BAG Urt. v. 03.04.2008 – 2 AZR 965/06

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Foto von Markus Spiske

(LAG München Urt. v. 09.08.2006 – 9 Sa 1251/05)

In dem vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer in einem Unternehmen als Kraftfahrer beschäftigt. Nachdem er sich mehrfach für längere Zeiten arbeitsunfähig gemeldet hatte, stellte der Arbeitgeber unter anderem mithilfe von Detektiven Nachforschungen an. Diese ergaben, dass der Arbeitnehmer während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit ein Café betrieb und dort Gäste bediente. Nachdem das Unternehmen hiervon erfuhr, kündigte es das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos innerhalb der in § 626 Abs. 2 BGB geregelten Zweiwochenfrist.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte fest, dass eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommen kann, wenn ein Arbeitnehmer während seiner Krankschreibung anderweitig tätig ist. Die Begründung: Wenn der Arbeitnehmer trotz Krankheit arbeitet, kann das bedeuten, dass er in Wirklichkeit gar nicht arbeitsunfähig ist. Außerdem liegt insoweit möglicherweise eine pflichtwidrige Verzögerung der Heilung vor. Da hinsichtlich dieser Argumentation jedoch keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen vorlagen, musste das BAG den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.

Fazit:

In der Praxis sind Arbeitgeber immer wieder ratlos, wenn sie über die Gerüchteküche erfahren, dass ein Mitarbeiter während seiner Arbeitsunfähigkeit einer anderen Erwerbstätigkeit nachgeht. Das BAG hat mit seiner Entscheidung bestätigt, dass es sich für den darlegungs- und beweispflichtigen Arbeitgeber durchaus lohnen kann, weitere Nachforschungen, beispielsweise durch Detektive, anzustellen. Unternehmen sollten allerdings beachten, dass eine so genannte „partielle Arbeitsunfähigkeit“ vorliegen kann. In einem solchen Fall wird angenommen, dass der Arbeitnehmer auch bei bestehender Arbeitsunfähigkeit – etwa wegen einer Handverletzung – durchaus imstande sein kann, anderweitigen Tätigkeiten nachzugehen. Doch wo liegt die Grenze zwischen vorgetäuschter Krankheit und partieller Arbeitsunfähigkeit? Laut BAG muss die anderweitige Beschäftigung ein objektives Indiz dafür liefern, ob der Arbeitnehmer die Krankheit nur vorgetäuscht hat oder nicht.

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