Außerdem: Was heute für Behinderte entwickelt wird, kommt morgen nicht nur der Allgemeinheit insofern zugute, weil Behinderte dadurch besser teilhaben und ihr Können gewinnbringend für alle in die Gesellschaft einbringen können – sondern weil von solchen Erfindungen auch die Allgemeinheit für ihren eigenen Alltag profitieren kann. Behinderte Arbeitnehmer stellen daher häufig sogar ein Vorteil für Unternehmen dar.

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Foto von Jess Bailey

So Krauthausen „Behinderte Menschen sind oft loyalere Arbeitnehmer, weil sie wissen, dass sie woanders nicht so schnell einen Job finden.“ Außerdem würden sie „oft 110 Prozent geben, um bloß nicht aufzufallen – oder wenn, dann nur, um positiv aufzufallen.“

Er selber ist einer der wenigen Behinderten, die sogar eine Unternehmensgründung wagten. Er hat seine Stelle beim Radio aufgegeben und einen Beraterverein, die „Sozialhelden“ gegründet, seine eingangs erwähnte App entwickelt, die nun in eine Immobilienplattform eingebaut wird –  und er berät manchmal auch entmutigte behinderte Bewerber, Lern-, Arbeits-, Gründungs- und Zukunftswillige.

Denn ihr Zugang zur Ausbildung ist schwieriger: „Wie organisiere ich mir einen Gebärdendolmetscher, gibt es die Informatik-Vorlesung auch in Blindenschrift?“ – das entmutigt und erschwert Betroffenen nicht nur die Bildungs- und Arbeitszugänge, sondern führt auch zu Selbstbeschränkungen – häufig ausgelöst durch Entmutigungen besorgter Eltern, und „wohlmeinender“ Lehrer und Ärzte.

Krauthausen fordert daher sogar noch strengere Gesetze für Unternehmen, die auch Start-ups, die sich ja gerne besonders offen und fortschrittlich präsentieren, miteinbeziehen. Ihm ist klar, dass diese „aufgrund Ihres Skalierungsdrucks und ihres Wachstums häufig gar nicht die Zeit haben, sich mit einem guten Personalmanagement auseinanderzusetzen, also gar nicht auf die Suche nach Vielfalt gehen. Obwohl ihre Server schon längst CO2-neutral laufen, und es jeden Tag Bagels zum Mittagessen gibt, aber nur öko…“

Quellen u.a.:

http://sozialhelden.de/

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/integration-grenzt-die-tech-szene-behinderte-aus-15024575.html

Ein Auto überholt Sie. Der entgegenkommende Fahrer bremst nicht. Es kracht. Am nächsten Morgen wachen Sie auf. Ab jetzt zählen Sie die Stufen: Zirka 1,6 Millionen Rollstuhlfahrer gibt es in Deutschland. Der 36 Jährige Raul Krauthausen, Sprecher, Aktivist, Gründer und Entwickler – und selber Rollstuhlfahrer – hat eine eigene App entwickelt, die zeigt in welche Gebäude Rollstuhlfahrer hineinkommen und wann nicht mal der beste Hightech-Rollstuhl hilft.

Jenseits der AGG-Pflicht – Wenn Unternehmen und behinderte Mitarbeiter und Berater zusammenarbeiten

Doch, so im Filmbeitrag weiter: „Die Hindernisse der Arbeitswelt, das sind die Vorurteile: Der Investor könnte abgeschreckt werden, oder die Arbeit viel zu langsam vorangehen.“ Die Wahrheit liegt meistens woanders.

Auf High-Tech-Messen wie der Cube Tech Fair sieht man Behinderte selten bis gar nicht. Krauthausen kennt selber keine behinderten IT-ler oder Tech-Experten. Doch wäre das eine wirtschaftliche Win-Win-Gemeinschaft: Gemeinsam mit Behinderten die nötigen Hilfen und technischen Rafinessen zu entwickeln – da besteht enorm viel Potenzial für die Unternehmen. Auch Apple Mitgründer Steve Wosniak ist auf der Cube Tech Fair. Auch er trifft wenige Behinderte in der Tech-Szene, sein Credo: „Es gibt viele Menschen, die technisch sehr gut sind, die Apps schreiben und Hardware Design, sie müssen mehr Kontakt zu Menschen mit Behinderung bekommen, um für sie etwas zu entwickeln“.