Das Modell basiert auf den Ergebnissen einer Studie des Frauenhofer IFF zum betrieblichen Kompetenzmanagement (pm 1/05). Zentrale Aussage ist die Kopplung der Mitarbeiterkompetenzen an die heute und morgen relevanten Kompetenzen des Unternehmens sowie an die operativen Geschäftsprozesse.

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Damit verliert das Kompetenzmanagement sein Inseldasein, welches in der Praxis häufig Probleme aufwirft: So leiten Organisationseinheiten häufig Informationen nicht weiter, die für das Kompetenzmanagement wichtig sind. Umgekehrt fehlt den HR-Bereichen oft der Überblick darüber, welche Kompetenzanforderungen sich aus dem operativen Geschäft ergeben. Hindernisse wie diese lassen sich mit Hilfe eines integrierten Kompetenzmanagements überwinden, das alle Unternehmensbereiche mit einbezieht (Abbildung 1).

Abbildung 1:Referenzmodell des integrierten Kompetenzmanagements

Das Referenzmodell

Das integrierte Kompetenzmanagement berücksichtigt sowohl die Unternehmensziele und -strategien als auch die Prozesswelt auf der Ebene der Organisationseinheiten und -mitglieder. Auf diese Weise verbindet es die Kompetenzen des Unternehmens mit denen der Mitarbeiter.

Die Unternehmensstrategie beschreibt, was die Organisation kann und künftig können möchte. Ein Abgleich dieser Strategie (Soll-Zustand) mit dem vorhandenen Mitarbeiterpotenzial (Ist-Zustand) liefert die wichtigsten Leitlinien für die Kompetenzentwicklung.

Damit ist klar: Kompetenzmanagement kann kein reiner Personalmanagementprozess sein, sondern ist auch Bestandteil der Geschäftsprozesse. Sie stellen den Rahmen für die wertschöpfenden Tätigkeiten dar und ordnen die Mitarbeiter als Wissens- und Erfahrungsträger einzelnen Arbeitsschritten zu. Die Ergebnisse des Kompetenzmanagements zeigen sich wiederum auf verschiedenen Ebenen:

  • Strategische Ebene (Defi nition strategischer Kompetenzentwicklungsaktivitäten)
  • Ebene der Organisation (Entwicklung von Karrieremodellen)
  • Ebene der Prozesse (Versorgung der Prozesse mit optimal qualifizierten Mitarbeitern)

Jedes Unternehmen sollte diesem Integrationsanspruch folgen und die Verbindung mit Strategie und Prozessen gestalten. Es muss die Struktur und die Logik des integrierten Kompetenzmanagement ausgestalten, Aktionsfelder diagnostizieren, Ziele bestimmen und geeignete Methoden sowie Modelle auswählen.

Die Entwicklung

Der Erfolg des integrierten Kompetenzmanagements hängt davon ab, wie das Unternehmen bei der Entwicklung und Einführung vorgeht. Das Fraunhofer IFF hat seinem Referenzmodell wichtige Vorgehensschritte zugeordnet, die den Initialisierungsprozess absichern (Abbildung 2).

In der Analysephase untersucht eine Projektgruppe die herrschende Praxis (Statusquo) und klärt, welche Erwartungen die Stakeholder an das Kompetenzmanagement haben. Die Statusquo-Analyse schafft die Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen so weit wie möglich auf bestehenden Ansätzen aufbauen kann. In der Konzeptentwicklungsphaseentwickelt die Projektgruppe ein Kompetenzmanagementmodell auf Basis der Analysephase. Das Modell beschreibt Ziele, Ansatz, Logik, Positionierung, Integration und organisatorische Verankerung des Kompetenzmanagements. Empfehlenswert erscheint die Orientierung an dem gestuften Vorgehen der Produktentwicklung: Das Unternehmen entwickelt einen Konzeptprototyp, der nach kurzer Zeit zur Verfügung steht und für die interne Abstimmung mit den Stakeholdern genutzt werden kann. Dieses Vorgehen trägt dazu bei, Akzeptanz und Anwendbarkeit des Modells von vornherein sicherzustellen.

Anschließend entwickeln die Projektverantwortlichen eine Kompetenz-Roadmap, die das Soll-Kompetenzprofil des Unternehmens beschreibt. Die einzelnen Schritte:

  • Ein Raster entwickeln, mit dessen Hilfe die Soll-Kompetenzen des Unternehmens - auf Grundlage der Unternehmensstrategie - erhoben und dargestellt werden können. Dabei ist im Vorfeld festzulegen, welchen zeitlichen Horizont die Kompetenz-Roadmap abbildet, welche Kompetenzen sie berücksichtigt und wie detailliert sie sein soll.
  • Definieren, wie die Kompetenz-Roadmap auf die Ebene der einzelnen Organisationseinheiten und ihrer Mitarbeiter heruntergebrochen werden kann. Jede Abteilung sollte die sie betreffenden Soll-Kompetenzprofile von dem Raster ableiten können. Erfolgsentscheidend ist daher, die verschiedenen Bereiche einzubinden.
  • Festlegen, in welchen Zeiträumen die Kompetenz-Roadmap aktualisiert werden soll und wer die Verantwortung hierfür übernimmt.

Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ob es das Kompetenzmanagement direkt nach der Konzeptentwicklung unternehmensweit einführen oder ein Pilotprojektvorschalten möchte. Pilotprojekte können darüber Auskunft geben, welche Methoden sich am besten eignen, um Sollund Ist-Kompetenzportfolios zu erheben.

Wichtig für die Praxis:Integriertes Kompetenzmanagement erfordert nicht nur eine methodische und prozessorientierte Begleitung, sondern auch fachliches Verständnis. Daher müssen auch die Experten der Bereiche in den Prozess integriert werden.

Fazit und Ausblick

Viele Unternehmen haben bereits gute Voraussetzungen für ein funktionierendes Kompetenzmanagement, und es ist sinnvoll, so weit wie möglich an das Bestehende anzukoppeln. Entscheidend ist oft, wie gut der Brückenbau zwischen etablierten Insellösungen gelingt. Dieser Initialisierungsaufwand ist oft die größte Einstiegshürde in ein integriertes Kompetenzmanagement.

Unternehmen, die erfolgreich integrierte Kompetenzmanagementsysteme betreiben, haben in der Regel mehrere Jahre in Aufbau, Ausbau und operative Verankerung investiert. Der Anspruch der Integration ist einerseits eine Herausforderung, andererseits ein wichtiger Stellhebel für den langfristigen Unternehmenserfolg. Folgende Nutzeneffekte lassen sich erzielen:

  • Schnellerer Aufbau der Soll-Kompetenzen zur Umsetzung der Unternehmensstrategie und Roadmap
  • Absicherung der Prozessstabilität und Qualität durch gesicherte Mitarbeiterqualifikation
  • Transparenz über Expertise-Verteilung und Identifikation von kritisch niedrig verteilter Kompetenz
  • Bessere und flexiblere Nutzbarkeit der vorhandenen Kompetenzen und Optimierung von Project-Staffings
  • Verbesserung und Ausdifferenzierung von Karrieremodellen (Führungskarriere, Fachkarriere) und Transparenz hinsichtlich der Beförderungskriterien
  • Verbesserte Entscheid- und Begründbarkeit der Ressourcen für alle Maßnahmen der Kompetenzentwicklung.

Abbildung 2:Vorgehensweise zum Aufbau eines integrierten Kompetenzmanagements

Quelle: personal manager 2/2005