„Uns hat die Krise erfasst – und wird sind noch mitten drin“, berichtete Jürgen Seifert, Geschäftsführer Human Resources, Corporate Services sowie Information & Communication Services der TNT Express GmbH. Wie viele andere Arbeitgeber hat das Logistikunternehmen die Auswirkungen der Rezession zu spüren bekommen. Vor allem von Seiten der Automobilindustrie brachen die Aufträge weg. Die Folge: TNT Express entließ in den vergangenen Monaten rund zehn Prozent seiner Belegschaft in Deutschland - darunter circa 400 fest angestellte Mitarbeiter und 150 Zeitarbeitskräfte. Doch TNT Express habe den Rotstift nicht einseitig beim Personal angesetzt, betonte Seifert. Gerade jetzt biete sein Unternehmen Weiterbildungen an, die dazu beitragen sollen, die Krise produktiv zu meistern. Neben Vertriebsschulungen stünden in diesem Jahr vor allem Qualifizierungen auf dem Programm, die den leitenden Mitarbeitern helfen sollten, Veränderungen produktiv anzugehen und nach vorne zu schauen. „Wir wollen den emotionalen Fokus unserer Führungskräfte von der Krise wegbewegen“, so der Geschäftsführer. Ungeachtet der wirtschaftlichen Lage sollten sie ethisch-moralische Werte nicht Finanzfragen unterordnen. Gerade die nachwachsende Generation erwarte eine wertebasierte Führung.

three people sitting in front of table laughing together
Foto von Brooke Cagle

Dass Nachwuchskräfte bei der Wahl eines Arbeitgebers auf ethische Fragen achten, bestätigte Prof. Dr. Holger Rust, Wirtschaftssoziologe an der Universität Hannover und Berater für Unternehmen und Politik. Er befragt seit dem Jahr 2000 Wirtschaftsstudenten und junge Berufstätige nach ihrem Idealbild von Führung. Sein Ergebnis: „Junge Talente wollen eine inspirierende Führung, die ermutigend ist und hinter ihnen steht, die Fehler zulässt und die individuelle Entwicklung ihrer Mitarbeiter fördert.“ Der CEO von morgen interessiere sich für die Meinung der Beschäftigten, um seine Entscheidungen auf eine breite Basis zu stellen. Leider sehe die Realität aus Sicht der Berufseinsteiger anders aus. Die Mehrheit der Befragten habe nicht den Eindruck, sich in den ihnen bekannten Unternehmen optimal entwickeln zu können. Eine partizipative Führung sei leider in vielen Organisationen noch Mangelware. Arbeitgeber sollten sich auf die Bedürfnisse der jungen Generation einstellen – „denn ansonsten geht der Wirtschaft ein enormes Potenzial verloren“, warnte Rust. Die Aufgabe der Personalmanager bestünde darin, Führungskräfte als Business-Partner zu unterstützen.

Weiterbildung für Führung und Vertrieb gefragt

Auf der Zukunft Personal fanden Personaler eine große Auswahl an Instrumenten, um dieses Ziel in Angriff zu nehmen. Das Thema betriebliche Weiterbildung war mit rund 220 Ausstellern am stärksten auf der Messe vertreten. „Gerade der Markt für die Führungskräfteentwicklung befindet sich in einem radikalen Wandel“, so Alexander Petsch, Geschäftsführer des Veranstalters spring Messe Management. Zunehmend gefragt seien workshopartige Seminare, die aktuelle Aufgabenstellungen aus der Praxis behandeln. Außerdem werde E-Learning aufgrund des veränderten Medienverhaltens der Nutzer immer wichtiger. Fortbildungen ohne computergestützte Lerneinheiten würden in Zukunft kaum noch wettbewerbsfähig sein.

Viele Firmen hätten jetzt wieder Bedarf an Trainings, aber die Themenpalette verschiebe sich etwas, berichtet Jasper Dehner, zuständig für Messeplanung und Organisation der Konstanzer Seminare. „Ganz stark sind Vertriebs- und Führungstrainings gefragt.“ Das unterstreicht auch Nicole Rengelshausen von Insights Group Deutschland GmbH: „Unternehmen investieren auch heute noch in den Sales-Bereich, weil die Produkte und Dienstleistungen verkauft werden müssen und die Mitarbeiter das entsprechende Handwerkszeug dazu brauchen.“ Unternehmen suchten in der Krise auch Unterstützung für Changeprozesse. Es sei ein großes Thema, wie Personalentwickler Führungskräfte darauf besser vorbereiten können.

In den durchwegs gut gefüllten Praxisforen entpuppten sich ähnliche Themen als Publikumsrenner: Was Führungskräfte bei jeder Form von Veränderung beachten sollten, verdeutlichten Experten in der Podiumsdiskussion „Change – nein, Danke! Wie viel Veränderung vertragen Mitarbeiter?“, organisiert von der Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie aktuell“. Das bis zum letzten Stehplatz gefüllte Forum bewies, dass die Organisatoren mit dem Thema den Nerv der anwesenden Personalverantwortlichen trafen. Auch die Podiumsdiskussion „Bye-bye-Management – der Weg zum Neuen Leadership“, präsentiert von der Insights Group, zog die Besucher magisch an. Neben dem renommierten Fachbuchautor Niels Pfläging diskutierten dabei Roland Engels, Vorstand COO von Gegenbauer Facility Management, und Thomas Payer, Geschäftsführer der Wagner & Solartechnik GmbH, über zeitgemäße Führungsansätze.

