Das Verrückte an Statistiken und Umfragen ist, dass man keiner glauben kann. Wie sonst entstehen so unterschiedliche Ergebnisse? Gibt es nun die Generation Praktikum? Oder gibt es sie nicht? Viele Institute, Universitäten und Online-Foren beschäftigen sich mit diesem Thema. Mal kocht es hoch, mal hört man wieder längere Zeit nichts davon. Die Ergebnisse sind höchst unterschiedlich – je nachdem wen man befragt. Ist es ein Medienereignis? Sind die Absolventen selbst Schuld? Oder haben sie gar keine andere Chance? Hier ein paar Meinungen:
Dieter Grühn, Absolventenforscher an der Freien Universität (FU), hat eine Umfrage unter 500 Kölner und Berliner Absolventen gemacht. „Danach haben 37 Prozent der Uniabsolventen mindestens ein Praktikum nach dem Abschluss absolviert; bei den Frauen waren es 44 Prozent und bei den Männern 23 Prozent. Die Hälfte der Praktika war unbezahlt, ein Viertel der befragten Akademiker fühlte sich als „billige Arbeitskraft“. Durchschnittlich dauerte ein Praktikum sechs Monate. „Die Generation Praktikum ist nicht nur ein Medienereignis, sondern Realität für alle Studienfächer“, sagte Grühn. Allerdings nicht im gleichen Maße: In den Geistes- und Kulturwissenschaften macht mehr als die Hälfte ein Praktikum nach dem Studium, knapp die Hälfte ist es bei den Sozialwissenschaften. Aber auch viele Wirtschafts- und Naturwissenschaftler machen ein Praktikum, hier gibt es jedoch deutlich häufiger Geld.“
(TAZ, Fabian Reinbold, http://www.tagesspiegel.de/wissen-forschen/archiv/02.02.2007/3056858.asp, 2.2.2007)
„Es gibt keine Generation Praktikum, urteilen die Wissenschaftler des Hochschul-Informations-Systems (HIS), die als Erste eine repräsentative Befragung unter 12 000 Absolventen des Jahrgangs 2005 durchgeführt hat. Das Ergebnis: Praktika nach dem Studium sind keineswegs ein Massenphänomen. Tatsächlich variiert die Zahl der Praktikanten je nach Studienrichtung. Nur fünf Prozent der Absolventen im Fach Physik beginnen nach ihrem Studium noch einmal mit einem Praktikum, bei Geistes- und Sozialwissenschaftlern sind es 34 Prozent. Fast die Hälfte der Unisabsolventen in der HIS-Studie gibt an, mit der Hospitanz praktische Erfahrungen nach dem meist theorielastigem Studium sammeln zu wollen. Für 34 Prozent der Universitätsabsolventen und 47 Prozent der Fachhochschulabsolventen aber sollen Praktika die drohende Arbeitslosigkeit überbrücken. Frauen machen deutlich häufiger Praktika als Männer.“
(TAZ, M.Müller und M.Schröder, „Denn sie wissen nicht, was sie wollen
„http://www.tagesspiegel.de/karriere/archiv/15.04.2007/3196715.asp, 15.04.2007)
„Klein- und Mittelbetriebe beuten ihre Praktikanten nicht aus. So zumindest die Ergebnisse einer Blitzumfrage des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft unter rund 300 Mitgliedsunternehmen. “In mittelständischen Betrieben werden Praktikanten fair behandelt. Sie erhalten in der Regel eine angemessene Entlohnung und haben gute Chancen, im Anschluss in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden”, so BVMW-Präsident Mario Ohoven.
Der Umfrage zufolge beschäftigen rund 70 Prozent der kleinen und mittelgroßen Unternehmen einen oder mehrere Praktikanten. (…) Der Anteil der Unternehmen, die ihren Praktikanten nichts bezahlen können, liegt bei unter 20 Prozent.
“Auch die durchschnittliche Dauer der Praktika deutet nicht auf Ausbeutung hin”, betont der Mittelstandspräsident. Die Hälfte der Praktikanten sind ein bis drei Monate im Betrieb; 23 Prozent der Praktika dauern bis zu einem halben Jahr. “Ein Ergebnis hat uns besonders gefreut: Immerhin vier von zehn Praktikanten wurden im Vorjahr nach Ende des Praktikums in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Ich rechne angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs damit, dass es im laufenden Jahr noch mehr werden”, so Ohoven.“
(Pressemitteilung, http://www.bvmwonline.de/, 13.04.2007)
Wie auch immer die Realität tatsächlich aussieht: Besonders traurig ist folgende Aussage, die sich leider auch auf andere Themenbereiche der heutigen Generation ausdehnen lässt:
Laut Dieter Grühn ist die Generation Praktikum wenig kämpferisch. „Die Mehrzahl der Absolventen hat sich mit dem Phänomen abgefunden.“