Die Zumtobel Group ist ein Global Player der Lichtindustrie und vereint unter ihrem Dach die Marken Thorn, ThornEco, Tridonic, acdc, Zumtobel und Zumtobel Group Services. Im Portfolio befinden sich sowohl Hard- und Software, aber auch datenbasierte Dienstleis-tungen mit dem Fokus auf der Vernetzung von Gebäuden und Städten. Die Unternehmensgruppe mit Konzernsitz in Dornbirn (Vorarlberg) beschäftigt rund 6.550 Mitarbeiter weltweit an über 90 Standorten.

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Foto von Sergey Zolkin

Seit dem Geschäftsjahr 2008/09 werden in der Zumtobel Group HR-Kennzahlen berichtet. Damals erhob das Finanzcontrolling die KPIs und wertete diese für den jährlichen Finanzbericht aus. Mit der Implementierung einer eigenen Stelle für Personalcontrolling wechselte die Verantwortung für die HR-KPIs zu dieser neu geschaffenen Position. Das wichtigste Tool zur Erhebung der Daten war zunächst ein Excel-Template, mit dessen Hilfe die verschiedenen Kennzahlen wie Alter oder  Fluktuation von allen Standorten per E-Mail abgefragt wurden. Doch es zeigte sich rasch, dass sich manche Personalkennzahlen damit nicht einheitlich erheben lassen. Der Kollege aus den USA beispielsweise war verwirrt wegen der Krankenstandquote. Er erklärte via Videochat, dass er sie nicht messen könne. Denn in den USA gebe es die sogenannten „sick days“, also eine bestimmte Anzahl an Tagen pro Jahr, die ein Mitarbeiter konsumieren kann, wenn er krank ist. Wer nicht krank wird, kann die Tage als zusätzliche Urlaubstage verbrauchen. Die „sick days“ schwanken aus diesem Grund in den Statistiken kaum, da jeder nur eine begrenzte Anzahl an Krankheitstagen zur Verfügung hat. Als aussagekräftige Personalkennzahl für den gesamten Konzern taugten sie aus diesem Grund nicht. Die Krankenquote wurde daher recht schnell wieder aus dem Dashboard gestrichen.

Mit der Erhebung und Auswertung der Daten betraut, kam ich, als zuständige HR Controllerin, nach dem ersten Quartal und unzählige S-Verweise später zu dem Entschluss, die KPI in Form eines farbigen Cockpit-Charts darzustellen. Da dafür kein Budget zur Verfügung stand, wählte ich den Weg über Excel und erstellte mithilfe von weiteren S-Verweisen, Indizes und verknüpften Listen ein Dashboard, das unsere wichtigsten Kennzahlen auf einen Blick zusammenfasst (Abbildung 1). Da die Zumtobel Group damals noch nicht über ein Personalinformationssystem verfügte, waren die Möglichkeiten begrenzt. Manuell lassen sich weniger Daten erheben und diese nur auf eine einfache Art darstellen – zum Beispiel die Fluktuation pro Quartal aufgeteilt auf die Austrittsgründe. Ein softwaregestütztes Masterdatensystem bietet vielfältigere Möglichkeiten. So lässt sich damit die Fluktuation pro Monat aufgeteilt sowohl auf die Austrittsgründe als auch auf das Beschäftigungsverhältnis (beispielsweise Blue Collar und White Collar) erheben. Die Auswertungen werden aussagekräftiger, weil detaillierter.

