Doch vor der Aktion steht als allererste Herausforderung: die Definition von Talent. Nach Wikipedia hat Talent im Sinne von Begabung seinen Ursprung in der altorientalischen Maßeinheit Talent, die auch in der Bibel zur Bezeichnung von einer entsprechend großen Menge Geld verwendet wird. Im uneinheitlich gedeuteten neutestamentarischen Gleichnis vom anvertrauten Geld werden drei Knechten fünf, drei oder nur ein Talent anvertraut – „jedem nach seiner eigenen Fähigkeit“. Personaler definieren Talent sehr einheitlich. So kommt es zum „War for Talents“ – dem Kampf um diese begnadete Gattung von Absolventen oder Young Professionals, die kaum zum arbeiten kommen, müssen sie doch ständig Head Hunter und Personaler abwimmeln, die ihnen den nächsten lukrativen High-Pot.-Einsteigervertrag mit direkter Aufnahme in den Talent-Pool anbieten wollen.

two people shaking hands
Foto von Cytonn Photography

Der große Rest der Absolventen dümpelt im Arbeitsmarkt vor sich hin, ist nach wie vor froh über die erlangte Einstiegsposition. Nun stellen Sie sich vor, Sie könnten aus Wasser Wein machen – aus einem scheinbar durchschnittlichen Mitarbeiter einen High Potential. Mit dieser Disziplin beschäftigen sich Literatur, Trainer, Coaches und Software. Unzählige Kombinationen aus oben genanntem werden auf Personalmessen immer wieder neu verpackt und als die Lösung propagiert. Ein wesentliches Element ist in zahlreichen Talent-Entwicklungsprogrammen enthalten: das Feedback.

Man könnte sagen, das mächtigste Entwicklungsinstrument von allen. Nicht umsonst wird es „Breakfast for Champions“ genannt. Die oft beschworene Elite baut auf diese Form der Rückmeldung! Im Sport durch Video-Analyse oder natürlich die Einschätzung von Sportskollegen oder Trainern. Im Fernsehen geben diverse „Experten“ meist offen und schonungslos Rückmeldung zu dem gerade erlebten. Im betrieblichen Umfeld kommt die Rolle des Trainers oder Juroren in der Regel dem direkten Vorgesetzten zu. In jedem Führungstraining werden daher Feedback- Regeln vermittelt. Zeitnah soll es sein, konkret, im Zwiegespräch und natürlich nennt man Positives zuerst, um es dem Feedbacknehmer leicht zu machen, die Rückmeldung annehmen zu können.

An dieser Stelle lauert ein gefährliches Tier, das schon mancher positiven Entwicklung ein jähes Ende bereitet hat. Jeder von uns kennt es und viele nutzen es arglos ohne die verheerende Wirkung zu kennen. Rückmeldungen wie:

  • Die Suppe schmeckt gut, aber meine Mutter tut immer noch Porree mit rein…
  • Ihre Präsentation hat mir gut gefallen, aber in den hinteren Reihen waren Sie kaum noch zu hören…

Die ehrlich positiv gemeinte Rückmeldung wird durch ihn – den A-BAER aufgefressen. Was bleibt ist alles, was nach dem Aber kommt. Von der klaren, gut strukturierten Präsentation bleibt das hängen, was nach dem aber kommt – kaum zu hören! Bei der nächsten Gelegenheit besteht die Gefahr, dass Selbstvertrauen und Aufmerksamkeit des Referenten eingeschränkt sind. Stärken stärken, die erwiesenermaßen erfolgversprechende Strategie im Umgang mit Talenten wird angefressen vom A-BAER! Deutsch wäre nicht die Sprache der Dichter und Denker wenn es nicht auch hierfür eine sprachliche Lösung gäbe. Hier also mein Vorschlag für alle Talentmanager: Verbannen Sie das gefährliche Tier aus ihrer Sprache – ersetzen Sie den A-BAER konsequent durch ein UND. Und verbindet, und ergänzt eine Stärke UND entwickelt Talente!