Während Kinder am Tag noch circa 400 Mal lachen, ist uns Erwachsenen diese Fähigkeit beziehungsweise die Gelegenheit dazu abhanden gekommen. Wir lachen im Schnitt nur mehr 16 mal am Tag, so der Autor. Humor und Lachen seien jedoch schon immer erfolgreiche Instrumente einer eher informellen, von unten nach oben erfolgenden Führungsarbeit gewesen, die sich zum Beispiel für Interventionen in Konfliktsituationen eigne. Was früher die Hofnarren am königlichen Hofe waren, die letztlich über großen Einfluss verfügten, sind heute Berater, Sozialwissenschaftler und Mediatoren. Gleich eingangs stellt Schwarz die positive Wirkung und heilende Kraft des Lachens dar: Lachen mache gesund, schön und erotisch, selbstsicher und erfolgreich, gebe Ansehen sowie Einfluss und löse Konflikte. Wie ein roter Faden zieht sich die Betonung der konstruktiven Seite des Lachens durch das Werk. Destruktives Lachen ist nach Meinung des Autors aber nicht schlechthin verboten, sondern kann in manchen Situationen sogar ein Gebot der Stunde sein – zum Beispiel als Intervention bei völlig festgefahrenen Meinungen zweier Kontrahenten.

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Foto von Markus Spiske

Interessant ist die Differenzierung zwischen dem „Komischen“ und dem „Lustigen“, wobei sich das Komische eher auf eine Übertreibung, Verfälschung oder einen Kontrast bezieht, das Lustige hingegen etwas Originelles, an sich Bestehendes darstellt. Als wertvoll für die Praxis erweist sich eine Darstellung der verschiedenen Formen des Komischen wie Ironie, Schadenfreude, Spott und Hohn, Parodie und Satire, Sarkasmus, Zynismus und schließlich Humor, der von der Liebe getragen wird. Schwarz übersetzt das altgriechische Humor ist eines der stärksten und effizientesten Führungsinstrumente. Mit dieser These beginnt das nunmehr vorliegende letzte Buch von Gerhard Schwarz, Universitätsdozent für Philosophie und Gruppendynamik. Während Kinder am Tag noch circa 400 Mal lachen, ist uns Erwachsenen diese Fähigkeit beziehungsweise die Gelegenheit dazu abhanden gekommen. Wir lachen im Schnitt nur mehr 16 mal am Tag, so der Autor. Humor und Lachen seien jedoch schon immer erfolgreiche Instrumente einer eher informellen, von unten nach oben erfolgenden Führungsarbeit Wort „agape“, das eigentlich Liebe heißt, mit Humor.

Führen mit Humor setzt nun voraus, dass eine Führungskraft über sich selbst lachen kann, erst in einem zweiten, wesentlich schwierigeren Schritt ist eine Gruppe so weit zu bringen, dass diese über sich selbst lachen kann. Der Autor schlägt vor, eine Vertrauenskultur im Unternehmen zu schaffen, in der Konflikten und Fehlern mit Humor begegnet werden kann. Kursorisch geht Schwarz schließlich auf die Einsatzfelder von Humor im Konfliktmanagement ein, behandelt aber auch die Frage, ob ein Unterschied im Humorverhalten zwischen den Geschlechtern festzustellen sei. Dazu vertritt er die Meinung, dass Männer den Witz lange Zeit als Machtinstrument gegenüber Frauen eingesetzt haben, Humor also machtspezifisch und nicht geschlechtsspezifisch zu werten sei. Durch den Eintritt der Frauen in das soziale Gefüge des Berufslebens habe sich dieses Machtgefälle aber verschoben. Abgerundet wird das Buch durch einen – wie es der Autor nennt – Ausflug in die Stellung des Humors in Mythologie, Religion und Literatur.

Zu einem in der Praxis gut verwendbaren Werkzeug wird dieser Band durch zahlreiche Tipps und Ratschläge, zum Beispiel für den Umgang mit klassischen „Typen“, denen wir im beruflichen Alltag begegnen, seien es Vielredner oder Zuspätkommende, Leistungsverweigerer, Miesmacher oder Handy-User im Meeting. Aber auch die zahlreichen Anekdoten oder Verweise auf Philosophen oder Querdenker der Antike, wie zum Beispiel den listenreichen Odysseus bei Homer, machen die Qualität dieses Buches aus. Insgesamt stellt das Werk eine interessante, leicht lesbare Lektüre dar, die Lust auf das Ausprobieren von Humor und Witz in einer der nächsten Besprechungen oder in beruflichen Alltagssituationen macht.

Führen mit Humor: Ein gruppendynamisches Erfolgskonzept.

 

Von Gerhard Schwarz

Gabler Verlag 2007

216 Seiten, 29,90 Euro.

ISBN: 978-3-409-12732-5

Leseprobe

Gelacht wird in Führungssituationen immer. Die Frage ist nur, wer über wen lacht. Als Vorgesetzter kann man es sich aussuchen – so die These –, ob man mitlacht oder nicht. Nicht alle wollen dabei sein, wenn über sie gelacht wird.

Humor ist eines der stärksten und effi zientesten Führungsinstrumente. Die meisten haben dasbisher noch nicht so gesehen. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass „Führung“ bisher als Weitergabe von Systeminteressen im Rahmen einer Hierarchie von oben nach unten gesehen wurde. Zum Führen braucht man sich also nicht in einer hierarchisch übergeordneten Position zu befinden – im Gegenteil. Immer öfter müssen die Chefs ohnmächtig feststellen, dass ihre Führungsleistungen nicht das bewirken, was sie eigentlich wollen. Dagegen finden in einem Sozialgebilde Prozesse statt, die von der Hierarchie nicht oder nur sehr peripher gesteuert werden können.

Humor und Lachen waren wahrscheinlich immer schon Instrumente, um solche „inoffiziellen“ Prozesse zu starten oder zu steuern. Mit Witz wehrten sich die Menschen gegen die ungeliebte Führung. Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt. Deswegen sind auch die verschiedenen Formen des Komischen von den Autoritäten als subversiv oder sogar destruktiv empfunden worden – und sie waren es auch. Man könnte dies auch als „Führung von unten“ bezeichnen.

Quelle: personal manager 1/2008