Entwicklung und Status quo
Nachdem Regelungen über das Arbeitsverhältnis ursprünglich nur allgemein im japanischen Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten waren (der Arbeitsvertrag als zivilrechtlicher Dienstvertrag), trat 1947 das Arbeitsstandardsgesetz (rohdoh kijunhoh) in Kraft, welches die Grundzüge des japanischen Arbeitsrechts regelte. Das Gesetz war von zahlreichen Regelungslücken und Generalklauseln geprägt, und es war insbesondere höchstrichterliche Rechtsprechung, die das japanische Arbeitsrecht fortentwickelte – in einer Weise, wie kaum ein anderes Rechtsgebiet in Japan.
Die Entwicklung des japanischen Arbeitsrechts verläuft dynamisch, häufig im Zyklus der jeweils herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen. Während z.B. der Arbeitnehmerschutz in der Phase hohen Wirtschaftswachstums in den 80er Jahren („Bubble“) seine stärkste Ausprägung erreichte, wurden in der sich anschließenden Rezession der 90er Jahre Korrekturen vorgenommen. Darüber hinaus ist eine Tendenz zu sondergesetzlichen Regelungen zu erkennen. In neuerer Zeit werden auch die von Gerichten entwickelten Rechtsgrundsätze, die das Arbeitsrecht im Wesentlichen geformt haben, nachträglich kodifiziert. Jüngstes Beispiel hierfür ist das am 1.3.2008 in Kraft getretene Arbeitsvertragsgesetz (rohdoh keiyaku hoh), welches umfangreich bestehendes Richterrecht zu Arbeitsverträgen zusammenfasst. Die Kodifizierung bringt zwar keine wesentlichen Neuerungen mit sich, hilft jedoch, das Arbeitsrecht zu konsolidieren.
Arbeitsvertrag und betriebliche Arbeitsordnung als vom Arbeitgeber gesetztes kollektives Recht
Es ist üblich, dass ein japanischer Arbeitsvertrag lediglich in der Form eines Einstellungsschreibens auf einer Seite Kerndaten des Arbeitsverhältnisses, insbesondere Gehalt, Titel, Arbeitszeit und eine kurze Beschreibung der vereinbarten Tätigkeit enthält.
Eine detaillierte Regelung im individuellen Arbeitsvertrag ist meist entbehrlich, weil das Arbeitsstandardsgesetz einen dauerhaft mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigenden Arbeitgeber verpflichtet, eine Arbeitsordnung zu erstellen, welche umfassend Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers festlegt. Die Arbeitsordnung wird durch die Geschäftsführung nach freiem Ermessen bestimmt, sie erfordert nicht die Zustimmung der Mitarbeiter oder eines Arbeitnehmervertreters. Inhaltlich darf die Arbeitsordnung natürlich zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht widersprechen.
Sowohl die erstmalig erstellte Arbeitsordnung als auch nachfolgende Änderungen müssen bei der Arbeitsaufsichtsbehörde eingereicht werden, die die Dokumente auf Vereinbarkeit mit zwingenden Bestimmungen des Arbeitsrechts hin überprüft. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Arbeitnehmervertreter der Unternehmensgewerkschaft oder – sofern eine solche Gewerkschaft nicht vorhanden ist – einen von der Mehrheit der Arbeitnehmerschaft benannten Vertreter zu hören. Dessen schriftliche Stellungnahme muss der Arbeitsaufsichtsbehörde ebenfalls vorgelegt werden. Eine ausdrückliche Zustimmung ist nicht erforderlich.
Wichtig
Das Gesetz sieht kein Verfahren für die Bestimmung des Arbeitnehmervertreters vor. In der Praxis schlägt deshalb der Arbeitgeber einen Kandidaten per Rundschreiben an alle Beschäftigten vor, mit dem Hinweis, dass dieser als Arbeitnehmervertreter angesehen wird, falls nicht innerhalb einer gesetzten Frist die Mehrheit der Mitarbeiter schriftlich widerspricht.
