Der Gesundheitsfonds ist als ein politischer Kompromiss entstanden, bei dem zukünftig der Beitragssatz vom Gesundheitsministerium festgesetzt wird. Dies geschieht nach Auswertung der Ergebnisse eines Schätzerkreises beim Bundesversicherungsamt (BVA). Dem Schätzerkreis gehören Fachleute des für die Gesetzliche Krankenversicherung fachlich verantwortlichen Bundesministeriums für Gesundheit, des für die Durchführung und Steuerung des Gesundheitsfonds zuständigen BVA sowie des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen an. Erstmalig wurde der Beitragssatz zum 1.11.2008 festgelegt. Kriterien für die Festlegung des Beitragssatzes sind der medizinische Fortschritt, die Entwicklung der Ausgaben, der Krankenstand, der Bundeszuschuss zur GKV sowie die Wirtschafts- und Geschäftsentwicklung. Nach Ansicht des BVA und des BMG ist auf Grund der Prognose für 2009 ein paritätisch finanzierter Beitragssatz von 14,6% zzgl. einem Anteil von 0,9%, der von den Versicherten allein zu tragen ist, notwendig.

women talking around table
Foto von AllGo – An App For Plus Size People

Ausgleich

Somit zahlen mit Einführung des Gesundheitsfonds zum 1.1.2009 alle Mitglieder in der GKV einen gleich hohen prozentualen Beitrag von 15,5% in den Fonds ein. Danach erhält jede Krankenkasse aus dem Gesundheitsfonds pro Versichertem eine pauschale Zuweisung. Diese richtet sich nach den Kriterien Alter, Geschlecht und Krankheitsrisiken.

Bei dieser Zuweisung handelt es sich um den so genannten morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, der die ungleich verteilte Krankheitsbelastung der einzelnen Versicherten berücksichtigt. Darunter fallen 50 bis 80 Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versichertem die üblichen Ausgaben um mindestens 50% übersteigen. Somit kommt es zu einem Ausgleich von ungleich verteilten Krankheitsbelastungen der einzelnen Kassen in der Vergangenheit. Dies soll die unterschiedliche Finanzkraft der einzelnen Krankenkassen abschwächen.

Einzugspraxis

Künftig leiten die gesetzlichen Krankenkassen die Beiträge von Arbeitgeber und Versicherten taggleich an den Gesundheitsfonds weiter. Zusätzlich kommt es zu einer Steuerfinanzierung für die Kinder. Dies bedeutet, dass die GKVen für die heute beitragsfrei mitversicherten Kinder eine Mitfinanzierung aus Steuermitteln erhalten. Für 2009 sind hier 1,5 Mrd. Euro und im Folgejahr bereits 3 Mrd. Euro aus Steuermitteln vorgesehen. Arbeitgeber können ab 2011 die Beiträge für ihre Beschäftigten gebündelt an eine Krankenkasse entrichten. Von dieser wird dann die Weiterleitung an die anderen Kassen und den Gesundheitsfonds durchgeführt.

Diese bundesweit einheitliche Einzugspraxis wird vom neuen Spitzenverband „Bund der Krankenkassen“ sichergestellt. Der BVA verteilt die Mittel aus dem Gesundheitsfonds dann an die Krankenkassen. Je nachdem, wie eine gesetzliche Krankenkasse wirtschaftet, kann diese entweder Geld an ihre Versicherten auszahlen oder einen Zusatzbeitrag verlangen (siehe Abb.). Für Kinder darf die Krankenkasse keinen Zusatzbeitrag erheben. Hat die jeweilige Kasse schlechter gewirtschaftet und kommt mit den Mitteln des Gesundheitsfonds nicht aus, kann sie von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag in Höhe von 1% des Einkommens des Versicherten verlangen. Greift die Kasse zu dieser Möglichkeit, kann der Versicherte sofort zu einer anderen Kasse wechseln (Sonderkündigungsrecht). Wird das Kündigungsrecht wahrgenommen, muss der Versicherte den Zusatzbeitrag im Kündigungszeitraum (zwei bis drei Monate) nicht zahlen. Ziel dieser Regelungen ist eine bessere Transparenz der Krankenkassenleistungen.

