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Versetzung bei Übertragung einer nicht zum Berufsbild gehörenden Tätigkeit unwirksam

Eine Tageszeitredakteurin muss es nicht hinnehmen, dass der Arbeitgeber sie in eine Entwicklungsredaktion versetzt, auch wenn der Arbeitsvertrag eine Übertragung redaktioneller oder journalistischer Aufgaben bei anderen Objekten erlaubt. Die neue Position muss sich im Rahmen des Berufsbildes des Redakteurs bewegen, was bei der bloßen Entwicklung künftiger Produkte nicht der Fall ist.

BAG Urt. v. 23.02.2010 – 9 AZR 3/09

Übernahme von Jugend- und Auszubildendenvertretern bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

Arbeitgeber können es nicht ohne Weiteres ablehnen, Jugend- und Auszubildendenvertreter in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, wenn sie auf einem dauerhaft eingerichteten, ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz Leiharbeitnehmer beschäftigten. Es kann zumutbar sein, einen solchen Arbeitsplatz für den Jugend- und Auszubildendenvertreter frei zu machen. Die Zumutbarkeit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

BAG Urt. v. 17.02.2010 – 7 ABR 89/08

Gegenläufige betriebliche Übung bei Weihnachtsgratifikation für Betriebsrentner nicht möglich

Hat ein Arbeitgeber durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung einer Weihnachtsgratifikation an die Betriebsrentner eine entsprechende betriebliche Übung begründet, kann er diese nicht durch den Hinweis beseitigen, er gewähre die Gratifikation nur noch in den drei folgenden Jahren. Vielmehr bleibt er selbst dann zur Zahlung der Gratifikation verpflichtet, wenn er die Zahlung fortan als „Versorgungsbezug freiwillige Leistung“ ausweist und die Betriebsrentner dem nicht widersprechen.

BAG Urt. v. 16.02.2010 – 3 AZR 123/08

Unternehmen dürfen Arbeiter gegenüber Angestellten bei Betriebsrenten nicht benachteiligen

Der bloße Statusunterschied zwischen Arbeitern und Angestellten rechtfertigt keine Schlechterstellung der Arbeiter bei den Betriebsrenten. Zwar kann eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber dadurch Unterschiede ausgleichen möchte, die durch die gesetzliche Rentenversicherung im Hinblick auf den erreichten Versorgungsgrad entstanden sind. Dafür müssen aber die unterschiedlichen Versorgungsgrade für die Gruppen tatsächlich bezeichnend sein. Ist dies nicht der Fall, müssen Arbeiter rückwirkend bis zum 1. Juli 1993 dieselben Leistungen erhalten wie Angestellte.

BAG Urt. v. 16.02.2010 – 3 AZR 216/09

Kündigung oder Auflösungsantrag auch bei wiederholt kritischen Äußerungen nicht gerechtfertigt

Streiten die Arbeitsvertragsparteien jahrelang über kritische Äußerungen des Arbeitnehmers, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, ist eine verhaltensbedingte Kündigung auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer diese Äußerungen mehrfach wiederholt. Trotz des langjährigen Streits ist in einem solchen Fall auch ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers regelmäßig unbegründet.

LAG Baden-Württemberg Urt. v. 10.02.2010 – 2 Sa 59/09

Außerordentliche Kündigung nicht zwingend, wenn Mitarbeiter eine geringwertige Sache entwenden

Nimmt ein bei einem Abfallentsorgungsunternehmen angestellter Arbeitnehmer eine sich im Müll befindliche geringwertige Sache (hier: Kinderreisebett) an sich, rechtfertigt dies nicht in jedem Fall eine außerordentliche Kündigung. Die dabei vorzunehmende Interessenabwägung fällt regelmäßig zugunsten des Arbeitnehmers aus, wenn ein langjähriges, im Wesentlichen störungsfrei verlaufendes Arbeitsverhältnis vorliegt.

LAG Baden-Württemberg Urt. v. 10.02.2010 – 13 Sa 59/09

Keine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei provokantem Auftreten des Bewerbers

Eine entschädigungspflichtige Benachteiligung wegen des Alters ist ausgeschlossen, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet ist. Die fehlende Eignung kann sich auch aus einem provokanten Auftreten im Bewerbungsverfahren ergeben. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Bewerber um eine Führungsposition mit Personalverantwortung unangemeldet bei der Personalleiterin erscheint und vehement seine Einstellung fordert, weil er der am besten geeignete Bewerber sei.

LAG Köln Urt. v. 10.02.2010 – 5 Ta 408/09

Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vereinbarter Sozialplan: keine Leistungsklage auf Abfindung möglich

Arbeitnehmer können Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan, der abgeschlossen wurde, nachdem der Insolvenzverwalten Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, nicht mit einer Leistungsklage geltend machen. Der Klage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil derartige Ansprüche lediglich letztrangige Masseforderungen sind, die bei der Verteilung nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO keine Rolle spielen. Zudem wäre ein entsprechender Leistungstitel dauerhaft keine Vollstreckungsgrundlage, da nach § 123 Abs. 3 Satz 2 InsO eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung unzulässig ist.

