HR-Berichte erstellen: Zielorientiert und effizient

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Foto von Beatriz Pérez Moya

Prolix steht für „Process Oriented Learning and Information eXchange“. Die Methode entstand im Rahmen des gleichnamigen EUForschungsprojekts an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). 19 Partnerorganisationen aus neun Ländern arbeiten in diesem Projekt zusammen, das im Dezember 2009 ausläuft. Das Ziel: Methoden und Werkzeuge entwickeln, die dazu beitragen sollen, die Lern- und Kompetenzentwicklung von Organisationen mit deren Geschäftsprozessen in Einklang zu bringen. Ein Ergebnis der Zusammenarbeit ist die Prolix-Methode, die Personalabteilungen bei der Entwicklung von HR-Berichten unterstützt. Vier internationale Pilotpartner haben das Verfahren bereits getestet. Der Prolix-Methode folgend, entwickelten sie HR-Berichte nach einem vierstufigen Schema.

(1) Definieren:Zu Beginn des Projekts identifiziert die HR-Abteilung die relevanten Stakeholder, zum Beispiel Geschäftsführung und Mitarbeiter, sowie die wesentlichen Aktivitäten der Personalarbeit, beispielsweise Bewerbermanagement und Weiterbildung. Anschließend definiert das Human Resource Management eine Mission für das Projekt „HR-Bericht“ und hält die wichtigsten Zielsetzungen fest.

(2) Gestalten:In der folgenden Phase beschreibt HR jene Kennzahlen, die für die Stakeholder entscheidend sind. Am effizientesten gelingt dies, wenn die Personalabteilung aus einer Beispielsammlung von Kennzahlen auswählen kann. Die Website www.2know2.com stellt eine Kennzahlensammlung bereit, die in verschiedenen Forschungs- und Praxis-projekten an der Wirtschaftsuniversität Wien entstanden ist. Sie bietet einen Überblick über mögliche HR-Kennzahlen und hilft Personalverantwortlichen bei der Auswahl. Die Wahl der Kennzahlen hängt unter anderem von den Zielgruppen des HR-Berichts ab. Der Vorstand benötigt andere Zahlen als die Mitarbeiter. Daher gilt es, genau zu definieren, wer die HR-Berichte lesen soll und welche Informationen sie enthalten müssen. Ist die Auswahl getroffen, müssen Unternehmen die Kennzahlenwerte erheben. Diese stehen – je nach IT-Infrastruktur – oft nicht sofort bereit, lassen sich aber durch quantitative oder qualitative Erhebungsinstrumente erfassen, zum Beispiel über Mitarbeiterbefragungen, Kursevaluierungen, 360-Grad-Feedbacks, Mitarbeitergespräche oder Scorecard-Tools.

(3) Umsetzen:Wir empfehlen, die manchmal etwas aufwendige Umsetzungsphase mit einem Pretest der Instrumente zu starten. Zuvor sollte die Personalabteilung mit den Stakeholdern klären, wie hilfreich die gewählten Kennzahlen für ihre Arbeit sind. Gegebenenfalls muss HR das Kennzahlenraster oder das Erhebungsinstrument überarbeiten, um anschließend die Daten erheben, auswerten, analysieren und in einem auch grafi sch professionell gestalteten Bericht aufarbeiten zu können.

(4) Evaluieren:Personalabteilungen sollten ihre HR-Berichte regelmäßig intern auf den Prüfstand stellen oder extern evaluieren lassen. Denn nur so können sie nachvollziehen, ob sie ihre Ziele erreicht haben oder die Berichte verändern müssen.

Abbildung 1 zeigt die vier Phasen des HR-Reportings im Überblick. Jede Phase stellt einen möglichen Einstiegspunkt dar. Sind Stakeholder, Kennzahlen, Instrumente und Ansprechpartner einmal defi niert, können Personalverantwortliche in der Folge die erste oder auch die zweite Phase überspringen und direkt mit der Umsetzung (Phase 3) beginnen.

Abbildung 1: Die Prolix-Methode

HR-Berichte erstellen: am Beispiel der Wirtschaftskammer Steiermark

Mit Unterstützung von Knowledge Markets Consulting, einem Spin-off der Wirtschaftsuniversität Wien, entwickelte die Wirtschaftskammer Steiermark einen umfassenden HRBericht entlang der vorgestellten Prolix-Methode.

Definieren: HR-Bericht - Für wen und wozu?

