"Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass freiwillige Selbstverpflichtungen wie bisher nicht reichen", sagte DIW-Expertin Elke Holst bei der Vorstellung des DIW-Managerinnen-Barometers. "Wenn die Unternehmen den Frauenanteil in Führungspositionen signifikant steigern wollen, sollten sie sich verbindliche Zielgrößen geben und diese innerhalb fester Zeitrahmen umsetzen."

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Foto von Campaign Creators

Die neuen Zahlen des DIW Berlin zeigen, dass der Männeranteil in den Vorständen der 200 größten Unternehmen in Deutschland (außerhalb der Finanzbranche) überwältigend ist. Inwieweit ein Rückgang um zwei Prozentpunkte auf 96,8 Prozent in den vergangenen fünf Jahren Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation geben kann, bleibt abzuwarten. "Die Unternehmen haben sich schon 2001 für mehr Frauen in Führungspositionen ausgesprochen", erinnert Elke Holst. "Angesichts dieser Versprechen ist ein Plus von 18 Sitzen gegenüber 2006 schlicht zu wenig." 877 von 906 Vorstandsposten in den großen 200 Unternehmen werden von Männern besetzt.

Banken lassen Chancen ungenutzt

Trübe sieht es für Frauen in der Finanzbranche aus. Dort sind mehr als die Hälfte der Beschäftigten Frauen. Bei Banken und Sparkassen war es im Rahmen der Finanzkrise zu massiven Umwälzungen in den Vorständen und Aufsichtsräten gekommen - die Hoffnung, dass sich dadurch auch der Frauenanteil erhöht, hat sich aber nicht erfüllt: Der Frauenanteil in den Vorständen liegt hier bei 2,9 Prozent und damit nur 0,4 Prozentpunkte höher als 2006, bei den Versicherungen befindet er mit 2,5 Prozent auf dem Ausgangsniveau von 2006. 90 der 100 größten Banken und Sparkassen in Deutschland haben reine Männervorstände, auch bei den Versicherungen sind es mehr als 80 Prozent.

Nur ein einziges Finanzinstitut in Deutschland, die Hypo Real Estate, hat seit Mai 2010 eine weibliche Vorstandsvorsitzende. Der Grund für die Marginalisierung von Frauen liegt für Elke Holst in der Unternehmenskultur: "Sehr lange Arbeitszeiten und die Aufopferung für den Betrieb werden meist als wichtiges Qualifikationsmerkmal für Führungskräfte angesehen". Das sei nicht nur für Frauen ein Problem - auch Männer, die sich neben der Arbeit um ihre Familie kümmern wollen, kämen in einer solchen Unternehmenskultur nicht weit.

Frauen in Aufsichtsräten - meist Arbeitnehmervertreterinnen

In den Aufsichtsräten gibt es auf den ersten Blick mehr Frauen als in den Vorständen: Immerhin 10,6 Prozent der Aufsichtsratsposten in den Top-200-Unternehmen sind in Frauenhand. Der Grund dafür sind die Mitbestimmungsregelungen, erklärte Elke Holst: "Mehr als 70 Prozent der Frauen in Aufsichtsräten sind Arbeitnehmervertreterinnen." Nur zwei der 200 größten Unternehmen haben eine Aufsichtsratsvorsitzende: Henkel und die Würth-Gruppe - in beiden Fällen stammen die Vorsitzenden aus der Eigentümerfamilie der Unternehmen. In den Banken und Sparkassen ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten mit 16,3 Prozent am höchsten, dabei spielt es praktisch keine Rolle, ob das Haus öffentlich-rechtlich oder privat ist.

Internationaler Vergleich: Deutschland schlechter als China, Brasilien und Russland

 

Im EU-Vergleich liegt Deutschland beim Frauenanteil in den Aufsichtsräten aufgrund der Mitbestimmungsregelungen im Mittelfeld. Bei den Vorständen sieht es hingegen besonders düster aus: Schweden, Frankreich und die USA, aber auch China, Brasilien und Russland: In allen diesen Ländern finden sich mehr Frauen in Vorstandsposten als in Deutschland.

"Am besten wäre es, wenn die Unternehmen selbst mehr Frauen in Führungspositionen berufen", so Elke Holst. Dies sei in deren eigenem Interesse - denn Studien zeigen, dass mehr Frauen an der Spitze sich auch für das Unternehmen rechnen. Zudem dürfte die öffentliche Zustimmung zu einer gesetzlich festgelegten Quote wachsen, solange die Unternehmen nicht selber für mehr Frauen in Spitzengremien sorgen. "Lippenbekenntnisse und unverbindliche Absichtserklärung reichen nicht mehr aus", sagte Holst. "Die Unternehmen sind gut beraten sich quantifizierte Ziele zu geben und sie zügig umzusetzen."

Quelle: Pressemitteilung vom 18. Januar 2011