Das Karrieremodell eines Unternehmens prägt sein Bild nach außen und innen. Es kann Anreize für Mitarbeiter bieten und garantieren, dass Leistungen honoriert werden. Welche Faktoren sich darauf auswirken, wie Unternehmen ihre Karrieremodelle gestalten, hat nun die Personal- und Unternehmensberatung Apriori in Kooperation mit der Fachhochschule für Oekonomie und Management untersucht. Der Studie „Karrieremodelle 2010 – Einflüsse, Entwicklungen, Erfolgsfaktoren“ liegen halbstrukturierte Interviews mit HR-Professionals von 83 Unternehmen zugrunde.

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Foto von AbsolutVision

Ein durchgängiges Patentrezept sei dabei nicht erkennbar. Vielmehr hänge die Ausgestaltung der Karrieresysteme von unternehmensindividuellen Faktoren wie Unternehmenskultur und -historie, Größe, Branche und der Rechtsform ab. Als wichtigste Ziele gaben die befragten Unternehmen die Mitarbeiterbindung an, gefolgt von der Nachwuchsrekrutierung von Führungskräften aus den eigenen Reihen. Das Ziel, sich von anderen Arbeitgebern abzugrenzen, verfolgen hingegen nur wenige Unternehmen.

Zufriedenheit versus Anpassungsbedarf

Gemäß der Studie sind 92 Prozent der befragten Personaler der Überzeugung, dass ein gut ausgearbeitetes Karrieremodell zum Unternehmenserfolg beiträgt. Dreiviertel der Unternehmen glaubten von sich, dass sie im Hinblick auf ihre Karrieremodelle gut aufgestellt sind. Wie die Untersuchung ermittelte, erkennen dennoch fast alle Unternehmen einen regelmäßigen Anpassungsbedarf von Elementen des Karrieremodells an sich wandelnde unternehmensinterne und -externe Bedingungen.

Laut der Apriori-Studie sprechen dafür folgende Gründe:

  1. Dem Leistungsprogramm zugrunde liegende Technologien und Verfahren unterliegen einer ständigen Dynamik.
  2. Auf dem Absatzmarkt verändern sich ständig Produkte und Kunden – und somit auch das Nachfrageverhalten. Daran müssten Vertriebs-, Leistungserstellungs- bis hin zu Personal- und Organisationsstrukturen angepasst werden.
  3. Auch der Arbeitsmarkt unterliegt einem ständigen Wandel von demographischen Entwicklungen, regionalen Wanderungsbewegungen oder der modischen und substantiellen Änderungen der Studienfachwahl.

Vor diesem Hintergrund erachteten rund ein Drittel der Befragten eine Überarbeitung ihres aktuellen Karrieremodells für notwendig. Unternehmen zögen als wichtigen Indikator für Verbesserungsbedarfe die Fluktuation von Mitarbeitern heran.

Auf verschiedenen Pfaden zur Karriere

Zwei bis drei Karrierepfade mit jeweils sechs bis neun Karrierestufen sind der Studie zufolge der Standard. Besonders häufig nutzen Unternehmen verschiedener Branchen demnach ein duales Karrieremodell der Führungs- und Expertenlaufbahn. Teilweise kommen auch Karrieremodelle zum Einsatz, die zwischen Management-, Projekt- und Fachlaufbahn unterscheiden.

Parallel dazu gebe es jedoch bei fast allen Unternehmen eigenständige Karrieremodelle für Abteilungen mit unterstützenden Funktionen (wie beispielsweise Personal, Controlling). In den vergangenen Jahren seien diese zunehmend ausgebaut worden – insbesondere um die Wertigkeit dieser Funktionen für den Unternehmenserfolg zu signalisieren.

Viele Unternehmen geben an, dass ihr Karrierewege durchlässig seien: Mitarbeiter könnten zwischen Fach- und Führungslaufbahn wechseln. Die Studienmacher melden diesbezüglich jedoch Zweifel an. „In vielen Fällen erweist sich die Ausrichtung eines Mitarbeiters auf einem Karrierepfad als beständiger, als dies intendiert war und/oder propagiert wird“, heißt es in der Apriori-Studie.

Im Hinblick auf die Karrierestufen beobachten die Autoren, dass die Mitarbeiter Führungs-, (Teil-)Projekt- und Budgetverantwortung gewöhnlich erstmals auf den Karrierestufen 2 bis 4 übernehmen. Dabei zeige sich eine Tendenz, Führungs-, (Teil-)Projekt- und Budgetverantwortung auf frühe Karrierestufen zu übertragen.

Folgende Gründe sprechen laut der Untersuchung dafür:

  1. Damit werden übergeordnete Führungskräften von „routinemäßigen“ Führungsaufgaben entlastet und ihre Entwicklung in Richtung Mentor/Sponsor/Coach von Mitarbeitern erleichtert.
  2. Eine Selbsteinschätzung von Mitarbeitern in Hinblick auf künftige Führungsaufgaben ist dadurch früher möglich.

