1. Welche Arten von Diskriminierungen fallen unter die neuen Rechtsvorschriften des AGG?
    2. Das AGG verbietet Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf aus folgenden Gründen:
      • der Rasse
      • der ethnischen Herkunft
      • des Geschlechts
      • der Religion
      • der Weltanschauung
      • einer Behinderung
      • des Alters
      • oder der sexuellen Identität.

 

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Foto von Annie Spratt
  • Was bedeutet Diskriminierung?

Das AGG verwendet den Begriff der Diskriminierung als eine Art Oberbegriff, unter den die im Gesetz genannten Begriffe der unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligung, der Belästigung und der sexuellen Belästigung fallen.

 

 

  • Was ist der Unterschied zwischen unmittelbarer und mittelbarer Benachteiligung?

Ein Beispiel für eine unmittelbare Diskriminierung wäre eine Stellenanzeige, in der es heißt, dass Bewerbungen von Menschen mit Behinderungen nicht berücksichtigt werden. Ein Ladenbesitzer, der sich weigert, ausreichend qualifizierte Bewerber aufgrund von deren ethnischer Herkunft als Verkäufer einzustellen, weil der Geschäftsinhaber meint, dadurch Kunden verlieren zu können, benachteiligt diesen Personenkreis unmittelbar. Gleiches gilt für einen Arbeitgeber, der in einer Stellenanzeige den Bewerberkreis auf Leute eines bestimmten Altersrahmens („Sie sind zwischen 25 und 35 Jahre alt”) beschränkt, auch wenn die betreffende Tätigkeit ebenso gut z. B. von einer 20-jährigen, 40-jährigen oder 55-jährigen Person ausgeübt werden könnte. Eine mittelbare Diskriminierung wäre beispielsweise gegeben, wenn alle Bewerber um eine Stelle als Bauhelfer einen schriftlichen Deutsch-Test absolvieren müssten, obwohl es für die Tätigkeit ausreicht, Deutsch zu sprechen und die Beherrschung von Deutsch in Schrift für die Ausübung der Tätigkeit als Bauhelfer im Einzelfall nicht erforderlich ist. Die Durchführung eines solchen Tests könnte zur Folge haben, dass Bewerberinnen und Bewerber mit einer anderen Muttersprache ausgeschlossen werden.

 

 

  • Was ist eine Belästigung?

Eine Belästigung liegt z. B. vor, wenn der farbige Fahrer eines Paket-Zustelldienstes von seinen Kollegen während der Frühstückspause unter Anspielung auf seine Hautfarbe regelmäßig Bananen „geschenkt” bekommt oder statt mit seinem Namen mit auf seine Hautfarbe abstellenden „Spitznamen” (z. B. „Schoko-Crossie”) angesprochen wird. Eine Belästigung im Sinne des Gesetzes wäre es auch, wenn ein homosexueller Kollege von seinen Kolleginnen immer als „Schwuchtel” angesprochen wird. Jede Benachteiligung, die mit einem der vom Gesetz geschützten Kriterien in Zusammenhang steht und durch eine unerwünschte Verhaltensweise bezweckt oder bewirkt wird, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, ist eine Belästigung.

 

 

  • Wann liegt eine sexuelle Belästigung vor?

Eine von dem AGG untersagte sexuelle Belästigung besteht in einem unerwünschten, sexuell bestimmten Verhalten. Sexuell oder sexuell bestimmt ist jedes Verhalten, das einen geschlechtlichen Bezug aufweist. Dies ist u. a. der Fall bei sexuellen Handlungen und Aufforderungen zu diesen, entsprechenden körperlichen Berührungen oder Bemerkungen sowie dem Zeigen und sichtbaren Anbringen von pornographischen Darstellungen. Bemerkungen sexuellen Inhalts sind u. a. Äußerungen über sexuelles Verhalten oder diesbezügliche Vorlieben bzw. Neigungen sowie die körperlichen Vorzüge oder Nachteile von Beschäftigten. Sie müssen nicht unbedingt an die Belästigten gerichtet sein; es genügt, wenn durch derartige Äußerungen für den Betroffenen am Arbeitsplatz ein Klima der Belästigung erzeugt wird, dem er sich nicht entziehen kann. Dazu kann z. B. auch zählen, wenn Mitarbeiter im Lager einer Spedition einer Kollegin aus der Buchhaltung regelmäßig „nachpfeifen”, wenn sie durch das Lager geht.

 

 

  • Was versteht das AGG unter dem Merkmal Behinderung?

