EuGH-Urteil zur Urlaubsabgeltung bei Langzeiterkrankung umgesetzt

two men facing each other while shake hands and smiling
Foto von Sebastian Herrmann

Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch von vier Wochen pro Jahr auch dann abzugelten ist, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres und Übertragungszeitraumes krank geschrieben war. Damit hat es das EuGH-Urteil vom 20.01.2009 (C-350/06) umgesetzt. Gleiches soll für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Arbeitnehmer gelten. Die EG-Arbeitszeitrichtlinie erfasst allerdings nicht tariflichen oder einzelvertraglich vereinbarten Mehrurlaub.

LAG Düsseldorf Urt. v. 02.02.2009 – 12 Sa 486/06

AGG-Verstoß bei Versetzung ausschließlich älterer Mitarbeiter

Werden bei der Auswahl von Arbeitnehmern, die versetzt werden sollen, nur Beschäftigte eines bestimmten Alters berücksichtigt, kann hierin eine unzulässige Altersdiskriminierung im Sinne von § 10 AGG liegen. Der Arbeitgeber kann diese Vorgehensweise auch nicht ohne Weiteres damit rechtfertigen, dass die Versetzung älterer Arbeitnehmer zur Herstellung einer ausgewogenen Personalstruktur erforderlich sei.

BAG Urt. v. 22.01.2009 – 8 AZR 906/07

Gravierende Änderungen beim Urlaubsanspruch

Dauerhaft kranke Arbeitnehmer können ihren Urlaub zukünftig über Jahre ansparen. Die derzeitige Regelung in § 7 Abs. 3 BUrlG, wonach der Urlaubsanspruch spätestens am 31. März des Folgejahres verfällt, ist mit dem europäischen Recht nicht vereinbar. Nach der entsprechenden europäischen Richtlinie darf der Urlaubsanspruch nur dann erlöschen, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub auch tatsächlich nehmen konnte. Der Europäische Gerichtshof sieht es aber als zulässig an, wenn eine Regelung besteht, wonach der bezahlte Jahresurlaub während der Krankschreibung zu nehmen ist. Gerade für Langzeiterkrankte, die nach ihrer Genesung wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, sind auf Grund der Entscheidung erhebliche zusätzliche Urlaubsansprüche aus der Zeit ihrer Erkrankung gegeben. Sollte das Arbeitsverhältnis enden, ist dieser aufgelaufene Urlaub mit abzugelten, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht vorher nimmt.

EuGH Urt. v. 20.01.2009 – C-350/06

Versorgungszusagen von vor 2001 sind seit Ende 2005 unverfallbar

Einem Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber vor dem 1. Januar 2001 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt hat, bleibt die Anwartschaft auch bei einem vorzeitigen Ausscheiden erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens bis zum 31. Dezember 2005 bestanden hat und er bereits das 30. Lebensjahr vollendet hat. Die Versorgungsanwartschaft verfällt auch dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 beendet worden ist.

BAG Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 529/07

Betriebliche Hinterbliebenenversorgung: Gleichbehandlungsanspruch von Lebenspartnern mit Ehegatten

Eine betriebliche Hinterbliebenenversorgung für Ehegatten kann grundsätzlich auch dem Überlebenden einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zustehen. Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen den Arbeitsvertragsparteien am 1. Januar 2005 noch ein Rechtsverhältnis bestand. Das BAG ließ offen, ob dazu ein Arbeitsverhältnis erforderlich ist oder ob es ausreicht, wenn der Arbeitnehmer am 1. Januar 2005 Betriebsrentenansprüche beziehungsweise eine unverfallbare Betriebsrentenanwartschaft hatte.

BAG Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 20/07

Vorsicht bei Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten

Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten sind nur zulässig, soweit sie den Arbeitnehmer nicht unangemessen lange an das Unternehmen binden. Die Frage der Angemessenheit ist im Einzelfall zu beurteilen. Bei einer zu langen Bindung muss der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten daher regelmäßig nicht zurückzahlen. Eine „geltungserhaltende Reduktion“ der vereinbarten Klausel auf die zulässige Bindungsdauer kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es für den Arbeitgeber objektiv schwierig ist, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen, und sich dieses Prognoserisiko verwirklicht.

BAG Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07

Ein-Euro-Jobs können auch eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden umfassen

Für Langzeitarbeitslose kann im Einzelfall auch ein so genannter Ein-Euro-Job mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche zumutbar sein. Das Gesetz sieht also keine Beschränkung auf eine bestimmte Stundenanzahl vor. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass die Inanspruchnahme des Arbeitslosen auch in zeitlicher Hinsicht für seine Eingliederung erforderlich ist.