Der kollektive Charakter der Arbeitsordnung erlaubt es der Geschäftsführung in Grenzen, einzelne Bestimmungen der Arbeitsordnung zum Nachteil der Arbeitnehmer zu ändern, also deren erworbene Rechte zu beschränken. Grundsätzlich ist das ohne Zustimmung oder Verzicht der Beschäftigten unzulässig. Ein Mitarbeiter kann weiterhin Ansprüche aus der zuvor gültigen Arbeitsordnung geltend machen, wenn er nicht darauf verzichtet hat. Wenn aber diese nachteilige Änderung hinreichend begründet ist – insbesondere wenn die Nachteile durch andere für den Arbeitnehmer vorteilhafte Änderungen ausgeglichen werden -, dann wird die Änderung auch ohne seine Zustimmung wirksam.
Praxistipp
Unternehmen sollten die erste Arbeitsordnung sorgfältig entwerfen, da nachfolgende Änderungen trotz des einseitigen Charakters des Dokuments nur eingeschränkt wirksam sind.
Wenn Änderungen zum Nachteil der Beschäftigten nicht vermieden werden können, sollten Unternehmen überlegen, welche anderen Vorteile sie gewähren können (möglichst in Bereichen, die wirtschaftlich leicht verkraftbar sind), um diese Nachteile angemessen zu kompensieren.
Für nach der Änderung der Arbeitsordnung eingestellte Arbeitnehmer gilt immer nur die bei Einstellung geltende Fassung; auf Ansprüche aus vorausgegangenen Fassungen können sie sich nicht berufen.
Praxistipp
Arbeitsrechtliche Bestimmungen ändern sich häufig. Arbeitsordnungen sollten daher in regelmäßigen Abständen dahingehend überprüft werden, ob zwischenzeitlich geänderte Gesetze oder höchstrichterliche Urteile eine Änderung notwendig machen. Zwingendes Recht kann in einer Arbeitsordnung nicht außer Kraft gesetzt werden.
Arbeitszeit und Überstunden
In Japan ist die zulässige Höchstarbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche und acht Stunden pro Tag begrenzt. Arbeitnehmer können über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus zur Arbeit verpflichtet werden. Dies setzt jedoch eine schriftliche Vereinbarung mit Arbeitnehmervertretern voraus, welche mindestens die Hälfte der Arbeitnehmerschaft repräsentieren. Eine solche Vereinbarung muss der Aufsichtsbehörde zur Kenntnisnahme vorgelegt werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Mitarbeitern mindestens einen Tag in der Woche als Ruhetag zu gewähren. Ausnahmen bedürfen, wie bei Überstunden, ebenfalls einer schriftlichen Vereinbarung. Für Überstunden, die das Unternehmen anweist, muss es mindestens 25%, für Arbeit an Ruhetagen mindestens 35% mehr Lohn zahlen. Leitende Angestellte mit einem gewissen Direktionsrecht haben keinen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden.
Praxistipp
Oft – insbesondere im Fall einer nicht einvernehmlichen Trennung mit dem Arbeitnehmer – entsteht Streit darüber, in welcher Höhe Überstunden geleistet, tatsächlich notwendig und vom Arbeitgeber angewiesen wurden und somit auszugleichen sind. Um eine solche Situation, in der ein Beschäftigter mehrere hundert geleistete Überstunden behauptet, zu vermeiden, sollte das Unternehmen ein Kontroll- und Ausgleichssystem einführen.
