00:00:06
Alexander Petsch: Die HRM Hacks, Tricks, Tipps und Hilfe für Ihre HR-Herausforderungen und HR-Strategien. Denn der Mensch ist der wichtigste Faktor für den Erfolg Ihres Unternehmens.

Martin Tillert

00:00:23
Alexander Petsch: Glückauf und herzlich willkommen zu den heutigen HRM Hacks. Mein Name ist Alexander Petsch, ich bin der Gründer des HRM Institutes, euer Gastgeber. In unserer heutigen HRM Hacks Folge spreche ich mit Martin Tillert zu „Developer finden - aber wie? Hacks für den Fachkräftemangel“. Martin ist ja, ich sag mal, schon lange im HR-Bereich unterwegs. Er hat mal vor fünf Jahren oder hat fünf Jahre lang bei Oracle gearbeitet, dann war er acht Jahre bei Microsoft, bevor er dann sechs Jahre lang bei Indeed richtig ins HR eingestiegen ist. Dort die ersten drei Jahre sich mit den internationalen ATS beschäftigt, den Application Tracking Systems, die es da draußen gibt. Um das Know-how beneide ich ihn direkt mal. Und war dann – und da beneide ich ihn noch mehr – nämlich als Chief Evangelist für Indeed unterwegs. Und ich würde mal sagen, in der Job-Titel-Nahrungskette ist Evangelist ja noch vor Keynote Speaker eigentlich so die oberste Spitze. Ansonsten Fortuna Düsseldorf Fan. Und ja, man trifft ihn sonst vielleicht mal in zu engen Anzügen auf dem Fahrrad, sozusagen windschnittig durchs Bergische Land radeln. Martin, herzlich willkommen. Schön, dass du da bist.

00:01:42
Martin Tillert: Hallo Alexander, vielen Dank für die Intro. Das ist ein guter Umriss, wobei ich eins sagen muss: Der Chief beim Evangelist, der war nicht dabei. Wir waren eine Truppe von drei Evangelists und den Chief, den hatte ich nicht. Das war... Da hat man...

00:01:55
Alexander Petsch: Ok, den habe ich da jetzt natürlich dazu erfunden. Aber jetzt müssen wir mal sagen, was macht man denn eigentlich als Evangelist? Also die, die ich kenne, gefühlt trinken die viel Kaffee und sprechen viel. Gerne auf Bühnen.

00:02:09
Martin Tillert: Ja, das ist in der Tat auch richtig, die kenne ich auch. Ich kenne aber auch Evangelists schon von meiner Zeit bei Oracle. Das ist ein Titel, der tatsächlich damals auch schon Bestand hatte und den es dort gab. Der Tech-Evangelist erzählt quasi Kunden aus einer – weiter von oben – Helikopter-Perspektive mal heraus, so ein bisschen den Überblick und die Zusammenhänge von Technologie und wie daraus Benefits entstehen können. Und das machen sie natürlich vornehmlich bei sehr viel Kaffeetrinken, auch in Veranstaltungen und auf Bühnen.

00:02:41
Alexander Petsch: Ja, also Indeed, I like. Insofern Hauptsponsor auch der TALENTpro in diesem Jahr gewesen. Und ja, da haben wir eine lange Beziehung zu. Aber du bist jetzt seit August letzten Jahres Partner Director DACH bei Globalization Partners. Und Globalization Partners, finde ich, ist eine ganz spannende Company. Nämlich was macht ihr? Everyone oder Everyone Everywhere Hiring habe ich mir da mal angelesen. Also jeden überall auf der Welt einstellen und das als Dienstleister in 187 Ländern ist eigentlich eine ziemlich ungewöhnliche Geschichte. Zumindest mir vorher noch nicht so begegnet.

00:03:21
Martin Tillert: Das war gut erklärt. Genau so hat sich mir das auch erst mal eröffnet. Ich kannte das Modell auch nicht, das heißt Employer of Record, oder das Angebot. Was wir haben oder wie wir uns da auch nennen, ist auch eine Technologie-Firma, Globalization Partners. Hatte ich vorher noch nie von gehört. Wir bieten eine Global Employment Plattform an in 187 Ländern und damit fast auf der ganzen Welt. Also kurze Gegenfrage: Weißt du, wie viele Länder es gibt auf der Welt?

00:03:49
Alexander Petsch: Jetzt erwischst du mich auf dem falschen Fuß, aber ich hätte jetzt gesagt so 200 knapp...

