Wissenschaft und Praxis haben gezeigt, dass durch Investitionen in Aus- und Weiterbildung Mehrwert in Unternehmen geschaffen werden kann. Im Unternehmensalltag erweist es sich aber als schwierig, die durch eine Bildungsmaßnahme erzeugte Wirkung zu messen. Einerseits können monetäre Controls wichtige Ausbildungsziele nicht oder nur ungenügend abbilden. Andererseits sind zentrale Ziele von Bildungsmaßnahmen nicht genau oder nur mit großem Aufwand messbar. Meist lässt sich die Wirkung auf den Geschäftserfolg nicht isoliert auf eine Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme zurückführen.

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Die Lage entschärfen können Scorecard- Modelle. Diese Controlling- Instrumente bündeln finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen zu einem Steuerungsmodell. Bekannt wurden sie durch das Balanced Scorecard Modell von Kaplan und Norton in den 1990er-Jahren.

Die E-Learning-Scorecard folgt dem Grundsatz der Scorecard-Modelle indem sie monetäre, quantitative und qualitative Controls unterscheidet. Dadurch sollen alle relevanten Nutzen und Kosten eines Projekts abgebildet und zur Projektplanung und -kontrolle genutzt werden. Durch die Beschränkung auf wenige, für die Projektleitung strategisch relevante Indikatoren, können diese auf einen Blick erfasst werden.

Der Controlling-Zyklus wird durch eine Planungs- und eine Kontroll- Scorecard unterstützt. Als Grundlage für die Selektion von Bildungsprojekten und deren Zielbestimmung wird vor Projektstart eine Planungs-Scorecard in zwei Schritten erstellt.

Im ersten Schritt werden Controls identifiziert, welche die für das Projekt relevanten strategischen Ziele treffend beschreiben. Die Herleitung der Controls orientiert sich an drei Fragen:

  • Welche strategischen Ziele sollen durch das Projekt angestrebt werden? (Zielorientierung)
  • Welche Mittel müssen investiert werden, um diese Ziele zu erreichen? (Ressourcenorientierung)
  • Anhand welcher Controls kann die Erreichung der Ziele und des Mitteleinsatzes geprüft werden?

Ergänzende Perspektiven

Die Scorecard unterscheidet drei Kategorien von Controls.

Monetäre Controls bilden alle in Geldwerten messbaren Ausgaben und Einnahmen beziehungsweise Ausgabenminderungen ab. Die Ausgaben umfassen alle im Lebenszyklus des Projekts erwarteten Zahlungsströme. Auf dieser Grundlage wird der Gegenwartswert des Netto-Cashflows berechnet. Der Net Present Value (NPV) weist die bei Projektstart abgezinsten Barwerte abzüglich der Anfangsinvestition aus. Der Profitability Index (PI) weist das Verhältnis zwischen Net Present Value und Anfangsinvestition aus (NPV/ Anfangsinvestition). Die Profitabilität dient als Vergleichswert zwischen mehreren Projekten. Da in der Praxis wichtige Kosten- und Nutzenfaktoren nur unzureichend monetär bewertet werden können, haben diese monetären Kennzahlen in der Regel nur eine beschränkte Aussagekraft.

Quantitative Controls sind eine wichtige Ergänzung zu den monetären Controls. Abhängig von internen Verrechnungsgrundsätzen fallen für ein Unternehmen in einem Projekt Aufwand und Erträge (oder Aufwandsminderungen) an, die zwar quantitativ beschrieben, dem Projekt aber nicht monetär verrechnet werden. Hierzu gehören beispielsweise zeitliche Messgrössen (nicht verrechnete Arbeitsstunden, Lern- und Abwesenheitszeiten) oder Stückzahlen (nicht verrechnete Raumkosten und andere Leistungen). Die Abgrenzung zu monetären Controls orientiert sich an bestehenden Controlling- und Leistungsverrechnungssystemen.

Monetäre und quantitative Controls können alle quantifizierbaren Aspekte von Bildungsprojekten adäquat erfassen. Ihre Schwäche liegt in der Beschreibung der angestrebten Wirkungen in den Bereichen der pädagogischer Zielgrößen und der Qualitätsziele des Projekts.

Qualitäts-Controls schließen diese wichtige Lücke. Sie beschrieben drei Qualitätsdimension von Lernangeboten aus der Sicht von Lernenden und Bildungsanbietern. (Tab. 1)

Planwerte festlegen

Im zweiten Schritt werden Planwerte zu jedem Indikator bestimmt: Bei den monetären Controls wird der Mindestwert des NPV festgelegt. In der Regel wird von einem Projekt mindestens ein positiver NPV erwartet. Bei Bildungsprojekten mit strategisch wichtigen Zielen bei qualitativen Controls kann durchaus auch ein negativer NPV im Sinne einer Investition zur Verbesserung nicht monetär bewertbarer Ziele geplant werden. Zur Planung von quantitativen Controls werden Planwerte der verwendeten Messgrössen in absoluten Zahlen festgelegt. Schließlich wird der angestrebte Erfüllungsgrad bei der Bewertung der Qualitätskriterien definiert. Bei einer vierstufigen Likert-Skala als Bewertungsinstrument kann beispielsweise ein Zielwert für den Anteil positiver Bewertungen vorgegeben werden (zum Beispiel: 80 Prozent der Befragten werten die Qualität als „gut“ oder „sehr gut“).

Am Ende des Projekts werden die Controls überprüft und einander gegenübergestellt. In einem Soll/ Ist-Vergleich werden Abweichungen zwischen Planungs- und Kontrolldaten festgehalten. Aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit werden sie nicht miteinander verrechnet. Der Vergleich bildet vielmehr die Grundlage für die Formulierung von Maßnahmen zur Optimierung.

Die Praxis

Die Schweizer Bank UBS AG mit Sitz in Basel und Zürich hat die ELearning- Scorecard im Rahmen eines Forschungsprojekts mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) für die Planung und Steuerung eines fallbasierten, elektronischen Lernleitfaden und für ein Online-Begleitkonzept eingesetzt. Ziel war es, mit einem elektronischen Lernleitfaden eine eintägige Präsenzveranstaltung durch einen Online-Kurs zu ersetzen. Der Lernleitfaden wurde mit Online- Präsentationen, themenbezogenen Dokumenten und Selbsttests ergänzt, die über Links in den Leitfaden eingefügt wurden.

Ein Online-Begleitkonzept unterstützt die Lernenden: In einen EMeeting wurden administrative und inhaltliche Aspekte des Online-Kurses geklärt. Während der Phase des selbstgesteuerten Lernens stand ein Lernprozessbegleiter per E-Mail und Telefon bereit. Vor der abschließenden Wissensüberprüfung wurde gegen Ende des Kurses eine fakultative Vertiefung via E-Meeting angeboten. Dabei diskutierten die Lernenden inhaltliche Fragen und tauschten Erfahrungen aus. Zusätzlich wurde ein Wiki eingesetzt, um oft gestellte Fragen und Antworten zu dokumentieren. Dieses stand auch nach dem Online- Kurs weiter zur Verfügung. Hauptziel des Projekts waren Kosteneinsparungen bei gleicher pädagogischer Qualität. Deshalb wurden folgende Planwerte in der Planungs- Scorecard festgelegt:

Der NPV muss positiv sein.

Durch die verringerte Abwesenheit vom Arbeitsplatz sollen Kundenberater jährlich insgesamt 200 Tage mehr für Beratungstätigkeit und andere operative Aufgaben am Arbeitsplatz einsetzen können.

Die identifizierten qualitativen Controls im Bereich der Potenzial-, Prozess-, und Ergebnisdimension sollen von den Beteiligten zu mindestens 60 Prozent mit „Sehr Gut“ und „Gut“ bewertet werden.

Ausblick

Die Ergebnisse aus dem Projekt konnten mit der Kontroll-Scorecard übersichtlich dargestellt werden. (Tab. 2) Die Ergebnisse der Scorecard zeigen auf, dass das monetäre Projektziel übertroffen wurde. Die pädagogischen Ziele wurden in den Bereichen der Potenzial- und Prozessdimension übertroffen, in der Ergebnisdimension allerdings nicht erreicht. Die ELearning- Scorecard machte deutlich, dass eine bessere Abstimmung der Kursinhalte auf die Bedürfnisse der Lernenden und eine Verbesserung der Lern- und Transferbegleitung durch E-Meetings notwendig sind. Der Einsatz der E-Learning-Scorecard hat gezeigt, dass es möglich ist, durch eine Konzentration auf wenige Messgrössen und die Unterscheidung der drei gewählten Kategorien von Controls ein E-Learning-Projekt besser zu planen und zu überprüfen. Das Modell wird durch die Auswertung der Daten aus der Nutzung von eScore in den kommenden Jahren validiert und differenziert.

Internet-Tipp

– eScore: Online Tool zur Planung von E-Learning Projekten www.fhnw.ch/plattformen/ scorecard

– LEARNTEC: 2. bis 4. Februar 2010, Messe Karlsruhe www.learntec.de

– Workshop: Banking 2.0 – Lernen mit Social Software. 1. Februar 2010, Zürich. Veranstalter: Fachhochschule Nordwestschweiz und Institut für schweizerisches Bankwesen www.fhnw.ch/wirtschaft/iwi

Quelle: PERSONAL – Heft 01/2010