Die Aufgaben des Human Resource Managements haben sich im vergangenen Jahrzehnt spürbar geändert. Dafür gab es unterschiedliche Gründe – von der Internationalisierung der Wirtschaft über den technologischen Fortschritt auf dem IT-Sektor bis hin zu strategischen Herausforderungen wie dem demografischen Wandel. Als Reaktion auf diese Entwicklungen etablierten viele Unternehmen neue HR-Rollen oder reicherten vorhandene mit neuen Anforderungen an. Zu diesen Rollen zählen zum Beispiel der HR-Business-Partner sowie Rollen in den Bereichen Talentmarketing und -management, Shared-Services, Center of Expertise oder Employer-Branding.

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Foto von AllGo – An App For Plus Size People

Doch inwieweit haben sich diese Rollen bereits „nachhaltig“ in den Unternehmen etabliert – also so, dass HR-Professionals ihre Karrierewege und Entwicklungsstrategien danach ausrichten können? Welche typischen Anforderungen sind mit den neuen Rollen verbunden und wie können Unternehmen die Entwicklung der Rolleninhaber gezielt fördern? Diesen Fragen ist HRblue in einer Expertenbefragung nachgegangen, für die das Beratungsunternehmen im Sommer 2009 deutsche, österreichische und Schweizer Großunternehmen mit mehr als 15.000 Mitarbeitern kontaktierte. Unternehmen dieser Größe, so die Überlegung, verfügen meist über die Ressourcen und den Bedarf, neue Rollen eigenständig zu implementieren. In kleinen und mittelständischen Unternehmen übernehmen einzelne HR-Verantwortliche häufig mehrere Funktionen, was eine Untersuchung der Rollen erschwert. Die Ergebnisse der Studie sind jedoch auch für den Mittelstand relevant. Denn in KMU steigen die Anforderungen an das HR-Management ebenso wie in Großunternehmen. Auch Mittelständler bewegen sich zunehmend auf internationalem Parkett und richten ihre HR-Aktivitäten strategisch aus.

Die Studie

Insgesamt nahmen 39 Vertreter von Großunternehmen an der Expertenbefragung teil, die aus einem strukturierten Fragebogen und einem halbstrukturierten persönlichen oder telefonischen Interview bestand. 28 Teilnehmer kamen aus Deutschland, neun aus der Schweiz und zwei aus Österreich. Die geringe Beteiligung in Österreich lässt sich auf die hiesige Wirtschaftsstruktur zurückführen, die noch stärker als in Deutschland und der Schweiz klein- und mittelständisch geprägt ist.

Unter den Teilnehmern dominieren die Großkonzerne. 66,8 Prozent beschäftigen mehr als 15.000 Mitarbeiter, 38,5 Prozent mehr als 50.000 Mitarbeiter. Rund 75 Prozent der Unternehmen verfügen weltweit über mehr als 50 Mitarbeiter im HR-Bereich. Die Gesprächspartner vertraten die erste HR-Managementebene unter der Geschäftsführung oder dem Vorstand der Landesgesellschaft, der europäischen oder der globalen Struktur. Sie gaben ihre Antworten jeweils stellvertretend für die Entwicklung des HR-Bereichs im Gesamtunternehmen.

Folgende Fragen kamen in den Interviews zur Sprache:

  • Wie hat sich die HR-Organisation in Ihrem Unternehmen in den letzten Jahren verändert?
  • Welche neuen Rollen im HR-Management haben sich im Zuge dieser Entwicklungen in Ihrem Unternehmen nachhaltig etabliert?
  • Welches sind die Hauptaufgaben, Verantwortungen und erforderlichen Kompetenzen in diesen Rollen?
  • Welche Vergütung ist für diese Rollen im Unternehmen üblich?
  • Was unternimmt die Organisation, um die Entwicklung der Rolleninhaber zu unterstützen?
  • Welche Karrierewege verbinden sich mit diesen Rollen?
  • Welche neuen Anforderungen an Lehrinhalte ergeben sich für Hochschulen, Universitäten und Bildungsanbieter?
  • Welche weiteren neuen Rollen erwarten Sie für die Zukunft?