BSG Urt. v. 16.12.2008 – B 4 AS 60/07 R

Verspätete Kündigungsschutzklage – Anwaltsverschulden trifft Arbeitnehmer

Nach § 4 Satz 1 KSchG muss ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht einreichen, wenn er sich gegen die Kündigung zur Wehr setzen will. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage, wenn ihr Rechtsanwalt schuldhaft die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung versäumt hat. Sie müssen sich das Anwaltsverschulden nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Dies gilt auch, wenn sie den Anwalt unmittelbar nach Zugang der Kündigung mit der Klageerhebung beauftragt haben.

BAG Urt. v. 11.12.2008 – 2 AZR 472/08

Lohnerhöhungen erfordern Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Arbeitgeber müssen bei Lohnerhöhungen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten, wenn sie die Leistungen auf Grund einer generellen Regelung gewähren. Wendet der Arbeitgeber die generelle Regelung auf alle oder mehrere Betriebe seines Unternehmens an, ist auch die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer betriebsübergreifend zu gewährleisten. Eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Betriebe ist daher nur zulässig, wenn es hierfür einen sachlichen Grund gibt.

BAG Urt. v. 03.12.2008 – 5 AZR 74/08

Frauenfördernder Hinweis in Stellenausschreibung nicht diskriminierend

Es stellt keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar, wenn in Stellenausschreibungen für Bereiche, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, ein besonderes Interesse an Bewerbungen von Frauen zum Ausdruck gebracht wird. Die entsprechende Vorschrift im Landesgleichstellungsgesetz NRW führt daher nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung von männlichen Bewerbern.

LAG Düsseldorf Urt. v. 12.11.2008 – 12 Sa 1102/08

Negative Zukunftsprognose für verhaltensbedingte Kündigung

Auch für eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Schlechtleistung ist eine negative Zukunftsprognose erforderlich. Hat eine wegen zu zahlreicher Arbeitsfehler abgemahnte Mitarbeiterin anschließend ihre Fehlerquote um circa 20 Prozent reduziert, kann eine negative Zukunftsprognose nicht aufgestellt werden. Wird in der Abmahnung wegen zu zahlreicher Arbeitsfehler die Kündigung nur für den Fall angedroht, dass „sich die Fehlerquote bei der Arbeitsausführung nicht verbessert“, ohne dass gesagt wird, von welcher konkreten Höchstquote von Arbeitsfehlern der Arbeitgeber ausgeht, kann der Mitarbeiter annehmen, dass eine Reduzierung der Fehlerquote um 20 Prozent den Vorstellungen des Arbeitgebers entspricht und damit ausreichend ist.

LAG Sachsen Urt. v. 01.10.2008 – 3 Sa 298/08

Zeugniskorrektur bei falsch geschriebenem Namen

In einem Arbeitszeugnis muss der Name des Arbeitnehmers richtig geschrieben sein. Andernfalls ist der Zeugnisanspruch nicht erfüllt. Liegt ein titulierter Zeugnisanspruch vor, kann der Arbeitnehmer bei falscher Schreibweise seines Namens ein Zwangsmittel gegen den Arbeitgeber festsetzen lassen, um so eine Korrektur des Zeugnisses zu erzwingen.

Hessisches LAG Urt. v. 23.09.2008 – 12 Ta 250/08

Kündigungsschutzklage auch mit falscher Parteibezeichnung gültig

Eine ungenaue oder erkennbar falsche Bezeichnung eines Arbeitgebers in einer Kündigungsschutzklage ist unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden. Für eine Auslegung, der Arbeitnehmer wolle nicht gegen seinen Arbeitgeber, sondern gegen eine andere Einrichtung mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen, bedarf es besonderer Anhaltspunkte.

BAG Urt. v. 28.08.2008 – 2 AZR 279/07

Verdachtskündigung erfordert umfangreiche Sachverhaltsaufklärung durch den Arbeitgeber

Eine Verdachtskündigung setzt unter anderem voraus, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat. Bestehen auch noch nach der Anhörung des Arbeitnehmers Zweifel am Tathergang, muss der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung die Personen befragen, die an dem Vorfall beteiligt waren oder Kenntnis über ihn haben.

Hessisches LAG Urt. v. 17.06.2008 – 4/12 Sa 523/07

Wiederholtes Zuspätkommen kann Kündigung rechtfertigen

Kommt ein Arbeitnehmer wiederholt in erheblichem Umfang zu spät zur Arbeit, kann dies jedenfalls dann eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn eine Ermahnung und zwei Abmahnungen erfolglos geblieben sind. Voraussetzung für eine Kündigung ist aber, dass der Arbeitnehmer selbst schuld ist, dass er zu spät kam. Hiervon ist beispielsweise bei einem mehrfachen Verschlafen auszugehen.

LAG Köln Urt. v. 20.10.2005 – 5 Sa 746/08