Mehr Entscheidungsfreiraum für Mitarbeitende 

group of people sitting beside rectangular wooden table with laptops
Foto von Christina @ wocintechchat.com

Die Swisscom habe intern über Jahre über solche Themen diskutiert, erläuterte Schloter. Das habe dazu geführt, dass Mitarbeitende sehr viel Kompetenz erhielten. «Jeder Service-Mitarbeiter hat bis zu 1.000 Franken Entscheidungsfreiheit.» Die Erkenntnis daraus: «Die Mitarbeitenden gehen mit diesem Vertrauen sehr verantwortungsvoll um. Wir waren nie in einer Situationen, in der wir das bedauern mussten», so Schloter. Ein weiterer wichtiger Hebel neben dem Aufbau einer solchen vertrauensvollen Unternehmenskultur ist eine konsistente Führung. «Signale, die man als Führungskraft aussendet, werden sensibel wahrgenommen. Das ist unglaublich wichtig», betonte Schloter. Entsprechend mache es Sinn, dass jede Geschäftsleitung und jeder Manager auch die eigenen Führungsmuster reflektiere. «Wir müssen uns bewusst sein, dass wir Kettenreaktionen in einer Organisation auslösen können mit unserem Verhalten», sagte er.


Konkretes Beispiel: Wer als Führungskraft interne Veränderungen erreichen möchte, müsse entsprechende Aufträge auch ausreichend scharf definieren und Ziele klar benennen. «Sonst frustrieren wir die Leute und vernichten Energie.» Zusammenfassend stellte der SwisscomChef fest: «Wenn die vielseitigen und vielfachen Entscheidungssituationen, die im Unternehmen entstehen, auf einem robusten Fundament zum Umgang mit Zielkonflikten aufsetzen können, führt dies zu einem grossen Empowerment.» Auch die Befähigung der Mitarbeiter, autonomer zu arbeiten, gebe positive Kraft ins Unternehmen. 


Fehlerkultur wirkt sich auf Innovationskraft aus

In der Fragerunde kam Carsten Schloter noch auf eine notwendige «Fehlerkultur» und tatsächliche Entscheidungsfreiräume in Organisationen angesichts zunehmender Einschränkung durch Regeln und Richtlinien zu sprechen. Nach seiner Beobachtung hemmen zu enge Regeln zwar den Entscheidungsspielraum. «Doch werden die tatsächlichen Freiräume in der Praxis von Mitarbeitenden tendenziell gar nicht ausgeschöpft.» Ebenso könne ein zu hoch gesteckter Qualitätsanspruch, der Perfektion anstrebe, eine Organisation tatsächlich behindern. Seine Überzeugung: «Ein Unternehmen, das innovativ nach vorne marschieren will, muss risikobereit sein und sich zugestehen, auch Fehler zu machen.»

 

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Quelle: persorama - Magazin der Schweizerischen Gesellschaft für Human Resources Management | Nr. 4, Winter 2012


Fotocredit: Markus Senn

«Ich bin der fundamentalen Überzeugung: In jedem Menschen steckt ein unglaubliches Mass an Energie, Umsetzungskraft und Kreativität.» Das ist Swisscom-CEO Carsten Schloter bewusst, wenn er die wichtigste Ressource im Unternehmen, den Mensch, betrachtet. Trotz moderner Managementmethoden, viel Engagement und täglicher Arbeitsleistung stellt er fest, dass auch in guten Organisationen oft nur annähernd 40 bis 50 Prozent der potenziell vorhandenen Energie mit Blick auf die Unternehmensziele genutzt werden. Die spannendste Frage aus Sicht der Unternehmensführung ist für ihn daher: «Was kann man tun, um mehr von dem Energiepotenzial auszuschöpfen? Und wie erreicht man mit einer vorhandenen Ressource deutlich mehr Impact?»


Konsens über Zielkonflikte stärkt Organisationen

Letztlich haben nach Einschätzung von Carsten Schloter vor allem zwei «Hebel» grossen Einfluss auf das Endergebnis, also wie viel Energieressourcen für unternehmerische Ziele tatsächlich eingesetzt werden. Das ist zum einen die Unternehmenskultur, zum anderen das Verhalten der Führungskräfte. Am Beispiel der Swisscom zeigte Schloter auf, dass es zu bestimmten Grundthemen in Organisationen auch gemeinsame Überzeugungen braucht, um das Geschäft effizient voranzubringen. «Zum Beispiel fliessen bei Entscheidungssituationen, in denen Zielkonflikte angesprochen werden, immer wieder die gleichen Grundverständnisse ein», erläuterte Schloter. Wie geht man etwa im Unternehmen mit dem Thema Qualität versus Kosten um oder Ertrag versus Kundenzufriedenheit oder kurzfristiger versus nachhaltiger Nutzen um? «Wenn hier das oberste Führungsteam Diversität zulässt, also etwa der Vertriebschef sich stark für Qualität und Kundeninteressen einsetzt und den Finanzchef nur die Kosten interessieren, wirkt sich dies schädlich auf die ganze Unternehmenskultur aus», sagte Schloter und ergänzte: «Solche Zielkonflikte setzen sich bis an die Basis fort und führen zu Auseinandersetzungen über das richtige Grundverständnis.» Eine Folge kann sein, dass Mitarbeitende Angst haben, Fehler zu machen bzw. autonom zu entscheiden, entsprechend verunsichert und frustriert sind und Entscheidungen oft an die nächste Hierarchiestufe delegieren. «Das führt letztlich auch zu heterogenen Kundenerlebnissen und schwächt die Marke», so Schloter. Entsprechend kommt er zu folgendem Ergebnis: «Bei institutionellen Zielkonflikten, die sich in den meisten Entscheidungssituationen im Unternehmen wiederfinden, braucht es Konsistenz, klare, durchgehende Signale des Führungsteams, ein gemeinsames, stark gelebtes Verständnis. Ist dies nicht gegeben, wird ein grosser Teil des Energiepotenzials, das in Mitarbeitenden vorhanden ist, vernichtet.»


„Innovative Unternehmen müssen risikobereit sein und sich zugestehen,
auch Fehler zu machen.“ Carsten Schloter