Der Behinderungsbegriff des AGG geht erheblich weiter als die Behinderung i.S. des Sozialgesetzbuches: Er umfasst sowohl körperliche als auch geistige und seelische Beeinträchtigungen. Entscheidend ist, dass der Betroffene stärker als der Durchschnitt seiner Altersgenossen beeinträchtigt ist und dass die Beeinträchtigung voraussichtlich länger als sechs Monate anhält. So gilt z. B. ein Arbeitnehmer als behindert, der wegen seiner starken Kurzsichtigkeit eine Brille tragen muss. Auch eine Arbeitnehmerin, die an Depressionen leidet, ist behindert im Sinne des Gesetzes.

 

 

  • Wie steht es mit der Diskriminierung auf Grund der Nationalität bzw. Staatsangehörigkeit?

Eine Diskriminierung allein aus Gründen der Nationalität oder Staatsangehörigkeit wird grundsätzlich nicht vom AGG erfasst. Die Nationalität oder Staatsangehörigkeit ist kein Merkmal, an welches das Gesetz anknüpft. Insbesondere sind die Nationalität oder Staatsangehörigkeit nicht gleichbedeutend mit ethnischer Herkunft. Deutlich wird dies z. B. an einem Sohn kurdischer Gastarbeiter, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ein Abstellen auf die Staatsangehörigkeit z. B. in einer Stellenanzeige („Sie sind deutscher Staatsangehöriger”) könnte aber eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft darstellen.

 

 

  • Gibt es Besonderheiten zu den Merkmalen Religion und Weltanschauung?

Das AGG verbietet grundsätzlich die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seiner Religion oder Weltanschauung. Allerdings lässt das Gesetz eine unterschiedliche Behandlung wegen Religion oder Weltanschauung durch Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen ausdrücklich zu. Kirchen dürfen bei der Besetzung von Stellen damit z. B. die eigene Konfessionsangehörigkeit fordern. Zusätzlich dürfen Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften von ihren Beschäftigten ein „loyales und aufrichtiges Verhalten” im Sinne ihres Selbstverständnisses verlangen. Darunter fällt beispielsweise bei katholischen Einrichtungen die Vorgabe, dass nach einer Scheidung nicht wieder geheiratet werden darf, will man den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht gefährden.

 

 

  • Darf ich bei der Einstellung eines Mitarbeiters oder der Beauftragung eines Dienstleisters nach einer Mitgliedschaft bei Scientologie fragen?

Nach deutschem Recht ist Scientology nicht als Kirche anerkannt; es ist derzeit also weiter zulässig, von Arbeitnehmern die Erklärung zu verlangen, dass sie nicht Scientology angehören.

 

 

  • Für welche Arbeitgeber gilt das AGG?

Die neuen Vorschriften gelten für alle öffentlichen und privaten Arbeitgeber. Sie gelten auch für natürliche oder juristische Personen, denen ein Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen wird, d. h. Entleiher/Kunden von Zeitarbeitsfirmen. Für Heimarbeiter tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister. Das AGG findet auch Anwendung, wenn es um die Bedingungen für den Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (wie die Bedingungen für die Ausübung bestimmter Gewerbe oder Berufe) geht. Insoweit gilt der Auftraggeber als Arbeitgeber. So muss z. B. bei der Ausschreibung von Reinigungsarbeiten oder EDV-Dienstleistungen künftig ebenso darauf geachtet werden, dass nicht an ein gesetzlich geschütztes Merkmal angeknüpft wird wie bei der Auswahl des Dienstleisters, der den Zuschlag, d. h. den Auftrag erhält.

 

 

  • Für welche Bereiche des Arbeitslebens gelten die neuen Vorschriften?

Die neuen Antidiskriminierungsvorschriften gelten in allen Phasen des Arbeitsverhältnisses -

 

  • angefangen bei der Einstellung einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen,
  • für die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt,
  • für den beruflichen Aufstieg, z. B. durch Beförderung,
  • für den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung,
  • für die Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung,
  • für die berufliche Weiterbildung und Umschulung,
  • bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und den Entlassungsbedingungen
  • und der Mitgliedschaft und Mitwirkung in Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden.

 

  • Welche allgemeinen Pflichten ergeben sich aus dem AGG für den Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitsplätze - sowohl intern als auch extern - diskriminierungsfrei auszuschreiben. Weiter ist der Arbeitgeber verpflichtet, alles Erforderliche zu tun, um Beschäftigte vor Benachteiligung wegen eines Diskriminierungsmerkmals zu schützen. Dieser Schutz umfasst insbesondere präventive, d.h. vorbeugende Maßnahmen. Was jeweils „erforderlich ist”, richtet sich nach objektiven Gesichtspunkten. Der Arbeitgeber soll insbesondere bei der Aus- und Fortbildung auf die Unzulässigkeit von Benachteiligungen hinweisen. Dies ist ein wesentlicher Teil seiner Präventionspflicht. Der Schulung der Arbeitnehmer kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Hat der Arbeitgeber die Beschäftigten nämlich in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligungen geschult, hat er damit seine allgemeinen gesetzlichen Pflichten zunächst erfüllt. Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, das AGG im Betrieb bekannt zu machen. Die Bekanntmachung kann z. B. durch Aushang oder Auslage oder durch Einstellen in das Intranet erfolgen.

