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Foto von Kelly Sikkema
Es liegt auf der Hand, dass die jüngsten Auswüchse der Finanzwirtschaft die Reputation der Führungskräfte nicht förderten. Allerdings – um mit Peter Drucker zu sprechen: Zum Management als „wesentlichste konstitutive Ressource innerhalb der Gesellschaft“ gibt es keine Alternative. Die Frage ist vielmehr: Wie kann ein Management, das in der öffentlichen Meinung mit Kurzsichtigkeit und Gier assoziiert wird, wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen?

Antworten darauf gibt das Global Drucker Forum, der zweite Kongress zu Ehren des im Jahr 2005 verstorbenen Management-Vordenkers Peter F. Drucker. Der US-amerikanische Autor, Berater und Journalist, der 1909 in Wien geboren wurde, betrachtete Management als Geisteswissenschaft, weil es sich „mit den Grundlagen des Wissens, der Weisheit und der Führung“ befasst. Er beschreibt ein Management jenseits des Shareholder-Value- Denkens, das dem Zweck des Unternehmens dient, aber auch die Belange der Mitarbeiter und das soziale Umfeld im Blick behält.

In seinen Büchern und Aufsätzen entwickelte Drucker Konzepte, die noch heute gültig sind, darunter die Idee des Führens mit Zielvereinbarungen (Management by Objectives). In den 1940er-Jahren beschäftigte er sich mit der Legitimation des Managements, die heute in der Shareholder-Value-Debatte lebendig ist. Mitte der 1960er-Jahre prägte er den Begriff des Wissensarbeiters.

Wie sich Peter Druckers Werk auf die aktuellen Herausforderungen des Managements übertragen lässt, diskutieren die Vortragenden des Global Drucker Forums im November in Wien. Lynda Gratton, Professorin für Managementpraxis an der London Business School, greift einen zentralen Gedanken Druckers auf: Der Manager müsse „Menschen durch gemeinsame Werte, Ziele und Strukturen, durch Aus- und Weiterbildung in die Lage (...) versetzen, eine gemeinsame Leistung zu vollbringen“, schreibt der Autor in seinem Buch „Management im 21. Jahrhundert“. Diese Idee weiter denkend schlägt Gratton vor, Mitarbeiter ins Zentrum des Unternehmenszweckes zu stellen. Sie geht davon aus, dass nur jene Unternehmen zu einem wirklichen „Hot Spot“ werden, die in der Lage sind, ein Beziehungsgefl echt zwischen den Mitarbeitern zu schaffen, in dem jeder von der Begeisterung und dem Enthusiasmus des anderen profitiert.

Peter Drucker wies in seinen Werken immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, das Umfeld des Unternehmens im Blick zu behalten und den Veränderungen des Marktes eine Nasenlänge voraus zu sein. Die Themen Unternehmertum und Innovation waren für ihn von größter Bedeutung. Die wahre Herausforderung für das Management des 21. Jahrhunderts bestand aus seiner Sicht darin, die Produktivität des Wissens zu erhöhen. Damit könnten Unternehmen Innovationen fördern und das so dringend benötigte starke Wirtschaftswachstum voranbringen.

Was bedeutet dies? Heißt es, dass wir Management neu denken müssen, wie Julian Birkinshaw von der London Business School in seinem Buch „Reinventing Management“ postuliert? Die jüngste Wirtschaftskrise, so Birkinshaw, war eigentlich eine Krise des Managements, die vor allem dadurch verursacht wurde, dass Unternehmensführung heute immer noch nach den Modellen des 19. Jahrhunderts praktiziert werde. Der Professor für strategisches und internationales Management beobachtet jedoch einige Managementtrends, die diese Modelle ablösen: So wichen bürokratische Strukturen zunehmend Modellen der Selbstorganisation, Hierarchien verschwänden zugunsten der Vernetzung hoch qualifi zierter Wissensarbeiter, deren intrinsische Motivation für den Erfolg eines Unternehmens entscheidend ist.

Anregungen für veränderungsbereite Unternehmen geben Yves Doz, Professor für strategisches Management an der Business School INSEAD, und Mikko Kosonen, Präsident von Sitra, dem fi nnischen Innovationsfonds. In ihrem gemeinsamen Buch „Fast Strategy“ analysieren die Referenten des Global Drucker Forum, wie Unternehmen eine „strategische Beweglichkeit“ erzielen können, die sie in die Lage versetzt, Wandel und Brüche konstruktiv zu nutzen. Strategische Unternehmen seien fähig, rasch den Kurs zu wechseln und sich neu aufzustellen, ohne an Dynamik zu verlieren. Ihr Top-Management sei jederzeit bereit, Veränderungen zum Vorteil der Organisation zu nutzen. Ob Körperschaften des öffentlichen Bereiches ein ähnliches Maß an Agilität erreichen können wie große Privatunternehmen, diskutiert OECD-Experte Rolf Alter in seinem Vortrag.

Veränderung ist auch das Thema von Zukunftsforscher Matthias Horx, der in seinem Manifest „Das Buch des Wandels“ einen Aufruf zur Vereinigung der Kreativen, Glücksuchenden und Wandlungsbewussten aller Länder gestartet hat. Diese Idee deckt sich mit einem Zitat von Peter Drucker, der meinte: „Willst du die Zukunft voraussagen, so musst du sie erschaffen.“ Ein Satz, der die aktuelle Herausforderung des Managements auf den Punkt bringt.

Veranstaltungstipp

Das zweite Global Drucker Forum findet am 18. und 19. November in Wien statt. Weitere Informationen und Registrierungsmöglichkeiten unter www.druckersociety.at.

Literaturtipp:

Der personal manager gibt ein Dossier zum Leben und Werk von Peter F. Drucker heraus, das auf einer Serie aus dem Jahr 2006 basiert. Das Dossier ist als PDF erhältlich unter info@personal-manager.at

Quelle: personal manager 6/2010