//Literaturtipps//

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Foto von Lauren Mancke

The reality of human resource management in Central and Eastern Europe:
A special issue to mark the 20th anniversary of Cranet.

Von Chris Brewster, Michael Morley, Ilona Buciuniene.
In: Baltic Journal of Management, 5 (2) 2010, S. 145–155.

Doing Competencies well: Best practices in Competency Modeling.
Von Michael A. Campion et al.
In: Personnel Psychology, 64/2011, S. 225–262.

HR business partner competency models:
re-contextualising effectiveness.

Von Raymond Caldwell.
In: Human Resource Management Journal, 18 (3) 2008, S. 275–294.

Is HR in a State of Transition?
An International Comparative Study on the Development of HR Competencies.

Von Barbara Covarrubias Venegas, Sabine Groblschegg, Bernhard Klaus und Julia Domnanovich.
In: International Journal of Social, Behavioral, Educational, Economic and Management Engineering 9 (8) 2015, S. 2241-2249.

From administrative expert to strategic partner.
Von Jeanette Lemmergaard.
In: Employee Relations, 31(2) 2009, S. 182–196.
 

The HR Value Proposition.
Von Dave Ulrich und Wayne Brockbank.
Harvard Business School Press 2005.

 

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Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 4  Juli/ August 2016.

 

 

Bewertung der HR-Kompetenzen im Vergleich

Wie bewerten nun die von uns befragten Personalisten und HR-Stakeholder die in diesem Modell beschriebenen Kompetenzen? Basierend auf unseren Auswertungen lassen sich statistisch signifikante Unterschiede (p ≤ 0,05) zu folgenden Kompetenzen feststellen: Beziehungsmanagement, Unternehmerische Kompetenz, Veränderungskompetenz, Führungskompetenz, Ethik-Kompetenz und Beratungskompetenz.

Diese Kompetenzen stuften die Studienteilnehmer in Österreich, der Slowakei, Tschechien und Ungarn auf einer Skala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) mit Werten deutlich über 3,5 im oberen Bereich der Bewertungsskala ein. Das gilt mit leichten Abstrichen für beide befragten Zielgruppen. Wie in Abbildung 3 ersichtlich, messen sowohl Personalisten als auch HR-Stakeholder dem Beziehungsmanagement (MW=4,44 bzw. MW=3,98), der Beratungskompetenz (MW=4,15 bzw. MW=3,84) und der Veränderungskompetenz (MW=3,87 bzw. MW=3,71) eine besondere Bedeutung bei. Während Personalisten der unternehmerischen Kompetenz (MW=3,79) vergleichsweise am wenigsten Bedeutung beimessen, stufen HR-Stakeholder die Veränderungskompetenz (MW=3,71) und die Ethik-Kompetenz (MW=3,71) im Vergleich zu den anderen Kompetenzen als am wenigsten bedeutsam ein. Insgesamt lassen sich jedoch keine markanten Unterschiede in der Bewertung der einzelnen Kompetenzen feststellen. Basierend auf Studienergebnissen können des Weiteren auch keine Unterschiede bezogen auf Gender oder Alter der befragten Personalisten und HR-Stakeholder hinsichtlich der Bewertung der einzelnen Kompetenzen ausgemacht werden.

Ein Trend, der sich klar aus den Interviews und einer offenen Frage der Telefonerhebung herauszeichnet, ist die zunehmende Etablierung flexibler Strukturen in Organisationen. Hierfür benötigen HR-Verantwortliche Beziehungsmanagement-, Veränderungs- und Beratungskompetenz sowie ein neues Führungsverhalten. Denn die Flexibilisierung kann gewohnte Hierarchien auf den Kopf stellen. Unserer Analyse zufolge fühlen sich die Personalisten für diese Herausforderungen gut gerüstet, denn sie bewerten ihre eigenen Kompetenzen in diesen Bereichen als überdurchschnittlich.

Fazit

Unsere Daten zeigen für alle Länder, dass Personalisten ihre Kompetenzen in den verschiedenen Bereichen der Personalarbeit ähnlich einschätzen. Auch bezogen auf die Bedeutung der jeweiligen Kompetenzen herrscht in der HR-Szene Einigkeit. Wir führen das zum einen auf den Einfluss westlicher Managementliteratur zurück. Zum anderen hat die Präsenz multinationaler, meist westlicher Unternehmen die HR-Landschaft in mittel- und osteuropäischen Ländern geprägt. Für die Unternehmen ist es erfreulich, dass ihre HR-Mitarbeiter über vergleichbare Kompetenzen verfügen – und deren Bedeutung auch ähnlich einschätzen. Denn dies erleichtert grenzüberschreitende Aktivitäten. Unsere Forschungsergebnisse zeigen auch, dass bestimmte Kompetenzen in Zukunft zunehmend gefragt sein werden. Insbesondere Beziehungsmanagement-, Veränderungs-, Beratungs- und Führungskompetenzen sind entscheidend. Denn diese Fähigkeiten benötigen HR-Verantwortliche, um die Flexibilisierung der Arbeitswelt zu begleiten, welche HR – laut unseren Analysen und Interviews – in den nächsten zehn Jahren stark beschäftigen wird.