 

 

  • Was ist bei der Formulierung von Stellenanzeigen zu beachten?

Bislang mussten Stellenausschreibungen grundsätzlich geschlechtsneutral erfolgen. Künftig dürfen Arbeitsplätze nicht unter Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot ausgeschrieben werden, d.h. soweit in der Ausschreibung bestimmte Anforderungen an die Rasse oder ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität gestellt werden, muss dies im Einzelfall bezogen auf die konkrete Stelle gerechtfertigt sein.

 

 

  • Was ist bei Vorstellungsgesprächen zu beachten?

Im Falle der unzulässigen Erfragung der im Gesetz genannten Gründe für eine mögliche Diskriminierung darf der Arbeitnehmer im Vorstellungsgespräch falsche Antworten geben, ohne dass eine Sanktionsmöglichkeit wie z.B. eine darauf gestützte Anfechtung des Arbeitsvertrages möglich ist. Vermeiden Sie daher im Vorstellungsgespräch vorsichtshalber entsprechende Fragen. Auch hier gilt: Dokumentieren Sie unbedingt die Entscheidungsprozesse, die zur Stellenbesetzung geführt haben, um eventuellen Klagen abgewiesener Bewerber und damit verbundener Diskriminierungsvorwürfe begegnen zu können! Aus diesem Grund sollten Vorstellungsgespräche auch stets durch mehrere Personen gemeinsam durchgeführt werden.

 

 

  • Was haben Sie zu tun, wenn Ihnen eine unzulässige Benachteiligung oder Belästigung durch einen Mitarbeiter oder Dritte gemeldet wird?

Sie als Arbeitgeber/Führungskraft müssen im Einzelfall eingreifen, wenn Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen. Sie müssen dann – so das Gesetz – „die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung” ergreifen. Denkbar sind dabei alle allgemeinen arbeitsrechtlichen Maßnahmen, angefangen bei der Ermahnung über die Abmahnung bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In Betracht kommt auch eine Umsetzung oder Versetzung. Die Maßnahmen müssen sich gegen denjenigen richten, der gegen das Benachteiligungsverbot verstößt, z. B. indem er einen Kollegen wegen seiner Herkunft beleidigt (= belästigt) oder eine Kollegin sexuell belästigt. Unter Umständen kann aber auch eine Umsetzung oder Versetzung des Opfers bei einer Benachteiligung geboten sein, z. B. die Versetzung einer von mehreren Abteilungskollegen sexuell belästigten Mitarbeiterin in eine andere Abteilung, oder die Herausnahme und Umsetzung eines griechischen Mitarbeiters aus einer Schicht, in der überwiegend türkische Arbeitnehmer beschäftigt sind, die den Griechen regelmäßig anfeinden. Werden Beschäftigte durch Dritte, z.B. Kunden oder Auftraggeber diskriminiert, entsteht ein Konflikt zwischen dem notwendigen Arbeitnehmerschutz und der unternehmerisch erforderlichen Kundennähe. Die Lösung dieses Konflikts kann im Einzelfall schwierig sein. Mögliche Maßnahmen sind die Herausnahme des betroffenen Mitarbeiters aus der Kundenbeziehung oder die Weitergabe eines Unternehmenskodex auch an die Kunden, z.B. durch Aufnahme in die eigenen AGB. Die Beendigung der Kundenbeziehung dürfte jedoch regelmäßig nicht zumutbar sein.

 

 

  • Welche besonderen Aufgaben habe ich als Führungkraft beim Thema AGG?

Ihre Hauptaufgabe ist es, eine diskriminierungsfreie Arbeitsatmosphäre zu schaffen und zu erhalten. Diskriminierungen werden auch bei bester Prävention nicht immer vermeidbar sein. Aus dem Grund ist es enorm wichtig, dass Sie als Führungskraft Diskriminierungen in Ihrem Verantwortungsbereich zeitnah mitbekommen und die Reaktion hierauf umgehend mit dem Personalleiter abstimmen und ggf. umsetzen. Falls Stellen in Ihrem Unternehmen nicht über die Personalabteilung - sondern direkt über den Fachbereich - ausgeschrieben werden, tragen Sie die Verantwortung für eine diskriminierungsfreie Ausschreibung.

 

 

  • Wie gehe ich mit Beschwerden von ihrer Ansicht nach unzulässig diskriminierten Arbeitnehmern um?