00:03:54
Martin Tillert: Ja, die UNO sagt 193 und ich hatte lustigerweise gelesen, dass da der Vatikanstaat ausgenommen ist. Also sind wir in fast allen Ländern der Welt unterwegs mit unserer Plattform.

00:04:06
Alexander Petsch: Also ich hätte gesagt, die FIFA ist bis auf zwei Länder überall, glaube ich.

00:04:10
Martin Tillert: Müsste ich noch mal abgleichen. Genau. Aber so ungefähr kommt es schon hin. Es gibt ein paar Länder, in denen wir jetzt nicht anbieten, die auf der UNO-Liste stehen, mit denen man kein Business machen kann. Aber ansonsten wirklich weltweit, international, überall möglich. Die Frage war ja, was macht ihr denn mit so einer Plattform? Also wir ermöglichen es Firmen Personal einzustellen auf unserer Plattform ohne international in diesen Ländern, ohne dass die Firma selber eine eigene Betriebsstätte, Entity, oder wie man es nennen möchte, in dem Land haben muss. Das ist so dieses Henne-Ei-Problem. Wenn ich einen Mitarbeiter, Mitarbeiterin international irgendwo einstellen möchte, ist es der normale Weg, dass ich erst eine Betriebsstätte oder eine Entity gründe und dann alles angemeldet habe, damit ich mich als Arbeitgeber auch dann klassifizieren kann in dem Land, um allen rechtlichen Bedingungen dort auch genüge zu tun. Das kann lange dauern, also viel Zeit kosten und auch Geld und Nerven. Und auf der anderen Seite, die Zeit ist natürlich immer so ein Faktor, wenn es ums Einstellen geht. Das kennen wir ja alle mittlerweile. Man muss ja schnell reagieren. Wenn ich jetzt schon Kandidaten hätte in dem Land und möchte aber eine eigene Betriebsstätte aufbauen, was so aus dem Scale-up-Start-up-Bereich kommt, dann... Da muss man schnell sein. Und da können wir alles...

00:05:25
Alexander Petsch: Das kann man dann alles sozusagen über euch machen.

00:05:26
Martin Tillert: Da können wir helfen, indem ihr oder Sie die Plattform nutzen und innerhalb von kurzer Zeit ein Angebot an die Kandidaten, Kandidatinnen rausschicken und die dann sofort einstellen können. Und parallel kann man immer noch ausprobieren, ob das Land funktioniert. Wenn ich jetzt meine Produkte dort verkaufen möchte und sage, ich gucke, ob meine Produkte in diesem Land auch wirklich verkauft werden, dann kann ich das weiter ausbauen und auf eine eigene Entity dann switchen. Oder ich sage, das hat nicht funktioniert, ich gehe ohne einen großen Footprint, hinterlasse nicht große Spuren und habe nicht viel Geld investiert. Geh wieder raus, hat nicht funktioniert. Ich kümmere mich um andere Länder oder eben nicht.

00:06:03
Alexander Petsch: Gut, also unser Thema heute ist aber Developer finden.

00:06:06
Martin Tillert: Genau.

00:06:07
Alexander Petsch: Wie und ja, wie schätzt du das gerade ein? Also ich meine, Fachkräftemangel, wissen wir alle, alle meine Zuhörerinnen und Zuhörer, ist klar, was da draußen los ist. Hat sich das jetzt im Developer-Bereich noch mal verschärft gerade wo, ich sag mal die... Wo Russland und Ukraine zum Teil ja auch als Sourcing- und Offshoring-Locations weggefallen sind?

00:06:32
Martin Tillert: Es ist natürlich... Also, du sprichst jetzt Russland und Ukraine an, das ist ja jetzt gerade ganz aktuelles Thema. Klar, so für Nearshoring waren das die ersten Länder auch... Vor allen Dingen, weil auch teilweise deutschsprachige Entwickler dabei waren... Natürlich rausgeflogen aus dem Thema. Die haben leider gerade etwas anderes zu tun, die ukrainischen Entwickler. Und von daher ist es sicherlich eine Verschärfung, aber wir merken die Verschärfung auch generell, glaube ich, ohne diese Vorfälle in der Ukraine durch den Fachkräftemangel und auch durch die... Ja, in den MINT-Berufen... Und durch den Shortfall von Fachkräften und auf der anderen Seite auch durch den demografischen Wandel.