Darüber hinaus gestattet der Gesetzgeber das „Transferieren von Arbeitszeit“. Ein Überschreiten der gesetzlichen Tages- oder Wochenarbeitszeit ist dann erlaubt, wenn sich die Gesamtarbeitszeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hält. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es in vielen Unternehmen regelmäßig Zeiten gibt, in denen der Arbeitsaufwand höher ist als in anderen (z.B. während des Jahresabschlusses). Voraussetzung hierfür ist, dass ein schriftlicher Vertrag mit der Arbeitnehmerschaft geschlossen und der zuständigen Behörde übermittelt wurde. Die gleichen formellen Voraussetzungen gelten für betriebliche Bestimmungen, die die Zeiten von Mitarbeitern, die hauptsächlich im Außendienst tätig sind und deren tatsächliche Arbeitszeit somit schwer erfasst werden kann, pauschalisieren („deemed working hour system“).
Gleitzeit i.S.v. freier Bestimmung von Beginn und Ende der Arbeitszeit ist zulässig, wenn es in den betrieblichen Arbeitsordnungen vereinbart und zusätzlich eine entsprechende schriftliche Vereinbarung mit den Vertretern der Arbeitnehmerschaft geschlossen wurde. Bei der Übermittlung der Arbeitsordnungen an die zuständige Behörde ist diese Vereinbarung beizufügen.
Kündigung
Trotz eines sehr starken Kündigungsschutzes durch die Rechtsprechung gibt es in Japan kein dem deutschen vergleichbares kodifiziertes Kündigungsschutzgesetz. Regelungen finden sich jedoch im Arbeitsstandardsgesetz und im neuen Arbeitsvertragsgesetz. Danach muss dem Beschäftigten die Kündigung mindestens 30 Tage im Voraus angezeigt werden, und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht Anspruch auf Zahlung der Vergütung. Besondere gesetzliche Regelungen gibt es nur zum Kündigungsschutz von Schwangeren und von Beurlaubten aufgrund eines Arbeitsunfalls. Regelmäßig werden in Arbeitsordnungen sowohl Kündigungsgründe als auch der formelle Ablauf der Kündigung näher ausgeführt.
Wichtig
Diese auf dem Papier liberale Regelung entspricht nicht im Geringsten der arbeitsrechtlichen Praxis und Rechtsprechung. Die japanischen Gerichte haben insbesondere beim Kündigungsschutz eigenes Recht geschaffen, das in den Spitzenzeiten wirtschaftlichen Wachstums praktisch zur Unkündbarkeit von Arbeitsverhältnissen geführt hat. Wenngleich Mobilität am Arbeitplatz zunimmt, sind viele japanische Unternehmen auch heute immer noch stark geprägt vom Prinzip des „Lifetime Employment“ in einem Unternehmen.
Nach in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen darf eine Kündigung nicht „rechtsmissbräuchlich“ sein. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn ein rechtfertigender Grund vorliegt. Dieser Grundsatz wurde als Generalklausel ab 2004 ins Arbeitsstandardsgesetz aufgenommen und ab 2008 ins Arbeitsvertragsgesetz übertragen. Eine detaillierte Regelung zu den zulässigen Kündigungsgründen findet sich aber nach wie vor nicht im Gesetz.
Praxistipp
In vielen Fällen fällt es Unternehmen schwer, Gründe für eine Kündigung darzulegen, die in einem möglichen Rechtsstreit mit großer Wahrscheinlichkeit vom Gericht als rechtfertigend anerkannt werden würden. Verhandlungen über eine einvernehmliche Vertragsaufhebung gegen Zahlung einer Abfindung sind daher weit verbreitet. Viele Unternehmen nutzen auch die weiten Spielräume des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts, um den Mitarbeitern Arbeiten zuzuweisen, die diesen nicht genehm sind und sie so zur Erklärung einer bereits vollzogenen inneren Kündigung zu bewegen.
Übersicht
Die von den Gerichten entwickelten Grundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Im Fall einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber
- die tatsächliche Notwendigkeit der Rationalisierungsmaßnahme darlegen; erfolglos versucht haben, die Kündigung zu vermeiden (z.B. durch Abbau von Überstunden, Versetzung oder ein Programm für ein vorzeitiges, freiwilliges Eintreten in den Ruhestand etc.);
- sachliche und faire Kriterien bei der Auswahl der Kündigungsadressaten auswählen und
- Arbeitnehmer bezüglich individueller Änderungen ausreichend informiert und konsultiert haben.