Grundsätzlich haben unzulässig diskriminierte Arbeitnehmer ein Beschwerderecht bei der dafür zuständigen Einrichtung des Arbeitgebers. Die Beschwerde muss geprüft werden und dem Arbeitnehmer das Ergebnis mitgeteilt werden. Es empfiehlt sich daher die Schaffung eines hierfür zuständigen betrieblichen Beauftragten bzw. einer Beschwerdestelle, die jede eingehende Beschwerde und deren Behandlung dokumentiert. Eine solche Beschwerdestelle kann z.B. in der Personalabteilung eingerichtet werden. Werden keine geeigneten Maßnahmen getroffen und der betroffene Mitarbeiter ist Opfer von diskriminierenden Belästigungen, hat er ein Leistungsverweigerungsrecht, d.h. er kann die Arbeitsleitung einstellen.

 

 

  • Besteht eine Verpflichtung, Führungskräfte bezüglich der neuen Anforderungen speziell zu schulen?

Eine ausdrückliche Verpflichtung, Führungskräfte nach den neuen Regelungen des AGG zu schulen, besteht nicht. Der Arbeitgeber hat jedoch die Pflicht, in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen der der beruflichen Aus- und Fortbildung, darauf hinzuwirken, dass unzulässige Benachteiligungen unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Art und Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligungen geschult, hat der diese Pflicht in jedem Fall erfüllt. Es kann zur Vermeidung von möglichen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen deshalb nur empfohlen werden, geeignete Schulungen durchzuführen und dies zu dokumentieren.

 

 

  • Treffen den Arbeitgeber auch Pflichten bei Diskriminierung von Arbeitnehmern durch betriebsfremde Dritte, z. B. Kunden?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiter auch vor Diskriminierung durch Dritte schützen, z. B. wenn ein Auslieferungsfahrer von einem Kunden wegen seiner ethnischen Herkunft schikaniert wird oder wenn ein Kunde eines Pflegedienstes die Behandlung und Versorgung durch einen homosexuellen Mitarbeiter des Pflegedienstes ablehnt. Das AGG normiert dazu lediglich allgemein, dass der Arbeitgeber „die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen” hat. Wie weit diese Schutzpflicht geht, insbesondere, ob der Arbeitgeber unter Umständen sogar verpflichtet ist, die Geschäftsbeziehung zu dem Kunden abzubrechen, ist im Gesetz nicht geregelt. Auch die Gesetzesbegründung enthält keine Hinweise. Auf jeden Fall wird der von der Diskriminierung Betroffene einen Anspruch darauf haben, in einem diskriminierungsfreien Umfeld eingesetzt zu werden.

 

 

  • Welches Risiko droht bei diskriminierenden Stellenanzeigen?

Gibt es auch Ansprüche wegen eines erlittenen materiellen Schadens, wenn ja in welcher Höhe? Ein Arbeitnehmer kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vom Arbeitgeber auch den Ersatz des erlittenen materiellen Schadens verlangen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Arbeitgeber schuldhaft gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat, d. h. vorsätzlich oder fahrlässig. Der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens ist der Höhe nach nicht begrenzt. Wird z. B. ein arbeitsloser Bewerber wegen eines geschützten Diskriminierungsmerkmals benachteiligt und deshalb nicht eingestellt, kann er als materiellen Schaden z. B. die Differenz zwischen dem zu erwartenden Gehalt und dem Arbeitslosengeld geltend machen. Dabei gibt es im Grundsatz keine zeitliche Begrenzung, d.h. denkbar ist im Extremfall eine Zahlungsverpflichtung bis zum Eintritt ins Rentenalter, es sei denn, der Arbeitgeber kann beweisen, dass zuvor eine Kündigung zulässig gewesen wäre. Hier gibt das Gesetz allerdings keinerlei Hilfestellungen oder Konkretisierungen. Insoweit muss die Entwicklung der Rechtsprechung abgewartet werden. Aus Arbeitgebersicht gibt es hier sehr große Unsicherheiten und Risiken.

 

 

  • Wie ist der Betriebsrat zu beteiligen?

Der Betriebsrat hat die Aufgabe, auch die Einhaltung der Diskriminierungsverbote zu überwachen. In diesem Zusammenhang kann der Betriebsrat künftig auch die korrekte Ausgestaltung von Stellenanforderungsprofilen und Stellenausschreibungen überwachen. Sollen betriebseinheitlich bestimmte Organisationsmaßnahmen, z.B. Verhaltensmaßregeln im Hinblick auf das AGG implementiert werden, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Wird im Rahmen des Einstellungsverfahrens gegen die Regelungen des AGG verstoßen, kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern.