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Foto von Headway

 

”Wir werden heute mit Ziegen arbeiten”, sagte der Leiter des Leadership Programms in den USA zum Thema: Complexity – Resourcing Leaders for unknowable Futures. Ich dachte ich habe mich verhört, aber nein es war ernst. Wir wurden als Kleingruppen nacheinander beauftragt, eine scheinbar einfache Aufgabe zu erfüllen, mit einer Herde von 6 Ziegen. So was wie dafür zu sorgen, dass die Ziegen an bestimmten vorgegebenen Stellen auf ihrer Weide, sich paarweise aufhalten. Klang einfach und es mangelte uns als erfahrene Fügungspersönlichkeiten und Beratern auch nicht an der gut überlegten Taktik, wie man dies erreichen werde. Es war eine Fülle von Ideen und wir mussten uns natürlich auf etwas einigen. Was uns auch gelang, wir waren von unserer Taktik überzeugt. Aber dann auf der Weide mit den Ziegen, innerhalb von Minuten waren alle Überlegungen und Taktiken über Bord geworfen. Nichts aber auch gar nicht funktionierte wie gedacht. Im Gegenteil, bei genauerer Betrachtung, waren unser Vorgehen total kontraproduktiv und schnell waren es die Ziegen, die unsere Bewegungen bestimmten und nicht umgekehrt. Ich dachte in dem Moment: Irgendwie genau so, wie es komplexe Systeme auch mit uns machen. Anfangs war etwas wie Frust, Ärger bei uns zu spüren, irgendwie ratlos schienen wir. Das machte es eher noch schlimmer. Doch dann überraschend schnell hatten wir gelernt, dass wir auf einmal irgendwie Teil des Systems waren. Unser Verhalten und auch unsere innere Verfassung schien die Ziegen zu beeinflussen, aber nicht so wie wir es uns das vorgestellt hatten. Wer noch etwas Angst hatte vor den Tieren, oder Zornig wurde konnte fast gar nichts in seinem Sinne ausrichten. Wir lernten sehr schnell und intensive wie die Herde reagierte oder wie eben nicht. Wir mussten immer wieder unsere Vorgehensweise leicht anpassen, lernen wie das System Herde sich verhielt. Alles passierte in Sekunden, Minuten. Irgendwie entstand mit der Zeit, eine ganz hohe Achtsamkeit bei uns und auch bei den Ziegen. Unsere Stimmung wurde besser, gelassener und ruhiger. Je mehr wir präsent und achtsam mit kleinen Bewegungen, auf das System Ziegenherde einwirkten, umso mehr hatte man den Eindruck es ginge, gemäß unserer Aufgabenstellung, leicht in die richtige Richtung . Aber die Wirkung von Futter hatten wir überschätzt, bei dem was wir von den Ziegen wollten. Die Präsenz, die Konzentration, die Achtsamkeit aller war deutlich spürbar. Es war eine gewisse Stille da, die aber auch immer wieder unterbrochen wurde, von hastigen Bewegungen der Ziegen, ausgelöst durch uns. Wir waren dem Ziel oft sehr nah und glaubten durch gebündeltes, gut überlegtes Handeln, schaffen wir die letzten Bewegungen zu erreichen. Falsch gedacht, es ging genau in die andere Richtung, weg von unserem Ziel.

Auf einmal, und dies war bei allen Gruppen zu erkennen, die nacheinander dran waren, hatten wir einen Punkt erreicht, bei dem sich die Ziegen scheinbar wie alleine in die Richtung bewegten oder auf der richtigen Stelle stehen blieben. Es war und ich weiß, das klingt seltsam, als ob die Ziegenherde uns die Formation schenken wollte, weil wir den richtigen Umgang mit ihnen gefunden hatten.

Sie standen auf einmal wie von alleine in der gewünschten Formation auf der Weide. Es war ein Moment, bei dem man in unseren Gesichter lesen konnte, dass wir gerade viel gelernt hatten im Umgang mit einem komplexen System, das wir anfangs völlig falsch eingeschätzt hatten. Irgendwie komplex und dann doch irgendwie einfach. Vielleicht ist Komplexität die neue Einfachheit?

Ich glaube Menschen, Menschengruppen, Unternehmen, Märkte haben viel von komplexen Systemen. Internet Online Unternehmen arbeiten ganz selbstverständlich innerhalb eines komplexen Systems und mit entsprechender Vorgehensweise (Agilie, Scrum, etc.). 

Für erfahrene Führungspersönlichkeiten, ist es ein Schlüssel Komplexität zu erkennen, die neuen Prinzipien zu erlernen und Entscheidungen darauf basierend zu treffen. Fatal kann die Verwechslung  mit komplizierten Herausforderungen sein, die man meist mit Erfahrung oder Expertise lösen kann und auch will.   

Herzliche Grüße
Ralf Schneitz
Mastering Complexiity
Executive Coaching since 1989
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