Zusatzleistungen können helfen, die Zahl der Bewerbungen zu steigern und die Beschäftigten bei der Stange zu halten. Welche Benefits besonders beliebt sind, wie man die richtigen für sein Unternehmen aussucht und was bei der Einführung zu beachten ist.

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Photo by Brooke Cagle

Das Wirtschaftslexikon Gabler beschreibt die Unique Selling Proposition als „ein einzigartiges Verkaufsversprechen, das das eigene Angebot von den Konkurrenzangeboten abheben“ soll. Bislang dachte man beim Alleinstellungsmerkmal meist an Produkte oder Dienstleistungen. Doch in manchen Branchen hat der Fachkräftemangel dazu geführt, dass es längst die Unternehmen sind, die einzigartige Versprechen machen müssen, um neues Personal von sich zu überzeugen. Und die Schlachten im War for Talents werden längst nicht mehr nur über das Bruttojahresgehalt gewonnen. Für Pluspunkte sorgen die Benefits.

„Ein gutes Beispiel sind die klassischen Unternehmensberatungen“, sagt Elisabeth Aigner. Die HR-Expertin leitet seit acht Monaten die Personalabteilung der Ottakringer Getränke AG, vorher war sie bei Unilever. „Die großen Häuser zahlen das Gleiche, das Arbeitspensum ist das Gleiche. Um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bekommen, müssen die sich mit Benefits batteln und so ihre USP finden.“

Elisabeth Aigner, Ottakringer

„Die Faktoren ‘Gehalt und Benefits’ gewinnen in Zeiten der Inflation hinsichtlich der Arbeitgeberattraktivität an Bedeutung“, ergab die Studie „Employer Brand Research 2023“ des Personaldienstleisters Randstad. Finanzielle wie immaterielle Vorteile scheinen „bei der Wahl des Arbeitgebers noch wichtiger geworden zu sein als alle anderen Kriterien“, folgert Bjørn Toonen, Managing Director von Randstad Österreich. Kienbaum spricht in einer Studie von Herausforderungen bei der Personalsuche, „denen allein durch höhere monetäre Bezüge nicht mehr begegnet werden kann“.

Flexibilität steht hoch im Kurs

In seinem „Benefits Survey Österreich 2023“ hat das Beratungsunternehmen ermittelt, welche zusätzlichen Leistungen besonders hoch im Kurs stehen. Eins der Ergebnisse bestätigt, dass die Bedeutung von Flexibilität in der Berufswelt erheblich gewachsen ist: „Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort ist für die Unternehmen das mit Abstand bedeutsamste Benefit-Thema.“ Mobiles Arbeiten sei mittlerweile Standard, Workation, also die Verschmelzung von Arbeit und Urlaub, auf dem Vormarsch.

Die Jobbörse Stepstone ermittelte in ihrer Recruiter-Studie 2023, dass Benefits im Recruiting österreichischer Unternehmen eine immer wichtigere Rolle spielen. Besonders punkten können Unternehmen mit personalisierten Extra-Leistungen, die individuelle Lebensphasen und -umstände berücksichtigen. Dadurch fühlten sich Mitarbeitende ernst genommen und in ihrer jeweiligen Lebenssituation unterstützt. Die Studie zeigt aber auch, dass bislang nur 38 Prozent der Unternehmen mit ihren Benefits auf individuelle Wünsche eingehen.

Eine Studie des Jobportals Karriere.at ergab, dass es Zusatzleistungen sein können, „die ein gutes Jobangebot von einem großartigen unterscheiden“. Ein attraktives Benefit-Paket mache es zudem leichter, „Fachkräfte zu überzeugen und langfristig durch Zufriedenheit an sich zu binden“. Bei Ausschreibungen allerdings wiesen nicht alle Unternehmen auf ihre Zusatzleistungen hin – obwohl diese „für 41 Prozent der Befragten bereits vor der Bewerbung relevant“ seien. Besonders beliebt sind demnach Prämien, Fahrkostenzuschüsse und die betriebliche Altersvorsorge.

Gerade bei Jüngeren beliebt

Unter nicht-monetären Benefits liegen bei den Befragten zusätzliche Urlaubstage und eine gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorne. Weitere Resultate der Studie: Zusatzleistungen sind für jüngere Menschen wichtiger als für ältere. 30- bis 39-Jährige können einem attraktiven Angebot mehr abgewinnen als die Altersgruppe der 50- bis 60-Jährigen. Und wie beliebt ein Benefit ist, das hängt davon ab, in welchem Lebensabschnitt sich die Kandidat:innen befinden.