BAG Urt. v. 21.01.2010 – 6 AZR 785/08

Kündigung wegen verspäteter Krankmeldung erfordert Abmahnung

Hat ein Arbeitnehmer falsche Angaben über die voraussichtliche Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit gemacht und wird er deshalb abgemahnt, ist bei einer nachfolgenden, bloß verspäteten Krankmeldung regelmäßig keine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt. Es fehlt in diesem Fall an einer einschlägigen Abmahnung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn schon beim ersten Vorfall eine verspätete Krankmeldung vorgelegen hat, diese in der Abmahnung aber nicht erwähnt worden ist.

LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 18.12.2009 – 6 Sa 1239/09

Keine Nachforschungspflicht über Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers

Öffentliche Arbeitgeber müssen zwar schwerbehinderte Bewerber, die für die zu besetzende Stelle nicht offensichtlich ungeeignet sind, zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Ein Verstoß gegen diese Meldepflicht kann aber nur dann einen Entschädigungsanspruch nach dem AGG auslösen, wenn sich die Schwerbehinderteneigenschaft aus der Bewerbung ergibt. Arbeitgeber müssen insoweit selbst bei Vorliegen bestimmter Anhaltspunkte keine eigenen Nachforschungen anstellen.

ArbG Ulm Urt. v. 17.12.2009 – 5 Ca 316/09

Mitarbeiter können Teilzeitbegehren nicht auf arbeitsfreie Monate richten

Arbeitgeber müssen eine um 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit nicht in der Form verteilen, dass der Arbeitnehmer im Wechsel einen Monat arbeitet und einen Monat frei hat. Der Verringerungswunsch muss sich gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG an dem bisher praktizierten Arbeitszeitmodell orientieren, bei dem in aller Regel die Arbeitswoche den Bezugsrahmen bildet. Arbeitnehmer können daher nur verlangen, dass die Arbeitszeit innerhalb der Arbeitswoche abweichend verteilt wird.

LAG Köln Urt. v. 23.11.2009 – 5 Sa 601/09

Umkleidezeit als Arbeitszeit – Mitbestimmung des Betriebsrats

Ein Arbeitgeber darf eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit nicht einseitig dahingehend ändern, dass Mitarbeiter die im Unternehmen vorgeschriebene Dienstbekleidung grundsätzlich erst dann ablegen dürfen, wenn sie die Stechuhr betätigt haben.

BAG Beschl. v. 10.11.2009 – 1 ABR 54/08

Arbeitnehmer müssen krankheitsbedingte Ausfallzeiten bei Altersteilzeit im Blockmodell eventuell nacharbeiten

Altersteilzeitverträge dürfen vorsehen, dass Arbeitnehmer krankheitsbedingte Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug während der Arbeitsphase ab Beginn der Freistellungsphase zur Hälfte nacharbeiten müssen. Das ist keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wenn der Arbeitgeber die Ausfallzeiten nicht aus freien Stücken übernimmt, um sein Wertguthaben aufzufüllen, bleibt als sachgerechter Weg nur eine solche Nacharbeitsvereinbarung.

LAG Düsseldorf Urt. v. 02.11.2009 – 14 Sa 811/09

Geltungsdauer einer Gesamtzusage

Eine so genannte Gesamtzusage, mit der ein Arbeitgeber erklärt, dass er kollektivrechtlich bestimmte Leistungen gewährt, ist typischerweise nicht auf die zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erklärung beschäftigten Arbeitnehmer beschränkt. Erklärt sich der Arbeitgeber dazu bereit, eine dauerhafte Regelung zu treffen, wenn Mitarbeiter bestimmte Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, spricht dies dafür, dass diese gilt, bis er eine gegenteilige Erklärung macht. Die Gesamtzusage wird dann auch gegenüber nachträglich in den Betrieb eintretenden Mitarbeitern abgegeben und diesen bekannt. Auch sie können deshalb das ihr zu Grunde liegende Vertragsangebot gemäß § 151 BGB annehmen.

Hebt der Arbeitgeber die Gesamtzusage durch eine neue Regelung auf, gilt diese mit Wirkung für die Zukunft. Sie lässt also bereits entstandene Bindungen unberührt. Sagt der Arbeitgeber etwa persönlichen Fahrern von Senatoren eine aufzehrbare Besitzstandszulage für den Fall zu, dass sie aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versetzt werden, sind hiervon mangels abweichender Anhaltspunkte auch gesundheitliche Gründe umfasst. Es darf sich jedenfalls nicht um eine einseitige, nur vom Willen des Arbeitgebers abhängige Maßnahme ohne besondere Anhaltspunkte handeln.