Personalisten bewerten ihr Wissen ähnlich

Wie gut die Personalisten in den jeweiligen Ländern für die an sie gestellten Anforderungen gerüstet sind, hat das Institut für Personal & Organisation der FHWien der WKW in den vergangenen Jahren untersucht. Eine Studie aus dem Jahr 2016 belegt, wie Personalisten aus Österreich, Ungarn, Tschechien und der Slowakei ihr Wissen bezogen auf HR-Fachthemen selbst einstufen.

Das Ergebnis: Die Selbsteinschätzungen sind über die Landesgrenzen hinweg sehr ähnlich beziehungsweise die Unterschiede zu gering, um ins Gewicht zu fallen. Abbildung 1 zeigt, dass sich HR-Verantwortliche in den traditionelleren Bereichen der Personalarbeit wie Administration, Arbeitsrecht und Recruiting besonders sattelfest fühlen. In Feldern wie Talentmanagement, Employer Branding oder Personalcontrolling verfügen sie hingegen nach eigenen Angaben über ein nur mittleres Wissen. Der geringe Wert bei „Internationale HR-Instrumente“ lässt sich übrigens nicht auf die eher klein- und mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft in allen vier Ländern zurückführen. Denn der Wert ist bei Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern (ca. 70 Prozent des Samples) und mehr als 250 Beschäftigten (ca. 30 Prozent des Samples) ähnlich gering. Basierend auf un­seren Auswertungen ließen sich auch keine Unterschiede bezogen auf Gender oder Alter der befragten HR-Verantwortlichen feststel­len. Sprich: Personalisten unterschiedlichen Alters und Geschlechts bewerten ihr Fach­wissen ähnlich.

Neue Schwerpunkte –
neue Kompetenzen

Sind die HR-Verantwortlichen damit für die Zukunft gut gerüstet? In jüngster Zeit ha­ben sich die Schwerpunkte der Personalar­beit stark gewandelt – und einiges spricht dafür, dass sich die Anforderungen weiter verändern. So zeigen unsere Daten aus der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) sowie BKSS (Bosnien, Kroatien, Serbien, Slowenien), dass administrative Tä­tigkeiten zunehmend an Bedeutung verlieren (Covarrubias Venegas et al. 2015), was sich insbesondere auf den zunehmenden Einsatz von IT im HR-Wesen zurückführen lässt. Der aktuelle Schwerpunkt der Personalarbeit liegt auf der Betreuung und Beratung von Mitar­beitern und Führungskräften. Auch eine stär­kere strategische Ausrichtung ist erkennbar und wird nach Einschätzung der Befragten in den nächsten Jahren den Hauptschwerpunkt der HR-Arbeit ausmachen. Die Personalar­beit wird damit komplexer und vielfältiger. Dass nicht alle Personalisten diesen Anfor­derungen gewachsen sind, zeigt das Beispiel des HR-Businesspartners: Obwohl dieser seit Jahren in aller Munde ist, belegen internati­onale Studien, dass es HR-Verantwortlichen häufig Schwierigkeiten bereitet, die Ihnen zugedachte Rolle innerhalb der Organisation auszufüllen (Caldwell 2008).

 

Das HRProgress Kompetenzmodell

Was Personalisten jetzt und in Zukunft könnten sollten, beschreibt das HRProgress Kompetenzmodell (gefördert durch die Stadt Wien/MA23), das ein Forscherinnenteam der FHWien der WKW seit 2014 zusammen mit Hochschulpartnern aus Ungarn, der Slowakei und Tschechien entwickelt hat.

Die dahinterliegende Studie definiert HR-Kompetenzen als Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten (Campion et al. 2011). Das Forscherteam entwickelte das Modell zunächst theoretisch – und adaptierte es später auf Basis von rund 40 Interviews in den vier Ländern. Im Herbst 2015 folgte dann anhand von standardisierten Telefoninterviews eine repräsentative Erhebung unter 528 Personalisten und 506 Stakeholdern von HR aus dem Top- und Mittelmanagement zur Wichtigkeit und Ausprägung der HR-Kompetenzen.

Abbildung 2 zeigt das empirisch validierte HRProgress Kompetenzmodell, welches sich aus sieben Kompetenzen zusammensetzt und einen Orientierungsrahmen für Young Professionals und erfahrene HR-Manager bieten soll.

