachem Diebstahlsverdacht unwirksam

Die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers auf Grund von Diebstahl oder Unterschlagung ist zwar selbst bei Kleinstbeträgen grundsätzlich rechtmäßig. Allerdings muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die schädigende Handlung mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit nachweisen können. Ein einfacher Verdacht reicht nicht aus.

ArbG Wuppertal Urt. v. 21.03.2009 – 4 Ca 3853/08

Zugangsvoraussetzungen einer Kündigung

Die Zugangsvoraussetzungen eines Kündigungsschreibens sind unter Anwesenden bereits dann erfüllt, wenn dem Kündigungsempfänger dieses nur zum Lesen übergeben wurde und er ausreichend Zeit hatte, sich das Schreiben durchzulesen. Nicht erforderlich ist, dass ihm das Schreiben zum dauerhaften Verbleib überlassen wurde.

LAG München Urt. v. 18.03.2009 – 11 Sa 912/08

Dienstwagenrückgabe nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums

Arbeitsunfähig kranke Arbeitnehmer haben nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums keinen Anspruch auf weitere Nutzung des ihnen überlassenen Dienstwagens. Die Privatnutzungsbefugnis gehört zum Arbeitsentgelt und endet somit bei Krankheit – wie der Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes – nach sechs Wochen. Der Arbeitgeber kann den Dienstwagen daher nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungsraumes zurückfordern.

ArbG Stuttgart Urt. v. 25.02.2009 – 20 Ca 1933/08

Fristlose Kündigung bei hartnäckiger Verletzung der Pflicht zur Anzeige der Arbeitsunfähigkeit

Die hartnäckige und trotz mehrfacher Abmahnung über längere Zeit fortgesetzte Verletzung der Pflicht, dem Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit oder deren Verlängerung anzuzeigen, kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer jeweils mehrere Tage unentschuldigt der Arbeit fernbleibt und dadurch eine Einsatzplanung nahezu unmöglich macht.

LAG Köln Urt. v. 09.02.2009 – 5 Sa 926/08

Kündigung bei Annahme von Fußballeintrittskarten

Nimmt ein Arbeitnehmer von einem für den Arbeitgeber tätigen Dienstleister ein teures Geschenk (hier: VIP-Eintrittskarte für ein Bundesliga-Fußballspiel) an, kann dies eine Kündigung rechtfertigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Annahme des Geschenks den Eindruck erweckt, er sei käuflich. Hier besteht - unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung kommt - ein Verstoß gegen das so genannte Schmiergeldverbot.

LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 16.01.2009 – 9 Sa 572/08

Fristlose Kündigung bei außerdienstlichem Verhalten

Ein tätlicher Angriff auf einen Arbeitskollegen (hier: Messerattacke) ist an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn die Tätlichkeit außerhalb der Arbeitszeit und außerhalb des Betriebs erfolgte und ausschließlich familiär bedingt war. Eine Tätlichkeit unter Arbeitskollegen außerhalb der Arbeitszeit und außerhalb des Betriebs hat immer auch innerbetriebliche Auswirkungen.

LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 06.01.2009 – 5 Sa 313/08

Bewertung der Privatnutzung eines Firmenwagens

Bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens ist das in Geld gezahlte Einkommen mit dem geldwerten Vorteil der Privatnutzung des vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeuges zusammenzurechnen. Die Privatnutzung eines Firmenwagens stellt keinen unpfändbaren Bezug im Sinne von § 850a ZPO dar.

LAG Hessen Urt. v. 15.10.2008 – 6 Sa 1025/07

 

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