Das Cockpit beinhaltet alle Kennzahlen, die wir sowohl für den Jahresbericht als auch für das Monitoring verwenden. Es besteht aus einem Tabellenblatt mit den Rohdaten, einem weiteren Blatt mit Formeln und am Ende der Übersicht mit den Verweisen. Wir automatisieren die Files weitestgehend, um eine manuelle Nachjustierung zu vermeiden. Im Idealfall werden die Rohdaten in das Dokument eingefügt und die Übersicht aktualisiert sich anschließend (fast) automatisch auf die neuen Daten. Erfahrungsgemäß sind jedoch oft noch manuelle Anpassungen nötig, weil Daten fehlen oder falsch sind. So musste ich bereits des Öfteren mit Schmunzeln feststellen, dass laut Datensatz manche unserer Mitarbeiter bereits im Unternehmen geboren wurden, aus Antigua und Barbuda stammen oder so gerne arbeiten, dass sie ein 114-prozentiges Beschäftigungsverhältnis erreichen. Bei Zumtobel sind die HR-Abteilungen für die Pflege der Daten zuständig. In manchen Ländern gibt es  ausgewiesene Abteilungen dafür, in kleineren Gesellschaften zählt dies zu den Aufgaben des Personalbeauftragten. Dabei kommen immer auch Fehler vor. Wichtig ist, dass diese schnell erkannt und korrigiert werden.

Das Dashboard setzt sich aktuell aus sechs Kennzahlen zusammen.

Im nächsten Schritt wollen wir eine Darstellung auf Abteilungsebene umsetzen. Damit möchten wir unseren HR-Businesspartnern ein Instrument an die Hand geben, Zahlen wie Vollzeitäquivalente oder Fluktuationsraten auf klare und leicht verständliche Art und Weise darzustellen. Mit diesen Zahlen und Fakten im Hintergrund können sie ihre Rolle als starker Sparringspartner für die Führungskräfte weiter ausbauen.

Mittlerweile haben wir zwei weitere Dashboards für die Personalarbeit erstellt. Das Recruiting-Dashboard für unser Recruiting-Team im Headquarter zeigt auf einen Blick
wie viele Stellen derzeit ausgeschrieben sind,
wie viele Bewerbungen bereits eingegangen sind,
welche Kanäle (zum Beispiel Social Media, Inserate) am erfolgreichsten sind,
wie viele Bewerber bislang eingeladen und auch eingestellt wurden,
wie lange der Zeitraum vom Tag der Veröffentlichung eines Jobs bis zum unterschriebenen Offer-Letter/Vertrag ist,
wie hoch der „New Hire Turnover“ ist (also wie viele der neu eingestellten Personen innerhalb eines Jahres das Unternehmen bereits wieder verlassen) und
wie hoch die Kosten für eine Einstellung sind.

Hinzu kommt das Global Operations HR Dashboard, das der globalen HR-Operations-Abteilung die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter in Full Time Equivalents (FTE) anzeigt, aber auch die Personalkosten und Umsätze der Werke. Überdies berechnen wir mit diesen Zahlen die durchschnittlichen Kosten eines Vollzeitäquivalents pro Monat. Dies ist vor allem als Vergleich zwischen den Werken als Benchmark hilfreich.

Vor allem zu Beginn gestaltete sich das Sammeln der Daten und das Gewährleisten der  Datenqualität recht schwierig. Wenn die Daten nicht rechtzeitig vorliegen, lassen sich nur unvollständige Dashboards erstellen (was auf Gruppenebene keinen Sinn macht). Werden die Analysen erst spät fertig, sind sie bereits „zu alt“ um für die Steuerung relevant zu sein. Falsche oder unvollständige Daten führen zu falschen Schlüssen. Mehrere Abstimmungen waren zudem nötig, bis alle Beteiligten dasselbe Verständnis davon hatten, welche Zahlen in das Template eingefügt werden sollten und wie diese zu definieren sind.

Neben kulturellen und sprachlichen Barrieren kommt bei internationalen Unternehmen oft der Zeitunterschied als Hürde hinzu. So war es mir nie möglich, ein Telefonat mit den USA, Europa und Australien zur selben Zeit zu führen. Aus all diesen Gründen war die Einführung des Personalinformations-systems  2015 ein essenzieller Fortschritt im HR-Reporting der Zumtobel Group. Mit diesem System lassen sich stichtagsbezogene Rohdaten downloaden und mit Hilfe einiger Formeln die benötigten Zahlen eruieren. Dabei fungiert SAP HR Master Data als führendes Personalinformationssystem sowie die Talentmanagementsoftware von Haufe-Umantis als Interface. Die Ursprungsdaten pflegt unser HR-Support ein, die HR-Businesspartner überprüfen kontinuierlich deren Qualität.