00:07:15
Alexander Petsch: Wobei, ich sage mal, so die HRler und IT-Unternehmer, die ich so in meinem Netzwerk kenne, die also in Osteuropa programmieren lassen, dort Mitarbeiter oder Partner haben. Die berichten mir schon, dass die ukrainischen Programmierer noch überraschend viel und stark liefern, trotz aller Widrigkeiten. Und man kann schon sagen ja, x-fach Belastung, die sie da haben.

00:07:40
Martin Tillert: Kann ich gar nicht dazu sagen, wie das jetzt im Einzelfall aussieht. Ich glaube, die Leute im wehrfähigen Alter, die müssen im Moment ja gerade andere Dinge verrichten, als zu programmieren. Aber da gebe ich dir recht. Wenn die Ukraine wegfällt, dann ist da sicherlich noch... Das ist auch zu spüren bei uns am Markt. Also es gibt viele Firmen, die hier auch gerade Nearshoring betreiben mit der Ukraine.

00:08:01
Alexander Petsch: Also Hacks ist unser Thema. Was sind denn... Mit was würdest du denn einsteigen? Was sind denn für dich wichtige Punkte und Tipps?

00:08:08
Martin Tillert: Na ja, ich habe es schon angesprochen. Ich komme auch von einem... von Indeed, also von dem Thema Evangelist, da habe ich sehr viel mit Kunden gesprochen. Da gab es immer schon das Thema Fachkräftemangel, auch schon in den letzten Jahren. Aber ich glaube, das hat sich noch verschärft und das war jetzt nicht alleine der Krieg schuld, sondern insgesamt auch die Entwicklung und wie eben, wie ich schon gerade sagte, natürlich auch die demografische Entwicklung. Also wenn ich Leute verliere, muss ich die nachbesetzen. Ich habe lange offene Stellen, die ich nicht besetzt habe, das kostet die Firma sehr viel Geld. Und dieses ganze Thema, das kam häufig aus der lokalen Perspektive. Also Fachkräftemangel herrscht lokal vor. Ich kriege jetzt auf dem Land als Mittelständler, nehme ich mal an, nicht so unbedingt die Entwickler auf mich aufmerksam gemacht. Was muss ich denn machen, um überhaupt an Entwickler zu kommen? Und da wäre der erste Tipp einfach mal außerhalb von den eigenen Landesgrenzen, den Blick weiten und über die Grenzen hinweg mal schauen. Also unser Tipp ist hier erst mal gucken, das ganze Suchfeld erst mal weiten und jetzt hätte ich auch als erstes Ukraine gesagt für Entwickler. Aber auch in Polen sitzen viele Entwickler, haben sehr viele gute ausgebildete Talente, aber auch im Balkan, in dem Bereich da unten runter oder auch Ungarn, Bulgarien, das sind alles Länder, in denen sehr viel in diesem Umfeld auch gesucht wird. Ist auch von der Zeitzone nicht so verkehrt, da mal reinzuschauen. Aber auch die Türkei hat unter anderem sehr viele Talente, was die Developer angeht. Vor allen Dingen auch wenn es um Diversity geht und ich möchte mein Team ein bisschen diverser aufstellen, ist es vielleicht gar nicht so verkehrt. Da hatten wir letztens ein Beispiel aus UK, wo eine Developer-Gruppe oder ein Developer-Unternehmen, die nur von Männern besetzt waren, in den UK selber keinen gefunden haben. Die haben dann Remote ein paar Developerinnen aus der Türkei eingestellt, um das ein bisschen auch aufzubrechen.

00:10:03
Alexander Petsch: Ja, jetzt habe ich den Blick sozusagen von meinem Kirchturm weg, über die Landesgrenzen hinaus und stelle fest okay, jetzt fehlen mir aber doch ein paar wichtige Bausteine. Was muss ich denn dann noch sozusagen erst mal eigentlich... Welche Grundlagen muss ich denn schaffen, um überhaupt so denken zu können?