- Im Fall einer Kündigung aufgrund von Umständen, die in der Person des Beschäftigten liegen, muss der Arbeitgeber
- die tatsächliche persönliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers darlegen (z.B. Verhalten, mangelhafte Arbeitsleistung etc.); detaillierte Auflistungen sind i.d.R. in den Arbeitsordnungen enthalten;
- andere Disziplinarmaßnahmen, wie Verwarnungen, Gehaltskürzungen etc., die i.d.R. ebenfalls in den Arbeitsbedingungen genannt sind, bereits ausgeschöpft haben.
Befristung und Teilzeit
Nach der gesetzlichen Regelung dürfen diese Verträge auf maximal drei bzw. unter besonderen Umständen auf fünf Jahre begrenzt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass ein sachlicher Grund dafür besteht. Das Gesetz nimmt hierbei Bezug auf zeitlich befristete Projekte, für die der Arbeitnehmer speziell eingestellt wurde und eingesetzt werden soll. Im Fall einer Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber ggf. darzulegen, dass ein solcher sachlicher Grund vorlag.
Neben der Anstellung fester Mitarbeiter mit unbefristeten Verträgen können Arbeitnehmer auch aufgrund zeitlich befristeter Verträge beschäftigt werden, die man ggf. immer wieder um einen gewissen Zeitraum verlängert.
Wichtig
Darüber hinaus kann auch durch mehrmaliges Verlängern des befristeten Arbeitsverhältnisses beim Mitarbeiter der Anschein erweckt werden, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliegt. Es kommen dann bei Nichtverlängerung die erwähnten Grundsätze über die missbräuchliche Kündigung analog zur Anwendung.
Mit Wirkung zum 1. April traten umfangreiche Ergänzungen zum Teilzeitarbeitnehmergesetz in Kraft, welche dessen Rechte weitgehend an die des Vollzeitarbeitnehmers anpassen. So haben Teilzeitkräfte nunmehr z.B. einen Anspruch darauf, dass ihnen ihre Arbeitsbedingungen schriftlich mitgeteilt werden. Das Gesetz stellt nochmals heraus, dass Teilzeitkräfte nicht gegenüber Vollzeitkräften diskriminiert werden dürfen.
Ohne Schaffung einer Rechtspflicht des Arbeitgebers oder gar eines Anspruchs des Arbeitnehmers, ist es ausdrückliches Ziel des Teilzeitarbeitnehmergesetzes, Teilzeitkräften den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung – z.B. durch Weiterbildung – zu ermöglichen.
Dienstverträge mit Geschäftsführern
Kein Angestelltenstatus und kein Kündigungsschutz
Geschäftsführer, die nicht weisungsgebunden sind und sich somit aufgrund der vertraglichen Gestaltung und den tatsächlichen Umständen von einem regulären Arbeitnehmer abgrenzen, haben keinen Arbeitnehmerstatus.
Bei der Beförderung eines Mitarbeiters – d.h. auch z.B. eines nicht vertretungsberechtigten Direktors – zum geschäftsführenden Direktor, wird das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis automatisch beendet. Die Weisungsgebundenheit bezieht sich auf die Organisation der jeweiligen japanischen Gesellschaft, eine de facto bestehende Weisungsgebundenheit einem kontrollierenden Gesellschafter gegenüber ist irrelevant. Dies wirkt sich insbesondere bei Kündigungen aus, bei denen die erwähnten Kündigungsvorschriften für Arbeitnehmer nicht angewandt werden.