Wie Karrierestufen und Aufgabenbereiche zusammenhängen

Die Studie geht auch darauf ein, inwiefern der Wechsel in eine neue Karrierestufe einen Wechsel der Aufgabeninhalte mit sich bringt. Ihr Ergebnis: Karriereschritte führen meistens nicht zu einer Einengung des Wissensgebiets, sondern erweitern das Spektrum an Verfahren, Produkten und Kunden – auch bei der Fachkarriere.

Auch hinsichtlich der Nebenaspekte einer Position veränderten sich die Anforderungen: So erwartete etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen implizit ein soziales Engagement ihrer Führungskräfte in Vereinen, Stiftungen oder ähnlichem. Hierin sollen sich soziale Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein insbesondere von Mitarbeitern der Führungslaufbahnen manifestieren.

Ebenfalls erwartet würden Fachvorträge und -publikationen – zumindest von Mitarbeitern ab einem gewissen Karrierelevel. Im Gegensatz zum sozialen Engagement sei dieses Kriterium überwiegend bis ausschließlich an Mitarbeiter in Expertenlaufbahnen gerichtet und werde teilweise sogar explizit als Karrierekriterium formuliert.

Welche Karrierestufe ist die richtige?

Die meisten Unternehmen rekrutieren der Studie zufolge Fach- und Führungskräfte aus den eigenen Reihen und extern. Unternehmen, die ihre Führungskräfte ausschließlich intern rekrutierten, gaben an, bedingt Beschaffungsprobleme bei Fach- und Führungskräften zu haben. Deren interne Rekrutierung hat also mit der Knappheit auf dem Arbeitsmarkt zu tun.

Zur Einstufung in die verschiedenen Karrieremodelle bieten alle befragten Unternehmen Einstiegsprogramme für die neuen Mitarbeiter. Die Bandbreite, Dauer und Tiefe dieser Programme ist der Studie zufolge aber sehr unterschiedlich: Die Palette reicht von Mentorenkonzepten über Zusatzausbildungen an einer Corporate University und „training off/near/on the job“ bis hin zu Trainee-Programmen mit einer Dauer bis zu zwölf Monaten.

Wie die Studie darüber hinaus ergab, ist eine akademische Ausbildung nach wie vor für den beruflichen Aufstieg entscheidend. Drei Viertel der befragten Unternehmen betrachten einen Aufstieg in Leitungspositionen ohne akademischen Abschluss als Ausnahme. „Seniorität“, die Länge der Betriebszugehörigkeit also, hat als Aufstiegskriterium weitgehend ausgedient. Bei kaum einem Unternehmen spielt die Betriebszugehörigkeit oder die Verweildauer auf einer Position bei der Berücksichtigung für Beförderungen eine Rolle – Leistungskriterien geben hier eindeutig den Ausschlag.

Der Aufstieg im Unternehmen unterliegt jedoch gewissen zeitlichen Restriktionen: Erreichen die Mitarbeiter Karrierestufen in einem gewissen Alter nicht, sagen drei Viertel der Unternehmen, dass damit gewisse Karrierelevel ganz oder teilweise verschlossen bleiben, ohne dass der Mitarbeiter das Unternehmen deshalb verlassen müsste.

Wie schnell die Mitarbeiter Karrierestufen durchlaufen sollen, ist unterschiedlich. Die Mehrheit der betrachteten Unternehmen geben zeitliche Bandbreiten dafür an, so die Studie. Überspringen ließen sich einzelne Karrierestufen nicht. Auffällig sei, dass die Bandbreiten mit steigender Karrierestufe zunehmend länger würden.

Fazit

Der Studie zufolge gibt es allen Anstrengungen zum Trotz noch immer nicht „ein Karrieremodell für alle Mitarbeiter“. Zudem hätten nur wenige der befragten Unternehmen einen ständigen und regelmäßigen Arbeitskreis eingerichtet, der sich mit dem Karrieremodell des Unternehmens beschäftigt. Dabei weisen die Studienautoren auf einen Widerspruch hin: Die meisten der befragten Unternehmen gaben an, in den letzten Jahren ihr Karrieremodell überarbeitet zu haben. Zudem halten sie wie oben erwähnt auch künftige Anpassungen an veränderte Leistungsprogramme, -verfahren oder den Arbeitsmarkt für wichtig.

Eine spannende Frage hätte in diesem Zusammenhang noch sein können, ob sich im Zuge der Wissensgesellschaft zunehmend Fachkarrieren anstelle von Führungskarrieren durchsetzen.

Weitere Informationen über die Studie erhalten Sie über die Website der Personal- und Unternehmensberatung Apriori: www.apriori.de