00:10:23
Martin Tillert: Ja, die Grundlagen sind zum einen erst mal ein Umdenken. Also ich muss, wenn ich ein Problem habe und ich kriege es mit den bisherigen Mitteln nicht gelöst... Das hat ja schon Albert Einstein damals gesagt, glaube ich, dann muss ich auch die Dinge anders machen. Also bisher war es ja so, dass ich mir angeguckt habe, wen kriege ich vielleicht international rekrutiert und bewege diese Person dann zur Arbeit hin in meine Region. Und da ist ja diese Schwierigkeit, dass die Attraktivität von den Arbeitgebern manchmal nicht ausreicht, um eine Person aus einem anderen Land nach Deutschland reinzubekommen. Vielleicht hapert es ja aber auch an den Arbeitsunterlagen, also dass sie gar nicht fähig sind, hier zu arbeiten oder dass es lange Approval-Prozesse braucht. Also ein Tipp, den ich jetzt hätte, wäre, wenn ich da in globaler Sicht oder internationaler Sicht arbeiten möchte, müsste ich schon mal schauen, gerade im Developer-Umfeld – und da ist es auch einfach – meine Sprache auch auf Englisch umzustellen. Da hapert es häufig auch bei deutschen Mittelständlern, dass sie es bei der Sprache Deutsch bleiben soll. Vielleicht könnte ich mir überlegen, dass ich in meinem Tech-Bereich das schon mal auf Englisch umstelle. Ist ja sowieso häufig die Voraussetzung für die Developer, dass sie Englisch sprechen können. Wenn ich dann im Management da unterwegs auch die Sprache auf Englisch umstellen könnte, habe ich schon mal einen guten Schritt in die richtige Richtung getan.

00:11:39
Alexander Petsch: Ich denke, das ist auf jeden Fall zum Thema Führung und überhaupt Enabling von vielen anderen nachgelagerten Möglichkeiten mal die Basis und natürlich das ganze Remote-Thema. Also ich kann ja nicht erwarten, dass ich sozusagen dann meine ausländischen Experten entsendet bekomme, von dort nach hier.

00:12:02
Martin Tillert: Nein, genau das ist häufig ein Problem und ich muss es ja auch mal aus der Sicht... Und das merken wir ja jetzt auch seit der Pandemie, seitdem die Pandemie ist, ist es bei uns auch sehr viel in dieser Richtung passiert, auf die Mitarbeiter zu gucken. Ich meine, da geht es ja jetzt auch gerade mit New Work hin oder mit Future of Work, wie es international heißt, dass ich mich auf die Belange der MitarbeiterInnen konzentriere oder darauf eher überhaupt mal abblicke und schaue, was wollen die eigentlich? Und viele wollen gar nicht von zu Hause weg, vielleicht aus dem Land, aber haben die Möglichkeit jetzt durch die Pandemie... Viele Remote-Work-Prozesse sind schon eingeführt. Es ist möglich, in alles, was so White Collar Worker nennen wir das ja auch, alle, die remotefähige Arbeit tun, die können am Rechner sitzen und im Homeoffice sitzen oder in einem selbst gewählten Büro und von dort aus die Arbeit sehr gut machen. Also was ich machen muss, ich muss mir natürlich überlegen, weg von diesem synchronen Arbeiten, dass ich alle zur gleichen Zeit in einem Büro habe, hin zum asynchronen arbeiten. Und das ist natürlich sehr wichtig. Da muss ich umdenken, auch im Management, weil das bedingt natürlich ganz andere Prozesse. Also da ist das zum Beispiel ein Weg, natürlich auch, was für Tools setze ich ein. Also es wäre auch ein Tipp, den ich da gebe, wenn ich heute Tools einsetze, die vielleicht nur für Deutschland funktionieren, ich müsste mir da überlegen, was für Tools setze ich überhaupt vom Recruiting aus auch ein? Da gibt es natürlich mit unserem Tool, aber auch mit anderen globalen Employment Plattformen, die es ermöglichen, die Kommunikation dann sicher über so eine Plattform ablaufen lassen zu können, um Bewerber zu raten. Also ein integriertes ATS System dort zu haben, um dann die Auswahl der Kandidaten sehr schnell vornehmen zu können und dann das Einstellen sehr schnell zu vornehmen zu können. Auf der anderen Seite, aber auch wenn ich im Management bin, brauche ich auch HRM Systeme, die das abdecken. Also da reicht es nicht aus, wenn ich ein HRM System habe, was für den deutschen Markt konfiguriert ist, sondern ich muss schon schauen, dass es vielleicht auch Systeme gibt, die dann international die verschiedenen Anforderungen abdecken.

00:14:08
Alexander Petsch: Hm. Was würden dir an Tools außer den HR Tools noch einfallen oder welche Tipps hättest du da noch?

00:14:14
Martin Tillert: Ja, Kultur ist ein Thema, um flexibles Arbeiten anzubieten. Oder was meinst du? Zu den technischen Bedingungen?

