Leseprobe

woman sitting at table
Foto von Campaign Creators

Nach unseren Erfahrungen werden Arbeit und Gesundheit oft als Gegensätze gesehen. Führungskräfte, die in ihrer Rolle Arbeitsleistung einfordern, gelten demnach eher als Risikofaktoren für die Gesundheit der Mitarbeiter, denn als deren Förderer.

Sowohl für Führung als auch für Gesundheit gibt es ausformulierte Theorien und darauf aufbauende Handlungsanleitungen, die aber in der Praxis wenig Anwendung und Verbreitung finden. Im betrieblichen Alltag wird Führung häufig auf Fachkompetenz verengt, Gesundheit auf Formen des Lebensstils und Reparaturmedizin reduziert.

Wir legen in diesem Buch dar, dass ein enger Zusammenhang zwischen Gesundheit und Arbeitszufriedenheit besteht. Diese wiederum ist in hohem Ausmaß von – wie wir es nennen – Gesunder Führung abhängig. Unser Anspruch ist es,

► das im 21. Jahrhundert verfügbare Grundlagenwissen über Menschen und ihre soziale Interaktion in übersichtlicher und praxisnaher Form darzustellen, wissenschaftliche Befunde zu Gesund-heit und Führung zu erläutern,

► die Prinzipien gesunden Führens zu vermitteln,

► zu Selbstbeobachtung und Selbstreflexion anzuregen und

► erprobte Instrumente zur differenzierten Einschätzung von Mitarbeitern und darauf beruhenden unterschiedlichen Gesprächsformen anzubieten.

Gesund führen –
Mitarbeitergespräche zur Erhaltung
von Leistungsfähigkeit und Gesundheit 
in Unternehmen

Von Wolfgang Gratz, Horst Röthel und Sissi Sattler-Zisser

Linde International
200 Seiten, 22,00 Euro
ISBN: 9783709305577
www.lindeverlag.at




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Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 1 Jänner / Februar 2015

Zu Beginn beleuchtet das Buch den Menschen aus psychoanalytischer Sicht als rationalisierendes – und nicht rationales – Wesen. Welche Rolle spielt also das Unbewusste im Zusammenhang mit Leistungsbereitschaft und Arbeitshaltung? Verschiedene Theorien aus der Kognitionspsychologie liefern dazu interessante Ansätze zu Wahrnehmungsmustern. 

Arbeitsverhältnisse als Koppelung von Menschen und Aufgaben, als Funktion aus Persönlichkeit und Umwelt, als Austausch von Leistungen und Duldungen sind die Themen, die sich als roter Faden durch das Buch ziehen und schließlich zum „Haus der Arbeitsfähigkeit“ führen, einem Modell der Einflussfaktoren auf gesunde Leistungsfähigkeit im Beruf. Verschiedene Kommunikationstheorien runden das Bild ab.

Das „gesunde Gespräch“ ist ein von den Autoren entwickeltes Modell, welches Führungskräfte ermutigen soll, das mittlerweile ein wenig in die Jahre gekommene Mitarbeitergespräch neu aufzusetzen und den Fokus weg von der Zielübermittlung und hin zum konstruktiven, eben „gesunden“ Feedback zu lenken – nach der Formel „Leistung = Können x Wollen x Dürfen“. 

Übersichtliche Grafiken, Checklisten für den Arbeitsalltag, Formulierungsbeispiele für Führungskräfte spannen den Bogen zur Praxis. Den Abschluss bilden zahlreiche Gesprächsleitfäden für unterschiedliche Situationen und Eskalationsstufen des Mitarbeitergesprächs, stets mit Hauptaugenmerk auf wertschätzende Kommunikation.

Das Buch bietet somit einen sehr ausführlichen Überblick über die gängigsten Theorien und Ansätze aus den Bereichen Führung, Personalentwicklung und Kommunikation. Durch den hohen Theorieanteil leidet mitunter die Lesbarkeit, was am Ende jedoch durch die sehr praxisbezogenen Arbeitshilfen und Checklisten wieder wettgemacht wird. Einsteigern in das Thema Führung wird ein umfassendes Bild des Themas geboten, Führungserprobte werden angeregt, das eigene Führungsverhalten neu zu überdenken.

„Führung heißt nicht, als Kapitän auf der Brücke eines Schiffes zu stehen und dieses per Computer zu steuern. Es bedeutet vielmehr, auf einem Surfbrett zu stehen, den Elementen ausgeliefert zu sein, sie aber respektvoll für sich nützen zu können, um unbeschadet ungefähr dorthin zu kommen, wo man hinwill“, so heißt es sinngemäß am Ende des Buches. Treffender kann man Führung wohl kaum beschreiben.