Teamwork

Fehlende Mitarbeiterbindung kann ein großes Problem für Unternehmen sein. Wenn Arbeitskräfte fehlen, Wissen verloren geht und Unsummen für Recruitment ausgegeben werden müssen, leidet die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, Kunden und Gesellschafter werden unzufrieden und das Unternehmen kann in eine Abwärtsspirale geraten. Daher sind hohe Fluktuation oder eine kurze Verweildauer von Neueinstellungen ein Warnsignal dafür, dass etwas schiefläuft.

Hohe Retention – z.B. gemessen als niedrige Fluktuation – kann vielfältige Ursachen haben. Das Unternehmen könnte überdurchschnittliche Gehälter zahlen, tolle Benefits anbieten oder einfach eine demographische Struktur in der Belegschaft haben, die Unternehmenswechsel eher unwahrscheinlich machen, z.B. weil ein Großteil der Belegschaft gerade Familien gegründet hat, kurz vor dem Renteneintritt steht oder weil sich die gesamtwirtschaftliche Lage verschlechtert hat. Die Mitarbeiter sind dann insgesamt vermutlich auch recht zufrieden, wenn auch gelangweilt, aber es ist bequem und Alternativen wären zu risikobehaftet.

Hohe Retention kann also, muss aber nicht, ein Zeichen für gute Unternehmensführung sein.

Die Rolle der psychologischen Grundbedürfnisse

Wir bei EnjoyingWork glauben, gute Unternehmensführung sollte darauf ausgerichtet sein, die psychologischen Grundbedürfnisse der Mitarbeitenden nach Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit zu erfüllen. Die psychologischen Grundbedürfnisse sind empirisch gut erforschte und belegte Konstrukte. Aus tausenden von Studien wissen wir, dass wenn diese psychologischen Grundbedürfnisse befriedigt werden, Menschen nicht nur bei ihrem Unternehmen bleiben, sondern auch noch engagiert mitarbeiten, ihre volle Kreativität einbringen, Verantwortung übernehmen, sich anderen gegenüber kooperativ verhalten und seltener krank werden. Retention ist ein Nebenprodukt.

In ihrer weltweit beachteten Self-Determination Theory beschreiben Richard M. Ryan und Edward L. Deci die folgenden psychologischen Grundbedürfnisse:

Autonomie: Sich als Urheber der eigenen Handlungen fühlen und den Sinn der eigenen Tätigkeiten kennen

Verbundenheit: Teil eines Teams oder einer Gemeinschaft sein und gegenseitigen Unterstützung und Wertschätzung zu erfahren

Kompetenz: Erweitern und Einsetzen der eigenen Fähigkeiten

Anders als höhere Gehälter, Boni und andere Benefits kostet die Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse die Unternehmen meist kein Geld. Was die psychologischen Grundbedürfnisse anbelangt, gibt es keinen Zielkonflikt zwischen den Interessen des Unternehmens und denen der Mitarbeiter. Forschungsergebnisse zeigen, dass eigentlich alle Menschen die dringenden Bedürfnisse haben, selbstständig Entscheidungen zu treffen und auf Ziele hin zu arbeiten, sich mit anderen verbunden und anderen Menschen zugehörig zu fühlen sowie Probleme zu lösen und Herausforderungen zu überwinden. Und genau das sind typischerweise auch die Verhaltensweisen, die sich Unternehmen von ihren Mitarbeitern wünschen. Es gibt also keinen Konflikt. Und dennoch werden die psychologischen Grundbedürfnisse der Mitarbeiter in vielen Unternehmen nicht befriedigt oder sogar stark frustriert.

Praktische Umsetzung

Viele moderne Managementkonzepte und Leadership-Modelle sind geeignet, um die psychologischen Grundbedürfnisse besser zu befriedigen und weniger zu frustrieren. Servant Leadership, Transformative Leadership, Positive Leadership oder Engaging Leadership aber auch Teamentwicklungsprozesse mit Fokussen auf psychologische Sicherheit, partizipative Führung, DE&I, Agilität oder Wertschätzung und Anerkennung können die psychologischen Grundbedürfnisse ganz oder teilweise adressieren.