Im Internet mitmischen

Neben diesen Themen schenkten die Fachbesucher neuen Lösungen für Bewerbermanagement und E-Recruiting besondere Aufmerksamkeit. Angesicht einer steigenden Menge von Bewerbungen versuchen sie offenbar, die Unterlagen effizienter und kostensparender zu handhaben. „Ein Thema sind für viele Unternehmen auch soziale Medien und Plattformen im Internet“, berichtete Gregor Minichberger, Leiter Recruiting-Software von epunkt Internet Recruiting. Sie beschäftigten sich damit, wie man sich hier präsentiere und rekrutiere. Es werde immer wichtiger, verschiedene Recruiting-Kanäle zu finden – jenseits der altbekannten Printanzeige oder dem Inserat auf der eigenen Website.

Das zeigte auch eine Podiumsdiskussion des Online-Portals HRM.de und der Süddeutschen Zeitung. Andreas Doppler, Talent Management Marketing und Bindung der Commerzbank Group HR, wies hier darauf hin, dass im Netz zunehmend Fingerspitzengefühl gefragt sei. „Jedes Unternehmen muss sich überlegen, wie es auf das Verhalten ihrer Mitarbeiter im Netz einwirken möchte“, sagte der Personaler. Die Beschäftigten seien Botschafter und ungeschickte Einträge in Netzwerken wirkten auf das Unternehmen zurück. Es sei schon vorgekommen, dass Mitarbeiter beispielsweise bei Twitter einen Eintrag gemacht hätten, wie langweilig ihnen am Arbeitsplatz sei. Auf die darauf folgenden Diskussionen im Netz, die Qualität als Arbeitgeber betreffend, müssten sich Unternehmen einstellen. Wer jedoch seinen Mitarbeitern vorschreibe, wie sie sich im Internet verhalten sollten, verliere an Glaubwürdigkeit und Authentizität. „Wir mischen uns da nicht ein“, so Doppler. Demnächst möchte die Commerzbank trotz aller Unsicherheiten mit einem Tweet bei Twitter an den Start gehen. „Wir müssen da hin, wo unsere Zielgruppe ist.“ Der Aufwand sei jedoch nicht zu unterschätzen. Denn es sollten auch die entsprechenden Ressourcen im Unternehmen vorhanden seien, um auf Anfragen über das schnelllebige Instrument umgehend reagieren zu können.

Man nehme das Internet bei Stellenbesetzungen inzwischen auf jeden Fall zu Hilfe, betonte Dr. Dieter Kanne von der Evonik Industries AG. Schon allein Google biete eine Vielzahl an Profilen. Netzwerke wie Xing oder Facebook seien auch ein Thema, aber häufig könnten deren Inhalte auch Jobbörsen abdecken. Es sei deshalb wichtig zu wissen, welche Jobbörse mit welchen Netzwerken zusammenarbeite.

Die Informationen konnten die Besucher der Zukunft Personal bei einem Messerundgang sammeln: Unter anderem waren meinestadt.de, Jobware, JobScout 24, StepStone, FAZjob.net, Monster, Kalaydo, die Bundesagentur für Arbeit, Xing, kununu und der Beratungsdienst für Online-Recruiting, Aktor Interaktive, vor Ort. Mit einem Messerundflug von HRM.de ließen sich die richtigen Stationen besonders leicht ausfindig machen. Ein erfahrener Pilot führte die Teilnehmer des Recruiter-Flugs zu den gebuchten Destinationen, wo die Aussteller sich in einem „1-Minute-Elevator-Pitchs“ vorstellten.

HR-Markt ist stabil

Insgesamt präsentierte sich der Markt für HR-Produkte und -Dienstleistungen erstaunlich immun gegen die konjunkturelle Entwicklung. „Die Arbeit der Personalabteilungen ist in Boomzeiten ebenso gefragt wie in der Wirtschaftsflaute und viele Anbieter haben mittlerweile Lösungen für alle Konjunkturzyklen im Portfolio“, erklärte Messemacher Alexander Petsch. Außerdem habe das schlechte Wirtschaftsumfeld die Softwareanbieter noch nicht erfasst, andere Branchen seien nicht so stark betroffen wie befürchtet. Die Zeitarbeitsbranche zeige bereits erste Zeichen der Erholung und der Weiterbildungssektor konzentriere sich auf aktuelle Themen wie Veränderungs- und Krisenmanagement.

Im Boomjahr 2008 waren 8.279 Personalverantwortliche zu der Messe nach Köln gekommen. „Dieses tolle Ergebnis haben wir mit der Umstellung auf drei Tage noch einmal um 3.246, also 40 Prozent, gesteigert“, kommentierte Petsch kurz nach der Zukunft Personal. „Solche Besucherzahlen hätten wir mit zwei Tagen sicherlich nicht erreicht.“ Die Skepsis unter den Ausstellern sei zwar groß gewesen, doch inzwischen hätten die meisten ihre Vorbehalte revidiert.