HR-Rollen im Wandel

Alle teilnehmenden Unternehmen gaben an, dass sich ihre HR-Organisation in den vergangenen Jahren verändert hat (Abbildung 1). Besonders häufig von der Veränderung betroffen waren die Rollen der HR-Verantwortlichen sowie die Aufbauorganisation (Struktur) des Personalbereichs. Rund jedes zweite Unternehmen hat seine Ablauforganisation (Prozesse) verändert. Als „sonstige Veränderungen“ nannten die Befragten vor allem inhaltliche Aspekte – zum Beispiel die Definition des Wertbeitrags für HR, die Umsetzung internationaler HR-Anforderungen, die Anpassung der HR-Organisation an die Business- Organisation sowie die Einführung eines HR-Business- Partners für die oberste Managementebene.

Abbildung 1: Inwiefern hat sich die HR-Organisation Ihres Unternehmens verändert?

Abbildung 2: Was waren die Gründe für die Veränderung?

Wenn Unternehmen ihre HR-Organisation veränderten, geschah dies besonders häufig, um die Effizienz zu steigern oder die Globalisierung der HR-Aktivitäten zu unterstützen. Diese Gründe gingen meist mit dem Ziel einher, die Qualität der HR-Arbeit zu verbessern und die HR-Abteilung an die Business- Struktur des Unternehmens anzupassen (Abbildung 2). Strategiewechsel, IT-technologische Gründe oder Standardisierungen nannten die Befragten seltener. Als „sonstige Gründe“ erwähnten sie die Modernisierung des HR-Bereichs, Merger- und Post-Merger- Aktivitäten sowie mehr Kundennähe durch HR.

Business-Partner nachhaltig etabliert

In 77 Prozent der beteiligten Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren die Rolle des HR-Business-Partners nachhaltig etabliert. Knapp mehr als die Hälfte haben die Rollen Global Head of HR, Talentmanager und Leitung Shared-Service-Center eingerichtet. In den vergangenen Jahren etablierten sich weitere Rollen wie der Manager HR-Kommunikation oder der Manager HR-IT, allerdings in einem geringeren Ausmaß (Abbildung 3). Hinzu kamen Einzelnennungen wie Mobility Manager, HR Strategy & Cultural Change, HR-Process-Advisor oder International HRControlling. Außerdem führten einige Unternehmen erstmalig zentrale Rollen in den Bereichen Compensation & Benefits sowie Leitung Development & Training ein.

Doch inwieweit füllen die Rolleninhaber ihre neuen Funktionen bereits aus? Nur 43,6 Prozent der befragten Teilnehmer gaben an, dass die HR-Verantwortlichen ihre neuen Rollen bereits vollständig ausfüllen. 46,2 Prozent der Teilnehmer sind der Ansicht, dass sie ihre Rollen schon überwiegend erfüllen. In 10,3 Prozent der Organisationen werden die Rolleninhaber ihrer Funktion überwiegend noch nicht oder gar nicht gerecht (Abbildung 4).

Abbildung 3: Welche neuen HR-Rollen haben sich in den Unternehmen nachhaltig etabliert?

Abbildung 4: Inwieweit füllen die Rolleninhaber bereits die neuen Rollen in den Unternehmen aus?

Personalentwicklung für Personaler

Ein etwas uneinheitliches Bild ergab sich bezogen auf das Thema „Personalentwicklung für Personaler“. Etwa die Hälfte der Befragten bemängelte, dass es an externen Weiterbildungsangeboten für die neuen HR-Rollen fehlt oder eher fehlt, die andere Hälfte fand dies nicht zutreffend. Gefragt, wie sie die Entwicklung der Rolleninhaber intern unterstützen – oder unterstützen möchte, nannten die Teilnehmer folgende Punkte:

  • klare Rollenbeschreibung mit Zielvereinbarungen und Befugnissen
  • Development-Center
  • Learning by Doing
  • Training on the Job
  • Jobrotation (HR-Generalisten in HRExpertenrollen und umgekehrt)
  • Besuche externer Trainingsangebote
  • Unternehmensplanspiele
  • mehr Austausch mit der Business-Organisation
  • interne Versetzung aus dem Business in den HR-Bereich
  • Organisation von Know-how-Transfer aus dem Business in den HR-Bereich (gegenseitige Teilnahme an Besprechungen, Präsentationen und Workshops)
  • Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses zu Rollen- und Aufgabenverteilungen zwischen HR und den verantwortlichen Führungskräften
  • Networking mit anderen Unternehmen
  • Einladen externer Experten ins eigene Unternehmen zu Präsentationen und Austausch
  • Wettbewerbsbeobachtung
  • Externe Neubesetzung von Rollen

Persönliche Meinung gefragt

Zu einigen Themen sollten die Gesprächspartner auch persönlich Stellung beziehen und ihre Meinung sagen. Das Ergebnis: Fast 90 Prozent halten es für zutreffend oder eher zutreffend, dass sich die Rolle „HR als Business-Partner“ in den Unternehmen nachhaltig etabliert hat. Etwa zehn Prozent sind der Meinung, dass dies eher nicht zutrifft. Niemand gab an, dass dies nicht zutreffe (Abbildung 5).