Quelle: www.die-gesundheitsreform.de | Bundesministerium für Gesundheit

Übernahme

Personen, die Sozialhilfe oder eine Grundsicherung erhalten oder Heimbewohner, die eine ergänzende Sozialhilfe erhalten, müssen den Zusatzbeitrag nicht selbst zahlen. Für diese Personen übernimmt das Sozial- oder Grundsicherungsamt den Zusatzbeitrag. Bei chronisch kranken Personen ist die Begrenzung auf eine Zuzahlung von maximal 1% davon abhängig, ob sie sich therapiegerecht verhalten und vor der Erkrankung an den entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben.

Vorteile

Unabhängig davon, ob es sich um private oder gesetzliche Krankenversicherungen handelt, müssen sich diese einem steigenden Wettbewerb stellen. Erwartet wird eine stärkere Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Versicherten. Dabei soll es zu einer erhöhten Wahlfreiheit und zu einer entsprechenden Entscheidungsgrundlage kommen durch:

  • eine individuelle Tarifgestaltung in der GKV – Einführung von Wahltarifen
  • weniger Bürokratie und gestärkte Kassen
  • eine neue Tarifgestaltung in der PKV – Einführung eines Basistarifs
  • die Übertragbarkeit von Altersrückstellungen

Im Rahmen der individuellen Tarifgestaltung in der GKV soll besonders der Hausarzttarif gestärkt werden. Derjenige, der immer zuerst zum Hausarzt geht, wird Zuzahlungsermäßigungen und eine auszuzahlende Prämie erhalten. Aber auch ein Selbstbehalttarif soll für die GKVen eingeführt werden. Dies war bisher nur von den privaten Krankenversicherungen bekannt. Jeder, der für einen Teil seiner ärztlichen Behandlung selbst aufkommt, erhält von seiner jeweiligen Kasse eine Prämie. Mit Inkrafttreten des Gesundheitsfonds kommt es nicht nur bei den gesetzlich, sondern auch bei den privat Krankenversicherten zu einer Beitragserhöhung. Im Schnitt dürfte es auch hier eine Steigerung von 15% geben.

Systemwechsel

Die Einführung des Gesundheitsfonds bringt einen grundsätzlichen Systemwechsel unter Einbeziehung der privaten Krankenversicherungen. Bei den gesetzlichen Krankenkassen wird der Wettbewerb künftig über Prämienanreize, die durch besseres Wirtschaften ermöglicht werden, stattfinden. Künftig muss sich der gesetzlich Krankenversicherte nicht mehr überlegen, ob er zu einer günstigeren Krankenkasse wechseln kann, sondern welche Zusatzleistungen geboten werden und ob diese Kasse Zuschläge erhebt oder Beiträge rückerstattet.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hält bereits 2009 einen Beitragssatz von 15,7% bzw. 15,75% für notwendig, um alle Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen abzudecken. Bedenklich ist auch, dass in dem festgelegten Beitragssatz höhere Ärztehonorare und eine verbesserte Krankenhausfinanzierung noch nicht berücksichtigt worden sind.

Beitragserhöhung

Allein die Festsetzung des Krankenkassenbeitrags auf 15,5% bedeutet, dass etwa 41 Mio. Versicherte mit einer Beitragserhöhung rechnen müssen, da 172 Krankenkassen ihre Beiträge auf diesen Satz anheben. So müssen beispielsweise die 600.000 Mitglieder der IKK Sachsen eine Anhebung ihres Beitrags um 3,7% (- 0,9% Sonderbeitrag) hinnehmen. Dies bedeutet für einen Arbeitnehmer mit einem sozialversicherungspflichtigem Einkommen von 3.600 € im Monat eine Mehrbelastung von 600 € im Jahr. Lediglich die Versicherten der AOK-Baden-Württemberg, der AOK Berlin und die Mitglieder einer Betriebs- und Innungskrankenkasse können dann mit sinkenden Beiträgen rechnen. Auf Grund des hohen bürokratischen Aufwands wird zu prüfen sein, ob durch die Schaffung des Gesundheitsfonds nicht höhere Verwaltungskosten anfallen werden, als bei der bisherigen Gestaltung. Trotz der erheblichen Steigerungen bei den meisten Versicherten (neun von zehn Versicherte) sollte von einem vorschnellen Wechsel abgesehen werden und die Entwicklung genau beobachtet werden.

Quelle: LohnPraxis