Geschäftsführer können gesellschaftsrechtlich jederzeit abberufen werden. Dem ohne rechtfertigenden Grund abberufenen Geschäftsführer steht jedoch grundsätzlich ein gesetzlicher Abfindungsanspruch maximal bis zur Höhe der Vergütung für die verbleibende satzungsmäßige Amtszeit (diese ist in Japan immer befristet, i.d.R. ein bis zwei Jahre) zu.
Praxistipp
Das Risiko einer Ausgleichszahlung kann durch sorgfältige vertragliche Gestaltung im Dienstvertrag und hierauf abgestimmte Satzungsbestimmungen erheblich reduziert werden.
Steuerliche Regelungen
Japanisches Steuerrecht enthält besondere Bestimmungen für die Abzugsfähigkeit der Vergütung von Geschäftsführern, insbesondere im Hinblick auf variable Elemente. Neue steuerliche Bestimmungen aus den vergangenen zwei Jahren erlauben nun mehr Flexibilität beim Gestalten von Geschäftsführervergütungen. Aber immer noch müssen formelle und sachliche Voraussetzungen streng beachtet werden, um die Vergütung als Kosten ansetzen zu können und zu vermeiden, dass sie ganz oder teilweise zulasten des Nachsteuergewinns geht, vgl. auch Checkliste.
Checkliste
- Alle Zahlungen müssen sich im Rahmen einer von den zuständigen Gesellschaftsorganen, d.h. bei der Kabushiski Kaisha von der Hauptversammlung, beschlossenen Höchstgrenze bewegen.
- Grundsätzlich können nur solche Zahlungen an Geschäftsführer als Kosten angesetzt werden, die in zwölf gleichen Monatsraten bezahlt werden; dies entweder beginnend mit dem ersten Monat eines Geschäftsjahrs oder ab dem Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses (d.h. i.d.R. der 4. Monat des Geschäftsjahrs, soweit bei üblicher Verlängerung der Körperschaftssteuerfrist von 2 auf 3 Monaten im 3. Monat die ordentliche Hauptversammlung stattfindet).
- Jede Form von „Boni“, „Tantiemen“ oder von anderen Sonderzahlungen, die über die reguläre monatliche Vergütung hinaus gezahlt wurden, erfordern einen Beschluss der jährlichen ordentlichen Gesellschafterversammlung, die Anzeige an die Finanzbehörden und die Auszahlung innerhalb einer bestimmten Frist.
Meldepflicht von ausländischen Arbeitnehmern
Mit Wirkung zum 1.10.2007 trat eine Änderung des japanischen Arbeitsförderungsgesetzes in Kraft, welches u.a. auch Auswirkungen auf Unternehmen mit ausländischen Mitarbeitern hat. Arbeitgeber in Japan sind nunmehr verpflichtet, der zuständigen lokalen Arbeitsbehörde Ein- und Austritt von ausländischen Arbeitnehmern zu melden und hierbei Angaben zu
- Name,
- Aufenthaltsstatus und -dauer in Japan,
- Geburtstag,
- Geschlecht und
- Nationalität des betreffenden Arbeitnehmers zu machen.
Die Anmeldung hat bis zum Ende des dem Arbeitsbeginn nachfolgenden Monats zu erfolgen. Im Fall einer Eintrittspflicht des ausländischen Arbeitnehmers in die japanische Arbeitslosenversicherung verkürzt sich die Anmeldefrist auf den 10. des Folgemonats. Für vor dem 1.10.2007 eingestellte Beschäftigte ist die Meldefrist bis zum 1.10.2008 verlängert. Ein Nichtbeachten dieser Vorschriften kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Firmen, die dauerhaft zehn oder mehr ausländische Arbeitnehmer eingestellt haben, sind darüber hinaus verpflichtet, einen Mitarbeiter zu benennen, der mit der Verwaltung der Vorschriften betraut ist. Es ist wichtiger denn je, die gesetzliche Sozialversicherung für ausländische Arbeitnehmer einzuhalten, oder die Befreiung im Einzelfall sicherzustellen.
