Zu professionellem Personalmanagement ist es noch ein weiter Weg. So jedenfalls könnte man urteilen, wenn man die Ergebnisse der TED-Umfrage betrachtet, die unter den über 850 Teilnehmern des 14. DGFP-Kongresses am 8. und 9. Juni in Wiesbaden durchgeführt wurde. Auf die Frage, wie professionell das Personalmanagement in deutschen Unternehmen sei, antwortete die klare Mehrheit, nämlich 57 Prozent, mit „mittelmäßig“. Aber immerhin meinten auch 52 Prozent, dass der Einfluss des Personalmanagements auf den Unternehmenserfolg tendenziell gestiegen sei. Für die DGFP war diese Umfrage auch eine Standortbestimmung der eigenen Professionalisierungsinitiative.

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Foto von Austin Distel

Professionalisierung: Wissenschaft und Praxis nähern sich an

Nachdem sie unter anderem für ihr umstrittenes Instrument PIX sowie ihren Vorstoß, Studiengänge zertifizieren zu wollen, viel Kritik einstecken musste, nutzte die DGFP ihren diesjährigen Kongress dazu, eine neue Phase ihrer Professionalisierungsinitiative einzuläuten. „Die Aktivitäten im vergangenen Jahr haben nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt“, räumte DGFP-Vorstand Günter Fleig ein. „Leider kam es zu einer Abwehr- und Verteidigungshaltung sowohl vonseiten der Wissenschaft als auch auf unserer Seite.“ Im Rahmen des Kongresses waren beide Seiten nun sichtlich um Annäherung bemüht. „Wir wollen den Dialog mit den Hochschulen eröffnen“, gab DGFP-Chef Hans Böhm als Parole aus und Professor Christian Scholz von der Universität des Saarlandes ergänzte: „Die Impulse sollten in beide Richtungen fließen.“ Angesichts der zukünftigen Herausforderungen an das Personalwesen kann eine solche gegenseitige Befruchtung von Praxis und Wissenschaft nur von Vorteil sein. Denn die Aufgaben des Personalmanagers werden nicht einfacher. 89 Prozent der an dem Kongress anwesenden Personaler sagen, die Anforderungen an sie seien in den letzten drei Jahren „tendenziell oder deutlich anspruchsvoller“ geworden. Aber darin liege auch gleichzeitig die Chance, sich und das Berufsbild des Personalers zu profilieren, so Günter Fleig.

Demografischer Wandel wird zur Bewährungsprobe

Zur Bewährungsprobe für Personalmanager werden in den kommenden Jahren vor allem zwei Herausforderungen werden: Die zunehmende Internationalisierung und der demografische Wandel. Mit diesen Themen beschäftigte sich auch ein Großteil der mehr als 40 Fachvorträge an beiden Kongresstagen. Beispielsweise zeigte Sonja Sackmann, Dekanin und Professorin am Institut für Personal- und Organisationsforschung der Universität der Bundeswehr München, wie sich internationale Belegschaften auf die Unternehmenskultur auswirken und welche Gestaltungsmöglichkeiten für Zusammenarbeit und Führung es auf strategischer und auf operativer Ebene gibt.

Frank Schirrmacher, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, warnte noch einmal eindringlich vor den Folgen der alternden Gesellschaft. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen machte deutlich, dass der Weg zur Bewältigung des demografischen Wandels nur über eine familienfreundliche Gestaltung der Arbeitswelt führt. Unternehmen seien angesichts des zu erwartenden Arbeitskräftemangels dringend auf gut ausgebildete junge Frauen im Unternehmen angewiesen, für die ihre Berufstätigkeit jedoch kein Hindernis sein dürfe, selbst Kinder zu bekommen. Fest steht in jedem Fall: Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt werden sich umkehren. Deshalb wird sich auch das Verhältnis von Arbeitnehmern und Arbeitgebern wandeln. „Unternehmen und Mitarbeiter stehen in gegenseitiger Kundenbeziehung. In Deutschland ist diese Beziehung aus dem Gleichgewicht und muss erst wieder neu austariert werden“, gab DaimlerChrysler-Vorstand Dieter Zetsche den versammelten Kongressteilnehmern im Plenum mit auf den Weg. Die Sick AG in Waldkirch hat sich darauf schon eingestellt. „Unsere Mitarbeiter müssen so gut sein, dass sie jederzeit auf dem Arbeitsmarkt ein anderes Angebot bekommen können, und wir müssen als Arbeitgeber so attraktiv sein, dass sie trotzdem bei uns bleiben“, erläuterte Sick-Personalchef Rudolf Kast seine Unternehmensphilosophie.

HR entwickelt sich vom Business Partner zum Business Player

Angesichts dieser Herausforderungen ist es bemerkenswert, dass nur ein Fünftel der Personalmanager, die an der TED-Umfrage teilnahmen, angab, echte Mitgestalter der Unternehmensstrategie zu sein. Der Rest sieht sich als reine „Umsetzer“ oder – noch eine Stufe darunter – als Berater der Führungskräfte. Um die anstehenden Aufgaben zu meistern, müssten Personalmanager jedoch unbedingt „ihre“ Themen zu zentralen Angelpunkten der Unternehmensstrategie machen. In diesem Sinne forderte Les Hayman, Vertreter der Geschäftsführung von SAP Paris, in seinem Vortrag „Can HR survive?“ die Teilnehmer zum Abschluss des zweiten Kongresstages auf, das Konzept des Business Partners zu überdenken oder vielmehr einen Schritt weiter zu denken: nämlich „vom Business Partner zum Business Player“ zu werden. Denn ein Partner sei jemand, der die Strategie ausführt, die sich jemand anderes ausgedacht hat. Der Player hingegen gestalte die Strategie aktiv mit. Nur wenn Personaler der Unternehmensstrategie ihren eigenen Stempel aufdrückten, könne HR überleben.