In einem von Knowledge Markets moderierten Kick-off-Meeting defi nierte das HR-Management der Wirtschaftskammer zunächst die Ziele des Berichts. Es ging ihr darum:

  • relevante Humankapital-Kennzahlen unternehmensweit zu kommunizieren,
  • gegenüber der Geschäftsleitung als moderne Businessunit aufzutreten,
  • geeignete Grundlagen für die Steuerung der HR-Arbeit bereitzustellen sowie
  • die Leistungen und Ergebnisse der Personalarbeit unternehmensweit zu vermitteln.

Anschließend umriss das Team die Zielgruppen des Berichts: Das HR-Reporting sollte eine Informationsquelle für die HR-Abteilung selbst, den Vorstand, die Geschäftsführung und die Mitarbeiter sein. Jede Gruppe erhält einen eigenen Bericht, mit eigener Struktur, eigenen Kennzahlen und individueller Erscheinungsfrequenz. Der HR-Bericht für die Mitarbeiter erscheint einmal pro Jahr, Vorstand und Geschäftsführung bekommen quartalsweise eine Zusammenfassung jener Daten, die für das Management der Wirtschaftskammer relevant sind.

Gestalten: Erfolgreich durch den Kennzahlendschungel

Die Kennzahlen wählte ein Team, bestehend aus HR und einem externen Berater von Knowledge Markets, über das Portal www.2know2.com aus. Bei der Zusammenstellung der Messgrößen achteten die Projektverantwortlichen an erster Stelle darauf, dass die Kennzahlen die Ziele des HR-Reportings unterstützen. Zudem entschieden sie sich bevorzugt für Indikatoren, die bereits in den bestehenden IT-Berichtssystemen verfügbar waren. Einige Kennzahlen waren nicht direkt vorhanden – und mussten daher aus anderen Quellen zusammengetragen werden.

Nach der Entscheidung für eine Kennzahl beschrieb das Team die Quelle der Messgröße. Wo lässt sie sich abrufen und wer ist der zuständige Ansprechpartner im HR-Management für sie? Beispiel Weiterbildungskennzahlen: Diese sind einer bestimmten Mitarbeiterin zugeordnet und im internen Personalverwaltungssystem abgelegt.

Neben der Quelle defi nierten die Verantwortlichen die Art der Datenerhebung. Dabei klärten sie vor allem zwei Fragen:

  • Wie oft und wann wollen wir die Kennzahl erheben (Längsschnitt)?
  • Nach welchen Merkmalen strukturieren wir die Daten (Querschnitt)?

Abbildung 2: Kennzahlen – Aspekte und Darstellungsformen

So stellt die Wirtschaftskammer den Personalstand im Jahresbericht als „Snapshot“ dar, also nicht entlang eines zeitlichen Längsschnitts, dafür im Querschnitt multidimensional, nach Organisationseinheiten Geschlecht und Beschäftigungsausmaß aufgeschlüsselt. Der HR-Bericht beschränkt sich dabei nicht auf reine Zahlen, sondern stellt Bezüge und Kontexte her. Beispiel Frauenquote: Die WKO Steiermark beschäftigt vergleichsweise viele Frauen, während die Teilzeitquote gering ist. Dieser Zusammenhang lässt auf eine familienfreundliche Umgebung und ein Klima der Chancengleichheit schließen.

Ein anderes Beispiel betrifft die Personalentwicklung: Der Bericht erläutert zunächst den Stellenwert der Aus- und Weiterbildung für die Organisation. Es folgen statistische Auswertungen, die darstellen, wie viele Mitarbeiter an Weiterbildungsprogrammen teilnehmen, aus welchen Funktionsbereichen die Teilnehmer stammen und wie die Beschäftigten die Weiterbildungsund Entwicklungsprogramme bewerten.

Herausforderung der Kennzahlenerhebung

Die Konzeption eines HR-Reportings stellt Personalabteilungen vor einige typische Probleme. So sind meist nicht alle gewünschten Kennzahlen auf Anhieb verfügbar – und die Organisationen müssen erst Mittel und Wege finden, diese zu erheben. Hinzu kommt die Grundsatzfrage: Wie viele Messgrößen soll und muss unser HR-Reporting überhaupt umfassen?

