Was sind die aktuellen Herausforderungen, mit denen
Sie sich im Audi-Gesundheitswesen momentan auseinandersetzen?

An open empty notebook on a white desk next to an iPhone and a MacBook
Foto von JESHOOTS.COM

Die aktuellen Herausforderungen sind:

>> Wir wollen das Wachstum des Unternehmens präventiv begleiten,
    damit möglichst alle Mitarbeiter gesund und leistungsfähig bleiben.

>> „Vorsprung durch Technik“ erfordert gerade die Kompetenz und das Engagement älterer,
     erfahrener MA; Qualifizierung und Gesundheitsschutz müssen deshalb für alle Altersgruppen
     wirksam und selbstverständlich sein. Wir können nach circa 80.000 Checkups zeigen, dass
     wir gerade Mitarbeiter mit hohen individuellen gesundheitlichen Risiken erreichen und auch
     die Wirksamkeit dieses Programms belegen.

>> Schutz und Förderung der psychischen Gesundheit der Belegschaften müssen angesichts
     des Unternehmenswachstums und hoher Anforderungen an die Mitarbeiter gewährleistet sein
    (das ist ein Schwerpunkt der Betriebsvereinbarung Gesundheit).

>> Erweiterung unserer an den definierten Zielen orientierten Kennzahlen im BGM sowie routiniertes,
     flächendeckendes Verfolgen und Nutzen dieses Monitorings.

Welche Botschaft wollen Sie den Besuchern Ihrer
Personal Swiss-Keynote am 12. April vermitteln?
 

Am Beginn meines Vortrags werde ich einige populäre, vermeintliche „Merkmale eines guten BGM“ zitieren und diese dann im Licht heutiger Kenntnis und Praxiserfahrung in Frage stellen. Gutes BGM zeichnet sich aus meiner Sicht besonders dadurch aus, dass seine Ziele klug abgestimmt, nachhaltig verfolgt und im Konsens der betrieblichen BGM-Partner erreicht werden.

Das Interview führte Alexandra Pfirrmann.

Wie sieht es mit der Akzeptanz bei der Belegschaft aus?

Unser Konzept strebt an, möglichst alle Führungskräfte und Mitarbeiter zu involvieren. Die hohe Akzeptanz des Audi-BGM kommt zum Beispiel deutlich darin zum Ausdruck, dass 90 Prozent aller Mitarbeiter das Vorsorgeangebot „Audi Checkup“ nutzen.

Audi hat Standorte weltweit. Wie setzen Sie Ihr BGM international um?

Zwar gilt die Betriebsvereinbarung Gesundheit nur an den deutschen Standorten, aber die präventiven Ziele und Grundsätze gelten an allen internationalen Standorten des Unternehmens. Das Gleiche gilt für den Arbeitsschutz und die Gestaltungsqualität der Arbeitsplätze: Der Schutz vor Gefährdungen und die Ergonomiestrategie haben weltweit die gleiche, hohe Priorität.

Die Internationalisierung des Unternehmens war Anlass zum Aufbau eines kleinen Expertenteams „Gesundheit International“, das im weltweiten Einsatz dieser spezialisierten Arbeitsmediziner am Ziel eines überall hohen Präventionsniveaus arbeitet, zugleich gesundheitliche Betreuung in Regionen ohne etablierte medizinische Infrastruktur sicherstellt.

Herr Dr. Stork, in Ihrem Vortrag geht es um Betriebliches Gesundheitsmanagement: Ein Obsttag pro Woche, ein vergünstigter Zugang zum Fitnessstudio für Betriebsangehörige oder ein ergonomischer Bürostuhl – ist das schon BGM, oder wie definieren Sie BGM?

Die fortlaufende Begleitung unserer Arbeit mit wissenschaftlichen Studien hat uns immer wieder wichtige Impulse gegeben; deshalb ist die fortlaufende wissenschaftliche Evaluation unserer Arbeit Bestandteil unseres Konzepts. Zum BGM gehören sowohl eine leistungsfähige Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit, als auch ein interdisziplinäres, geschäftsbereichsübergreifendes Managementsystem.

Wir definieren BGM als unser zielgerichtetes und abgestimmtes unternehmerisches Handeln zum Schutz und zur Förderung der Gesundheit unserer Belegschaft. Ohne klare und überprüfbare Zielsetzungen kann man nicht zu Recht von „Management“ sprechen. Und eifriges Handeln, Sensibilisierung, Symbolik allein gewährleisten deshalb noch lange kein BGM. Grundlagen, Ziele, Verantwortlichkeiten und Programme sind in unserer neuen Audi-Betriebsvereinbarung „Gesundheit“ definiert, die zum 01. Januar 2016 in Kraft getreten ist. Treibende Kräfte der Weiterentwicklung des BGM sind bei Audi das Gesundheitswesen und Personalwesen mit einer synergistischen Arbeitsteilung.

Was hat sich über die Jahre hinweg in puncto Arbeitsmedizin getan?

Kurz gesagt: Die Arbeitsmedizin hat sich von einer auf individuelle Vorsorge fokussierten Expertendisziplin – „Ist dieser Mitarbeiter für diese oder jene Tätigkeit geeignet oder bestehen gegen seinen vorgesehenen Einsatz Bedenken?“ – hin zu einer im Unternehmen vernetzten, eng mit betrieblichen Partnern kooperierenden und die Prävention vorantreibenden Disziplin entwickelt.

Auf der Webseite von Audi wirbt das Unternehmen mit einem
„hervorragenden Arbeits- und Gesundheitsschutz“. Wie sieht grob Ihr Konzept aus?

Arbeitsmedizin kann nur einen Beitrag leisten, wenn sie eine von vordergründigen oder gesundheitsfernen Interessen unabhängige, manchmal auch unbequeme Expertise zum BGM beiträgt, die von Führungskräften und Mitarbeitern geschätzt oder wenigstens respektiert wird. Dabei steht heute weniger die Beantwortung der Frage individueller Eignung im Vordergrund, sondern ein breites Spektrum möglicher Massnahmen zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Belegschaften, das von guter Arbeitsgestaltung über das Vorsorgeangebot „Audi Checkup“ bis zum betrieblichen Integrationsmanagement (BEM) reicht.

Veranstaltungstipp

Keynotevortrag Personal Swiss

Betriebliches Gesundheitsmanagement:
Ziele, Massnahmen, Wirksamkeit


Dr. Joachim Stork, Leiter Gesundheitswesen AUDI AG
Dienstag, 12. April 2016, 10:00 – 10:30 Uhr
Praxisforum 7, Halle 4