Bei der Autorin handelt es sich um eine fachlich kompetente Kennerin der Materie, die es in hervorragender Weise versteht, theoretische Grundlagen, eigene Erfahrungen und praxisbezogene Fallbeispiele gekonnt zu verknüpfen.

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Das Buch punktet mit logischem Aufbau

Der Aufbau des Buches ist klar und logisch. Zunächst stellt Riechert die theoretischen Grundlagen dar. Dabei grenzt sie psychische Belastungen einerseits und ausgewählte psychische Störungen andererseits voneinander ab. Im folgenden Teil widmet sich die Autorin konkret der Rolle der Führungskräfte. Darin zeigt sie, welche Einflüsse Führungskräfte auf die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern haben, geht aber auch auf deren Grenzen ein. Dem Mitarbeitergespräch widmet das Buch ein eigenes Kapitel, in dem zur Einführung zunächst das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun erläutert wird – ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang verzichtbar gewesen wäre.

Darauf aufbauend gibt Riechert konkrete Hinweise für das Gespräch mit betroffenen Mitarbeitern, die sie abschließend in einem Gesprächsleitfaden verdichtet. Das Spektrum der Tipps zum Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern ist groß: Es reicht von Hilfsangeboten für erkrankte Mitarbeiter über medizinische Behandlungsmöglichkeiten bis hin zu betrieblichen Handlungsempfehlungen. Dabei erweist sich die fundierte Berufserfahrung der Autorin als hilfreich.

Der letzte Teil des Buches befasst sich mit der Prävention, also der Früherkennung von psychischen Störungen und Ansätzen zu deren Vermeidung. In diesem Zusammenhang sind die angebotenen Checklisten sehr geeignet, eine Standortbestimmung und Analyse im eigenen Umfeld durchzuführen. Damit kann der Leser psychische Beanspruchungen rechtzeitig erkennen und adäquat reagieren, bevor eine dauerhafte Störung entsteht. Im abschließenden Kapitel kommt der Leser selbst zum Zug: Die Autorin veranlasst ihn zur Reflexion seiner eigenen Person und seines Verhaltens.

Riechert sensiblisiert den Leser

Das Buch ist jeder Führungskraft zu empfehlen. Die Autorin besitzt die Fähigkeit, wissenschaftlichen Grundlagen, Theorien und medizinische Begriffe für den Laien verständlich darzustellen. Indem sie die Betroffenen selbst zu Wort kommen lässt, kann sich der Leser in die sonst oftmals nur schwer nachvollziehbaren Gefühle und Verhaltensweisen der Erkrankten hineinversetzen. Damit gelingt es ihr, Verständnis für erkrankte Mitarbeiter herzustellen. Als Buch für die praktische Anwendung im Alltag erhält es viele hilfreiche Checklisten und Leitfäden. Ausgesprochen positiv ist dabei, dass diese auch online zum Download zur Verfügung stehen. Darüber hinaus tragen weiterführende Links zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema bei. Ansprechend sind die Visualisierungen, die die Texte auflockern und die Übersichtlichkeit in keiner Weise beeinträchtigen.

Riechert veranlasst den Leser immer wieder zur Selbstreflexion, indem sie entsprechende Übungen einbaut. Ihre Botschaft an die Führungskräfte lautet, dass auch sie Fürsorge und innere Balance brauchen. Denn nur dann können sie die Führung von Mitarbeitern positiv gestalten.

Fazit:

Nicht nur die gute Lesbarkeit, sondern auch die souveräne Darstellung der wichtigsten Aspekte macht das Buch zu einer interessanten kurzweiligen Lektüre. Gepaart mit der souveränen Darstellung des Themas und einer fachlich kompetenten Autorin wird es zu einem Muss für interessierte Führungskräfte.

Es bleibt zu hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, dass Thema zu enttabuisieren. Dann dürfte es schon bald zu einem Standardwerk avancieren.

Praktischer Nutzwert * * * **
Lesbarkeit/Schreibstil * * * **
Verständlichkeit * * * * *
Gliederung/Übersichtlichkeit * * * * *
Meine persönliche Empfehlung für Personalverantwortliche * * * * *

 

Psychische Störungen bei Mitarbeitern – erkennen und handeln

Von Ina Riechert

Springer Medizin 2011

257 Seiten, 39,95 Euro

ISBN: 978-3642169793