00:14:22
Alexander Petsch: Genau. Wenn man aber bei Internationalisierung über das Thema Tools, was du ja gerade angesprochen hast, nachdenkt, klar, die sozusagen den ganzen Recruiting-Prozess, der muss natürlich mehrsprachig funktionieren, aber natürlich auch wahrscheinlich die ganzen Kommunikationstools, die ich dann hintendran auch in meiner Arbeit einsetze.

00:14:44
Martin Tillert: Ja, es ist wichtig für asynchrones Arbeiten natürlich weg von Präsenz-Meetings zu haben, also weg ins Geschriebene rein. Also ich muss dann so was nutzen wie Slack oder Teams und wirklich Totally Remote Companies, da habe ich mir ein paar Mal angeguckt, die Manager, die schreiben nur noch in Slack und in Teams die Messages. Weil das geschriebene Wort steht dann da und ich kann es mir zu anderen Zeiten angucken und so funktioniert asynchrone Arbeit. Das ist dann anders, als wenn ich immer alle zur gleichen Zeit ins Team-Meeting reinziehen muss und am Zoom sitze oder so was. Und da muss ich natürlich schauen, wie kann ich hier meine Arbeitsweise verändern. Und da geht es natürlich ganz stark auch in das Thema New Work hin oder Future of Work. Und da würde ich mal vielen dann auch raten, sich diesem ganzen Thema mal ein bisschen offener zu nähern.

00:15:35
Alexander Petsch: Also sozusagen ein weiterer Tipp wäre überhaupt, in asynchronem Arbeiten sozusagen zu denken und sich da entsprechend aufzustellen. Ein anderer Tipp könnte aber natürlich auch sein, zu sagen, wir fangen vielleicht erst mal da an zu suchen, wo unsere Zeitzonen sich deutlich überlappen.

00:15:55
Martin Tillert: Ja, genau deswegen sagte ich auch, wir haben hier im Umfeld natürlich auch angrenzende Länder wie Polen oder auch Ungarn und Bulgarien, wo ich auch schon mal nicht so weit weg bin in der Zeitzone. Ich kann aber auch insgesamt gucken und... Also ich bin dann auch, wenn es um New Work und flexibles Arbeiten geht, was diese Personen sicherlich dann auch einfordern werden, bin ich immer noch dabei, dass ich asynchron denken muss. Also auch wenn ich in der Zeitzone bin, das Arbeiten wird asynchron sein. Dann bringen die Mitarbeiter, so wie es bei mir auch ist, morgens die Kinder vielleicht in die Schule oder nachmittags holen sie die ab und fangen dann wieder später an und planen ihren Zeitplan, so wie sie es selber haben möchten. Dann muss ich eben darauf reagieren können und sagen ja, ich vertraue den Mitarbeitern schon, dass sie ihre Zeit so richtig einplanen. Und das sind eben schon mal die ersten Schritte in dieses Thema New Work, flexibles Arbeiten etc..

00:16:47
Alexander Petsch: Ja, auch... Sagen wir mal, wenn man in Zeitzonen denkt, natürlich auch sozusagen Südafrika und so in die Richtung gehend und denkend auch durchaus entferntere Länder, die aber in derselben Zeitzone oder annähernd in derselben Zeitzone unterwegs sind.

00:17:03
Martin Tillert: Ja, da haben wir in Südafrika, merken wir auch, da kommen häufiger jetzt Anfragen, eben damit Talente dort eingestellt werden und auch gesucht werden. Das ist auch was, was bei uns auf der Plattform auch möglich ist. Aber es gibt auch andere Talent Hubs. Es kommt immer auf die Anforderung an. Wenn ich jetzt in ein Land reingehe, um mein Produkt zu verkaufen, habe ich ja eh schon eine Vorgabe dafür. Das kann ich gar nicht so groß mir aussuchen. Wenn ich da sage, ich möchte die größten Ländereien, um Volumen zu machen, dann gucke ich mir sowieso immer gleich erst mal die USA an, China, Asien in der Richtung dahinten, Indien. Aber wenn ich über Fachkräfte nachdenke, dann gucke ich natürlich, wo sind die Talente? Wo habe ich wirklich die Köpfe, die mir da helfen? Und dann weiter, ich meine, Recruiting weg von denen vom Kirchturm wie du gesagt hast, rein in die globale Welt und gucke mir den globalen Talentmarkt an und dann kann es auch sein, dass ich mir vielleicht jemanden als Developer aus jetzt gerade aus Südamerika sogar hole. Das ist dann auch möglich. Da sind die jetzt auch nicht so weit weg von der Zeitzone. Dann ist immer noch alles machbar, dass man sich auch noch mal am Tag sieht. Aber da sind sehr viele Talente, gut ausgebildete Techniker, Developer etc. Wir haben selber auch einen Standort in Mexiko, der sehr groß ist und immer stärker wächst. Kolumbien hat da sehr gute Uniabgänger. Da sollte man in dem Bereich auch mal schauen.

