Verbot der Kündigung vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs

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Gemäß Art. 10 der Richtlinie 92/85/EWG (Gesundheitsschutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz) dürfen Unternehmen eine Kündigungsentscheidung während der in Art. 10 Nr. 1 vorgesehenen Schutzzeit nicht damit begründen, dass eine Mitarbeiterin schwanger ist oder ein Kind bekommen hat. Eine Entscheidung des EuGH geht nun noch über den Wortlaut hinaus: Die Richtlinie ist demzufolge dahin auszulegen, dass es Arbeitgebern auch untersagt ist, vor Ablauf dieser Zeit Schritte einzuleiten, die eine Kündigung vorbereiten. Eine auf der Schwangerschaft und/oder der Geburt eines Kindes beruhende Kündigungsentscheidung verstößt gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG (Gleichbehandlung von Männern und Frauen), wann immer ein Arbeitgeber diese Kündigungsentscheidung mitteilt. EuGH Urt. v. 11.10.2007 – C-460/06

Zustimmung des Integrationsamtes wird durch Kündigungsausspruch nicht „verbraucht“

Um ein Arbeitverhältnis mit einem schwerbehinderten Menschen zu kündigen, ist nach § 85 SGB IX die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich. Die erteilte Zustimmung ist einen Monat lang gültig. Während dieses Zeitraums kann der Arbeitgeber bei unverändertem Kündigungsgrund auch mehrfach kündigen, ohne eine erneute Zustimmung einholen zu müssen. Die Zustimmung des Integrationsamtes wird durch den erstmaligen Kündigungsausspruch nicht „verbraucht“. BAG Urt. v. 08.11.2007 – 2 AZR 425/06

Staffelung der Grundvergütung nach Lebensalter verstößt gegen AGG

Die häufig in Tarifverträgen vorgesehene Staffelung der Grundvergütung nach dem Lebensalter stellt eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des AGG dar, die durch das Gesetz nicht gerechtfertigt und daher nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Bis es in einem Unternehmen zu einer Neuregelung kommt, besteht nach § 8 Abs. 2 AGG für alle Diskriminierungstatbestände für die Vergangenheit und die Zukunft ein Anspruch auf Gleichstellung mit den (meist-) begünstigten Arbeitnehmern („Anpassung nach oben“). Das gilt auch dann, wenn dies eine ganze Vergütungsordnung betrifft. Wurde der Tarifvertrag vor dem Inkrafttreten des AGG vereinbart, ist den Tarifvertragsparteien eine Übergangsfrist für eine Neuregelung zu gewähren. Wenn jedoch innerhalb dieser Frist keine neue Regelung der Vergütung ausgehandelt wird, ist laut dem Arbeitsgericht Berlin eine gerichtliche Festsetzung der Vergütung in Verbindung mit § 612 Abs. 2 BGB möglich und geboten. ArbG Berlin Urt. v. 22.08.2007 – 86 Ca 1696/07

Änderung der Verwaltungspraxis zur Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Die Bundesagentur für Arbeit hat die Kriterien dafür, wann der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Sperrzeit (§ 144 SGB III) ruhen soll, aktualisiert und vollständig überarbeitet. Danach haben Arbeitslose nunmehr, auch wenn sie das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst haben, einen ungekürzten Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn

  • der Arbeitgeber eine Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr zahlt,
  • der Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt hätte, wenn es nicht zu dem Aufhebungsvertrag gekommen wäre,
  • die Kündigungsfrist eingehalten wird und
  • der Arbeitnehmer nicht unkündbar war.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, entfällt eine weitere Prüfung, ob eine Kündigung von Seiten des Arbeitgebers rechtsmäßig gewesen wäre. Bewegt sich die vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung außerhalb der Bandbreite von 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr, liegt der Fall jedoch anders: Bei solchen Abfindungen ist die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung wie bisher zu prüfen.