„Benefits ändern sich – genauso wie sich Mitarbeitende ändern“, sagt auch Elisabeth Aigner. Sie beschreibt die Zeit auf dem Arbeitsmarkt als „besonders spannend. Denn momentan sind hier vier Generationen gleichzeitig tätig, das gab’s noch nie.“ Zu den Babyboomern, die in den nächsten Jahren in Pension gehen, sind die Generationen X und Y gekommen, langsam drängen die noch Jüngeren nach. „Ich führe Mitarbeitende aus der Generation Z und weiß aus eigener Erfahrung: Sie haben ein komplett anderes Verständnis von Arbeit. Wir müssen uns den Bedürfnissen gerade der Jüngeren anpassen, sonst werden wir nicht mehr als attraktive Arbeitgebende wahrgenommen.“

Die Verhältnisse den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden anzupassen: Das ist ein zentrales Element von New Work, dem strukturellen Wandel der Arbeitswelt angesichts von Digitalisierung und Globalisierung. Das betrifft auch die Bezahlung: Traditionelle Modelle werden hinterfragt und so verändert, wie die Mitarbeitenden sich das wünschen. Aigner rät zu New Pay: Neben dem Basisgehalt gewährt sie den Beschäftigten dabei einen Anteil, „den sie sich zum Jahresbeginn selber zusammenbauen können: Entweder Cash, ein Firmenwagen, ein Aktienpaket, ein Zuschuss zum Fitnessstudio oder – wenn heuer vielleicht eine große Reise ansteht – eine sechste Urlaubswoche.“

Der geteilte Job

New Work steht auch für ein Ende des Vollzeitstandards. Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Job und Familie sind wichtiger geworden, gerade für junge Eltern: „Man darf sie nicht bestrafen, wenn sie eine berufliche Auszeit für die Kinderbetreuung nehmen. Danach muss man ihnen die Rückkehr an den Arbeitsplatz in einen zumindest genauso verantwortungsvollen Job wie vor der Karenz ermöglichen“, so Aigner.  Eine Möglichkeit dazu sind Job-Shares: Zwei Personen teilen sich eine volle Stelle. Zwar muss man dazu doppelt ausbilden und einarbeiten. Auch müssen die Führungskräfte „erst einmal lernen, zwei Personen zu steuern. Aber zwei Perspektiven innerhalb einer Position: Das bringt dem Unternehmen viel. Und es funktioniert wirklich, wenn man es will.“

Speziell jungen Väter soll es erleichtert werden, sich stärker ins Familienleben einzubringen. Darauf zielt ein weiteres Benefit, das die Personalchefin von Ottakringer empfiehlt. Der Papamonat ist für Beschäftigte meist mit deutlichen Gehaltseinbußen verbunden. „Wenn Unternehmen Jungvätern aber eine vollbezahlte Freistellung anbieten, fördern sie gleichzeitig den Väter-Involvement-Gedanken.“ 

Claudia Reick-Rupp, Steuerberaterin

Benefits einzuführen ist für Arbeitgeber:innen immer mit einem gewissen Aufwand verbunden. Die anfallenden Kosten wie Lohnsteuer, Dienstgeberabgaben und Sozialversicherung allerdings lassen sich für Arbeitnehmer:innen oft reduzieren und sind auf Unternehmensebene zumeist steuerlich absetzbar. „Arbeitgeber:innen gehen oft davon aus, dass einzig die Höhe der Bezüge einen Mehrwert für Mitarbeiter:innen darstellt. Dabei vergessen sie, dass steuerfreie Arbeitgeberleistungen eine echte Alternative sind“, sagt Claudia Rieckh-Rupp. Die Steuerberaterin berät nationale und internationale Unternehmen bei Deloitte Tirol. „Sowohl in der Personalrekrutierung als auch anstelle von Gehaltserhöhungen stellen solche Zusatzleistungen eine Win-Win-Situation dar.“

Nicht automatisch steuerfrei

Benefits sind nicht automatisch steuerfrei und auch nicht unbegrenzt, es gibt aber viele steuerliche Vergünstigungen. Mitarbeiterrabatte etwa sind steuerfrei, solange sie die 20-Prozent-Marke nicht übersteigen. Ein Computerhersteller kann Mitarbeitenden problemlos ein 1000-Euro-Gerät für 800 Euro überlassen. „Wird es 40 Prozent günstiger, sind die ersten 20 Prozent steuerfrei; die weiteren 20 Prozent aber müssen in der Lohnverrechnung als lohnsteuerpflichtig abgerechnet werden“, so Rieckh-Rupp. Vorsorgeleistungen wie Lebens-, Unfall- und Krankenversicherungen sind bis zu 300 Euro pro Beschäftigten und Jahr steuerfrei und voll betrieblich absetzbar.