00:18:24
Alexander Petsch: Was ich noch als Hack sozusagen, als Tipp mitgeben würde, ist auch mal in, ich nenne es mal Trampelpfaden zu denken. Nämlich welche Communities haben wir hier in Deutschland? Vielleicht auch historisch in Deutschland und aus welchen Regionen sagt man, um im Bild zu bleiben, kommt der Trampelpfad oder führt der Trampelpfad hin? Also als Beispiel natürlich Türkei, hast du vorhin angesprochen. Ich meine, wir haben hier in Deutschland eine riesen türkische Community und da sind natürlich auch viele wieder zurück in die Türkei gegangen. Wenn man sich England anguckt, ich meine, England hat eine gigantische polnische Community, da sind ganz viele oder auch aus den baltischen Staaten wieder zurück in ihre Heimatländer gegangen. Ermöglicht aber natürlich andere Zugänge, auch andere Zugänge in der Zusammenarbeit und in der Mentalität. Und wenn man das für Deutschland noch mal so ein bisschen sich vor Augen ruft, wie das historisch ist und wo wir einfach gute Kontakte hinhaben, wo wir sozusagen auch als mittelständisches Unternehmen geschätzt sind, dann ist das zum Beispiel auch der Iran. Ja, jahrzehntelange extrem gute Beziehungen in den Iran, die natürlich durch das aktuelle Regime etwas verworfen sind. Aber von den Menschen her gibt es da ganz lange und ich sage mal gut ausgetretene sozusagen Trampelpfade. Und auch in den arabischen Raum hinein. Also ich hab mal länger im arabischen Raum gearbeitet und ich war total überrascht, wie deutsch-affin dort einfach viele waren und wie viele gute Zugänge man dadurch erzielen konnte.

00:20:03
Martin Tillert: Da gibt es sicherlich auch ganz gute Kontakte rein. Wenn ich da also in diesen Bereichen denke, aber ich bin jetzt hier in Düsseldorf bei uns. Da denke ich dann gleich sofort an die japanische Community, die wir hier haben oder klar, auch im Baltikum, das ist natürlich sehr dicht dran. Gut ausgebildete Talente finden wir dort. Ja, klar. Also genau diese Denkweisen muss ich mir mal antun und vielleicht auch mal gucken, wo habe ich eine Präferenz hin. Aber wenn es darum geht, wirklich zu sagen, ich suche aber die besten Leute, dann limitiere ich mich damit ja schon wieder ein bisschen. Wenn ich sage, ich will jetzt unbedingt in der einen Region was finden, aber die Talente sitzen vielleicht dann doch ganz woanders. Dann wäre es doch ganz gut, das Ganze mal ein bisschen weiterzuziehen.

00:20:45
Alexander Petsch: Also man kann aus meiner Sicht zwei Sichtweisen drauf haben. Man kann so die Helikopter-Sicht haben und sich überlegen okay, wo weltweit sind in meinem Themenfeld die Talente. Aber ich kann auch – und ich bin ja von Haus aus Saarländer – da ist ja der Leitspruch „Ich kenn einen, der kennt einen“. Also uns liegt natürlich immer erst mal nahe, jemanden zu fragen oder irgendwo hinzugehen, wo ich einen fragen könnte, der einen kennen kann, der einen kennt. Und das ist mir doch immer wieder dadurch auch aufgefallen, dass das ein sehr erfolgreiches Grundverhalten darstellt. Und was meine ich damit? Wir haben ja lange die Personal Hungary zum Beispiel in Ungarn gemacht und das war am Anfang für uns total schwierig, ungarischsprechende Kolleginnen und Kollegen zu finden. Und nach ein paar Jahren war man in dieser Community aber so drin und in diesen Netzwerken, dass die Kollegen in Ungarn vor Ort uns zurückgespiegelt haben, dass die Qualität an ungarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir international oder in Deutschland akquirieren können oder einstellen können, dass sie die vor Ort gar nicht mehr finden, weil einfach da so ein Braindrain stattgefunden hat die letzten Jahre. Auch das kann so ein Effekt sein. Und wir machen ja auch viel im französischsprachigen Sprachraum und da fehlen uns immer die Nachwuchstalente. Oder wenn einer weggeht, brennt bei uns immer erst mal die Hütte und da bin ich ja aber... Französischsprachige Schulen und alle, alle die für die Großkonzerne dieser Region, die vielleicht ihre französischsprachigen Mitarbeiter mal in die Zentrale holen, da bin ich aber hier... Da versuche ich nah an den Kindergärten und an den Schulen dran zu sein, um die sehr qualifizierten Mütter da oder Hausväter, um da beide Seiten zu beleuchten, vielleicht zu gewinnen.

