Irrtum 11 (Lohnsteuerrecht)

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Foto von Alesia Kazantceva

Vereinbarung I: Der Jahresbonus 2016 wird im Jahr 2016 vorweg akontiert. Wenn die Pesonalabteilung die Restzah­lung im Jahr 2017 errechnet, wird Ver­einbarung II abgeschlossen, wonach die Restzahlung gemäß den Regeln der „For­mel 7“ steueroptimal auszubezahlen ist.

Auszug aus der Antwort des Finanzministe­riums:

„Für die steuerliche Anerkennung ist von Be­deutung, dass spätestens vor der ersten Aus­zahlung eine schriftliche Vereinbarung über den Anspruch und die Auszahlungsmodalität vorliegen muss.

Im Falle einer Akontierung der Prämie ist es daher notwendig, dass vor der ersten Aus­zahlung schriftlich geregelt ist, welcher Anteil (Prozentsatz) der Prämie auf laufende Bezüge und welcher Anteil auf sonstige Bezüge ent­fällt.

Weiters müssen die anteiligen laufenden Prä­mien über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten ausbezahlt werden.

Erfolgt erst im Zuge der Endabrechnung eine (neuerliche) vertragliche Festlegung hin­sichtlich des Auszahlungsmodus, so wird dies steuerlich nicht anerkannt, da nach der ersten Auszahlung eines Teilbetrags die Vereinba­rung nicht mehr abgeändert werden kann.

Die Höhe des laufenden Auszahlungsbe­trags kann im Falle von Akontozahlungen in den einzelnen Monaten variieren, wenn diese im Vorhinein entsprechend vertraglich festgelegt wurde (der vertraglich insgesamt festgelegte Prämienanteil, der auf laufende oder sonstige Bezüge entfällt, kann daher hierbei nicht variieren). Die akontierte laufen­de Prämie darf nicht im Zuge der Aufrollung berichtigt werden. Liegt keine schriftliche Ver­einbarung vor der ersten Auszahlung vor, hat die Versteuerung nach § 67 Abs. 10 EStG zu erfolgen.“

Ergebnis: Die obige Vereinbarung II, wonach die Restzahlung gemäß den Regeln der For­mel 7 steueroptimal ausbezahlt wird, ist steu­erlich nicht anerkannt. 

Die Aufteilung der Leistungsprämie in Akon­tozahlungen und in eine Restzahlung im Fol­gejahr und deren Auszahlungen müssen kon­kret bereits in der Vereinbarung I enthalten sein, damit sie steuerlich anerkannt werden. In der Praxis ist dies mit einigen Schwierig­keiten verbunden. Daher ist die „anerken­nungssichere“ und daher risikolosere Aus­zahlungsvariante die, dass der Arbeitgeber die Restzahlung als „normale“ Sonderzahlung abrechnet.

Irrtum 12 (Lohnsteuerrecht)

Eine Beendigung des Dienstverhältnisses während der Laufzeit der Formel 7 ist ab­gabenrechtlich unerheblich.

Beispiel:

Dem Arbeitnehmer wird im Mai 2016 mitge­teilt, dass seine Prämie für 2015 21.000 Euro beträgt.

Fall 1: Das Dienstverhältnis wird (im Mai noch nicht vorhersehbar) einvernehmlich zum 31. Oktober 2016 aufgelöst.

Fall 2: Der Arbeitnehmer wird im August 2016 65 Jahre alt und geht ab 1. September 2016 in Pension, was im Personalakt seit Jahren „vorausvermerkt“ wurde.

Frage: Kann die Pesonalabteilung die „Formel 7“ anwenden?

Lösung: Im Fall 1 kann sie die Formel 7 ab Mai 2016 (laufender monatlicher Teilbetrag: 2.250 Euro) anwenden. Im Austrittsmonat Oktober rechnet sie die restlichen Zahlungen (2 x 2.250 Euro zuzüglich einer Restzahlung von 3.000 Euro) als „normale“ Sonderzahlung ab. Im Fall 2 kann sie die „Formel 7“ nicht an­wenden. Denn es ist vorhersehbar, dass kein sechsmonatiger Verteilzeitraum vorliegen wird.

 

Irrtum 13 (Sozialversicherungsrecht)

Wird die „Formel 7“ oder die 14-malige Prämienauszahlung angewandt, sind die auf die monatlichen Teilbeträge entfal­lenden Sozialversicherungsbeiträge als „laufende“ Beiträge abzurechnen.

Die Wiener Gebietskrankenkasse bestätigte mir in einer Anfrage schriftlich, dass eine steueroptimierte Abrechnung und Auszah­lung eines sonstigen Bezuges (beispielsweise Bonifikation, Gratifikation, Bilanzremunera­tionen, Gewinnbeteiligungen oder Zielerrei­chungsprämien), bei der die Formel 7 oder die 14-malige Prämienauszahlung angewandt wird, am folgenden Sachverhalt nichts än­dere: Sozialversicherungsrechtlich sei stets der gesamte Bezug als Sonderzahlung abzu­rechnen – das gelte auch für die monatlichen Teilzahlungen.

Mit anderen Worten: Sowohl die monatli­chen Teilbeträge als auch die (Rest-)Sonder­zahlungen sind sozialversicherungsrechtlich Sonderzahlungen.

Zugegeben: Aus Gründen der Praktikabilität geht die Praxis anders vor, was wirtschaftlich „mitfühlende“ Prüfer regelmäßig akzeptieren.

Fazit: Achten Sie darauf, dass Sie keinen die­ser aufgezeigten 13 Fehler beim Abrechnen der Zielerreichungsprämien, Gewinntantie­men, Jahresboni oder Bilanzgelder begehen – und die Leistungsträger des Unternehmens werden noch motivierter ihre Herausforde­rungen meistern.


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Quelle: personal manager - Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 3  Mai/ Juni 2016.


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Tobias Benner (2) | www.pixelio.de
Timo Klostermeier (3) | 
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Irrtum 1 (Arbeitsrecht):

Der Betriebsrat muss die Regelungen
über Leistungsprämien genehmigen.

Unternehmen können Gewinnbeteiligungs-, Leistungs- beziehungsweise Erfolgsprämien und ähnliche Entgelte in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung regeln (§ 97 Abs. 1 Z 16 Arbeitsverfassungsgesetz). Einigen sich Betriebsinhaber und Betriebsrat jedoch nicht, kann der Arbeitgeber mit den betroffenen Ar­beitnehmern Einzelvereinbarungen abschlie­ßen.

Praxistipp: Das Management eines Unter­nehmens mit Betriebsrat sollte im eigenen Interesse eine gütliche Einigung anstreben,  die Rechtsklarheit bezüglich der Prämienre­gelung schafft.

Lediglich bei Akkord-, Stück- und Gedinglöh­nen sowie bei akkordähnlichen Prämien und Entgelten hat der Betriebsrat ein absolutes Vetorecht. Stimmt er nicht zu, kann das Un­ternehmen ein solches Entlohnungssystem nicht einführen. Die Prämien in diesem Be­reich sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Höhe sehr stark von der Leistungsmen­ge abhängt (= „quantitative Prämienmodelle“).

Irrtum 2 (Arbeitsrecht): 

Bei Gewinnbeteiligungen ist der Arbeit­nehmer uneingeschränkt
den strate­gischen 
Entscheidungen des Arbeitgebers ausgeliefert.

Zum einen hat der Arbeitnehmer laut dem Angestelltengesetz ein zwingendes Buch­einsichtsrecht. Im Gesetz heißt es: „Der An­gestellte kann die Einsicht der Bücher verlan­gen, soweit dies zur Prüfung der Richtigkeit der Abrechnung erforderlich ist.“ (§ 14 Abs. 2 AngG)

Zum anderen kann der Arbeitgeber zwar grundsätzlich uneingeschränkt strategische Entscheidungen treffen, auch wenn sich die­se (vorerst) negativ auf das Unternehmenser­gebnis auswirken könnten. Die Grenzen der freien Unternehmerentscheidung liegen aber dort, wo der Arbeitgeber diese gezielt ein­setzt, um Prämienansprüche des Arbeitneh­mers zu vermindern.

Nehmen wir das Beispiel eines Arbeitneh­mers, der als Verkaufsleiter für einen Auto­hersteller tätig ist. Das Unternehmen schließt mit ihm eine Zielerreichungsvereinbarung, nach der er einen bestimmten Marktanteil für eine Automarke erreichen muss. Der Dienst­geber „torpediert“ diese Vereinbarung aber, indem er die Produktion der Marke drosselt, sodass der Verkaufsleiter den Marktanteil mangels verfügbarer Pkw nicht erreichen kann. In diesem Fall hat der Verkaufsleiter die Möglichkeit zu klagen. Der Dienstgeber ist unter Umständen vor Gericht gezwungen, seine Produktionspläne vorzulegen. 

Trifft der Unternehmer überraschende, in dieser Form nicht vorhersehbare Entschei­dungen, indem er zum Beispiel ganze Ab­teilungen ins Ausland auslagert, geht die Rechtslehre davon aus, dass eine ergänzende Auslegung der Gewinnbeteiligungsvereinba­rung erforderlich ist, sofern dieser Fall nicht bereits in der bestehenden Vereinbarung vor­weg geregelt wurde. Juristisch ist zu überle­gen, was vereinbart worden wäre, wenn man zum Zeitpunkt des Abschlusses der Gewinn­beteiligungsvereinbarung gewusst hätte, dass eine ganze Abteilung ins Ausland ausgelagert wird. So könnte das Ergebnis dieser Abteilung als Vergleichsmaßstab ausgeblendet werden und dafür der Gewinnbeteiligungsprozent­satz erhöht werden.

Irrtum 3 (Arbeitsrecht)

Wenn der Arbeitnehmer im aktuellen Jahr das Unternehmen verlässt (z. B. in Pension geht) brauche ich mit ihm keine Zielerrei­chungskriterien mehr festzulegen.

Auch wenn der Arbeitnehmer im aktuellen Jahr das Unternehmen verlässt, sind „diskri­minierungsfreie“ Zielkriterien zu vereinbaren. Um festzustellen, welches Ausmaß an Zie­lerreichung der Arbeitnehmer im „Rumpf-arbeitsjahr“ erreicht hat, ist hypothetisch davon auszugehen, dass er ganzjährig tätig war. Wenn das Unternehmen keine Zieler­reichungskriterien festsetzt, kann der Ar­beitnehmer diese einklagen. Möglicherweise zieht das Gericht anlässlich einer Klage aber auch die Vereinbarung des vergangenen Jah­res für das Austrittsjahr heran.

Irrtum 4 (Lohnsteuerrecht)

Ein Unternehmen kann die beispielsweise im Mai 2016 errechnete Zielerreichungs­prämie rückwirkend mit Jänner 2016 steueroptimal in 14 Teilbeträgen ausbe­zahlen.

Grundsätzlich gilt im Steuerrecht ein Rück­wirkungsverbot. Davon ausgenommen sind beispielsweise Umgründungen und sonstige – gesetzlich ausdrücklich erlaubte – Rück­wirkungsmaßnahmen. Wird daher die bei­spielsweise im Mai 2016 errechnete Zielerrei­chungsprämie rückwirkend mit Jänner 2016 steueroptimal in 14 Teilbeträgen ausbezahlt, wird der Lohnabgabenprüfer das (zu Recht) nicht anerkennen. Stattdessen muss der Ar­beitgeber die „Formel 7“ richtig anwenden, wie im Folgenden beschrieben.


Irrtum 5 (Lohnsteuerrecht)

Für die steueroptimale Prämienauszah­lung muss der Arbeitgeber keine beson­deren Regeln einhalten.

Mein Freund Josef Hofbauer, Finanzbeamter, pflegt zu sagen: „Der unendlichen Güte der Finanzverwaltung ist es zu verdanken, dass – trotz gegenteiliger Rechtsprechung! – die Finanz ausnahmsweise dennoch gestattet, dass Gewinnbeteiligungen, Jahresprämien beziehungsweise Bonuszahlungen in lau­fende Bezüge und in einen sonstigen Bezug aufgeteilt werden können, damit das Jahres­sechstel steueroptimal genutzt werden kann.“

Gemäß Randzahl 1052 der Lohnsteuerricht­linien 2002 sind folgende Voraussetzungen striktest einzuhalten, damit die steueropti­male Auszahlung von Prämien abgabenbe­hördlich anerkannt wird: 

1. Die Vereinbarung muss schriftlich abge­fasst werden und den Anspruch sowie die Auszahlungsmodalität regeln.

2. Die Vereinbarung muss unterschrieben vorliegen, bevor die Auszahlung beginnt.

3. Die getroffene Vereinbarung darüber, wie die Leistungsprämie auszuzahlen ist, darf mit steuerlicher Wirkung nach erfolgter Auszahlung eines Teilbetrages nicht mehr abgeändert werden.

Wird die Formel 7 angewandt, muss der Zeitraum, in dem die Teilbeträge fließen (= „Verteilzeitraum“), mindestens sechs Mo­nate betragen.

Hält der Arbeitgeber diese Voraussetzungen nicht ein, dann wird die gesamte Prämie wie ein laufender Bezug nach dem Einkommen­steuertarif gemäß § 67 Abs. 10 Einkommen­steuergesetz besteuert.

Irrtum 6 (Lohnsteuerrecht)

 

Die Formel 7 kann auch für monatlich errechenbare Umsatzprovisionen ange­wandt werden.

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf mo­natliche Provisionen (oder monatliche Leistungsprämien), dann lässt sich die Formel 7 nicht anwenden. Dies gilt auch, wenn die monatlichen Provisionen beziehungsweise Leistungsprämien zunächst nur akontiert und dann mit abschließender „Provisionsspitze“ abgerechnet werden.

Irrtum 7 (Lohnsteuerrecht)

Die Formel 7 kann auch für das im Kol­lektivvertrag geregelte Jubiläumsgeld an­gewandt werden.

Im Kollektivvertrag geregelte Sonderzah­lungen sind wie im Kollektivvertrag vorgese­hen auszuzahlen und abgabenrechtlich nicht optimierbar.

Irrtum 8 (Lohnsteuerrecht)

Die Formel 7 heißt deshalb so, weil die Prämie in sieben gleich hohen Teilen aus­bezahlt wird.

Das stimmt nur ausnahmsweise und zwar dann, wenn der Verteilzeitraum die Monate Jänner bis Juni oder Juli bis Dezember um­fasst.

Grundsätzlich errechnen sich die Prämien­auszahlungsteilbeträge bei der Formel 7 wie folgt:

Schritt 1: Sie dividieren die Prämie durch 7 und zahlen diesen Betrag im Dezember 2016 als Prämienrestbetrag (= Sonderzahlung) aus.

► Schritt 2: Die restliche Prämie verteilen Sie gleichmäßig auf die im Kalenderjahr noch verfügbaren Monate, das heißt: Wenden Sie die Formel 7 beispielsweise im Mai 2016 an, dann verteilen Sie den Prämienrestbetrag auf die Monate Mai bis Dezember 2016.

Erhält der Arbeitnehmer zusätzlich zum Ge­halt noch weitere laufende Bezüge in gleicher oder in unterschiedlicher Höhe, wie beispiels­weise Sachbezüge, Überstunden, 12-maliges Überstundenpauschale oder Zulagen, dann ist diese Lohnart bei der Prämienauszah­lungsoptimierung derart zu berücksichtigen, dass im Schritt 1 der Jahreswert dieser Lohn­art fiktiv zur Prämie addiert wird, und erst dann wird der fiktive Gesamtbetrag durch 7 dividiert.

Irrtum 9 (Lohnsteuerrecht)

Wenn Arbeitgeber einzelnen Arbeit­nehmern steueroptimale Prämienaus­zahlungen anbieten, dann müssen sie diese allen oder bestimmten, sachlich umschriebenen Arbeitnehmergruppen in gleicher Weise gewähren.

Diese bei Einkommensteuerbefreiungen sehr häufige Voraussetzung (alle Arbeitnehmer oder sachlich umschriebene Arbeitnehmer­gruppen) ist keine Anwendungsvorausset­zung für die Formel 7. Jeder Arbeitnehmer kann für sich frei entscheiden, ob er die Prä­mie als Einmalzahlung oder steueroptimal ausbezahlt erhalten möchte.

 

Irrtum 10 (Lohnsteuerrecht)

Hat sich der Arbeitnehmer einmal für die Formel 7 entschieden, dann gilt diese Wahl dauerhaft.

Der Arbeitnehmer kann sich Jahr für Jahr neu entscheiden, wie er die Prämie gerne ausbe­zahlt erhalten möchte. Beachten Sie bitte, dass die Auszahlungswahl stets schriftlich fixiert sein muss, bevor der erste Teilbetrag fließt.