BAG Urt. v. 23.09.2009 – 5 AZR 628/08

Betriebliche Übung – vorbehaltlose Leistung von Sonderzahlungen

Vergütungsansprüche aus betrieblicher Übung stehen nicht unter dem stillschweigenden Vorbehalt einer ablösenden Betriebsvereinbarung. Hat ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern mehr als zehn Jahre ohne Einschränkungen einen bestimmten Prozentsatz der jeweiligen Bruttomonatsvergütung als Weihnachtsgeld gezahlt, wird der aus betrieblicher Übung entstandene vertragliche Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht für ein Jahr durch eine Betriebsvereinbarung aufgehoben, die regelt, dass für dieses Jahr kein Weihnachtsgeld gezahlt wird. Im Verhältnis eines vertraglichen Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers zu den Regelungen einer Betriebsvereinbarung gilt das Günstigkeitsprinzip.

BAG Urt. v. 05.08.2009 – 10 AZR 483/08

Höchstbegrenzung einer Sozialplanabfindung zulässig

Die Betriebsparteien können eine Höchstgrenze für eine Sozialplanabfindung vorsehen. Der Arbeitgeber behandelt gemäß einer solchen Kappungsgrenze alle davon betroffenen Arbeitnehmer gleich. Diese Gruppenbildung ist mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar.

BAG Urt. v. 21.07.2009 – 1 AZR 566/08

Grenzen der freiwilligen Lohnerhöhung

Unterschiedliche freiwillige Lohnerhöhungen kann ein Arbeitgeber nicht ohne Weiteres damit begründen, dass er verschiedene Vergütungen im Unternehmen angleichen möchte. Vielmehr kommt es darauf an, aus welchen Gründen unterschiedliche Vergütungen vorliegen und welche materielle Rechtfertigung den Vergütungsunterschieden (noch) zugrunde liegt.

Der Ausgleich einer Lohnabsenkung ist beispielsweise sachlich berechtigt, wenn der Arbeitgeber sie aus wirtschaftlichen Gründen bei einem Teil seiner Arbeitnehmer durchgesetzt hat. Die Einkommenslage der Arbeitnehmer muss der früheren Situation wieder näherkommen. Die Benachteiligung des Arbeitnehmers bei einer freiwilligen Lohnerhöhung kann der Arbeitgeber nach § 612a BGB auch damit begründen , dass im Zusammenhang mit der Ablehnung einer Vertragsänderung einzelner Arbeitnehmer ein unterschiedliches Vergütungsniveau im Betrieb entstanden ist. Das Unternehmen kann aber die Benachteiligung nicht damit rechtfertigen, dass ein Arbeitnehmer eine auf Vergütungsminderung zielende Vertragsänderung abgelehnt hat.

BAG Urt. v. 15.07.2009 – 5 AZR 486/08

Änderungen des Arbeitsvertrages durch Tarifvertrag möglich?

Das Kündigungsschutzgesetz schützt gegen Änderungen des Arbeitsvertrages, die der Arbeitgeber einseitig vornimmt, nicht jedoch gegen Änderungen der Arbeitszeit und/oder Höhe des Arbeitsentgelts durch tarifliche Regelungen. Tarifvertragliche Arbeitszeit- und Entgeltregelungen unterliegen sehr eingeschränkt einer gerichtlichen Überprüfung. Arbeitnehmer können sie nur in Ausnahmefällen beanstanden, zum Beispiel dann, wenn die Regelungen auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der von dem jeweiligen Tarifvertrag erfassten Beschäftigungsbetriebe und der dort zu verrichtenden Tätigkeiten gegen elementare Gerechtigkeitsanforderungen aus den Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen.

BAG Urt. v. 28.05.2009 – 6 AZR 144/08

Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang

Nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung über einen beabsichtigten Betriebsübergang setzt für den betroffenen Arbeitnehmer die in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierte einmonatige Widerspruchsfrist in Gang. Das Recht des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber zu widersprechen, kann verwirken. Ein Arbeitnehmer, der eine fehlerhafte Unterrichtung rügt und eine selbst gesetzte Frist zur Entscheidung über sein Widerspruchsrecht verstreichen lässt, verwirkt jedenfalls dann seinen Anspruch, wenn er danach mit dem Betriebserwerber einen Aufhebungsvertrag und mit einem dritten Unternehmen einen neuen Arbeitsvertrag abschließt. Könnte sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber mit Erfolg auf Umstände berufen, die zur Verwirkung des Widerspruchsrechts geführt haben, so steht dieses Recht auch dem Betriebsveräußerer zu, unabhängig davon, ob und gegebenenfalls wann diesem die Umstände bekannt geworden sind.

BAG Urt. v. 02.04.2009 – 8 AZR 262/07

Weitere Informationen: www.naegele.eu