00:22:37
Martin Tillert: Ja, das ist ein guter Punkt. Also Schulen sind natürlich immer wichtig. Da ist jetzt aber nichts, wo ich Einfluss drauf nehmen kann. Aber wie du schon sagst, die französische Schule hier, ich wohne quasi um die Ecke in Düsseldorf bei denen und die haben auch das französische Curriculum. Hier sind sehr viele französische Expats, nenne ich die mal, die hier mit ihren Kindern in der Schule sind, die bei den französischen Arbeitgebern in der Gegend arbeiten. Das ist schon richtig. Ja, Ausbildung und vor allen Dingen Wohlfühlen als Familie. Work-Life-Balance ist etwas, was immer stärker in den Vordergrund rückt. Muss ich als Arbeitgeber sicherlich darauf achten. Und vielleicht ist nicht mehr jeder gewillt umzuziehen für einen Job. Das sind ja hier die Expats, die in Deutschland arbeiten von französischen Firmen, da ist eben das Thema, dass man auch mal sagt, ja, vielleicht nutze ich das so, die MitarbeiterInnen können in dem Land bleiben, in dem sie arbeiten oder aber das wäre vielleicht auch etwas... Ich meine, wir haben ja Kunden-, Mitarbeiter-Retainment und Mitarbeiterinnen-Retainment, heißt es ja auch, aber ich muss gucken, dass ich die nicht verliere. Auf der letzten Veranstaltung bei dir in Köln hatte jemand berichtet, dass eine Mitarbeiterin gekündigt hatte, weil sie keine Tanksäule für ihr E-Auto hatte bei der Arbeit und so nicht wirklich weiterfahren konnte mehr und gesagt hat... Und ein paar mal gebeten hat, dass eine Tanksäule kommt. Aber der Arbeitgeber hat gesagt nö, kümmere ich mich nicht drum. Jetzt hat sie gekündigt, dann tat es ihm weh. Und dann hat er verzweifelt nach Nachwuchs... Eine neue Stelle zu besetzen gesucht. Und das nicht so richtig einfach hinbekommen. Ich denke, das ist eben auch etwas im Sinne vom Employer Branding zu sagen, geht auf die ArbeitnehmerInnen ein, auf die Wünsche und ermöglicht auch Arbeiten, flexibles Arbeiten von überall. Das merken wir auch sehr stark, dass die AngestelltenInnen gerne auch wenn sie können, in einem anderen Land arbeiten möchten und fragen. Da kommen danach häufig dann auch Anfragen, ich möchte in Spanien, Portugal arbeiten dauerhaft oder in Südfrankreich und will meinen Wohnsitz verlegen. Oder nach Zypern hatte ich letztens gehört. Das sind so Dinge, da kann man sicherlich auch mal andenken und auch mal umdenken, dass man sich dem Ganzen ein bisschen öffnet. Weil wenn ich die halten kann, dann habe ich schon mal die halbe Miete. Wenn neu zu besetzen ist, dann ist es immer schwieriger mittlerweile.

00:24:49
Alexander Petsch: Ja, in Köln haben wir uns auch getroffen, auf der HR Tech und dann in München auf der TALENTpro. Da wart ihr auch dabei. Du hast vorhin angesprochen Thema globale Firmenkultur. Wie wäre denn da dein... Was wären denn dazu deine Tipps?