Abbildung 5: Verteilung der Antworten zu den Meinungsfragen

Dass sich auch in Zukunft weitere Rollen im HR-Management etablieren werden, erwarten rund 75 Prozent der Befragten. Mögliche Titel sind der Change-Manager, der Employer- Branding-Manager sowie Rollen, die demografische Themen und Gesundheitsmanagement betreffen.

Der überwiegende Anteil (74,3 Prozent) war eher der Ansicht, dass die Hochschulen ihre Lehrinhalte anpassen sollten, um die Anforderungen an die neuen Rollen besser abdecken zu können. Einige Gesprächspartner vertraten die Position, dass sich die meisten Kompetenzen hierfür gar nicht in einer Ausbildung, sondern nur „on the Job“ erwerben ließen. Andere räumten ein, die aktuellen Studieninhalte nicht zu kennen.

Einige HR-Verantwortliche diagnostizieren Wissenslücken beim HR-Nachwuchs – und wünschen sich eine bessere Ausbildung an Hochschulen und Fachhochschulen. Optimierungsbedarf sehen sie vor allem bezogen auf folgende Wissensgebiete:

  • Vermittlung von Gesamtzusammenhängen des HR-Managements
  • Vermittlung von Wissen zu Geschäftsmodellen
  • Informationen zu den persönlichen Anforderungen im Bereich HR (zum Beispiel Selbstmotivation, Belastbarkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Umgang mit unterschiedlichen Menschen und Kulturen)
  • Vermittlung der unterschiedlichen HRRollen
  • Interaktionskompetenz
  • mehr Praxisbezug durch aktuelle Fallstudien
  • Problemlösetechniken
  • Vernetzung von HR mit IT und Marketing
  • BWL für Studierende anderer Fachrichtungen
  • Ergebnisorientierung in HR-Themen
  • mehr Sprachkenntnisse und mehr internationale Ausrichtung

Mit dem Image des Personalmanagements beschäftigte sich eine weitere Frage. 90 Prozent der Gesprächspartner bestätigten die These, „HR ist spannender, als man denkt“ als zutreffend oder eher zutreffend. Der Fachbereich HR-Management sollte die eigenen Rollen und Betätigungsfelder besser im Markt bekannt machen und „verkaufen“, so die Befragten. Mit einem gezielten „Marketing für HR“ sollten Unternehmen aus Sicht der Befragten folgende Ziele verfolgen:

  • möglichst viele sehr gute Studierende als Berufseinsteiger gewinnen
  • hoch qualifizierte und engagierte Personen für eine Mitarbeit im Bereich HR interessieren
  • mehr Anerkennung für die Leistungen von HR

Hoch qualifizierte Mitarbeiter für das Human Resource Management zu gewinnen, wird nur möglich sein, wenn das Image der Personalarbeit steigt. Die neuen Rollen im HR-Wesen und die damit verbundenen Anforderungen bergen für HR-Verantwortliche die Chance, dass Personalarbeit insgesamt an Bedeutung gewinnt.

Fazit

Von den Ergebnissen der Befragung lassen sich verschiedene Empfehlungen für HR-Professionals und Unternehmen ableiten:

Empfehlungen für HR-Professionals

  1. Managementwissen, Managementerfahrung und Managementmethoden sind gerade in den neuen Rollen des Human Resource Managements gefordert. Wer darüber (noch) nicht verfügt, kann sich on the Job oder berufsbegleitend weiterbilden.
  2. Auslandserfahrung und Sprachkompetenzen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Das gilt für Absolventen, aber auch für HR-Professionals. Für entsprechende Weiterbildungen sollte es nie zu spät sein.
  3. Die Studie hat keine grundsätzlichen Unterschiede im Rollenverständnis der teilnehmenden Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz festgestellt. Einer länderübergreifenden Entwicklung steht daher nichts im Weg.
  4. Ein Global Head of HR sollte sowohl Experten- als auch Generalistenrollen durchlaufen haben. Diese Rolle setzt außerdem eine längere Berufserfahrung voraus. Ein konkreter nächster Karriereschritt ist in den meisten Unternehmen nicht vorgesehen. Daher ist es empfehlenswert, sich in dieser Rolle auf mögliche weitere Funktionen innerhalb oder außerhalb des aktuellen Unternehmens vorzubereiten und dabei mögliche Linienfunktionen nicht außer Acht zu lassen.
  5. Hohe Anforderungen sind schon beim Einstieg in Junior HR-Business-Partner- Rollen in den Unternehmen zu finden. Anwärter sollten sich schon im Studium gezielt darauf vorbereiten, indem sie Auslandserfahrung sammeln, Sprachen lernen und andere Kompetenzen erwerben – zum Beispiel in Bereichen wie Prozess- und Projektmanagement.
  6. Die HR-Experten-Laufbahn hat neue Impulse erfahren. In den letzten Jahren sind neue spannende Expertenrollen mit globaler Verantwortung entstanden, die unternehmerisches Denken und Handeln erfordern – und entsprechend vergütet werden.
  7. Die Rolle des Talentmanagers kann ein Einstieg in das HR-Management sein. Sie weist eine große Nähe zum Personalmarketing, zur Personalentwicklung und dem Bereich Recruiting auf. Außerdem lernen Talentmanager die Business-Anforderungen und die Schlüsselrollen des Unternehmens kennen. Der Wertbeitrag ist gut messbar. Sehr häufig ist die Position international ausgerichtet. Talentmanager müssen zudem mit einer spezialisierten Software arbeiten. Wer als Talentmanager arbeitet, kann sich gut im Unternehmen vernetzen. Es ist eine Rolle für kommunikationsstarke Menschen, die gerne international arbeiten, gut organisieren können und strategisches Denken mitbringen.
  8. Anwenderkenntnisse im Umgang mit IT-Systemen für das Human Resource Management sind Basiskompetenz für alle neuen Rollen der Personalarbeit.
  9. Immer häufiger erwerben HR-Verantwortliche Zusatzkompetenzen in Bereichen wie Veränderungsmanagement und Coaching. Experten gehen davon aus, dass der Changemanager eine weitere neue Rolle im HR-Management werden wird und dass immer mehr Organisationen Kompetenzen in diesem Feld erwarten.

Empfehlungen für Unternehmen

  1. Die neuen Rollen benötigen Entwicklungsstrategien mit viel Durchlässigkeit zwischen den HR-Rollen, aber auch zwischen HR- und Business-Rollen. Dies sollten Unternehmen fördern.
  2. Unternehmen sollten in den HRNachwuchs investieren und verstärkt Hochschulmarketing betreiben, um qualifizierte Mitarbeiter für die neuen HRRollen zu gewinnen.
  3. Arbeitgeber sollten die Personalentwicklung für Personaler forcieren – und ihre erfahrenen HR-Manager und -Experten gezielt in ihrer Entwicklung fördern. Das gilt auch und gerade für die Generation 40plus.
  4. Erfahrenen HR-Business-Partnern fehlt in vielen Unternehmen die Entwicklungsperspektive. Wer seine HR-Experten nicht an Mitbewerber verlieren möchte, sollte daher interne Karrierewege entwickeln und den Betreffenden gezielt eröffnen.
  5. Eine weitere Herausforderung liegt in der Gestaltung einer Einstiegsposition für die Rolle des HR-Business-Partners. Im klassischen Referentenmodell ist der „Junior“ die Einstiegsrolle. Dieser wird zunächst etwas „im Hintergrund“ eingesetzt, bis er die Basisprozesse kennt und interne Kunden betreuen kann. Der HRBusiness- Partner hingegen zeichnet sich von Beginn an durch einen engen Kontakt zum Kunden aus. In die Basisprozesse ist er selbst dagegen weniger involviert, da diese im Shared-Service-Center zusammengefasst sind. Möglicherweise können angehende HR-Business-Partner ein Trainee-Programm durchlaufen oder sich durch Jobrotation von einer Expertenrolle oder einer Rolle im Shared-Service-Center für die Position als Business-Partner vorbereiten.
  6. Für die Rolle des Talentmanagers fehlen teilweise noch systematische Entwicklungsstrategien. Jobenlargement oder Jobrotation könnten hilfreich sein – zum Beispiel um Rolleninhaber in Bereichen wie Personalmarketing und -entwicklung weiterzubilden.

Webtipp

Auf der Website des Magazins personal manager finden Sie die Studie kostenlos zum Download – und zwar im Bereich studien & befragungen unter www.personal-manager.at/hr-arbeitshilfen.

Quelle: personal manager 6/2009