Was Personalisten können sollten 

Die Aufgaben des Personalmanagements und die Erwartungen an HR haben sich in den ver­gangenen Jahrzehnten stark erweitert. Wäh­rend zunächst die Administration im Vorder­grund der Personalarbeit stand, rückten ab den 1970er-Jahren die Mitarbeitenden als Unternehmensressource in den Fokus – und die Personalentwicklung gewann an Bedeu­tung. In den vergangenen drei Jahrzehnten wurde dann der Ruf nach einer strategischen Ausrichtung der Personalarbeit laut (Lem­mergaard 2009). Diese Entwicklung zeich­net sich auch in den von uns untersuchten Ländern Mittel- und Osteuropas ab, deren HR-Bereiche sich in den vergangenen zehn Jahren ebenfalls in eine strategische Rich­tung entwickelt haben – und dies nicht nur in multinationalen Unternehmen (Brewster, Morley & Buciuniene 2010).

                             Das HRProgress Kompetenzmodell

Grundlage der Personalarbeit ist neben HR-Fachwissen ein fundiertes Wissen über Unternehmen, Branche und Unternehmensumwelt – das vorliegende Modell bildet dies als „Unternehmerische Kompetenz“ ab. Es folgt damit der Forderung an das Personalmanagement, seinen Beitrag zur Effektivität der Organisation zu leisten. Dabei sollten Personalisten aktuelle Trends im Blick behalten und in der Lage sein, diese auf das eigene Unternehmen umzulegen. Um Geschäftsstrategien erfolgreich realisieren zu können, braucht es gut ausgeprägte Führungskompetenz im HR. Wichtige Aspekte sind dabei: Wie kann HR die Motivation der Mitarbeiter effektiv steigern? Und wie gelingt es, Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einzubeziehen? Ein dynamisches und innovatives Engagement von HR ist hier genauso wichtig wie die Integration von unterstützenden HR-Praktiken, zum Beispiel Mitarbeitergespräche, erfolgsbasierte Zulagen und direkte Kommunikation im Geschäftsalltag.

Veränderungskompetenz
In vielen Organisationen wirkt HR bereits an Veränderungsprozessen mit. Personalisten sind einerseits an der strategischen Ausarbeitung von Veränderungsprozessen beteiligt, andererseits arbeiten sie operativ mit, indem sie Mitarbeiter „an Bord“ holen. Herausforderungen sind der proaktive Umgang mit Widerständen sowie die strategische Integration von Schlüsselpersonen in den Prozess. Oft vernachlässigt, aber sehr wichtig, ist eine transparente Evaluation nach Abschluss des Veränderungsprozesses, denn nur so lernen die Beteiligten aus ihren Erfahrungen.

Beziehungsmanagementkompetenz
Netzwerke innerhalb einer Organisation sind das „A und O“ für eine Unternehmenskultur, die Ziele und Strategien eines Unternehmens trägt. Personalisten sollten daher in der Lage sein, solche Netzwerke durch gezieltes Beziehungsmanagement aufzubauen – über Abteilungsgrenzen hinweg. Sie sollten Mitarbeitern den Austausch von Wissen und Erfahrungen innerhalb der gesamten Organisation ermöglichen – nicht nur innerhalb der jeweiligen Business Units.
 

Beratungskompetenz
Viele HR-Agenden sind bereits in die Aufgabenbereiche von Führungskräften übergegangen. Diese Entwicklung hebt die Fachliteratur bereits seit den frühen 90er-Jahren hervor (u.a. Ulrich & Brockbank 2005). Das Personalmanagement durchlebt dabei eine Rollenveränderung – weg vom „Ausführer“ hin zum „Berater“.
 

Ethische Kompetenz
Zu einer vertrauensvollen Unternehmenskultur kann HR beitragen, indem es zentrale Werte wie Integrität und Verlässlichkeit innerhalb der gesamten Organisation und über alle Geschäftspraktiken hinweg etabliert. Hier gilt es unter anderem, schriftlich festzuhalten, wie das Unternehmen die Gleichheit am Arbeitsplatz gewährleistet – und gezielt auf die Einhaltung dieser Regeln zu 
achten.

Diversitätskompetenz
In Organisationen mit heterogener Belegschaft gehört es zu den wichtigsten Herausforderungen von HR, diese umsichtig zu managen. Es geht darum, inklusive Geschäftspraktiken zu entwickeln (zum Beispiel durch das Sicherstellen, dass ältere Mitarbeiter im Unternehmen an Weiterbildungsaktivitäten teilnehmen) und diese in standardisierte Prozesse wie Recruiting, Beurteilungen oder Anreizsysteme zu integrieren.

Strategische Kompetenz im HRM
Unser erstes Modell wies die strategischen Fähigkeiten der HR-Mitarbeiter als eigene Kompetenz aus. Die Analyse zeigte aber, dass die meisten Items dieses Kompetenzbereichs stärkere Ladungen auf andere Faktoren aufwiesen. Dies bedeutet nicht, dass die strategische Kompetenz keine Relevanz hat – ganz im Gegenteil: Viele Aspekte der strategischen Kompetenz sind Teil der unternehmerischen Kompetenz.