„Innengewerkschaft“ als Ersatz für Betriebsrat und Außengewerkschaft
Das japanische Gewerkschaftsgesetz definiert eine Gewerkschaft (rohdoh kumiai) als Zusammenschluss von Arbeitnehmern mit dem Ziel, deren Arbeitsbedingungen und wirtschaftliche Verhältnisse zu verbessern. Die Gewerkschaft hat das Recht, mit den Arbeitgebern im Namen der in der Gewerkschaft repräsentierten Arbeitnehmer Tarifverträge zu verhandeln. Das Gesetz lässt jedoch die Organisationsebene von Gewerkschaften offen. Sie existieren auf Unternehmens- (sog. Innengewerkschaften) oder auf Branchenebene (sog. Außengewerkschaften).
Die meisten kleinen und mittleren Unternehmen haben keine Gewerkschaft. Es besteht auch keine gesetzliche Pflicht, in Unternehmen ab einer bestimmten Größe formalisierte Arbeitnehmervertretungen mit Mitsprache- und Beteiligungsrechten einzurichten.
Die gegenwärtige Situation kann aber nur durch einen Rückblick auf die Geschichte richtig bewertet werden:
In einem beispiellos erfolgreichen Feldzug gegen die seinerzeit meist kommunistischen Außengewerkschaften hat die Vereinigung Japanischer Arbeitnehmerverbände (Nikkei-Ren) in der Nachkriegszeit die betriebsinterne Innengewerkschaft als Mittel der Mitbestimmung etabliert. Durch das aktiv umgesetzte Versprechen, die Mitglieder der betriebsinternen Gewerkschaft auf der Karriereleiter des Unternehmens zu befördern, bis in den Vorstand der Gesellschaft, der meist aus langgedienten Beschäftigten besteht, verloren die Außengewerkschaften rapide an Einfluss und Bedeutung.
In der Praxis sind Gewerkschaften i.S.v. tariffähigen Zusammenschlüssen von Arbeitnehmern, welche die Interessen der Mitarbeiter gegenüber den Arbeitgebern vertreten und Löhne und Arbeitsbedingungen kollektiv aushandeln, mit wenigen Ausnahmen daher meistens auf Unternehmensund nicht auf Branchenebene organisiert.
Praxistipp
Bei einer Due Diligence muss bei bestehender gewerkschaftlicher Organisation in einem Unternehmen sorgfältig geprüft werden, ob es sich um eine in das Management integrierte und von diesem gesteuerte Innengewerkschaft oder eine potenziell feindliche und von außen gesteuerte Betriebsgewerkschaft handelt. Diese sind selten, würden aber vor allem ausländische Investoren vor erhebliche Probleme stellen. (Hinter dem Begriff „Innengewerkschaft“ kann sich daher auch ein erhebliches Problem verbergen.)
Branchengewerkschaften dagegen sind, mit wenigen Ausnahmen – wie die Gewerkschaft der Seeleute – nur Zusammenschlüsse von Innengewerkschaften des gleichen Industriezweigs, wobei die individuelle Mitgliedschaft eines Arbeitnehmers ausgeschlossen ist. Da sie insbesondere nicht tariffähig sind und sich ihre Aufgaben somit lediglich auf die Koordinierung und den Austausch von Informationen beschränken, sind Branchengewerkschaften relativ schwach.
