Unterschlagung kleinster Beträge rechtfertigt fristlose Kündigung

man in blue dress shirt sitting on rolling chair inside room with monitors
Foto von Austin Distel

Auch wenn Kassierer nur kleinste Beträge unterschlagen, müssen sie mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Insoweit kommt es nicht auf die Höhe des dem Arbeitgeber zugefügten Schadens an, sondern auf den durch eine solche Tat entstehenden irreparablen Vertrauensverlust. Selbst eine langjährige Betriebszugehörigkeit und ein fortgeschrittenes Alter schützen in diesem Fall nicht vor einer fristlosen Kündigung.

LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 24.02.2009 – 7 Sa 2017/08

Kosten für Berufskleidung trägt grundsätzlich der Arbeitgeber

Soweit gesetzliche Bestimmungen das Tragen von Schutzkleidung vorschreiben, muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Kleidung unentgeltlich zur Verfügung stellen. Fehlt eine solche gesetzliche Bestimmung, kann der Arbeitgeber die Kosten für die Anschaffung und Pflege der Berufskleidung zwar grundsätzlich auf die Arbeitnehmer überwälzen. Eine entsprechende Vertragsklausel darf die Arbeitnehmer aber nicht unangemessen benachteiligen. Der Arbeitgeber darf auch dann keinen Kostenbeitrag einbehalten, wenn das jeweilige Nettoeinkommen unpfändbar ist.

BAG Urt. v. 17.02.2009 – 9 AZR 676/07

Arbeitnehmeransprüche bei Betriebsübergang

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob bei der Übertragung von Unternehmensteilen ein Betriebsübergang gemäß der Richtlinie 2001/23/EG nur vorliegt, wenn die organisatorische Selbständigkeit der übertragenen Einheit gewahrt wird. Im Ausgangsfall strukturierte der neue Mutterkonzern das aufgenommene Unternehmen anders als vorher und gliederte einzelne Zweige aus. Dieser Neustrukturierung fiel der Arbeitsplatz eines Abteilungsleiters zum Opfer, der nun auf eine Weiterbeschäftigung in seiner bisherigen Position klagte. Die Richtlinie und der entsprechende § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB sehen vor, dass bei einem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber des Unternehmens übergehen. Der Beklagte aus dem Ausgangsverfahren machte geltend, die Ressourcen aus dem übernommenen Konzern in eine neue Struktur aufgegliedert und somit den erworbenen Zweigen eine neue Identität gegeben zu haben. Dieser Ansicht stimmte der EuGH nicht zu, da so bei einer Eingliederung der erworbenen Unternehmen in die eigene Unternehmensstruktur, der Schutz der Arbeitnehmer durch die Richtlinie leicht umgangen werden könne. Das oberste europäische Gericht gab an, dass vielmehr darauf abzustellen sei, ob die „funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten wird“.

EuGH Urt. v. 12.02.2009 – C-466/07

Statistiken sind kein sicheres Indiz für Benachteiligung von Frauen bei Beförderungen

Im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischen Benachteiligungen bei Beförderungsentscheidungen kommt Statistiken nur eine begrenzte Bedeutung zu. Sie indizieren lediglich dann eine Benachteiligung, wenn sie Aussagen über den Zusammenhang von Stellenbesetzungen in bestimmten Bewerbungsverfahren und der Geschlechterverteilung zulassen. Bloße Statistiken über die Geschlechterverteilung in der Gesamtbelegschaft können daher keine Benachteiligungen bei der Besetzung von Führungspositionen belegen.

LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.02.2009 – 2 Sa 2070/08

Ernsthafte Bewerbung auch bei zahlreichen AGG-Entschädigungsklagen möglich

Allein der Umstand, dass ein Bewerber gegenüber zahlreichen Firmen Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG geltend gemacht hat („AGG-Hopping“), lässt noch nicht zwingend darauf schließen, dass es an der erforderlichen Ernsthaftigkeit der Bewerbung fehlt. Entscheidend ist der Einzelfall. Die Ernsthaftigkeit ist erst anzuzweifeln, wenn sich aus weiteren Umständen ergibt, dass es dem Bewerber nicht in erster Linie auf den Arbeitsplatz ankommt, sondern auf Entschädigungszahlungen. Indiz hierfür kann sein, dass er mit formularmäßigen Schreiben Entschädigungsansprüche geltend gemacht hat.

LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 09.12.2008 – 5 Sa 286/08

 

Gleichartige Pflichtverletzungen sind grundsätzlich gleich zu ahnden

Bei gleichartigen Pflichtverletzungen mehrerer Arbeitnehmer (hier: Missbrauch von Payback-Punkten) kann der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres nur einzelnen Arbeitnehmern kündigen und die anderen lediglich verwarnen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist bei Kündigungen zwar nicht unmittelbar zu beachten. Er entfaltet aber eine dahingehende mittelbare Wirkung, dass der Arbeitgeber nicht ohne sachliche Differenzierungsgründe gleichartige Pflichtverletzungen unterschiedlich ahnden darf.

LAG Hessen Urt. v. 10.09.2008 – 6 Sa 384/08

Weitere Informationen: http://www.naegele.eu/