1. Age Structure
Die Altersstruktur der Belegschaft zeigt das Dashboard pro Gesellschaft an. Künftig soll sie auch auf Abteilungsebene darstellbar sein. Das geht jedoch nur, wenn eine Abteilung aus mindestens sechs Personen besteht, da die Auswertungen ansonsten Rückschlüsse auf einzelne Personen zuließen. Im Idealfall lässt sich aus der Kennzahl „Altersstruktur“ ablesen, ob in nächster Zeit vermehrt Pensionierungen anstehen und das Unternehmen mit der Nachfolgeplanung beginnen sollte. Umgekehrt kann eine „zu junge“ Abteilung einen erhöhten Schulungsbedarf aufweisen, wenn das benötigte Know-how noch nicht im richtigen Maß vorhanden ist.

2. Job Tenure
Wie die Altersstruktur referenziert auch die Betriebszugehörigkeit auf ein Datum, das anzeigt, wie lange Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt sind. Eine Verknüpfung von Altersstruktur und Betriebszugehörigkeit kann sinnvoll sein, beispielsweise um eine anstehende Pensionierungswelle vorauszusehen. Die Betriebszugehörigkeit kann auch ein Indikator für Mitarbeiterzufriedenheit und Identifikation mit dem Unternehmen sein. Jedoch sollten Unternehmen zum Beleg noch mindestens ein weiteres personalwirtschaftliches Instrument, zum Beispiel eine Mitarbeiterbefragung, heranziehen. So kann eine erhöhte Frühfluktuation darauf hinweisen, dass Mitarbeiter unzufrieden sind, weil sie andere Vorstellungen von der jeweiligen Position hatten. Eine starke Fluktuation von Mitarbeitern mit über 15 Jahren Betriebszugehörigkeit hingegen lässt möglicherweise Rückschlüsse auf mangelnde Führungskompetenzen zu. Da die Daten stets vergangenheitsbezogen sind, ist es aber nicht empfehlenswert, sie als einzige Indikatoren für eine Unzufriedenheit bestimmter Gruppen der Belegschaft heranzuziehen.

3. Gender
Mit der Implementierung des Personalinformationssystems ist Zumtobel in der vorteilhaften Lage, Aussagen über trivial wirkende, aber ohne System nicht eruierbare Kennzahlen wie beispielsweise die Zusammensetzung der Belegschaft getrennt nach Frauen und Männern zu treffen, weil diese Daten nun im System verfügbar sind und sich einfach und schnell abrufen lassen.

4. Employee Turnover
Seit jeher wird die Fluktuationsrate in der Zumtobel Group mithilfe der BDA-Formel berechnet. Danach ist die Fluktuation gleich der Anzahl der freiwilligen Abgänge geteilt durch den durchschnittlichen Personalbestand der Periode multipliziert mit 100 Prozent. Alternativ können Unternehmen z. B. auch die Schlüter-Formel verwenden. Statt des durchschnittlichen Personalbestands verwendet diese den Personalstand zu Beginn der Periode plus die Zugänge als Nenner. Sie berücksichtigt somit die Abgänge während der Periode nicht. Wichtig ist, dass Unternehmen immer dieselbe Formel verwenden, sodass die Werte vergleichbar bleiben.