Die Mitarbeitergewinnbeteiligung wurde zu Pandemiezeiten eingeführt, damit Mitarbeitende am Gewinn ihres Unternehmens partizipieren können. Auch 2024 ermöglicht sie es, jährlich bis zu 3000 Euro auszuzahlen; diese Summe ist allerdings nur von der Lohnsteuer befreit. Anders ist das bei der Teuerungsprämie (die seit dem Jahreswechsel Mitarbeiterprämie heißt). Auch sie macht Zulagen und Bonuszahlungen von bis zu 3000 Euro möglich; jedoch nur, wenn die Sozialpartner dies im Rahmen der Kollektivverträge anordnen. Diese Prämie allerdings ist „brutto für netto: Arbeitgebende zahlen keine Arbeitgeberkosten dazu und Dienstnehmende zahlen keine Beiträge zu Sozialversicherung und Lohnsteuer.“

In Einzelfall mögen die steuerrechtlichen Regelungen – wie so oft – kompliziert sein, im Zweifel bewahrt eine professionelle Beratung vor unliebsamen Überraschungen. Allgemein empfiehlt Claudia Rieckh-Rupp, bei der Vergabe geldwerter Vorteile niemanden zu bevorzugen. Nicht alle Mitarbeitenden müssen die Benefits annehmen, aber alle sollten sie angeboten bekommen. In manchen Fällen ist dies eine gesetzliche Voraussetzung, dass Steuerfreiheit überhaupt besteht. Ihr zweiter Tipp: Zusatzleistungen gesondert vereinbaren, sodass spätere Änderungen den ursprünglichen Arbeitsvertrag nicht berühren. „Und dabei immer auch einen Widerruf verabreden, um flexibel reagieren können, wenn sich die Verhältnisse ändern. Das ist für beide Seiten fair.“

Hilfe bei Anträgen

Die Steuerberaterin berichtet zudem von einer besonderen Art des Benefits, die sie bei Klient:innen beobachtet. Zu tun habe diese mit dem wachsenden Angebot an Karenz- und Teilzeitmöglichkeiten, etwa im Zusammenhang mit Weiterbildung und Pflege. Oft können die nur mit staatlicher Unterstützung durchgeführt werden, dabei sind Voraussetzungen zu erfüllen, Fristen einzuhalten, Formulare auszufüllen – ein nicht zu unterschätzender Aufwand, gerade wenn man solche Anträge erstmalig stellt. „Der Benefit ist, dass das Unternehmen den Aufwand teilweise übernimmt. Dazu müssen die daran beteiligten Abteilungen, die Personalverrechnung und die HR-Abteilung, aber unbedingt mehr miteinander reden als bisher.“ 

„Benefits sind oft Aufmerksamkeiten, die gar nicht viel kosten“, ergänzt Elisabeth Aigner noch. Ein Postservice etwa für alle, die nie zu Hause sind, wenn der Lieferdienst klingelt, ein Hemdenservice oder die Möglichkeit, den Hund mit ins Büro zu bringen – „außer natürlich, die Kolleg:innen haben Angst oder eine Allergie“. Statt viel Geld auszugeben müssten Personalverantwortliche sich gelegentlich nur ein wenig mehr in die Beschäftigten hineindenken, um ihnen zu zeigen: „Ich schätze es, dass du da bist.“ Empathie und Wertschätzung als Zusatzleistungen – da braucht auch niemand Angst vor der Steuerprüfung zu haben. 

Fazit

Flexibilität steht bei den Benefits in doppelter Hinsicht hoch im Kurs: Beschäftigte wollen arbeiten, wann und wo sie wollen, und sie wollen sich die Zusatzleistungen selber auswählen können. Wer attraktiv bleiben will, muss ihnen möglichst weit entgegenkommen – und vielleicht nicht nur sein Angebot verbessern, sondern auch besser darüber kommunizieren. Zusatzleistungen müssen nicht mit hohen Kosten verbunden sein. Tun sie es doch, lässt sich oft zumindest ein Teil davon vom Fiskus zurückholen.