Aus unserer Sicht gibt es viele Wege und Methoden, die zur Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse führen können. Wenn ein Unternehmen anerkennt, dass die Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, dann sollte die Bedürfnisbefriedigung auch regelmäßig gemessen werden. Messen ist ein wesentlicher Bestandteil von Management und Unternehmensführung. Denn nur wenn was Unternehmen weiß, in welchen Bereichen oder bei welchen Personengruppe welche Bedürfnisse nicht befriedigt werden, kann es gezielt handeln.

EnjoyingWork-Index: Messinstrument und Wegweiser

Um die Befriedigung dieser Grundbedürfnisse im Arbeitskontext zu messen und zu fördern, hat EnjoyingWork den EnjoyingWork-Index entwickelt. Dieses Instrument dient nicht nur der Diagnose, sondern bietet auch konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen im Arbeitsumfeld. Der Index hilft Unternehmen, Bereiche zu identifizieren, in denen die psychologischen Grundbedürfnisse der Mitarbeiter möglicherweise nicht ausreichend erfüllt werden, und liefert maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen. Davon profitieren nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Unternehmensprozesse und Arbeitsergebnisse. Kein Mensch möchte in einem Unternehmen mit ineffizienten Prozessen arbeiten, das schlechte Ergebnisse abliefert.

Handlungsempfehlung für Unternehmen

Die Implementierung der EnjoyingWork-Philosophie erfordert ein Umdenken in der Unternehmensführung und eine starke Verpflichtung zur Schaffung einer unterstützenden Arbeitsumgebung. Einige praktische Schritte umfassen:

  • Die Durchführung regelmäßiger Mitarbeiterbefragungen mit dem EnjoyingWork-Index, um die Befriedigung und Frustration psychologischer Grundbedürfnisse im Unternehmen zu erkennen
  • Training und Begleitung von Führungskräften, um sie in die Lage zu versetzen, Autonomie, Kompetenzerleben und ein Gefühl der Zugehörigkeit bei ihren Teams zu fördern
  • Die Schaffung von Prozesse und Organisationsstrukturen, die Selbstbestimmung, Lernmöglichkeiten und soziale Verbundenheit unterstützen

Fazit

Mitarbeiterbindung sollte nicht als Selbstzweck betrachtet werden. Fehlende Mitarbeiterbindung ist ein Warnsignal, das sehr ernst zu nehmen ist. Doch statt an den Symptomen rumzudoktern, sollten die Ursachen systematisch analysiert und angegangen werden. Bei hoher Fluktuation liegt die Ursache mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bei zu niedrigen Gehältern und ideenlosen Benefits sondern eher bei frustrierten psychologischen Grundbedürfnissen.

Wenn man Mitarbeitende direkt fragt, was ihnen wichtig ist, was ihnen fehlt oder warum sie wechseln, bekommt man häufig nicht die Antworten, die einen zur Ursache des Problems führen. Glücklicherweise gibt es umfangreiche und belastbare Forschungsergebnisse, die uns zeigen, welche psychologischen Mechanismen wirken und wie sowohl Mitarbeiter als auch Unternehmen von Veränderungen in der Unternehmensführung profitieren können. Durch die Fokussierung auf die psychologischen Grundbedürfnisse der Mitarbeiter, wie von der Self-Determination Theory vorgeschlagen, können Unternehmen eine Umgebung schaffen, die nicht nur die Retention verbessert, sondern auch das Engagement und die Produktivität der Mitarbeiter steigert. Der EnjoyingWork-Index bietet hierfür ein wirksames Instrument, um diesen Prozess zu unterstützen und zu leiten.

Quellen: https://www.enjoyingwork.de/self-determination-theory/