Herr Osman, welche Branchen und Unternehmen sind am meisten vom Fachkräftemangel in der Schweiz betroffen?

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Foto von Andrew Neel

Jakob Osman: Aktuell trifft es besonders den Sozial-Bereich aber auch das Handwerk und klassische „nicht-akademische“ Berufe.

Lassen sich unterschiedliche geographische Auswirkungen innerhalb der Schweiz erkennen?

Jakob Osman: Die Unterschiede sind vorhanden, aber nicht sonderlich stark ausgeprägt. Es lässt sich jedoch feststellen: umso wirtschaftlich stärker eine Region, umso höher auch der Bedarf an Fachkräften. Besonders in den Ballungsgebieten merkt man das sehr stark.

Welche Gründe machen Sie für den Fachkräftemangel verantwortlich?

Jakob Osman: Ganz offensichtliche Gründe sind natürlich Themen wie Einbruch der Geburtenzahlen, alternative Arbeitsmodelle und Lebensmodelle und die zunehmende Akademisierung der Gesellschaft. Man darf sich aber auch nicht täuschen lassen, dass viele Unternehmen das Problem nicht unterschätzen. Es geht ja nicht um einen pauschalen Fachkräftemangel, sondern dieser ist eher in sehr kleinteiligen Branchen oder Ausbildungsgängen zu spüren. Da ist Handlungsbedarf seitens Politik und Unternehmen angesagt.

Wie wird sich die Situation auf dem Schweizer Arbeitsmarkt in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Jakob Osman: Das ist eine sehr schwere Frage, da wir alle kleine Glaskugel haben, die uns die Zukunft sagt. Prognosen deuten auf eine sehr positive Entwicklung hin. Der Schutz vor einer Marktkorrektur ist aber nicht automatisch gegeben. Ich denke, dass sich der Trend weiter halten wird, wir aber durch Digitalisierung und Globalisierung mit ganz anderen Themen in den gesellschaftlichen Diskurs gehen müssen.

Welche Maßnahmen können dem Fachkräfteengpass entgegenwirken?

Jakob Osman: In erster Linie sind das tatsächliche politische Maßnahmen. Bestimmte Berufe müssen deutlich attraktiver gemacht werden. Ja, dazu gehört auch die Bezahlung. Einige Branchen leiden auch seit Jahren unter Imageproblemen (ob nun hausgemacht oder teils unverschuldet). Hier gibt es Handlungsbedarf.

Was raten Sie gerade kleineren und mittelständigen Unternehmen, die potentielle Kandidaten nicht mit einer Weltmarke locken können, um attraktiver für Fachkräfte zu werden?

Jakob Osman: Ein wichtiger Ratschlag an alle kleinen und mittelständigen Unternehmen ist: Rekrutierung mit Herz. Im Vergleich zu den „Top 20“-Unternehmen der Schweiz bieten die Mittelständler meist deutlich kollegialere, flexiblere und menschlichere Arbeitsbedingungen. Sie können vielleicht nicht mit dem Top-Gehalt auftrumpfen, überzeugen aber mit Fairness, Sinnhaftigkeit und eigener Entwicklung. Gepaart mit einer modernen Personalmarketing-Strategie und einem starken Employer Brand kann man das Problem sehr gut in den Griff bekommen.

 

Zur Person:

Jakob Osman leitet die Agentur Junges Herz. Der erfahrene Employer-Brand-Manager berät mit seiner Agentur (www.agentur-jungesherz.de) seit über zehn Jahren Unternehmen national wie international zum Thema Arbeitgebermarketing und Personalwesen.