Wir unterscheiden zwischen der „ungewollten“ Fluktuation (Arbeitnehmerkündigungen) und der „gesteuerten“ oder „absehbaren“ Fluktuation (Arbeitgeberkündigungen, Zeitablauf oder Pensionierungen). Dies hat den Mehrwert, dass wir die – um die angestrebten Austritte bereinigte – Fluktuation auf einen Blick sehen, was auch das Benchmarking mit anderen Firmen in derselben Branche erleichtert. Basierend auf dieser Kennzahl werten wir halbjährlich die Kosten der Fluktuation für unseren Risikobericht aus. Denn eine Fluktuation in Höhe von 14 Prozent erschreckt kaum jemanden. Spricht man jedoch von potenziellen Kosten in Höhe von mehreren Millionen Euro, sieht das ganz anders aus.
Der Teufel liegt wie bei allen Kennzahlen aber auch hier im Detail. Ist beispielsweise der Wechsel von einer Konzerngesellschaft in die andere eine echte oder eine gesteuerte Fluktuation? Wir bewerten einen solchen Wechsel als gesteuerte Funktion. Diese Fälle müssen Unternehmen definieren und in ihrem Softwaresystem entsprechend abbilden, weil dieses sonst unter Umständen falsche Zuordnungen vornimmt.
Aber auch eine differenzierte Darstellung ist notwendig, um die Daten nicht zu verfälschen. So weisen wir Sondereffekte wie Werksschließungen oder nationale Kalender-ereignisse separat aus, um die „normalen“ Zahlen nicht zu verfälschen. Hinzu kommen landestypische Besonderheiten: Explodieren beispielsweise die Fluktuationszahlen für China im Februar ganz plötzlich, ist das vermutlich kein Datenfehler, sondern es liegt am chinesischen Neujahrsfest. Nach diesen Festivitäten kehren bei uns bis zu 20 Prozent der Mitarbeiter nicht mehr an den ursprünglichen Arbeitsplatz zurück, sondern nehmen beispielsweise ein anderes Jobangebot an.

5. Full Time Equivalent (FTE)
Die Kennzahl „Full Time Equivalent“ kann in Abhängigkeit von Stichtagen, Durchschnittswerten und nicht zuletzt unterschiedlichen Definitionen mitunter stark variieren. Allein die Entscheidung, Praktikanten, Trainees und Lehrlinge in die Datenerhebung einzubeziehen oder nicht, führt zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Zudem müssen Arbeitgeber bei der Berechnung auch das Ausmaß der Beschäftigung berücksichtigen. Während in einem Land eine Vierzigstundenwoche die Regel ist, wird in einem anderen Land lediglich 38,5 Stunden pro Woche Vollzeit gearbeitet. Wir behelfen uns mit der Angabe der Prozentwerte. Die in dem jeweiligen Land als Normalarbeitszeit geltende Stundenanzahl entspricht 100 Prozent. Teilzeitbeschäftigung wird entsprechend aliquotiert. Da bei der Zumtobel Group einige Mitarbeiter für andere Standorte arbeiten als diejenigen, mit denen sie den Arbeitsvertrag geschlossen haben, werden sie dorthin verrechnet und auch dort gezählt. Dies geschieht jedoch nur finanzseitig. Im HR-Reporting werden die Mitarbeiter in jenem Land und jener Einheit gezählt, mit der sie ihren Arbeitsvertrag geschlossen haben. Dies führt regelmäßig zu Differenzen zwischen den Kennzahlen von Finanzreporting und HR-Reporting. Ist man sich dessen bewusst, stellt dies jedoch kein großes Problem dar.

6. Employment Rate
Die „Employment Rate“ zeigt die Teilzeitquote an, also wie viele Mitarbeiter im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft in Teilzeit arbeiten. Im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von beispielsweise Beruf und Familie kann dies ein Indikator dafür sein, inwieweit das Unternehmen den Bedürfnissen der Belegschaft entgegenkommt – vorausgesetzt, der Wunsch zur Teilzeitarbeit ist da, was nur schwer messbar ist. Im Recruitingprozess lässt sich die Quote auch als positives Indiz für die Familienfreundlichkeit verwenden.