Unsere Empfehlungen für die Konzeption des HR-Reportings:

  • Gewichten Sie Kennzahlen, die Sie möglicherweise in Ihr HR-Reporting aufnehmen möchten, nach deren Bedeutung, damit Sie eine bessere Entscheidungsgrundlage für den Auswahlprozess haben.
  • Wägen Sie den Nutzen jeder Kennzahl gegen den Erhebungsaufwand und die damit verbundenen Kosten ab. Hinterfragen Sie dabei kritisch ihren Wert für die jeweilige Zielgruppe.
  • Durchforsten Sie Ihre IT-Systeme: Prüfen Sie, welche Daten und Auswertungsmöglichkeiten schon jetzt zur Verfügung stehen, zum Beispiel in Enterprise-Ressource- Planning-Systemen oder der elektronischen Personalakte. Entwickeln Sie dann für die fehlenden Kenngrößen eine entsprechende Strategie der Datenerhebung.
  • Denken Sie in Prozessen: Implementieren Sie die Datenerhebungen als Prozesse, die in regelmäßigen Abständen standardisiert erfolgen.
  • Planen Sie genügend interne Ressourcen für das Erheben der Daten ein. Die Prozesse können zeitaufwendig sein, und Sie können sie allein aus Datenschutzgründen kaum auslagern.

Themenspektrum: Von Fluktuation bis Gesundheitsmanagement

Über die Personalstruktur und Personalentwicklung hinaus thematisiert der Jahresbericht das interne Gesundheitsmanagement und die Strategien der Führungskräfteentwicklung. Für die Zukunft plant die Wirtschaftskammer, das Fluktuationsverhalten und die Bildungsstruktur der Mitarbeiter genauer zu untersuchen.

Performanceorientiertes HR-Management

Angedacht ist auch eine weitere Integration performanceorientierter Kennzahlen, die verstärkt auf die Ziele der Organisation ausgerichtet sind. Hierunter fallen zum Beispiel Kennzahlen wie die Recruitingeffizienz (Time and Cost per Hire), Mitarbeiterbindung, Zielerreichungsquoten oder Finanzkennzahlen. Außerdem will die Organisation verstärkt Benchmarkdaten einbinden, um sich mit anderen Organisationen und Unternehmen vergleichen zu können. Dies hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, wenn es um die Argumentation und Rechtfertigung von Investitionen geht.

Weiterbildung effizient steuern

Zusätzliche Synergieeffekte will die Wirtschaftskammer Steiermark mit der Neugestaltung der Weiterbildungsevaluierung erzielen. Nach einem Seminar sollen die Teilnehmer nicht nur ihre Zufriedenheit mit dem Training bewerten, sondern auch den Transfer in die Praxis – und damit den Nutzen für die Organisation. Dazu reflektieren und bewerten sie entlang spezifischer Kennzahlen, die qualitativ über Fragebögen erhoben werden, einige Zeit nach dem Seminar, inwieweit sie die erworbenen Kompetenzen gewinnbringend in den Arbeitsalltag umsetzen konnten. Kennzahlen über die Transferleistung der Weiterbildungsprogramme sollen ebenfalls in den HR-Bericht einfließen und als Entscheidungsgrundlage für die Steuerung von Bildungsinvestitionen dienen.

Umsetzen & Evaluieren: HR kommt an

Die Kennzahlen des HR-Reportings pflegt die Personalabteilung der Wirtschaftskammer Steiermark aus bestehenden Informationssystemen in die Berichte ein. Durch das neu gestaltete Reporting ist sie in der Lage, die aktuellen Informationen an drei Hierarchieebenen zu kommunizieren. Die Zahlen werden in den Berichten visualisiert und kommentiert, sowie einzeln pro Abteilung aufgeschlüsselt.

Fazit

Dank des HR-Reportings kann sich die Personalabteilung als leistungsorientierte Organisationseinheit positionieren, den Stakeholdern einen Einblick in die Kernprozesse bieten und die eigenen Leistungen effektiv kommunizieren. Auch die Mitarbeiter profitieren, denn sie erhalten einmal im Jahr gründlich aufgearbeitete Informationen über das Human Resource Management ihrer Organisation. Ein professioneller HR-Bericht kann wichtige Beiträge für eine transparente und motivierende Unternehmenskultur leisten.

Literaturtipp

Handbuch Personalbewertung. Messgrößen, Anwendungsfelder, Fallstudien für das Human Capital Management.

Von Uwe D. Wucknitz. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Schäffer-Poeschel 2009.

Webtipps

www.2know2.com

www.km.co.at

Quelle: personal manager 2/2009