00:25:04
Martin Tillert: Ja, es ist... Globale Firmenkultur... Da wäre ein Tipp auf der einen Seite natürlich mal über Diversity nachdenken. Diversity habe ich damit, in dem ich mir aus anderen Ländern die andere Kultur mit rein hole. Und es gibt Studien dazu, dass eine diverse Kultur, also andere Sichtweisen, die Produktivität steigern. Also ich habe eine ganz andere Problemlösungskompetenz damit, wenn ich mir auch mal aus anderen Teilen der Welt die ausgebildeten Talente ran hole und die mal mit ihrem Blick auf Probleme rangehen lasse. Dann habe ich dort viel besseren Output am Ende und das ist auch nachweislich so. Ich glaube, da gab es eine PWC Studie dazu. Das ist etwas, was wichtig ist. Aber wie kriege ich das hin? Also ich muss mir dann internationale Werte überlegen, auf die ich mich einigen kann und muss weg vielleicht von dieser Präsenzkultur und andere Führungskultur. Und da muss ich ein bisschen rangehen, aber das ist jetzt nicht unsere Hauptkompetenz. Wir beraten da nicht selber, aber da haben wir im Ökosystem bei uns eine Menge Partner, die das auch gerne machen können, um zu sagen, wie kriege ich jetzt im Remote Work Zeitalter eine globale Unternehmenskultur? Wie kriege ich das Management dorthin? Wie kann ich die Werte vernünftig managen, damit ich da auch weltweit mit rein passe? Ich muss da mit anderen Religionen, mit anderen Herangehensweisen, Denkweisen arbeiten, aber es birgt sehr viel Verbesserungspotenzial.

00:26:33
Alexander Petsch: Also wer sich für das Thema interessiert, ich habe eine Podcastfolge gemacht mit dem Patrick Ganzmann zum Thema „Culture of Cultures“, Führungskultur für Wachstum. Das spielt da auch ein. Da kann man sich bestimmt auch einige Tipps noch mal abholen, die in die Richtung gehen.

00:26:51
Martin Tillert: Höre ich mir auch gerne noch mal an, ich finde das Thema auch sehr spannend.

00:26:54
Alexander Petsch: Ja, Martin, gibt es zum Schluss noch was, wo du sagen würdest, das würdest du gerne noch mal mitgeben?

00:27:01
Martin Tillert: Ja. Also einmal zusammenfassen: Umdenken, mal über den Tellerrand heraus gucken, wie Udo Lindenberg das schon mal gesagt hat, hinterm Horizont geht es weiter und da ist es auch nicht schlechter, sondern da finde ich sehr viele Talente. Es gibt weltweit sehr viele Talent Hubs, die einen Überschuss haben, anders als wir. Da mal gucken und eine Global Hiring oder Global Employment Plattform so wie unsere ist, mit der kann ich sehr schnell eben auch international agieren, ohne dass ich lange Prozesse brauche, um vielleicht einen Arbeitsvertrag in dem einen oder anderen Land aufzubauen. Dann habe ich den Kandidaten, die Kandidatin schon verloren. Und für die Kandidatensuche haben wir auch eine Lösung. Wenn es darum geht zu sagen, ich weiß ja gar nicht, wo ich die finde, haben wir bei uns auf der Plattform auch eine Suche für Kandidaten. Da schlagen wir Recruiting Agenturen vor und man kann auch das Angebot an Talenten dort verifizieren. Das hilft sehr stark und das einfach mal zu nutzen und mal auszuprobieren. Das kostet erst mal nichts, bis ich jemanden gefunden habe und eingestellt habe. Aber so was hilft, wenn ich hier irgendwo im Land sitze und lange Zeit eine offene Stelle habe und die nicht besetzt kriege. Vielleicht einfach mal andere Prozesse andenken und vielleicht mal über den Tellerrand internationaler suchen.

00:28:19
Alexander Petsch: Ja, Martin, vielen Dank, dass du heute bei uns warst.

00:28:23
Martin Tillert: Danke auch. Ich habe mich sehr gefreut. Und ja, ich freue mich über Feedback, Kontakte... Wenn einer möchte, gerne auf mich zukommen. Ich bin auf allen sozialen Medien, die Business relevant sind zu finden.

00:28:35
Alexander Petsch: Ja, wer jetzt noch mal nachlesen möchte, einfach auf HRM.de gehen. Da haben wir das Ganze noch mal auch schriftlich zusammengefasst und da findet ihr auch von Martin Tillert die Kontaktdaten. Also auch von meiner Seite herzlichen Dank! Und wenn es euch gefallen hat, erzählt es weiter. Gebt uns ein Like. Glückauf und bleibt gesund. Und denkt dran, der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für euer Unternehmen.