Ansprüche wegen „Mobbing“

Ein Arbeitnehmer, der von seinem Vorgesetzten in seiner fachlichen Qualifikation herabgewürdigt wird und deshalb psychisch erkrankt, hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Dieser muss für den Schmerzensgeldanspruch einstehen, da der Vorgesetzte sein Erfüllungsgehilfe ist. Der Arbeitnehmer kann aber grundsätzlich nicht verlangen, dass sein Arbeitgeber den „mobbenden“ Vorgesetzten entlassen muss. Auch steht ihm nur dann ein anderer Arbeitsplatz im Unternehmen zu, wenn dieser vorhanden ist. Offen ist, ob der Arbeitnehmer auch unmittelbare Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend machen kann, weil dieser möglicherweise seine Verpflichtung verletzt hat, ihn vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz zu schützen. BAG Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06

Kein Sonderkündigungsrecht nach § 12 KSchG bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit

Nach § 12 KSchG kann Arbeitnehmern während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses ein Sonderkündigungsrecht zustehen, wenn sie ein neues Arbeitsverhältnis eingehen. Dies gilt allerdings nur für nichtselbstständige Tätigkeiten. Macht sich der Arbeitnehmer selbstständig, kann er das Arbeitsverhältnis nur beenden, indem er die ordentliche Kündigungsfrist einhält. Damit ist er bis zum Ablauf dieser Frist an ein etwaiges Wettbewerbsverbot gebunden. BAG Urt. v. 25.10.2007 – 6 AZR 662/06

Grundsätzlich keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach Abfindungsvergleich im Kündigungsschutzprozess

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III müssen Arbeitnehmer, die das Beschäftigungsverhältnis lösen, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben, mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen. Das heißt aber nicht, dass jeder Abfindungsvergleich in einem Kündigungsschutzprozess automatisch zu einer Sperrzeit führt. Ein solcher Vergleich ist dann zulässig, wenn er kein Umgehungsgeschäft darstellt, das heißt die Arbeitslosigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführt als die Kündigung dies getan hätte. BSG Urt. v. 17.10.2007 – B 11a AL 51/06 R

Nur einmalige Befristung im Anschluss an eine Ausbildung möglich

Ein Arbeitgeber kann gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG Arbeitsverhältnisse im unmittelbaren Anschluss an eine Ausbildung nur einmalig befristen, um dem Mitarbeiter den Übergang in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern. Weitere Befristungen kann der Arbeitgeber nicht mehr auf diesen Sachgrund stützen. BAG Urt. v. 10.10.2007 – 7 AZR 795/06

Zwangspensionierung zulässig

Tarifliche Regelungen, nach denen Mitarbeiter mit dem 65. Lebensjahr in Rente gehen müssen, sind zulässig. Eine solche Norm diskriminiert zwar die Mitarbeiter wegen ihres Alters und verstößt deshalb gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie. Diese Ungleichbehandlung können Unternehmen jedoch damit rechtfertigen, dass sie die Beschäftigung zwischen den Generationen besser verteilt. Die Tatsache, dass das AGG keinen Hinweis auf ein derartiges Ziel enthält, schließt eine solche Rechtfertigung nicht automatisch aus. EuGH Urt. v. 16.10.2007 – C-411/05

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bei Sonderzahlungen

Arbeitgeber, die zusätzliche Leistungen gewähren, sind an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Wollen sie einer Gruppe von Arbeitnehmern keine Leistungen gewähren, muss dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Das heißt der Zweck der Leistung muss sich eindeutig auf die Gruppe der Leistungsempfänger beziehen. BAG Urt. v. 26.09.2007 – 10 AZR 568/06

§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB benachteiligt jüngere Arbeitnehmer

Nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB hängen die gesetzlichen Kündigungsfristen nur von der Betriebszugehörigkeitszeit ab, die ein Arbeitnehmer nach Vollendung des 25. Lebensjahres aufzuweisen hat. Würde dieser Paragraph konsequent angewendet werden, wären jüngere Arbeitnehmer aufgrund ihres Lebensalters gegenüber älteren Arbeitnehmern benachteiligt: Sie haben nach dem Gesetzestext auch dann keine längere Kündigungsfrist aufgrund ihres Lebensalters, wenn sie die entsprechende Betriebszugehörigkeit aufweisen. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB verstößt deshalb gegen die europäische Richtlinie des Verbots der Diskriminierung wegen Alters und darf bei der Berechnung der entsprechenden Kündigungsfrist nicht (mehr) angewendet werden. LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 27.07.2007 – 7 Sa 561/07