Arbeitnehmervertretung und Corporate Governance als ‚faktische Mitbestimmung’
Das Modell blieb aber nicht ohne Auswirkungen auf die Corporate Governance von Unternehmen. Wo Arbeitnehmervertretungen de facto in das Management integriert sind und ihre Rolle nicht antagonistisch als Wahrer der Interessen der Arbeitnehmer im Gegensatz zu denen des Arbeitgebers verstehen, ist der effektive Einfluss auf die Geschäftspolitik sehr ausgeprägt. Der Vorstand und die Gruppe der leitenden Angestellten setzen sich in den meisten japanischen Großunternehmen (Familienunternehmen ausgenommen) aus Personen zusammen, die ihre Lebensarbeitszeit bei nur diesem Unternehmen verbracht haben und über Jahrzehnte in der Betriebshierarchie aufgestiegen sind. Auch ohne Kapitalbeteiligung übt das Kollektiv der Arbeitnehmerschaft daher einen enormen Einfluss auf ein Unternehmen aus, oft unter faktischer Beschränkung der Rechte der Anteilseigner.
Gesellschaftsrechtliche Reformen haben die Corporate Governance in den letzten Jahren erheblich zugunsten der Aktionäre modernisiert. Die integrierte Innengewerkschaft ist indessen von einer Reform verschont geblieben.
Steuern für Expatriates in Japan
In Japan erzieltes Einkommen (insbesondere Vergütung, die von einer japanischen Gesellschaft gezahlt wird, wenn der Zahlungsempfänger den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse in Japan hat) unterliegt der Besteuerung in Japan. Ob und inwieweit weitere Einkünfte, vor allem das Welteinkommen insgesamt, der Besteuerung dort unterliegen, hängt vom Wohnsitzstatus in Japan („permanent resident, non-permanent resident“) ab, ferner auch von den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen. Insbesondere die vom deutschen Recht abweichenden Regeln bei den betrieblichen Sozialleistungen („Fringe Benefits“) bieten eine Reihe von interessanten Steuervergünstigungen.
Praxistipp
Eine Dienstwohnung, die ein Unternehmen seinen Beschäftigten zur Verfügung stellt, wird grundsätzlich als Fringe Benefit steuerpflichtig. Falls jedoch der Geschäftsführer bzw. Arbeitnehmer einen angemessenen Teil der marktüblichen Miete (die „Legal Rent“) selbst übernimmt, ist der übrige Teil des Mietwerts steuerfrei.
Der Umfang der steuerfreien Leistung hängt von einer Vielzahl von Parametern wie Größe und Bauweise des Gebäudes, der Stellung der Person (Geschäftsführer oder Arbeitnehmer) sowie der Nutzung (teilweise geschäftlich oder nicht) ab. Die Legal Rent wird i.d.R. vom Gehalt des jeweiligen Geschäftsführers bzw. Arbeitnehmers einbehalten.
Benefits, die einer in Japan steuerlich ansässigen Person im Ausland gezahlt werden, unterliegen ebenfalls in Japan der Besteuerung, soweit sie dort steuerpflichtig sind.
Abfindungszahlungen
Abfindungszahlungen beim Ausscheiden aus dem Unternehmen sind in Japan weit verbreitet und werden durch steuerliche Bestimmungen gefördert. Dies gilt sowohl für Mitarbeiter als auch für Direktoren in geschäftsführender Funktion. Gewöhnlich werden solche Zahlungen als „Retirement Allowance“ bezeichnet, der korrekte japanische Begriff ist taishokukin.
Sofern die geltenden sachlichen und förmlichen Voraussetzungen erfüllt sind, unterliegt eine solche Abfindung nach Abzug eines Freibetrags nur dem halben Steuersatz, wobei diese Einkommensart dann separat von allen weiteren im Steuerjahr besteuert wird. Mit anderen Worten: Einkommen aus einer solchen Abfindungszahlung wird mit weniger als der Hälfte der üblicherweise anfallenden Einkommensteuer belegt. Für das Unternehmen sind Zahlungen in voller Höhe abzugsfähig.
Praxistipp
Für Geschäftsführer oder Mitglieder des Vorstands einer Gesellschaft ist die Höhe der steuerlich begünstigten Abfindungszahlungen begrenzt. Maßstab ist der Betrag der letzten Vergütung und die Dauer der Beschäftigung. Über den zulässigen Betrag hinausgehende Zahlungen gelten als unangemessen und führen zu Steuernachteilen für beide Parteien. Für Beschäftigte besteht eine solche Beschränkung nicht.
Daher sollten bei der Beförderung eines Mitarbeiters zum geschäftsführenden Direktor eventuell während der Arbeitnehmerzeit angehäufte Abfindungsansprüche bei Übergang in den Vorstand ausgezahlt werden.
Praxistipp
Ein interessantes Modell besteht darin, ein Retirement Allowance System einzuführen und dies so zu gestalten, dass ein Teil des Gehalts einbehalten, in die Retirement Allowance eingestellt und erst bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ausgezahlt wird. Alternativ kann man die Abfindungszahlung mit einer erfolgsabhängigen Anpassung der Vergütung verbinden. Dies hat Vorteile für das Unternehmen und den betroffenen Direktor: Für das Unternehmen verbessert sich der Cashflow, für den Mitarbeiter ergibt sich im Gegenzug eine erheblich günstigere Besteuerung, d.h. effektiv eine höhere Nettoauszahlung.
Sozialversicherung
Japanische Unternehmen sind grundsätzlich verpflichtet, ihre Mitarbeiter – unabhängig von der Nationalität – bei der japanischen Sozialversicherung anzumelden, die die folgenden vier Versicherungen umfasst:
- Krankenversicherung (Kenkoh Hoken),
- Rentenversicherung (Kohsei Nenkin Hoken),
- Unfallversicherung (Rohdohsha aigai Hoshoh Hoken) und
- Arbeitslosenversicherung (Koyoh Hoken).
Japan hat mit einigen wenigen Ländern, darunter auch Deutschland, Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen, nach denen ein nach Japan entsandter Arbeitnehmer von der japanischen gesetzlichen Rentenversicherung befreit sein kann. Für den Fall, dass keine Entsendung i.S.d. oben genannten Regelung vorliegt, jedoch eine vergleichbare Situation – insbesondere wenn der nach Japan kommende Angestellte einen zeitlich befristeten, lokalen Arbeitsvertrag erhält und sein Vertrag mit dem deutschen Arbeitgeber ruht – kann eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden. Zuständig ist hierfür die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA).
In allen anderen Fällen unterliegt ein in Japan beschäftigter Angestellter der japanischen Sozialversicherung; die Mitgliedschaft ist zwingend. Beiträge werden hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen, wobei wie in Deutschland die Beiträge direkt vom Lohn des Beschäftigten einbehalten werden.
Der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge in Japan stehen allerdings in der Praxis keine Sozialversicherungsleistungen gegenüber, vor allem nicht im Hinblick auf die japanische Rentenversicherung, da Ansprüche auf Rentenleistung erst nach Einzahlung von 25 Jahren bestehen.
Praxistipp
Expatriates, die nur kurzfristig in Japan leben und deshalb keinen Anspruch auf Rentenzahlungen haben, sind unter bestimmten Kriterien berechtigt, auf Antrag zumindest einen Teil der eingezahlten Beiträge als Einmalzahlung zurückzuerhalten, wenn sie Japan verlassen.
Fazit
Das japanische Arbeitsrecht ist und bleibt Richterrecht; eine Entwicklung zur Liberalisierung des Kündigungsrechts und anderer Schutzvorschriften muss aber immer auch im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang gesehen werden und bleibt zukünftigen Revisionen durch den Richter vorbehalten. Dennoch haben die neueren Gesetze eine größere Berechenbarkeit und einen Rahmen geschaffen, welcher durch eine verantwortliche Gestaltung durch den Arbeitgeber ausgeschöpft werden kann. Insbesondere im Zusammenspiel mit dem japanischen Steuer- und Gesellschaftsrecht bestehen erhebliche Möglichkeiten, Verträge sowohl für das Unternehmen als auch für den Arbeitnehmer zu optimieren.
Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi 5/08