Alternde Belegschaften und der prognostizierte Fachkräftemangel bedingen, Arbeitnehmende länger gesund, leistungsfähig und motiviert im Erwerbsleben zu halten. Patentrezepte sind jedoch keine Lösung, denn die Handlungsfelder sind so vielfältig wie die Unternehmen selbst. Mit einem auf vier Säulen aufgebauten „Demografischen Fitness-Programm“ können Unternehmen und Mitarbeitende unterstützt werden, sowohl die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen als auch die Arbeits- und Leistungsfähigkeit sowie die Lebensqualität der Mitarbeitenden zu erhalten und zu fördern. Die vier Säulen heissen: „Wissen, wo das Unternehmen steht“, „Wissen, wo der Mitarbeitende steht“, „Sensibilisieren und Qualifizieren der Führungskräfte“ und „Von Beispielen guter Praxis lernen“.
Wissen, wo das Unternehmen steht
Um Personal-Risiken abschätzen und rechtzeitig gegensteuern zu können, sollten Unternehmen zunächst die Altersstruktur in ihrem Betrieb analysieren und daraus entsprechende Prognosen ableiten, beispielsweise mit dem datenbankbasierten Altersstrukturanalysetool ASTRA. Neben einer Analyse der Ist-Situation ermöglichen szenario-basierte Simulationen eine Prognose, wie sich die Altersstrukturen in Zukunft weiter entwickeln. Dabei können auch Kennzahlen wie Fluktuation, Frühpensionierungs- und IV-Rate berücksichtigt werden. Daraus ergeben sich bereits erste Hinweise auf Handlungsbedarf. Ein weiteres Analysetool, der sogenannte Age-R-Profiler, nimmt dann einzelne Unternehmensbereiche wie Rekrutierung, Arbeitszeit und Arbeitsgestaltung, betriebliche Gesundheitsförderung, Personalbeurteilung, Personalentwicklung, Personalfreistellung und Unternehmenskultur genauer unter die Lupe. Dabei sollten unterschiedliche betriebliche Akteure aus dem HRM, der betrieblichen Gesundheitsförderung sowie der Linie im Boot sein, um die erforderlichen Daten und Informationen zusammenzutragen und auszuwerten. Für den Bereich der Gesundheitsförderung ist unter anderem zu analysieren, welche Kennzahlen, Instrumente und Massnahmen es gibt, wie diese ausgerichtet sind – ob verhaltens- oder verhältnisorientiert, präventiv oder korrektiv –, und wie sie tatsächlich genutzt werden. Anschließende Strategieworkshops bieten dann den Rahmen, die Ergebnisse zu diskutieren und konkrete Massnahmen abzuleiten.
Wissen, wo der Mitarbeitende steht
Zu wissen, wo der jeweilige Mitarbeitende steht, macht die zweite Säule des Fitnessprogramms aus. Dies geschieht zum Beispiel im Rahmen von Standortbestimmungen, die nicht erst mit 45 oder 50plus anfangen sollten, sondern lebenszyklusorientiert einzubetten sind. Denn sich rechtzeitig mit dem eigenen Älterwerden und möglichen Konsequenzen auf die Arbeitszufriedenheit, Gesundheit, Leistungsfähigkeit sowie die beruflichen Entwicklungswege auseinanderzusetzen, ist eine wesentliche Voraussetzung, um rechtzeitig die Weichen für Veränderungen zu stellen und gegebenenfalls präventive Massnahmen zu ergreifen. Vorgesetzte und Personalverantwortliche benötigen einen Überblick darüber, was die Beschäftigten bislang erreicht haben und wohin sie sich entwickeln möchten. Auch ihre gesundheitliche Verfassung, ihre Arbeits- und Leistungsfähigkeit sowie Fragen zur Work-Life-Balance müssen in mögliche Programme und Massnahmen einfließen, damit diese nicht an den Bedürfnissen der Betreffenden vorbeigehen. Wie können Anforderungsprofile und Kompetenzen aufeinander abgestimmt werden, welche Konsequenzen ergeben sich für die Personalentwicklung und wie steht es mit der jeweiligen Arbeitsmarktfähigkeit? – diese Fragen gehören wesentlich zur Standortbestimmung.
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Sensibilisieren und Qualifizieren der Führungskräfte
Die besten Massnahmen eines alternsgerechten Personalmanagements bleiben Makulatur, wenn die Führungskräfte sie nicht umsetzen. Daher sind sie Adressat eines weiteren Teils des demografischen Fitness-Programms. Denn ihre persönlichen Einstellungen zum Älterwerden bestimmen ihren Führungsstil und der wirkt sich auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden aus. Spezielle Trainings zum alternsgerechten Führen sensibilisieren unter anderem für den Umgang mit dem (eigenen) Alter in kritischen Führungssituationen und bauen defizitäre Altersleitbilder ab – eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass Vorgesetzte Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung für sich selbst und ihre Mitarbeitende in Anspruch nehmen.
Von Beispielen „Guter Praxis“ lernen
Es gibt viele gute Praxisbeispiele, wie Unternehmen der „Demografie-Falle“ entgehen. „Das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden“ ist folglich das Motto der letzten Säule des Fitness-Programms. Häufig reicht es, vorliegende Ansätze der betrieblichen Gesundheitsförderung oder anderer HR-Bereiche aus dem eigenen oder aus anderen Unternehmen in einen alters- und lebensphasenorientierten Kontext zu stellen, sie zu individualisieren, zu flexibilisieren und sinnvoll zu kombinieren, um den Herausforderungen des demografischen Wandels zu begegnen.
Buchtipp:
Martina Zölch, Anja Mücke, Anita Graf, Axel Schilling: Fit für den demografischen Wandel?
Ergebnisse, Instrumente, Ansätze guter Praxis
390 Seiten, CHF 69.– (UVP) ISBN 978-3-258-07493-1